"Lockdown Chronicles: Jammas! Auf 20 Jahre gute hellenische Nahversorgung – und meinen 100. offziellen GastroGuide Beitrag."
Geschrieben am 18.04.2021 2021-04-18 | Aktualisiert am 14.08.2021

"Lockdown Chronicles: Das Warten hatte ein Ende – und dem Anfang wohnte ein Zauber inne…"
Geschrieben am 11.04.2021 2021-04-11 | Aktualisiert am 12.04.2021

"Lockdown Chronicles: Wie der nahe Osten das nahe Ostern rettete…"
Geschrieben am 04.04.2021 2021-04-04 | Aktualisiert am 05.04.2021

"Lockdown Chronicles „Ajvar Edition“: Wer die Physalis nicht ehrt…."
Geschrieben am 28.03.2021 2021-03-28 | Aktualisiert am 07.07.2021

"Lockdown Chronicles: Ein kleiner Hauch Provence auf dem Höhscheider Esstisch…"
Geschrieben am 21.03.2021 2021-03-21 | Aktualisiert am 21.03.2021

"Lockdown Chronicles: 0212 - 23 11 382 - die Nummer gegen (oder für?) akutes Italien-Fernweh"
Geschrieben am 14.03.2021 2021-03-14 | Aktualisiert am 14.03.2021

"Lockdown Chronicles: Es hat sich was getan am Wasserturm…."
Geschrieben am 07.03.2021 2021-03-07 | Aktualisiert am 08.03.2021

"Lockdown Chronicles „Ajvar Edition“ – der Gasthof Löhdorf: überzeugend in der Kernkompetenz bei “genretypischen” Kollateralschäden abseits des Grills"
Geschrieben am 28.02.2021 2021-02-28 | Aktualisiert am 01.03.2021

"Lockdown Chronicles: Der Jordan Genuss-Truck im Take-Away Geschäft - großer Geschmack in kleinen Tüten…"
Geschrieben am 21.02.2021 2021-02-21 | Aktualisiert am 27.08.2021

"Lockdown Chronicles - Das Pfaffenberg im Lieferservice: gute Produkte und grundsolides Handwerk zum ausgesprochen fairen Preis"
Geschrieben am 14.02.2021 2021-02-14 | Aktualisiert am 15.02.2021

"Lockdown Chronicles: Ein weiterer empfehlenswerter Dolce Vita Express…"
Geschrieben am 07.02.2021 2021-02-07 | Aktualisiert am 08.02.2021

"Lockdown Chronicles: solides Dolce Vita in neun Gängen zum bemerkenswert kleinen Preis"
Geschrieben am 31.01.2021 2021-01-31 | Aktualisiert am 01.02.2021

"Lockdown Chronicles: das New Orleans in Solingen Ohligs - Mardi Gras on a plate!"
Geschrieben am 24.01.2021 2021-01-24 | Aktualisiert am 26.01.2021

"Lockdown Chronicles: Nach wie vor eine vielseitige Bereicherung für Ohligs, wenn auch heute kein Mekka für militante BBQ-Jünger…"
Geschrieben am 17.01.2021 2021-01-17 | Aktualisiert am 18.01.2021

"Lockdown Chronicles: eine schöne Neuentdeckung an der Solinger Bifteki-Front!"
Geschrieben am 03.01.2021 2021-01-03 | Aktualisiert am 04.01.2021

"Charly’s Diner Lieferservice– Happy, Smokey, Charry, Fatty, Meaty Goodness…"
Geschrieben am 20.12.2020 2020-12-20 | Aktualisiert am 22.12.2020

"Sizilien pur auf heimischen Tellern"
Geschrieben am 13.12.2020 2020-12-13 | Aktualisiert am 13.12.2020

"Lockdown Chronicles: Oldschool geht die Welt zugrunde - ein Balkan-Lieferdienst der alten Schule."
Geschrieben am 06.12.2020 2020-12-06 | Aktualisiert am 19.03.2023

"Überzeugender Orient-Express"
Geschrieben am 22.11.2020 2020-11-22 | Aktualisiert am 23.11.2020

"„An ihren Saucen sollt ihr sie erkennen…“ (1. Escoffier 2, 1-6)"
Geschrieben am 18.09.2020 2020-09-18 | Aktualisiert am 19.09.2020

| Vorwort |
Kinder wie die Zeit vergeht, seit 20 Jahren wohne ich nun schon in Solingen Höhscheid und es fühlt sich insbesondere in der Ära des Dauerlockdowns an, als seien es derer bedeutend weniger.
Schon merkwürdig, wie u.a. die verkümmerten Möglichkeiten in sozialer, kultureller und auch gastronomischer Hinsicht das Zeitgefühl beeinflussen, das letzte Jahr schien rückblickend trotz der chaotischen Umstände wie ein Wimpernschlag vergangen zu sein und so mancher erzählte mir in den letzten Monaten von ähnlichen Empfindungen.
Gerade in dieser Zeit finde ich es immer wieder wohltuend, sich an Konstanten und Rituale aus den guten alten Tagen zu erinnern und diese zu pflegen, sei es in kulinarischer Hinsicht, der schöne Spaziergang auf wohlvertrauten Wegen oder die kleine Ausfahrt ins Oberbergische mit meinem liebevoll gepflegten Freizeit-Vehikel.
Und wenn wir von Konstanten und Ritualen sprechen und dabei auch nur einen Hauch an Restaurants und Take-Away Geschäft denkt, ist die Taverne Mykonos in meinem Fall ganz weit oben in der Liste jener.
Dies hat einen recht profanen Grund, wie schon mehrfach erwähnt wohne ich in unmittelbarer Nähe und das Lokal ist somit mein persönliches Pendant zum Akropolis der Lindenstraße wenn man so will.
Das bedeutet, dass am Freitagabend (der auch schon vor Corona traditionell unser fauler Abend war, an dem der heimische Herd fast immer kalt blieb) in sicher 60% der Fälle bei der Taverne Mykonos abgeholt wurde, ein Fußmarsch von unter einer Minute garantiert nun mal minimalste Abstriche in Sachen „Lieferschäden“, zumal wenn die Speisen so gut verpackt werden, wie in diesem Fall.
Dieses Argument gegen labbrige, lauwarme Pizza im Karton gewann sehr oft gegen alternative Optionen, somit dürften wir mit einer Zahl von sicher mindestens 150 bis 200 Bestellungen in den letzten Jahren zu einigen der treuesten wöchentlichen Bestellern zählen, wobei das Lokal als eines der beliebtesten Solinger Restaurants ohnehin auf eine riesige Stammkundenschar und unbeirrbare Hardcore-Fans zählen kann, die es sich seit 1991 erkocht hat.
Das ist auch mit der Grund, warum ich es hier noch nicht bewertet habe, die wenigen Gelegenheiten, an denen ich an Strohwitwerabenden etwas vor Ort gegessen habe waren mir zu banal, vor dem Lockdown waren Bewertungen von Liefer- oder Take-Away-Services ja mehr oder weniger undenkbar in unserer kleinen hiesigen Foodie-Gemeinde und ich dachte während diesem stets „Ach, die brauchen keine Publicity, der Laden brummt ja auch so fast immer!“.
Außerdem muss ich gestehen, dass ausgerechnet das Mykonos unfreiwilliger Auslöser für meine „Lockdown Chronicles“ war. Nach einem ziemlichen Reinfall Anfang November bestellte ich in der nächsten Woche erstmalig beim „Fasil“, war sehr zufrieden, schrieb eine Kritik, verlinkte sie in einem Facebook Post in der seinerzeit von mir zeitgleich entdeckten Gruppe für den Support lokaler Geschäfte und der Rest ist quasi Geschichte, der Zuspruch der meist neuen Solinger Leser ist bis heute durchweg herzerwärmend positiv.
Und auch am vergangenen Freitag hatte ich eigentlich vor, wieder Neuland zu betreten mit meiner Kritik, ein zwar schon besuchtes aber noch nicht bewertetes griechisches Lokal in SG-Mitte erfreut sich im Lieferdienst großer Beliebtheit, das klang doch wie ein Plan.
Am Nachmittag machte ich mich auf zur nahgelegenen Sparkassen-Filiale, hob etwas Bargeld ab und machte einen kleinen Umweg, um mir die Beine zu vertreten - Home-Office Alltag und Fitness, ein tragisches Thema aber ich bin u.a. erstaunt über meine morgendliche Disziplin in dieser Hinsicht; aber es bringt auch spürbar etwas.
Auf dem Rückweg sollte mir dann schließlich Jannis Topalidis in die Arme laufen, der stets energetische, umtriebige und mit seinen 60 Jahren immer noch jugendlich-frisch wirkende Gastronom ist das Gesicht der Taverne Mykonos und in der Stadt bekannt wie der sprichwörtlich bunte Hund.
Er wohnt mit seiner sympathischen Frau in der Nähe der Taverne, wir sind also mehr oder weniger Nachbarn, man grüßt sich immer freundlich, bekannt sind wir aber privat in keiner Weise.
Diesmal plauderten wir aber ein wenig, ich fragte, ob es auch möglich sei, Gerichte zum Abholen auch auf normalen Tellern zu bekommen seien, was ihn sichtlich freute, denn dass ich seit einem halben Jahr nichts mehr bestellt hatte fiel ihm natürlich auf und ich hatte ihn in der Vergangenheit schon einmal angesprochen, als ich mal deutlichen Grund zur Klage hatte was er damals sehr schätzte.
Auch die aktuelle, für manche immer schlimmer werdende Situation in der Gastro war uns ein Thema, sichtlich angefasst erzählte er von einem ihm bekannten Kölner Betrieb mit drei Filialen und fast 70 Angestellten, der in dieser Woche das Handtuch warf, die Leute stehen nun alle auf der Straße.
Ein Problem, dass viele innerstädtische Lokale haben, teure Mieten, kein etabliertes Abhol- oder Liefergeschäft und gierige, kurzsichtige Vermieter, die nicht mit sich reden lassen.
Bravo, hier wird dann wohl zukünftig nach Corona die nächste seelenlose Systemgastronomie einziehen, wenn überhaupt. Ich machte mir große Sorgen nicht nur um die Innenstädte wenn der Staat weiter so systematisch den Einzelhandel und unsere Restaurants vernichtet - aber wahrscheinlich wird irgendwann offenbar, dass weite Teile der Regierungsfraktionen Großaktionäre von Amazon und Lieferando sind, mit unfassbar skandalösen Maskengeschäften fliegen ja schließlich nur tölpelhafte Anfänger zeitnah auf – man entschuldige meinen Sarkasmus aber mehr bleibt mir mit Blick nach Berlin einfach nicht mehr.
Auch Herr Topalidis hat fast 10.000 Euro in seine Gasträume gesteckt um alle Corona-Auflagen zu erfüllen, alles umsonst wie es scheint und auch wenn er einräumte, dass er froh ist, sich mit seinem langjährig etablierten Take-Away-Geschäft im kleinen Rahmen einigermaßen über Wasser halten zu können, waren auch ihm die Sorgen ins Gesicht geschrieben.
Dies vielleicht auch, weil er sich als engagierter, durchaus patriotischer Gastronom – während der Finanzkrise beschäftigte er u.a. einige perspektivlose junge Griechen aus dem Heimatland im Lokal um sie zu unterstützen – einen Namen gemacht hat und für viele seiner Landsleute Ansprechpartner und Sprachrohr zu sein scheint und er daher täglich mindestens zwei Anrufe von verzweifelten Kollegen erhält, die ihre existenziellen Sorgen mit ihm teilen möchten, wie er erzählte.
Da war mir klar, dass jedes Restaurant Unterstützung verdient hat, auch das vermeintlich so gut laufende Mykonos, kurz entschlossen warf ich meine Pläne über den Haufen und rief um kurz nach 17 Uhr dort an, der Chef persönlich war am Telefon….
| Bestellung & Abholung |
Ein Telefon hätte ich eigentlich fast nicht gebraucht, eine leistungsschwache Flüstertüte hätte ausgereicht und eine Bestellung aus einem Fenster meines Arbeitszimmers wäre dank der Nähe zum Restaurant problemlos möglich gewesen, was aber zugegeben sicherlich für Irritationen in der Nachbarschaft gesorgt hätte. :-)
So aber nahm ein sichtlich erfreuter Jannis Topalidis meine Bestellung auf, meine Bitte die Vorspeisen auf einem Teller anzurichten wolle er allzu gerne erfüllen: „Wir machen den Tsatsiki dann auch auf einen Teller!“ hörte ich motiviert, vielleicht freute man sich einfach mal wieder etwas auf Porzellan oder Steingut anrichten zu können.
Pünktlich um 20:30 Uhr waren wir vor Ort an der vertrauten nahen Straßenecke, friedliche Abendstimmung auf der Regerstraße und an der Taverne:
Kurz vor uns holte noch ein Kunde ab, nach ihm traten wir ein und es war ein schönes Gefühl, nach so langer Zeit mal wieder in dem altvertrauten Gastraum zu stehen und die Atmosphäre und die typischen Gerüche aus der Küche wahrzunehmen, nur der obligatorische musikalische Gyros-Soundtrack mit griechischer Folklore fehlte natürlich, leichte Wehmut setzte ein: wann werden hier wieder Gäste essen dürfen?
Die Speisen warteten bereits auf uns, ein, zwei extreme „à la minute“ Positionen wanderten kurz nach unserem Eintreten über den Pass, wortreich und maximal liebenswürdig wurden die Sachen übergeben, wir hatten extra ein Tablett für die Vorspeisen und den Tsatsiki mitgebracht.
Somit heute ein Extralob für den darauf folgenden Lieferdienst, selten so einen charmanten, wohlgekleideten, gut aussehenden, eloquenten und empathischen jungen Mann in einem solchen erlebt, gut gerochen hat er auch, aber das mag an der Essens-Tüte in seiner rechten Hand gelegen haben:
In der Küche angekommen dann das übliche Ritual von Speisen-im-Ofen-Warmhalten, Vorspeisen-anrichten und ein paar schnellen „Lieferfotos“ bevor es an den Esstisch ging, schließlich finde ich es wichtig, wie die Gerichte die eigenen vier Wände erreichen:
| Vorspeisen |
Mese für eine (!) Person – 12,00€
Garides – 9,90€
2019 Deidesheimer Mäushöhle, Riesling, VDP Erste Lage, Weingut von Winning, Deidesheim, Pfalz
Die Mese Variation ist eine solch alte Bekannte, dass ich sie eigentlich heute nicht bestellt hätte, aber meine Mitbewohnerin freute sich darauf und schließlich ist dies hier die erste Bewertung auf diesem Portal und eine Vorstellung der bei vielen Gästen immer beliebten Vorspeise ergibt daher sicher Sinn.
Leider hat man doch einen verhältnismäßig kleinen Teller gewählt, ich hatte mit einer Platte wie im Restaurant gerechnet, auf der man auf den ersten Blick alle Komponenten sieht, man dachte aber sicher an den Transport und meinte es gut, auch wenn daher alles sehr gedrungen und kompakt wirkt.
Wir sehen – bzw. auch nicht - Taramosalata, Skordalia, kleine Shrimps in Senfsauce, einen Bohnensalat, griechischen Bauernsalat, gegrillte Paprika, gefüllte Weinblätter sowie die obligatorischen, in Teig ausgebackenen Auberginen und Zucchini Scheiben, dazu Brot und Tsatsiki.
Ich erinnere mich an die späten 90er und die ersten Jahr in Höhscheid, damals war die Mese Platte in Solingen mein absolutes Benchmark in dieser Hinsicht.
Mit den Jahren verflog dieser Zauber aber ein wenig, schwer übel genommen habe ich die ersatzlose Streichung der gegrillten Baby-Kalamaris, von denen zwei immer obenauf lagen.
Auch das Skordalia habe ich aus dieser Zeit immer geschmacklich intensiver und feiner in Erinnerung, was man zu Dingen wie dem Bohnensalat auch sagen kann.
Aber so ist das, wenn man ein Lokal 20 Jahre lange regelmäßig besucht, da fallen gewisse Entwicklungen eben auf, die seltenen oder Einmal-Gästen nie ins Auge oder auf den Gaumen fallen würden.
Daher aus meiner subjektiven Perspektive nicht mehr ganz so schön wie einst, aber immer noch eine sehr solide Vorstellung, da mir gewisse Dinge einen Hauch fade erschienen half ich vereinzelt mit Salz und Zitronensaft nach, was wahre Wunder vollbringen sollte.
Der Tsatsiki ist nicht umsonst sehr beliebt, ein altes Familienrezept, das nach wie vor herrlich schmeckt, auch wenn das begleitende Brot im Mykonos immer ein kleiner Wermutstropfen bleiben wird.
Wo Mitbewerber mit aromatischem, gerösteten Fladenbrot glänzen bietet man hier immer noch das belanglose „genretypische“ Gummiweißbrot, das in solchen Lokalen landauf landab gerne serviert wird, das ist schade, solche Details werten eben auf oder ab.
Ich würde es begrüßen, wenn man da ein wenig dran arbeitet und auch mal schaut, was die örtliche Konkurrenz mittlerweile bietet und meine diese Anmerkungen – falls meine Nachbarn dies lesen sollten – nicht als negative Motzereien sondern als konstruktive Verbesserungsvorschläge von jemand, der seine Nachbarn genauso schätzt wie griechische Vorspeisen und ein gutes Brot.
Die Menge wäre für drei Personen ausreichend gewesen, das Preis-Leistungs-Verhältnis ist wie auch bei den Hauptgerichten wirklich mehr als anständig.
Aber so ganz ohne rein maritime Vorspeise geht es bei mir beim Griechen nie, da mussten noch Garides aus der Pfanne her, Garnelen aus der Pfanne in einer herzhaften Tomaten-Knoblauch-Sauce.
Man hatte sie aus der Schale befreit aber mit dem Kopf gebraten, mag ich, gibt Aroma und sieht nett aus, zumal es eine gute Ware war. Ich mochte das sehr, auch wenn so etwas natürlich nicht die geschmackliche Tiefe besitzt, wie bspw. die von mir so gefeierte Bouillabaisse aus dem Pfaffenberg, aber wer eine solche als Benchmark für eine griechische Mese sieht sollte sich andere Hobbies als dieses hier suchen.
Ich meine mich zwar zu erinnern, dass früher noch etwas Feta mit in der Sauce war und das Ganze ein wenig in Richtung „Garides Saganaki“ ging, aber es sollte auch so sehr gut schmecken.
Glücklich tunkte ich Brot in Sauce, dazu der gut gekühlte, gepflegte von Winning Lagenriesling aus dem Barrique, ach, ein schöner Moment, schon da war ich wieder versöhnt mit "meinem" Eckgriechen.
| Hauptgerichte |
Lammhaxe mit Kritharaki – 14,00€
Gyros mit Souzukakia – 13,00€
2015 Marqués de Cáceres Reserva, Rioja DOCa, Bodega Marqués de Cáceres, Cenicero, Spanien
Die im Ofen geschmorte Lammhaxe ist eines meiner liebsten Gerichte auf der Karte, besonders im Winter, mehr freudespendendes hellenisches Soulfood geht kaum, ein schönes „Giouvetsi“ wie der Grieche wohl sagen würde.
Da ich Kritharaki, die fälschlicherweise gerne auch als Reisnudeln bezeichnet werden, nicht nur wegen ihres Mundgefühles liebe, bestelle ich sie immer als Beilage, man bekommt die Haxe aber auch mit Blattspinat oder Bohnen wenn man möchte.
Es gibt nicht nur den köstlichen unter dem Fleisch befindlichen Schmorsud sondern man gießt auch immer eine leichte Tomaten-Knoblauchsauce über die Pasta. Ich bat darum, diese separat zu packen, damit diese nicht total matschig wird im Ofen. Daraufhin bedachte man mich mit einer gefühlten Gallone dieser leckeren Tunke, von der ich auch noch wesentlich mehr aß, als ich hier für das Foto verwendete.
Man beachte das Lieferfoto der Haxe weiter oben bitte, wie so etwas anatomisch möglich ist, ist mir ein Rätsel, es schien noch ein großer Teil der hinteren Haxe am Knochen zu sein, man meinte es gut mit mir in der Menge. Für das Foto legte ich den Knochen in der Küche frei und gefühlt 40% Prozent Fleisch, Sauce und Beilage blieb im Lieferbehälter um am nächsten Abend noch hervorragend zu schmecken, die Menge hätte abermals für zwei Personen gereicht.
Die Haxe war wie üblich so zart, dass man sie hätte „pullen“ können, der Sud eine geschmacklich runde, griechisch-mediterran gewürzte Sache, der dem Fleisch genug Raum ließ.
Etwas davon auf einem Löffel, dazu einen Happen der sich mit dem Sud vollgesogenen Kritharaki, absoluter Hochgenuss und zur Nachahmung empfohlen, da brauche ich sicher nichts Kurzgebratenes von Lamm.
Aber Wein brauche ich immer: der prestigeträchtige, mächtig-wuchtige Bilderbuch Rioja von Marqués de Cáceres war die perfekte Wahl zu einem geschmorten Lamm, dem Weißwein hatte ich zunächst mit meiner treuen Vakuumpumpe die Luft geklaut und im Kühlschrank verstaut, die Dame im Haushalt trinkt ja bekanntlich keinen Alkohol und eine Flasche Wein zur Vorspeise schaffe ich dann noch nicht ganz.
Jene Dame kämpfte derweil ebenfalls zufrieden mit ihrer auch in diesem Falle brutalen Portion Gyros mit griechischen Frikadellen.
Man schaue sich bitte auch nochmal kurz das Lieferfoto weiter oben an, dieser amtliche Behälter war bis zum Rand gefüllt mit Essen, auf dem Tellerbild sind nur ca. 30% des Inhaltes abgebildet.
Die hausgemachten Kartoffelchips kamen anscheinend direkt aus der Fritteuse, so heiß waren sie noch und wir haben das Warmhalten auch solch schwieriger Dinge derart perfektioniert, dass sie immer noch gesteigert knusprig waren.
Ich durfte am nächsten Abend auch hier großzügige Reste vertilgen und kenne diese Dinge ja nun seit zwei Jahrzehnten. Beständig gutes Gyros, das heute auch wunderbar knusprig und fein geschnitten wurde, dazu die gegrillten Frikadellen vom Holzkohlengrill, ohnehin einem starken Argument für das Haus, diese rauchigen Noten sind mir wichtig bei griechischem Grillgut.
Alles herrlich mit frischem Zitronensaft obenauf, dazu das schöne Tsatsiki, großartig! Und auch, wenn ich immer über den langweiligen „Fleischberg mit Pommes“-Griechen oder Balkanladen lästere: das hier hat damit wenig zu tun, ist handwerklich gut gemacht und mit Sorgfalt zubereitet worden und damit ebenfalls im Bereich Hochgenuss anzusiedeln, denn den empfinde ich auch und besonders bei den vermeintlich einfachen Dingen.
Die Beilagensalate bestehend aus Krautsalat und Chopped Lettuce, roten Zwiebeln, einer von Madame sehr geliebten Karottenscheibe (…) sowie einer Peperoni, komplettiert mit einer gelungenen, sämigen Vinaigrette waren wie immer ein verlässlicher Frischespender zu den üppigen Fleischgerichte.
Puh, auch wenn wie gesagt viel für den Samstag übrig blieb, jetzt war erst einmal eine kleine Pause nötig, aber dann wurde es Zeit für das
| Dessert |
Jaurti - Meli - Karidia (Joghurt - Honig - Nüsse) – 5,00€
Galaktoboureko mit Vanilleeis – 6,00€
Der Joghurt mit Honig dürfte wohl der absolute Klassiker in Sachen Dessert sein, und auch hier verfehlte die bewährte Kombination ihre Wirkung nicht. Der nicht gerade kalorienarme, kühle griechische Joghurt traf auf gehackte und in diesem Fall sogar frisch angeröstete Haselnüsse.
Der Honig hatte mediterranen Charakter, ich tippe auf griechischen Thymian Honig, und passte hervorragend, ein sehr beglückendes Dessert in Summe.
Das Galaktoboureko ist ebenfalls ein sehr traditioneller Klassiker, der warme Grießpudding in Blätterteig kommt hier mit einer Kugel Vanille-Eis.
Die sollte dann auch für eine gewisse Irritation am Tisch sorgen, denn eigentlich hatte das Eis den kurzen Transport gut überstanden und wurde von meiner Madame im Kühlschrank verstaut, im Tiefkühlfach wie ich annahm, ich war gerade mit dem Anrichten meiner Garnelen beschäftigt in diesem Moment.
Warum das Eis aber in der Nullgrad-Schublade des Kühlschrankes platziert wurde und es meine Mitbewohnerin bass erstaunte, dass Speise-Eis bei dieser Temperatur schmilzt, wird wohl auf ewig ein Geheimnis der weiblichen Intuition in unserem Haushalt bleiben….
ABER eigentlich war ich hernach fast schon froh darüber, denn durch eine deutliche Zimtnote hatte das knusprige Dessert mit dem cremigen Inhalt ein wenig die Anmutung eines griechischen Apfelstrudels ohne Obst, und da passte eine kühle, sahnige Vanillesauce mir persönlich noch besser.
Vielleicht was das auch ihr Plan, man weiß es nicht, dem Genuss geschadet hat es jedenfalls rückblickend in keiner Weise.
„Puh, das sieht wieder sehr schön aber nach Sofakoma aus!“ tönte es später am Abend per WhatsApp aus dem Schwarzwald, und unser lieber Mitstreiter aus Bad Herrenalb hatte wie so oft Recht mit seiner Ferndiagnose – aber es war ein schönes Koma!
Fazit
Heute sollte ich wieder wissen, warum ich so lange Jahre zufriedener Stammkunde bin, es war ein sehr gelungenes Essen und ganz wichtig: der zwischenzeitliche Eindruck, man habe Glutamat als wichtiges Würzmittel entdeckt hat sich heute nicht bestätigt, die Saucen und Würzungen schmeckten alle ehrlich und solide. Mit Blick auf den Vorspeisenteller und das Brot ein winziger halber Stern Abzug als kleine Motivation hier in Zukunft etwas zu altem Ruhm zurückzufinden: 4,5 Sterne für die Küche und ein mehr als gelungenes kleines griechisches Menü.
Beim Service im Rahmen des Abholgeschäftes und beim PLV bin ich in beiden Fällen bei vollen fünf Sternen, sympathischer, persönlicher und herzlich bemühter kann man sich nicht verkaufen und angesichts der Menge und Qualität der wenn möglich ausschließlich regional bezogenen Zutaten kann man zum PLV auch nicht mehr sagen als anerkennend die volle Punktzahl zu vergeben.
Und auch wenn ich außerhalb von Corona vielleicht etwas strenger sein würde, gebe ich in der Gesamtnote auch überzeugte 5 Sterne, das war aller Ehren wert im Gesamtpaket.
Die Taverne Mykonos ist kein Gyros-befreiter Fine-Dining Grieche, wie man sie in den Metropolen hin und wieder findet, das will sie aber auch nicht sein und so etwas ist in einer Stadt wie Solingen auch nicht tragfähig, selbst wenn die hiesige Villa Zephyros ein wenig in die Richtung geht, wenn auch in bescheidenen Dimensionen.
Nein, die Taverne Mykonos ist ein familiäres Wohlfühl-Restaurant, das sich dennoch wohltuend von den stereotypen „Fleischberg-Pommes-Griechen“ abhebt.
Wünschen würde ich mir aber - neben weiterhin lange Jahre viel Erfolg mit dem Restaurant für unsere Nachbarn - etwas Abwechslung mit saisonalen Angeboten, die Karte ist seit vielen Jahren unverändert, das würde die Stammgäste ganz sicher freuen.
So, und wer jetzt keine Lust auf einen Ouzo hat ist selber schuld, auf die 100. liebe GG Stammbesetzung (auch wenn ich diese ja schon längst hatte, aber das System zählt ja Mehrfachbewertungen ja nur einfach, auch wenn Jahre zwischen den Besuchen lagen):
JAMMAS ihr Lieben! :-)