"Alteingesessener Dim-Sum-Laden, dessen Internetpräsenz deutlich mehr überzeugte als seine Teigtäschchen"
Geschrieben am 19.01.2019 2019-01-19 | Aktualisiert am 20.01.2019

"Zur Abwechslung mal deutsche Küche zur Mittagszeit"
Geschrieben am 16.01.2019 2019-01-16

"Front nichtssagend, Ausblick und Lage gut"
Geschrieben am 14.01.2019 2019-01-14

"Abzocke"
Geschrieben am 09.01.2019 2019-01-09

"Fotografieren nicht erwünscht"
Geschrieben am 31.12.2018 2018-12-31

"Eine der ältesten Lokale Bremens. Ein Stück Geschichte für Jung und Alt."
Geschrieben am 25.12.2018 2018-12-25

"Saisonfinale: Mit dem 8. Heimspiel endet mein Streifzug durch die Bremer Top-Gastronomie"
Geschrieben am 16.12.2018 2018-12-16 | Aktualisiert am 17.12.2018

"Syrien mit Wucht im Bremer Norden angekommen – Schmackhaft und sättigend"
Geschrieben am 16.12.2018 2018-12-16 | Aktualisiert am 20.12.2018

"Traditionskneipe"
Geschrieben am 13.12.2018 2018-12-13

"Englische Wochen! 7. Heimspiel: Mein Streifzug durch die Bremer Top-Gastronomie"
Geschrieben am 12.12.2018 2018-12-12 | Aktualisiert am 12.12.2018

"6. Heimspiel: Mein Streifzug durch die Bremer Top-Gastronomie"
Geschrieben am 06.12.2018 2018-12-06 | Aktualisiert am 08.12.2018

"Pastabox to go : no--Tellergericht kann ich empfehlen !"
Geschrieben am 06.12.2018 2018-12-06

"Der Balkan ist zurück an der Lesum – Alle Klassiker der Balkanküche nach bewährtem Vorbild"
Geschrieben am 25.11.2018 2018-11-25

"Wenn man es findet--ist es hier ganz nett"
Geschrieben am 08.11.2018 2018-11-08

"Warnung:Unfreundlichstes Restaurant in Bremen"
Geschrieben am 30.10.2018 2018-10-30

"Brechend voll--wen wundert es bei den Preisen und Leistungen?"
Geschrieben am 28.10.2018 2018-10-28

"Geht doch! Gute Tapas und mehr im Bremer Schnoorviertel"
Geschrieben am 30.09.2018 2018-09-30

"Sonntags sitzt man hier ruhig"
Geschrieben am 27.09.2018 2018-09-27

"Ach, essen kann man da auch ?"
Geschrieben am 27.09.2018 2018-09-27

"5. Heimspiel: Mein Streifzug durch die Bremer Top-Gastronomie"
Geschrieben am 20.09.2018 2018-09-20 | Aktualisiert am 28.09.2018

Der Himmel war hoch, der Kaiser war fern und sehnsüchtig trällerte es durch die Hanseaten-Taiga. Klar, dass da so mancher Zigeunerjunge aus dem sonnigen Südwesten seine schwarze Balalaika an den nächstbesten toten Baum hing und schon beim ersten Morgenrot die geläufigen Fressportale nach neuen Gaumenerlebnissen durchforstete. Entdecken, aufspüren, genießen und – wesentlich später dann – berichten. So der einfache Plan, der auch ganz ohne das Insider-Wissen einheimischer Genuss-Ikonen aufgehen sollte. Um es mit einem chinesischen Sprichwort zu sagen: Nur wer gegen den Strom schwimmt, kommt an die Quelle! Also die ganzen gehypten, schwer angesagten Gastro-Institutionen entlang der Weser mal umgehen und mit leerem Magen voll rein ins kulinarisch Ungewisse.
Die Entscheidung, kurz vor unserem Besuch des Überseemuseums noch eine kleine Mittagsmahlzeit bei einem Bremer Chinesen einzunehmen, war ja prinzipiell nicht verkehrt. Als bekennender Dumpling-Vernichter sollte es dann bitteschön aber auch ein Dim Sum Laden sein. Doch anstatt gleich zum Hulsberg-Kantonesen zu pilgern, suchte ich aus Gründen der Zeitersparnis etwas in Museumsnähe aus. In einer ruhigen Seitenstraße, dem Philosophenweg, befand sich das wenig einladend wirkende China-Restaurant Zui Yuan, dessen Internetauftritt mir ehrlich gesagt viel mehr zusagte als sein äußeres Erscheinungsbild.
Zwischen zwei verzierten Säulen, die ganz im Zeichen des Drachens standen und den Stützen eines chinesischen Tors nachempfunden waren, sollte uns der Weg ins Innere des Lokals führen. Keine Ahnung, ob es die leicht heruntergekommene 70er Jahre Fassade war oder der Umstand, dass sich der Laden zur Mittagszeit komplett leer präsentierte, meine Begleitung fand jedenfalls die Idee da einzukehren recht „semi“. Schon leicht panisch stammelte ich spontan erdachte Floskeln wie „Geheimtipp vom Borgfelder“ und „ganz oben bei Tripadvisor“, um doch noch in den Genuss der gedämpften Reisteigtaschen zu kommen.
Das Fallbeil der kulinarischen Entscheidungsfindung sauste herab und wir befanden uns ein paar Minuten später als einzige Gäste inmitten eines altmodisch eingerichteten Bremer Klischee-Chinesen, dessen Ambiente gar nicht typischer hätte ausfallen können. Große, zum Teil kreisrunde Tische mit drehbarer Innenplatte, leidlich bequeme Polsterstühle, ins Kitschige abdriftende Lampenschirme, die wie leuchtende Blütenkelche von der Decke baumelten. Und natürlich das obligatorische Aquarium, das entsprechend der Größe des Raumes etwas mickrig anmutete. Schade auch, dass man es mit dem Purismus bei der Tischdeko schlichtweg übertrieb. Den schmucklosen, dunklen Holztischen hätten ein paar Farbtupfer ganz gut getan.
Irgendetwas brummte laut vor sich hin. Doch wir konnten das fiese Geräusch nicht richtig zuordnen. Dämpfen die ihre Dumplings etwa im Betonmischer? Egal, besonders gemütlich war es im Inneren eh nicht, da nahmen wir eben auch ein Dauerbrummen in Kauf, zumal wir ja erst einmal mit dem Inspizieren der Speisenkarten beschäftigt waren. Für den Liter Mineralwasser der Marke „Vilsa-Brunnen Classic“, der – für ein Restaurant eher ungewöhnlich – aus der Plastikflasche kam, wurden später 7 Euro abkassiert. Da staunte der an günstigere Getränkepreise gewöhnte Provinzler nicht schlecht.
Das Dim-Sum-Angebot fiel schon sehr üppig aus. Ich zählte an die 50 (!) verschiedene Kleinigkeiten auf den in Klarsichtfolien steckenden Seiten der viel zu umfangreichen Speisenkarte. Jede Menge Bratreis- bzw. Bratnudelgerichte, Geschmortes aus dem Tontopf und an die 20 verschiedene Suppen standen auf dem kulinarischen Quantitätsprogramm. Doch dem nicht genug. Huhn, Schwein, Rind, Ente, Fisch, Krabben, Tofu und Gemüse fanden in ca. 50 weiteren Hauptgerichten Verwendung. Wer da noch an die Frische der Zutaten glaubt, ist selber schuld.
Eigentlich der perfekte Zeitpunkt, um das Lokal schleunigst wieder zu verlassen. Aber getreu dem chinesischen Küchenmotto: „Jeden Tag eine Glutamat!“ bestellte ich munter drauflos. Bei den gedämpften Jiaozi (auch als „Ha gao“ bekannt) mit Garnelenfüllung (3,80 Euro) kann man ja eigentlich nichts falsch machen. Dachte ich. Bei den Shaomai (oder „Shumai“, 3,60 Euro) handelte es sich um gedämpfte kleine Reisteigsäckchen, die mit Garnelen und Hackfleisch gefüllt waren.
Wagemutiger waren da schon die knusprig frittierten Garnelenbällchen (4,60 Euro), die man auch ruhig als „Bälle“ hätte bezeichnen dürfen. Mit den Krabben-Huhn-Dumplings (3,60 Euro) ging der Dim-Sum-Wahnsinn heiter weiter. Ein Glück, dass sich meine Begleitung für die gekochten China-Maultaschen mit Gemüsefüllung (3,60 Euro) entschied. Es waren die einzigen kulinarischen Lichtblicke in einer ansonsten wenig wohlschmeckenden Dim-Sum-Parade.
Die ebenfalls mit undefinierbarem Grünzeug gestopften Baozi-Hefeklöße (3,40 Euro) schmeckten einfach nur pampig und gerieten von ihrer Füllung her total überwürzt. Oh Baozi, du aus Hefeteig nachgebautes Brustimplantat! Was lassen sich in deinem Inneren für Köstlichkeiten verstecken. Frische Zutaten wie etwa China-Schnittlauch (Jiucai), Pak-Choi oder Shitake-Pilze hätten die beiden gefüllten Asia-Dampfnudeln tatsächlich in appetitliche Leckerbissen verwandeln können. So blieb nur ein enttäuschtes „Hab-ich-schon-viel-besser-gegessen“.
Die vor Geschmacksverstärker strotzende Soja-Sauce gab den leider nicht in den traditionellen Bambuskörbchen servierten Kanton-Tapas dann den Rest. Bitzelten die verschiedenen Füllungen der Dampftäschchen nicht schon genug auf unseren Zungen, so war es die schwarze Würzsauce aus der weltweit wichtigsten Ölsaat, die den Gaumen vollends betäubte. Umami hin oder her, wenn die im Reisteig versteckten Zutaten nicht mehr schmeckbar sind, kann man sich den ganzen chinesischen „Kleinscheiß“ ja auch sparen und gleich die gustatorische Wahrnehmung mit der MNG-Keule erschlagen.
Wir erinnerten uns an den tollen Abend im „Lecker Song“ (Berlin), dessen ambitionierte Dim-Sum-Auswahl den Geschmackssinn auf sehr angenehme Weise anregte. Neben den eindimensional schmeckenden Garnelen-Happen, deren Füllung sich schon beim kleinsten Zupacken mit den Stäbchen aus der Reismehlhülle verabschiedete, waren es in erster Linie die frittierten Garnelenbälle im Croutonmantel, die uns enttäuschten. Viel zu mächtig portioniert und dann auch noch vollgesogen mit Frittierfett, präsentierten sich die mit geschmacksneutraler Krebstierfüllung servierten Cholesterinbomben nicht gerade als Magenschoner.
Die freundliche Bedienung beendete schließlich den Dauerbrummer, der auf eine defekte Heizung im hinteren Bereich des Gastraums schließen ließ. Ich sah sie nur, wie sie wieder unter der Sitzbank hervor krabbelte und danach der Baustellenlärm abrupt endete. Keine Ahnung, wie sich dieser Laden seit seiner Eröffnung im Jahre 1994 hier hat halten können. Das Essen und das Ambiente können es jedenfalls nicht sein.
Lieber Borgi, solltest du einmal den Weg der Philosophen kreuzen, mache um diese Bremer Asia-Institution bitte einen Bogen und denke dabei an den heiligen Glutamartin. Der teilte nicht nur seine Kochjacke, sondern in erster Linie Aminosäure- und Nukleinsäureionen, um später als Erfinder des 5. Geschmackssinns die Soja-Sauce zu legitimieren.
In diesem Sinne: „Einmal Bonitoflocken mit Maggi bitte! Aber pronto Toronto!“