Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 291 Bewertungen 377536x gelesen 10297x "Hilfreich" 9236x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 09.09.2016 2016-09-09| Aktualisiert am
10.09.2016
Besucht am 08.04.2016Besuchszeit: Abendessen
Braunschweig, die nach Einwohnerzahl zweitgrößte niedersächsische Stadt, fristet in unserem Portal leider ein Schattendasein (Da murmelt doch nicht etwa jemand in Hannover ein leises "Zu Recht!"?).
Stekis' Bericht aus dem Mutter Habenicht, dem ich im Ergebnis beipflichte, auch wenn mir die "Gute deutsche Hausmannskost" etwas zu aufgesetzt betont wird. BuMüs zumindest hochgelegener Tipp iVent von Anfang 2015 und dann noch vom Alten Schweiger von der Waterkant einige gewohnt knappe Zeilen zum Michelin-gelisteten Da Piero. Das war's dann auch schon an einigermaßen aktuellen Empfehlungen, sofern etwas gehobene Gastronomie gesucht wird.
Das ist wenig, denn in der Stadt wird das hippe Monkey Rosé genannt, während der Guide Michelin nach wie vor den Platzhirsch Das Alte Haus lobt und dem Zucker mit dem Bib Gourmand ein besonders gutes PLV attestiert. Dass dabei auch eine gute Qualität erwartet werden darf, konnte ich schon nach meinem ersten Besuch bestätigen. Die dazu gehörige Kritik ist indes mit dem Portal, dessen Name nicht genannt werden darf, untergegangen.
Anlass genug, ein geschäftliches Abendessen mit einer größeren Gruppe in die Industriearchitektur der ehemaligen Raffinerie zu verlegen. Und unsere Preisabsprachen Zucker betreffend bezogen sich nur auf die Rechnung, ehrlich...
Vorweg: Küche und Service haben durchweg erfolgreich gearbeitet. Eine eindeutige Empfehlung für Braunschweig, sowohl mittags, wie am Abend.
Bereits das Ambiente ist durchaus bemerkenswert. Der Blick der vielen Paare, die hier ungezwungen genießen, fällt nur verstohlen zum Geburtstagstisch von Niedersachsens bekanntestem Bankdirektor. Ansonsten auf die rauen Ziegelmauern, die durch hohe Fenster durchbrochen sind, so dass es tagsüber schön hell ist. Draußen allerdings nur ein Parkplatz und die hauseigene, eben nicht sonderlich idyllische Terrasse. Deren Gäste können sich ja immerhin zum Fabrikgebäude umdrehen. Im Inneren herrscht gerade kein shabby-chic. Etwa zur Hälfte der hohen Halle wurde durch einen Zwischenboden zusätzlicher Platz geschaffen. Oben befindet sich die nicht einsehbare Küche, darunter die Bar und ein kleiner, etwas düsterer Bistrobereich mit Hochtischen.
Praktisch, aber etwas lieblos die fahrbaren Garderobeständer. Da das weitere Fabrik-Ensemble noch von Büros und hochwertigem Einzelhandel genutzt wird, befinden sich die insoweit allgemein zugänglichen Toiletten etwas gewöhnungsbedürftig nicht im Restaurant, sondern "über'n Gang". Abends fällt das nicht nachteilig ins Gewicht. Im hohen Bereich der Halle nehmen nur die rostigen Strahler das Industrieambiente auf. Dagegen schafft am Boden der braune Marmor (gerade wieder in der Essener Rathaus-Galerie gesehen) und die eingedeckten, zumindest teilweise recht eng gestellten Tische einen hochwertigen Gegenpart. Der Preis für den Steinfußboden und das Mobiliar im Stil der klassischen Moderne ist eine leicht kühle Atmosphäre.
Indes habe ich mich weder in der Gruppe, noch als einzelner Gast unwohl gefühlt, zumal leiser Klavierpop (Clapton, Beatles, Elton John usw.) in kurzer Schleife erklingt. Schwerer wiegt da schon der von keinen Raumtextilien gedämpfte, nicht unerhebliche Geräuschpegel. Für unseren nicht zu vermeidenden beruflichen Austausch sehr störend. Was tun? Kurz entschlossen baten wir, neben die Bar umziehen zu dürfen. Dort saßen wir für uns und relativ ruhig. Bei zwei wesentlichen Nachteilen: Die hohen Hocker und Bänke waren gut gepolstert, aber mit der Zeit wird das Sitzen mit den Füßen auf einer Stange doch recht unbequem. Da sorgten eben mehrere Ausflüge in die Peripherie für Durchblutung. Deutlich dramatischer jedoch, dass es unter der Zwischendecke sehr schummrig war. Wie sollten denn da die Fotos für die Kritik gelingen? Grübel, grübel. Heureka! Mittags drauf noch einmal hin und die Speisefolge im Wesentlichen erneut bestellt! Das Leben kann so einfach sein...
Unser Umzugswunsch machte am Abend den drei jungen Menschen in klassischer Kellnerkluft (schwarze Hose, weißes Hemd/Bluse, Herren zusätzlich mit Weste, Schürze mit Logo) ordentlich Dampf. Aber da konnte man mal sehen, was eine gut organisierte, aufgeweckte Crew zu leisten vermag. Unsere "Hilfe"versuche freundlich unterbunden, war in Windeseile komplett neu eingedeckt. Zwei Tischdecken. Wein- und Wassergläser. Gutes Gastrobesteck. Tulpe in kleiner Porzellanvase. Hut ab!
Auch den weiteren Abend gestaltete der Service, an der Spitze eine junge weibliche Fachkraft mit einem Kollegen und einer Auszubildenden angenehm. Aufmerksam, kompetent auf dem jeweiligen Stand, schnell sowieso, durchweg dem professionellen Niveau des Zucker entsprechend. Die Karten wurden offen gereicht,ordentlich eingesetzt und ausgehoben. Dass die Auszubildende noch lernt, liegt in der Natur der Sache. Lediglich bei der Weinberatung fehlte auch der Erstkraft fast zwangsläufig noch etwas Wissen. Nachdem das zunächst etwas zu hemdsärmelig überspielt werden sollte, klärten die wahren Connaisseure am Tisch die Fronten. So konnte ich (mit dem Service) manches lernen und schnell hatten wir uns wieder lieb. Übrigens ein gutes Beispiel, dass es fast immer erfolgreich ist, deutlich - aber höflich - zu sagen, was und wie man es möchte. Schweigen und ärgern macht doch meist nur schlechte Laune. Hier habe ich jedenfalls sehr gern ein kräftiges Trinkgeld auf die nach meiner Erinnerung durchschnittlich 65€ pro Nase gegeben.
Am nächsten Tag war dann die Serviceleiterin für mich da, die uns schon im Jahr zuvor sehr positiv aufgefallen war. Kompetenz gepaart mit einer freundlichen Souveränität. Selbstverständlich (nein, eigentlich nicht) war es möglich, aus der Abendkarte zu wählen. Immer da, wenn der Gast etwas braucht, teilweise bevor er es selber realisiert hat. Auf Augenhöhe ohne eine Spur von Überheblichkeit. Was ich mir btw von Frau Mona Schrader im Hannoveraner Jante vor kurzem durchaus auch gewünscht hätte.
Die Küche grüßte an beiden Tagen mit vier Brotsorten
und drei Buttervariationen: mit Salz, Safran und Bärlauch. Butter gesalzen, mit Safran, mit Bärlauch
Das sah gut aus und war auch am Gaumen erfreulich. Weiteres Brot wurde angeboten.
Los ging es dann mit dem Klassiker Spargel und Schinken. Aber wie!
Das Stangengemüse grün und weiß, dazu toskanischer Schinken, gekochter Schweineschinken, Rinder-Carpaccio etwas dicker geschnitten und einen Rindfleischchip gebacken. Die verschiedenen Texturen, Geschmäcker und Farben sprachen gleich mehrere Sinne positiv an. Mehr als nur Begleiter waren grüner Spargelschwamm, ein PERFEKTES Wachtelei perfekt
Wachtelei und eine leichte Majonäse mit Eierstückchen. Weitere geschmackliche Akzente setzten Kerbel und Bärlauch. Besser kann man den Frühling nicht auf den Teller bringen. Volle Punktzahl für diesen Teller.
Dazu einen Sauvignon Blanc aus dem Trentino.
Zweiter Gang war eine aufgeschäumte Morchelsuppe Morchelschaumsuppe
guter Pilzgeschmack, leicht pikant. Die Maronenfüllung des exakt gegarten Raviolo konnte sich geschmacklich nicht wirklich bemerkbar machen. Nicht schlecht, 4 Sterne, aber nicht herausragend. Dachte ich noch am Abend. Beim Mittagsbesuch dagegen beglückte mich die Küche mit großzügiger Zugabe von perfekten Morchel-Exemplaren. Das war gleich "'n ganz annern Schnack", um es mal bremisch auszudrücken. Dazu im sehr heißen Teller ein Potpourri frischer Kräuter: Geschmacksexplosion! Und jetzt ohne Zweifel auch 5 Sterne.
Als Hauptgericht hatte ich ganz unüblich Rinderfilet gewählt. Rinderfilet, Morchelcannelono, Trüffelkartoffelstampf, Rote Zwiebel Confit
Es kam perfekt saignant wie gewünscht und wunderbar zart, ohne beliebig zu wirken. Dazu ein leicht gebundenes dunkles Sößchen, hmmm.
Auch bei diesem Gericht haben mich die saisonalen Begleiter genauso überzeugt, wie der Hauptdarsteller. Der frische Spinat war nur kurz blanchiert, noch in Form, aber weich. Kein Vergleich mit dem zähen TK-Zeug, das man ohne Ende trocken kauen kann. Der schwarze Morchelcannelono war eine optische und handwerkliche Freude. Der Teig mit (vermutlich auch) Spinat gefärbt, darüber mit Streifen von hellerem Grün ein Muster gelegt. Die Füllung war dagegen nicht so intensiv, wie ich sie erwartet und zum Fleisch auch geschätzt hätte. Trotzdem gut. Ebenso trifft das auf den zurückhaltend getrüffelten Kartoffelstampf zu, der mit einem Confit von roten Zwiebeln den Teller schon fast zu umfassend füllte. Nur knapp unter der Höchstnote.
Im Glas ein badischer Spätburgunder.
Andere Gäste wählten Steinbutt oder Wildfleischküchle mit angebratenen Spätzle (etwas ausgekühlt, wurden flugs erneuert) und Steinchampignons in Rahmsauce oder den signature dish, Tafelspitz vom Kalb mit einer sehr pikanten Meerettichsauce. Kann ich von meinem ersten Besuch sehr empfehlen, auch wegen der klassisch eleganten Darreichung, die man nur noch selten findet, erst recht hier im Norden.
Überall zufriedene Gesichter.
Auf ein Dessert wurde verzichtet. Ich hielt mich zu vorgerückter Stunde auch vom Kaffee fern. Trotzdem wurden wir alle mit selbst gemachten Macarons verabschiedet.
Nach einem solchen Abendmahl können vielleicht Kurpfälzer mittags schon wieder üppig zuschlagen. Ich hielt mich als dritten Gang dagegen an einen Caesars Salad Caesars Salad
mit einem crunchy Brotchip, ebenfalls knusprigem Speck, gehobeltem Parmesan und sehr wahrscheinlich selbst hergestellten Croutons. Ungewöhnlich, aber lecker die Würfelchen vom enthäuteten Tomatenfleisch. Tadellos, 4,5 Sterne.
Statt Dessert mal wieder ein Gläschen P.X. Sherry von Lustau.
Jetzt gab es auch eine Koffeinportion für die Heimfahrt; der Wunsch nach einem verlängerten wurde sofort verstanden. In der heißen Tasse serviert und dazu ein Happen saftiger(!) Topfkuchen mit Frucht.
Ein erneut rundum gelungener (Doppel-)Besuch im Zucker, das von mir eine Aber-sowas-von-Empfehlung erhält!
Braunschweig, die nach Einwohnerzahl zweitgrößte niedersächsische Stadt, fristet in unserem Portal leider ein Schattendasein (Da murmelt doch nicht etwa jemand in Hannover ein leises "Zu Recht!"?).
Stekis' Bericht aus dem Mutter Habenicht, dem ich im Ergebnis beipflichte, auch wenn mir die "Gute deutsche Hausmannskost" etwas zu aufgesetzt betont wird. BuMüs zumindest hochgelegener Tipp iVent von Anfang 2015 und dann noch vom Alten Schweiger von der Waterkant einige gewohnt knappe Zeilen zum Michelin-gelisteten Da Piero. Das war's dann auch schon an... mehr lesen
Zucker Restaurant in der Raffinerie
Zucker Restaurant in der Raffinerie€-€€€Restaurant0531281980Frankfurter Straße 2, 38122 Braunschweig
4.5 stars -
"Kreativ, professionell, beständig. Eines der besten in der Stadt." DerBorgfelderBraunschweig, die nach Einwohnerzahl zweitgrößte niedersächsische Stadt, fristet in unserem Portal leider ein Schattendasein (Da murmelt doch nicht etwa jemand in Hannover ein leises "Zu Recht!"?).
Stekis' Bericht aus dem Mutter Habenicht, dem ich im Ergebnis beipflichte, auch wenn mir die "Gute deutsche Hausmannskost" etwas zu aufgesetzt betont wird. BuMüs zumindest hochgelegener Tipp iVent von Anfang 2015 und dann noch vom Alten Schweiger von der Waterkant einige gewohnt knappe Zeilen zum Michelin-gelisteten Da Piero. Das war's dann auch schon an
Geschrieben am 18.08.2016 2016-08-18| Aktualisiert am
21.08.2016
Besucht am 03.08.20162 Personen
Rechnungsbetrag: 350 EUR
Am letzten Abend unseres (Renovierungs-)Urlaubs gönnten wir uns einen Besuch im Jagdhaus Eiden am sog. Zwischenahner Meer, dem drittgrößten Binnengewässer Niedersachsens (An der Küste heißt das Meer die See und der See das Meer. Alles klar?). Carsten1972 hat den Charakter des Hauses/Ensembles, der Gäste und auch das Wetter im Ammerland hervorragend beschrieben. Allerdings konnten wir im ausgebuchten Jagdhaus nur noch eine Ferienwohnung ergattern, die mit den Gästen würdevoll gealtert ist. Alles außen und innen sehr sauber und gepflegt, aber eben doch der Chic vergangener Jahrzehnte, viel dunkles Holz und Messing. Dazu später noch mehr.
Das Apicius, benannt gleich nach einer ganzen Reihe römischer "Gastronomen", war über Jahre eine sichere Bank für die Liebhaber gediegener Speisen und Preise. Schon mein Vater hat hier Küche mit Stern probiert (und für sich verworfen).
Anfang 2013 war Schluss, das Konzept schien wirtschaftlich nicht mehr tragfähig, wie an so vielen anderen Standorten, selbst mit Hotelhintergrund.
Aber nicht einmal zwei Jahre später werden die Gourmets nach einem Soft-Opening jetzt wieder von Mittwoch bis Freitag ab 18:00 Uhr verwöhnt, am Sonnabend zusätzlich auch schon mittags. Und bereits im selben Jahr hat der 35jährige, aus dem Ostfriesischen stammende Chef Tim Extra (ja, wirklich Extra) erneut einen Stern, zwei Hauben mit 16 Punkten und drei Diamanten nebst dem Varta-Tipp erkocht. Da über den Restaurants in der kleinen Hansestadt an der Weser seit einigen Jahren verlässlich kein Stern mehr glänzt, müssen die hiesigen Feinschmecker mind. bis nach Cuxhaven (Sterneck) oder eben in die Speckaal/Schinken/Baumschul-"Metropole" des Ammerlandes reisen. Tatsächlich waren außer uns noch ein weiteres Paar aus Bremen vertreten, sowie noch zwei weitere kleine Tische besetzt. Das recht leise Klaviergeklimper störte nicht sehr, immer der gleiche Stil geht mir nach drei Stunden meist auf die Nerven, aber ich hatte ja ein freundliches Gegenüber zum angeregten Gespräch. Acht Gäste an einem Mittwoch-Abend kann sich durchaus sehen lassen. Zumal der Service allein durch den jungen, unkompliziert-freundlichen Gastgeber Marco Scheper mit nur einer jungen Unterstützungskraft gewuppt wurde. Flott, aufmerksam, fachlich versiert, natürlich und dabei höflich, ohne aufgesetzt zu wirken. Auch die angenehmen Gespräche, am Ende des Abends ebenso mit Tim Extra, der jeden Tisch mit petits fours verabschiedete, trugen dazu bei, dass wir uns sehr wohl und als Gäste geschätzt gefühlt haben.
Zur Verfügung standen zwei 6-Gang-Menues, aus denen problemlos frei gewählt und kombiniert werden konnten. Ich bin ganz und gar kein Freund von "Menue nur tischweise". Das ist im Prinzip nichts anderes, als das inzwischen wohl verschwundene "Draußen nur Kännchen". Was die Küche nicht leisten kann, soll sie nicht anbieten.
Los ging es mit einem Potpourri regional inspirierter Amuses gueules Knusper-Amuses
Eindrucksvoll u.a. die rote Beete in Kirschlack Rote Beete mit Kirschlack
die Mousse vom Ammerländer Schinken im Knusperröllchen oder der Vollkorn-Räucheraal-Lolli . Räucheraal-Lollies in Vollkorn
Bereits damit kündigte die Küche Kreativität und Können sehr schön an. Für den ersten Hunger kamen zudem mehrere hausgebackene leicht knusprige Brötchen mit jeweils unterschiedlichen, eher mediterranen Aromaten - Oliven, Thymian, Rosmarin. mediterrane Brötchen
Dazu passte sowohl die in Kegelform servierte Paprikabutter, als auch die Petersilien-Crême-fraiche. Fast selbstverständlich ergänzt von Olivenöl (im Porzellankännchen) und Fleur de sel.
Mit dem Amuse bouche folgte ein erster Höhepunkt: Pochierte Auster (tippe auf Fine de claire) auf Algengelee mit ihrem Schaum. Entlockte uns schon die Präsentation ein "Wow!" pochierte Auster auf Algengelee
war der Geschmack wie der Sprung durch eine sich brechende Welle. Selbst meine beste Ehefrau von allen, die mit Austern sonst so gar nichts anfangen kann, zeigte sich begeistert. Keine Chance also für mich auf einen zweiten Meeresgruß. So vorbereitet hätte es mit dem ersten Gang weiter gehen können.
Die Küche überraschte uns jedoch mit einem weiteren Gruß, diesmal ganz dem Land zugewandt: Confiertes Wachtel-Ei auf Käsecreme mit Schinken, Brotchip und Senfcreme. Serviert im ausgehöhlten Hühnerei und mit Wachtelfedern schön dekoriert.confiertes Wachtelei......auf Käsesauce mit Speck
Das war rustikal und saftig zugleich. Außerdem zeigte sich hier schon die Lust von Herrn Extra an farbenfrohen Kreationen, die sich noch kräftig steigerte. Auch, wenn der Spruch alt ist, es stimmt schon: Das Auge isst mit.
Dazu wurde ein Gavi di Gavi eingeschenkt.
Beim ersten Gang hatte ich mich für die Jacobsmuschel entschieden, die in zwei kleinen und etwas festen Abschnitten kam, begleitet von verschiedenen Texturen von Kichererbse. Jacobsmuschel Kichererbse GranatapfelTexturen von der Kichererbsen
Für Würze sorgte Ras el Hanout, für Fruchtigkeit einige Granatapfelkerne. Die Minifalafel waren etwas trocken, man kennt sie kaum anders... Ein guter, aber nicht berauschender Auftakt. Dazu Weißburgunder vom Weingut Sommerach in Franken.
Meine Frau war dagegen von ihrer unglaublich grünen Velouté aus Erbsen und Gartenkräuter begeistert, die am Tisch an ein confiertes Eiden-Ei, gekrönt mit Imperialkaviar angegossen wurde. Velouté von Erbsen und KräuternEiden-Ei mit Imperialkaviar
Ein Eiden-Ei? Das Jagdhaus hat auf dem weitläufigen Gelände eigene Gemüsebeete und hält eben auch Hühner. Nicht nur zur Freude der jüngsten Gäste, die mit den Großeltern hier logieren (Minigolfanlage vorhanden). Auch die Gourmets müssen nicht fürchten, dass gerade der Aldi-Lastwagen vom angeblichen Bio-Eierhof fährt (alles schon da gewesen).
Beim Zwischengericht waren wir uns einig und auch wieder nicht: Auf beiden Seiten des Tisches wurden ausnehmend schöne Exemplare Kaisergranat mit gebeiztem Ibericoschwein, Paprika und Avocado serviert. Kaisergranat gebeiztes Iberico AvocadoKaisergranat mit zuviel Piment dÉspelette...
Während drüben die zarte Textur des Schwanzes gerühmt wurde, gefiel mir das Mundgefühl des sich schon in ein Mus auflösenden Fleisches gar nicht. Hinzu kam, dass nach meinem Gusto an den Saucen und auf dem Tier zuviel Piment d'Espelette verwendet worden war, so dass das an sich so schmackhafte Krustentier fast unterging. Also geschmacklich. Sehr passend dagegen die perfekte Reife der Avocado. Das Schwein fand ich, als die Erbsen beiseite rollte... (Ganz alter Witz, ich weiß). Im Ernst, die drei sehr kleinen, festen Stücke erinnerten mich an Pökelschinken. Ein Teller, an den ich höchste Erwartungen hatte und der mich vielleicht gerade deshalb enttäuschte. Dagegen war meine Göttergattin rundum zufrieden. So kann's gehen. Im Glas ein Pinot Gris Réserve 2013 von Johanninger von der Nahe, prachtvoll.
Beim Hauptgang jedoch allüberall verzückte Gesichter. Ich hatte mich nicht ganz regional für den neuseeländischen Ora King Lachs mit seinem Rogen entschieden, dem "Rolls Royce unter den Zuchtlachsen". Von Autos verstehe ich wenig, den Vergleich mit Wagyu kann ich besser beurteilen; er ist nicht ganz falsch, denn die Verteilung des Fetts im Gewebe führt zu einer wunderbaren Zartheit bei kräftigem Geschmack. Ein hohes Filet mit intensiver oranger Färbung, deutlich glasig, das bei leichtem Gabeldruck Segment für Segment zerfiel. Ora King Lachs mit FenchelOra King Lachs mit seinem Rogen Pulpo Bouchotmuschel
Besser "kann" ein Lachs nicht schmecken und ohne Zweifel ein Edelfisch, um eine kleine Diskussion von anderer Stelle aufzugreifen.
Auch die Begleiter haben voll überzeugt: Die Bouchot(=Pfahl)Muscheln mit viel Fleisch, fest und salzig bei leichter süß-säuerlich nussiger Note. Die in Ringe geschnittenen Tintenfischtuben zart und mit schönen Röstnoten. Hier war erneut mit Piment d'Espelette und einem grünen Pulver (vermutlich dehydrierte Kräuter, Dill?) gearbeitet worden, aber viel vorsichtiger. Und schließlich die extra (haha!) gereichte, leicht aufgeschäumte Safransauce . Safransauce
die den Fisch herb umschmeichelte. Rundum fantastischer Teller.
Ganz sicher mehr als ein "ordentlicher Basiswein" dazu: Geheimrat J Riesling Spätlese trocken 2009 von Wegeler. Auf dem Höhepunkt seiner Kraft und Komplexität.
Meine Frau war ebenfalls hochzufrieden mit dem Lammfilet unter Kräuterkruste mit Aubergine, Paprika, Basilikum und (sehr mildem) schwarzen Knoblauch in unterschiedlichen Texturen Lamm mit Kräuterkruste Aubergine Paprika sxhwarzer Knoblauch
Eine Provence-Reise jenseits der üblichen Gepflogenheiten.
Vor der Hinwendung zur dritten Stufe der Glückseligkeit (aka Desserts) erfrischte die Küche nicht etwa mit einem Sorbet, sondern mit einer Suppe von roten Beeren und Beeten. Erneut Wow! Regional, saisonal, eine Explosion von Geschmacksrichtungen, mal Frucht, mal Erde, mal Säure, mal Süße. Sicherlich auch durch das zugefügte Öl und die grüne Komponente (vielleicht Waldmeister?), die mir leider nicht mehr im Einzelnen erinnerlich sind. Knaller, natürlich auch farblich. Erfrischung: Süppchen von roten Beeren und Beeten
Zumindest insoweit könnte das erste Dessert nicht mithalten. Brie de Meaux, umhüllt von einem Gelee von weißem Pfirsich, Datteln, Nüsse und nochmals der Pfirsiche in unterschiedlichen Ausführungen. Schön getroffen die Balance zwischen dem cremigen Käse und der Frucht, die hier nicht Begleiterin war, sondern gleichwertiger Kontrapart.Weißer PfirsichBrie de Meaux
Ein weißer Süßwein war nicht im Angebot. Schade.
Fein, aber nicht weltbewegend.
Vielleicht gut, denn so konnte das eigentliche Dessert seine ganze Großartigkeit ausspielen!
Glasierte Kirschen, gefüllt mit Haselnuss und Pistazienmarzipan auf einem Schokoküchlein. Die Mousse aus Guanajaschokolade ringelte sich verführerisch wie die paradiesische Versucherin um die auf verschiedenem Crumble gebetteten Sorbetnocken von Holunderblüten und von Kirschwasser Schwarzwälder VerführungKirsche gefüllt mit Haselnuss und Pistazienmarzipan, Guanaja-Schokolade
Letzteres wäre eine nicht unpassende Begleitung gewesen, aber wenn schon, denn schon. Also ein Glas des Taylor's Quinta de Vargellas Vintage Port 2012. Noch sehr jung auf der Flasche, schon jetzt ein Genuss, kann aber auch noch 10 Jahre liegen, oder zwanzig. Länger nicht, dann bin ich vielleicht nicht mehr da, um nachzuschmecken...
Meine Frau hatte sich für das leichtere Dessert entschieden, Karotte, Amalfi Zitrone, Crême frâiche Dessert: Karotte, Amalfi-Zitrone, Creme fraiche
Ein Blick,witzig. Ein Probierlöffel, erfrischend. Dann aber schnell zurück zu meinem Schwarzwälder Traum!
Nur die ganz Gierigen hätten jetzt noch nach dem sehr gut bestückten Käsewagen geschielt, dessen Köstlichkeiten von Herrn Scheper geduldig vorgestellt wurden. Unter äußerster Selbstbeherrschung gelang es uns, nur jeweils vier Sorten auszuwählen. Meine Frau tendierte zu kräftigeren Schafs- und Ziegenkäsen. Ich blieb, meiner Stimmung angemessen, bei milder Kuhmilch mit einem kräftigeren Blauschimmel zum Abschluss. Käse von Kuh
Da wir scheinbar den letzten Enthusiasmus schuldig blieben, pimpte die Küche die Milcherzeugnisse mit Honig und mit Feigensoße und nicht weniger als drei Relishes. kräftige Käsebegleiter
Für meine Auswahl hielt ich mich von den kräftigeren mit Zwiebeln oder mit Tomatenpaprika fern und setzte auf die ausgezeichnete Birnenvariante. Natürlich musste auch noch ein Stückchen der dazu gereichten hauseigenen knusprigen Mini-
Baguettes knusprig...
probiert werden - Chronistenpflicht!
Einen Kaffee verschmähten wir gewohnt eisern.
Herr Extra entließ uns gleichwohl mit einigen Petits fours - u.a. Himbeermarshmallow, halbflüssiger (Marc de Champagne?)-Praline, Beerengazpacho - Nette Rauswerfer: petits fours
und einem netten Gespräch auf den verschlungenen Heimweg. Natürlich wurden wir an die Tür und auf Wunsch bis vor das Casino begleitet, in dem wir noch bei einen kleinen Absacker den phantastischen Abend Revue passieren ließen. Dabei kam uns wohl der Beleg abhanden, so dass der Preis eine Schätzung aus der Erinnerung ist. Die Menues kamen auf je ca. 100€.
Fehlt noch das Ambiente:
Gelegentlich neige ich ja zu leicht überbordenden Innenraumschilderungen. Aus gegebenen Anlass daher hier - neben dem Vermerk der (auch zu erwartenden) makellosen Sauberkeit - nur zwei Anmerkungen:
1. Im Nachgespräch informierte uns Herr Scheper engagiert, dass im Januar/Februar nächsten Jahres eine umfassende Renovierung anstehe. Ein modernes, elegantes, aber schlichteres Ambiente sei das Ziel. Und die Toiletten stünden ganz oben auf der Liste.
2. Letzteres ist bitter nötig. Braune Fliesen mit Messingaccessoires mögen im Landgasthof Heini Meierdierks in Niederschepenhusen noch für ein nostalgisches Schmunzeln sorgen. Im hiesigen Umfeld sind sie deplatziert und würden zweifeln lassen, ob die Geschäftsleitung an die eigene Sternegastronomie "glaubt". Im Restaurant regiert bis zur überfälligen Modernisierung eben noch ein paar Monate die plüschige Eleganz vergangener Jahrzehnte gepaart mit gefälliger Klaviermusik in Endlosschleife. Das mag dem Stammpublikum - aber übrigens auch den Michelinkritikern - gefallen. Aber nur wer sich ändert, bleibt sich treu (und spricht neues Publikum an). Da dies am Zwischenahner Meer nun wohl erkannt worden ist, enthalte ich mich weiterer Kritik und setze auf den Stil-Relaunch im kommenden Jahr.
Ein Grund mehr zum Wiederkommen!
Am letzten Abend unseres (Renovierungs-)Urlaubs gönnten wir uns einen Besuch im Jagdhaus Eiden am sog. Zwischenahner Meer, dem drittgrößten Binnengewässer Niedersachsens (An der Küste heißt das Meer die See und der See das Meer. Alles klar?). Carsten1972 hat den Charakter des Hauses/Ensembles, der Gäste und auch das Wetter im Ammerland hervorragend beschrieben. Allerdings konnten wir im ausgebuchten Jagdhaus nur noch eine Ferienwohnung ergattern, die mit den Gästen würdevoll gealtert ist. Alles außen und innen sehr sauber und gepflegt, aber eben... mehr lesen
Restaurant Apicius im Romantik Hotel Jagdhaus Eiden
Restaurant Apicius im Romantik Hotel Jagdhaus Eiden€-€€€Restaurant, Sternerestaurant, Ausflugsziel04403698000Eiden 9, 26160 Bad Zwischenahn
4.0 stars -
"Sterneküche am Meer" DerBorgfelderAm letzten Abend unseres (Renovierungs-)Urlaubs gönnten wir uns einen Besuch im Jagdhaus Eiden am sog. Zwischenahner Meer, dem drittgrößten Binnengewässer Niedersachsens (An der Küste heißt das Meer die See und der See das Meer. Alles klar?). Carsten1972 hat den Charakter des Hauses/Ensembles, der Gäste und auch das Wetter im Ammerland hervorragend beschrieben. Allerdings konnten wir im ausgebuchten Jagdhaus nur noch eine Ferienwohnung ergattern, die mit den Gästen würdevoll gealtert ist. Alles außen und innen sehr sauber und gepflegt, aber eben
"Kochevent im Gasthaus Freye in Bassum
am Sonntag, 16. Oktober 2016
Sternekoch Sven Niederbremer
einen Michelin-Stern in Scharff's Schlossweinstube in Heidelberg
und ehemaliger Küchenchef Outer Roads / Beluga
Selbstständig mit der Weinstube Zwockelsbrück
Große Küche zu einem außergewöhnlich günstigen Preis!!
Der Abend beinhaltete den Empfang und ein anschließendes
5-Gänge-Menü mit begleitenden Getränken."
Mit Martin Freye verbindet Sven Niederbremer eine Freundschaft seit der gemeinsamen Ausbildung. So kommt der Spitzenkoch nun schon zum dritten Mal mit seinem Kompagnon, Gastgeber und Sommelier Pierre Hartung von der Weinstraße in die niedersächsische, nun ja, Pampa. Im letzten Jahr war die Veranstaltung rund um die modernisierte Pfälzer Küche ausverkauft und wir restlos begeistert.
Gasthaus Freye schreibt:
"Kochevent im Gasthaus Freye in Bassum
am Sonntag, 16. Oktober 2016
Sternekoch Sven Niederbremer
einen Michelin-Stern in Scharff's Schlossweinstube in Heidelberg
und ehemaliger Küchenchef Outer Roads / Beluga
Selbstständig mit der Weinstube Zwockelsbrück
Große Küche zu einem außergewöhnlich günstigen Preis!!
Der Abend beinhaltete den Empfang und ein anschließendes
5-Gänge-Menü mit begleitenden Getränken."
Mit Martin Freye verbindet Sven Niederbremer eine Freundschaft seit der gemeinsamen Ausbildung. So kommt der Spitzenkoch nun schon zum dritten Mal mit seinem Kompagnon, Gastgeber und Sommelier Pierre Hartung von der Weinstraße in die niedersächsische, nun ja, Pampa. Im letzten Jahr war die Veranstaltung rund um die modernisierte Pfälzer Küche ausverkauft und wir restlos begeistert.
stars -
"Sternekoch im Landgasthof" DerBorgfelderGasthaus Freye schreibt:
"Kochevent im Gasthaus Freye in Bassum
am Sonntag, 16. Oktober 2016
Sternekoch Sven Niederbremer
einen Michelin-Stern in Scharff's Schlossweinstube in Heidelberg
und ehemaliger Küchenchef Outer Roads / Beluga
Selbstständig mit der Weinstube Zwockelsbrück
Große Küche zu einem außergewöhnlich günstigen Preis!!
Der Abend beinhaltete den Empfang und ein anschließendes
5-Gänge-Menü mit begleitenden Getränken."
Mit Martin Freye verbindet Sven Niederbremer eine Freundschaft seit der gemeinsamen Ausbildung. So kommt der Spitzenkoch nun schon zum dritten Mal mit seinem Kompagnon, Gastgeber und Sommelier Pierre Hartung von der Weinstraße in
Die Meierei schreibt:
"Im August ist Sternekoch Sven Niederbremer zu Gast. Speziell für die Meierei hat er verschiedene schmackhafte Gänge zusammengestellt, die es zu 10 Euro je Gang ausschließlich vom 08. bis 12. August geben wird.
Kommen Sie in den Genuss dieser außergewöhnlichen Kompositionen und besuchen Sie uns."
Sven Niederbremer hat schon in seiner Heimatstadt Bremen (Outer Roads, MORO), Südafrika und in der Pfalz sehr erfolgreich gekocht (u.a. in der Schlossweinstube Heidelberg den Stern gehalten). Auf der Rückreise aus Frankreich konnten wir uns in seiner Weinstube Zwockelsbrück in Neustadt a.d.W. überzeugen, dass Kreativität, Handwerk und Anspruch unverändert überzeugen. Natürlich gibt es auch immer einen netten "Schnack" in der Küche. Wer die Reise in den Südwesten scheut, hat nun erneut die Chance, sich im Norden ein Bild zu machen oder Erinnerungen aufzufrischen.
Die Meierei schreibt:
"Im August ist Sternekoch Sven Niederbremer zu Gast. Speziell für die Meierei hat er verschiedene schmackhafte Gänge zusammengestellt, die es zu 10 Euro je Gang ausschließlich vom 08. bis 12. August geben wird.
Kommen Sie in den Genuss dieser außergewöhnlichen Kompositionen und besuchen Sie uns."
Sven Niederbremer hat schon in seiner Heimatstadt Bremen (Outer Roads, MORO), Südafrika und in der Pfalz sehr erfolgreich gekocht (u.a. in der Schlossweinstube Heidelberg den Stern gehalten). Auf der Rückreise aus Frankreich konnten wir uns in seiner Weinstube Zwockelsbrück in Neustadt a.d.W. überzeugen, dass Kreativität, Handwerk und Anspruch unverändert überzeugen. Natürlich gibt es auch immer einen netten "Schnack" in der Küche. Wer die Reise in den Südwesten scheut, hat nun erneut die Chance, sich im Norden ein Bild zu machen oder Erinnerungen aufzufrischen.
Meierei im Bürgerpark
Meierei im Bürgerpark€-€€€Restaurant04213408619Bürgerpark 1, 28209 Bremen
stars -
"Spitzenkoch (wieder einmal) zu Gast in Bremen" DerBorgfelderDie Meierei schreibt:
"Im August ist Sternekoch Sven Niederbremer zu Gast. Speziell für die Meierei hat er verschiedene schmackhafte Gänge zusammengestellt, die es zu 10 Euro je Gang ausschließlich vom 08. bis 12. August geben wird.
Kommen Sie in den Genuss dieser außergewöhnlichen Kompositionen und besuchen Sie uns."
Sven Niederbremer hat schon in seiner Heimatstadt Bremen (Outer Roads, MORO), Südafrika und in der Pfalz sehr erfolgreich gekocht (u.a. in der Schlossweinstube Heidelberg den Stern gehalten). Auf der Rückreise aus Frankreich konnten wir uns
Besucht am 14.04.2016Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 32 EUR
Schließt sich eine Tür, öffnen sich zehn andere. Das ist zwar vielleicht etwas zu optimistisch, aber daran musste ich denken, nachdem ich zufrieden das Hyaku Mizu verließ. Denn zuvor hatte ich zur Kenntnis nehmen müssen, dass das von mir geschätzte kleine französische Lokal Bonapart am Breiten Weg geschlossen ist. (An der Tür verkündete ein Zettel noch den gastronomischen Todeskuss "Vorübergehend geschlossen", hier in der Variante "aus technischen Gründen". Derweil emsige Menschen bereits die Innenausstattung heraustrugen. Tragisch...). Wohin nun, wenn der Weg von Bahnhof oder Innenstadt-Hotel nicht zu weit sein soll?
Genau gegenüber dem verblichenen Franzosen erhebt sich bekanntlich ein touristisches Wahrzeichen der Landeshauptstadt, die sog. Grüne Zitadelle, das Meisterwerk Hundertwassers. Man kann zu dem Künstler und seiner Kunst stehen, wie man mag, als radikaler Gegenentwurf zu den derzeit flächendeckenden Werken der Bauhaus-Epigonen (respektive ihrer, dem Kosten-Nutzen-Gott huldigenden Auftraggeber!) lohnt eine Besichtigung allemal.
Wie auch der Besuch dieses pan-asiatischen Restaurants eines vietnamesischen Betreibers.
Beide Umstände ließen mich gleich an eine Reihe von Klischees denken, die die Crew des Hyaku Mizu fast vollständig widerlegte.
Schon die Innenausstattung läßt jeden Asia-Schnick-Schnack vermissen (bzw. gerade nicht). Stattdessen Bodendielen und Tischplatten aus dunklem state-of-the-art-Holz. Zusammen mit der teilweise indirekten und farbigen Beleuchtung etwas düster, gerade im hinteren Teil, von dem aus die offene Küche gut einsehbar ist, in der asiatische Köche, auch aus Japan werkeln. Später bemerkte ich auch die dort auf Eis schön präsentierten frischen Fische. Dunkle Hölzer und farbige Lichtkonzepte sind derzeit der aktuelle Gastro-Chic. Mir gefällt es (noch). Zumal senfgelbe Clubsessel im Design der 60er und eine Ansicht des Fuji durchaus auch loungige Atmosphäre schaffen. Die Tische sind fast puristisch eingedeckt, neben dem Besteck ein inzwischen auch schon oft gesehener "Becher" aus schwarz und goldfarbenem Metall für das Teelicht. Eine Tulpe mit Strauchwerk bringt etwas Leben. Jegliche Tischbedeckung fehlt, sogar die inzwischen eigentlich unvermeidlichen Schlabberplastiksets. Die höherwertigen Vliesservietten sind in einem ungewöhnlichen Terracottaton gehalten, der sich auf den (leider nur dünnen) Sitzpolstern der Holzstühle wiederfindet, die im vorderen, etwas helleren Teil des Raumes an den Wänden und vor den Fenstern stehen. Wenn das ein bewusstes Aufgreifen ist, Kompliment!
Insgesamt ein gelungenes modernes Ambiente, das im offenen Raum geschickt mehrere, allesamt ansprechende Bereiche schafft. Nur die tragenden Säulen stören den Raumeindruck etwas, aber die kann der Betreiber ja nicht wegreißen, ohne dass ihm der Himmel auf den Kopf fiele.
Auch die Toiletten schwer stylisch u.a. mit - senkrecht(!) verlegten - Natursteinriemchen, ansonsten der Boden schwarz und die Wände deckenhoch (!) mit dunklem Stein, klaustrophobisch darf man nicht sein. Waschschüssel im asiatischen Stil, kunstvolles Gesteck. Punktstrahler lassen einige Stellen im Halbdunkel, indes nicht die entscheidenden. Alles sehr sauber und frisch, wie das ganze Restaurant.
Den Service versah eine junge Frau asiatischen Aussehens, die zwar wohl nicht vom Fach, aber sehr gut angelernt war. Fehler hat sie sich nicht erlaubt. Im Gegenteil: Als ich ein fehlendes Besteckteil eigenständig vom (unbesetzten!) Nebentisch ersetzt hatte, musste ich zur Kenntnis nehmen, dass die Dame wenig später damit vor meinem Tisch stand. Bei der Bestellung hatte sie zwar nichts dazu gesagt, aber ganz offensichtlich das Fehlen bemerkt. Hatte ich ihr nicht zugetraut. Ich schämte mich. Etwas freundlicher und nicht gar so leise hätte es zugehen können, was aber auch an einer kleinen Diskussion über das Aperitif-Getränk Calpico mit Maracuja lag. Mir sagte das nichts, auf meine Frage kam die Antwort: Milschgetränk. Milchgetränk? Milschgetränk! Mischgetränk? Milschgetränk!! Mit Milch? Ja, Milsch. Ok, ich gab auf und bestellte. Sehr lecker, erfrischend, fruchtig, leicht säuerlich. Wikipedia wusste später: Milch-Misch-Getränk! Schmeckt ohne Zusatz wie verdünnter Joghurt. In Japan in vielen Mischungen sehr beliebt, Originalname klingt wie Calpiss, kommt in europäischen Sprachen nicht gut, daher Calpico. Im Hyaku Mizu mit gestoßenem Eis, Limetten, Minze und Passionsfrucht-Schnitz zum alkoholfreien Cocktail gepimpt und mit 4,2€ vernünftig bepreist.
Zum Essen ging ich dann auf Nummer sicher und orderte Sencha, der lose aufgebrüht in einer japanisch anmutenden, emaillierten Metallkanne nebst Becher kam. Sehr löblich, 2,8€ für die japanische Qualität nicht zu teuer.
Als Vorspeise wählte ich die sehr reichhaltige seafood soup für ebenfalls völlig angemessene 6,5€. Die Fischbrühe war durch Ananas, Sternfrucht, Zitronengras und Datterino-Tomaten fruchtig süß-sauer, Dill sorgte für einen Kräuterbestandteil und reichlich Chiliöl nicht nur für Fettaugen, sondern auch eine Schärfe. Die Einlage beeindruckend: Seelachs, Kabeljau und Thun in vernünftigen Happen, Champignonviertel, dazu eine Garnele und sogar eine kleine Jakobs(?)muschel, alles natürlich nicht überragend, aber in vernünftiger Qualität. Ein wirklich guter Aufschlag, den ich so nicht erwartet hätte. Wenn ich es Recht bedenke, ist der Preis für Zutaten und Zubereitung eigentlich ein Kracher. Von der Mittagskarte wäre zudem eine Variante ohne Scallop für einen Euro weniger zu erstehen gewesen.
Zum Hauptgang wählte ich ein (nicht zu) kleines Ribeye-Steak mit grünem Spargel und Kartoffel. Fleisch und Knolle vom japanischen Robatagrill, ganz spezielle Kohle, 1000 Grad, aber slow usw. Wer mag, lese die Hymne auf der guten Homepage.
Entscheidend ist...aber das wisst Ihr ja.
Das Fleisch kam schön gebräunt mit kräftigen Röstaromen. Ebenso die Kartoffel, letztere allerdings etwas zu weich für meinen Geschmack, die Struktur ging schon fast verloren. Aber allemal besser als ungar, ohne diesem kleinen stolzen Volk zu nahe treten zu wollen. Der Garpunkt des Steaks war medium-well und perfekt getroffen. Schade nur, dass ich medium-rare bestellt hatte. Auch hier hatte es offensichtlich ein Missverständnis mit dem Service gegeben, oder ich hatte mich versprochen. Zwar unwahrscheinlich, weil ich Kurzgebratenes vom Rind nie als medium-well bestellen würde. Aber so oder so: Nachdem der akzentfreie (ich vermute) Inhaber am Tisch informiert worden war, bekam ich ohne jedes Aufhebens innerhalb von wenigen Minuten ein ebenso perfekt gegrilltes, überaus saftiges Stück auf den frischen Teller, nun auch wie gewünscht. Bravo, so geht Umgang mit Kundenbeschwerden!
Auch die vegetarischen Begleiter konnten überzeugen und waren reichhaltig: grüner Spargel, lange grüne Bohnen, kleine Blumenkohlröschen und Karotten waren ebenfalls leicht angeröstet und fest im Biss, bei der Karotte hätte es etwas längere Hitze sein dürfen. Geschmackssache auf diesem Niveau. Grüner Pfeffer gab Schärfe, nur von der japanischen Buttersauce konnte ich nichts ausmachen. Vielleicht im Fleischtausch vergessen worden.
Mit 18,5€ eines der billigsten Fleischgerichte auf der Karte und ohne jeden Zweifel preiswert.
Der Bezahlvorgang mit Karte verzögerte sich leider aufgrund von (tatsächlich zu beobachtenden) technischen Schwierigkeiten. Da mein IC nicht warten wollte, musste ich dann auf mein kümmerliches Rest-Bargeld zurück greifen, was leider zu Lasten des Trinkgelds ging.
Fazit:
Das Hyaku Mizu hat mich sehr positiv überrascht. Moderne asiatische Küche in ansprechendem Ambiente und auf einem hohen Qualitätslevel im Zentrum der Elbestadt. Unbedingte Empfehlung!
Schließt sich eine Tür, öffnen sich zehn andere. Das ist zwar vielleicht etwas zu optimistisch, aber daran musste ich denken, nachdem ich zufrieden das Hyaku Mizu verließ. Denn zuvor hatte ich zur Kenntnis nehmen müssen, dass das von mir geschätzte kleine französische Lokal Bonapart am Breiten Weg geschlossen ist. (An der Tür verkündete ein Zettel noch den gastronomischen Todeskuss "Vorübergehend geschlossen", hier in der Variante "aus technischen Gründen". Derweil emsige Menschen bereits die Innenausstattung heraustrugen. Tragisch...). Wohin nun, wenn der... mehr lesen
Restaurant Hyaku Mizu · Hundertwasserhaus
Restaurant Hyaku Mizu · Hundertwasserhaus€-€€€Restaurant, Sushibar039159778872Breiter Weg 8, 39104 Magdeburg
4.5 stars -
"Sehr empfehlenswertes asiatisches Restaurant an Magdeburgs Hotspot!" DerBorgfelderSchließt sich eine Tür, öffnen sich zehn andere. Das ist zwar vielleicht etwas zu optimistisch, aber daran musste ich denken, nachdem ich zufrieden das Hyaku Mizu verließ. Denn zuvor hatte ich zur Kenntnis nehmen müssen, dass das von mir geschätzte kleine französische Lokal Bonapart am Breiten Weg geschlossen ist. (An der Tür verkündete ein Zettel noch den gastronomischen Todeskuss "Vorübergehend geschlossen", hier in der Variante "aus technischen Gründen". Derweil emsige Menschen bereits die Innenausstattung heraustrugen. Tragisch...). Wohin nun, wenn der
Geschrieben am 18.07.2016 2016-07-18| Aktualisiert am
18.07.2016
Besucht am 25.04.2016Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 111 EUR
"Ach, ist das schön! Gäste wie Sie, die gerne essen und trinken, sind für uns das Salz in der Suppe!"
Kann es für den Gourmet (also für uns alle!) ein schöneres Kompliment geben? Wohl kaum. Ist danach überhaupt eine objektive Bewertung, gar Kritik möglich? Schwer. Aber machbar, wenn es nötig gewesen wäre. War es aber nicht.
Selten (nie?) habe ich mich als Einzelgast herzlicher aufgenommen, zugewandter umsorgt, auf Augenhöhe ernst genommener gefühlt, als an diesem Abend im e.t.a. Was natürlich zuvörderst an Heike Seebaum, der ebenso charmanten wie kompetenten Gastgeberin und Partnerin des badischen Inhabers Thomas Kurt lag, die mir das oben zitierte nette Kompliment machte . Zweitens an dessen sauberer, zugänglicher Küche. Und schließlich am zauberhaften Ambiente dieses Westberliner Treffpunkts irgendwo zwischen quirligem Pariser Restaurant und wohnzimmerartigem englischem Club für ermattete Reisende.
Den einzelnen Erstbesucher so rundum wohlgelaunt (und -genährt) in das nächtliche Kreuzberg zu entlassen, war eine großartige Leistung. Auch das Angebot eines Taxis ganz reizend, aber trotz Cremant, Pastis, vier Gläsern Wein und einem Port gelang es mir SELBSTVERSTÄNDLICH, den Heimweg zum Hotel würdevoll zu gestalten!
Wieder eine neue Woche, wieder ein Abend in Berlin.
Nach unbekannten Innereien und unterirdischen Irritationen sollte es nun in ruhigere Gefilde gehen. Auf der Yorckstraße gleich neben Kino und der imposanten Fassade der Bonifatiuskirche wartet das e.t.a. hoffmann im Vorderhaus von Riehmers Hofgarten auf Gäste. Im Erdgeschoss gelegen, sind doch einige Stufen zu überwinden. Auf dieser Ebene liegen auch die Bar und die Toiletten. Dagegen die Küche und der davor liegenden Teil der Gasträume wieder auf Straßenniveau. So kommt es zu einem kleinen Treppauf-Treppab-Gefühl, jedenfalls, wenn man im hinteren Teil Platz nimmt.
Schon von der Straße aus konnte ich am Montagabend ein gut besuchtes Lokal ausmachen, mit fröhlichen Runden und Paaren im nicht mehr ganz jugendlichen Alter, in ein angeregtes Gespräch vertieft oder sich zuprostend. Schon sehr einladend, also sprach ich Freund und trat ein. Zunächst begrüßten mich lebendiges, aber nicht ohrenbetäubendes Stimmengewirr, Gläserklingen und sonstige Geräusche eines frequentierten Restaurants. Sodann aber auch schnell eine der ganz in schwarz gewandeten Servicekräfte, die im Stile Pariser Bistrokellner durch den Raum flitzten. Mit einem strahlenden Lächeln und sehr offen wurde ich begrüßt, die Reservierung gecheckt und mir mein Tisch gezeigt. Und dann wäre der Abend auch schon fast wieder beendet gewesen, denn einen schlechteren Platz habe ich lange nicht mehr angeboten bekommen. In einer Nische gleich am Eingang, eingequetscht zwischen der Wand und einer wohl aus mehreren Tischen zusammen gestellten langen Tafel, an der schon eine missmutig dreinblickende Familiengesellschaft Platz genommen hatte. Abseits von der Aufmerksamkeit des Service im Rücken einer großen Gruppe hätte ich die Wand anschauen oder darauf hoffen können, dass mal jemand um die Ecke schaut. Höflich bat ich um einen anderen Tisch und wäre bei abschlägiger Antwort auch wieder gegangen. Aber glücklicher Weise fand sich, nach einigen Überlegungen ein Tisch kurz vor der Küche und nahe von Servicestation und Laufweg. Das schreckt mich nicht, gibt es so doch immer was zum Schauen und die Aufmerksamkeit ist bei Notwendigkeit schnell errungen. Der warnende Hinweis auf die auch hier in unmittelbarer Nähe versammelte Familienfeier war gut, aber überflüssig. Hier saß ich dabei, nicht dahinter und von der Wand trennte mich zwar kein Chef's Table, aber doch einer, an denen offensichtlich Stammgäste und zu späterer Stunde auch Herr Kurt selbst Platz nahmen.
Hier bin ich Gast, hier darf ich's sein. Bei einem Bouvet Cremant rosé für freundliche 7,5€ und hernach einem Pastis für 4,5€ konnte ich zunächst mal ankommen und mich in Ruhe umschauen.
Alles tut dem Blick und dem Gemüt gut: Kleines mittelbraunes Stäbchenparkett, charmant abgelaufen, die Wände einen Meter hoch in einem satten Rot, darauf eine dünne goldfarbene Leiste, darüber cremefarben, große Gemälde - wild, grün, braun, abstrakt? Nein, das ist ja Spargel, Artischocke, so kraftvoll, so lebendig, zum Reinbeißen. Skulpturen, fast bacchantisch, üppige Blumenarrangements. Raumteiler schaffen Atmosphäre, hier, da und auch dort, Ledersessel, Sofas, viel Lesestoff, ein Flügel, eine wohlbestückte Bar, eine Urkunde für den Maitrê über ein Hole-in-one (aber zu bescheiden für Sterneansprüche, soso...). Dazwischen eilten die überwiegend jungen, aber bestens ausgebildeten, aufmerksamen Damen und Herrn vom Service vorbei, gleichzeitig konzentriert wie professionell-entspannt und der ebenfalls recht junge Sous-Sommelier doziert eifrig. In einem Icebowl warteten die geöffneten Flaschen ungeduldig darauf, nachgeschenkt zu werden und an der Servicestation wurde das Brot frisch aufgeschnitten, natürlich unter der Leinenserviette. Hier wird das Leben aus vollem Herzen genossen.
Aber genug - nicht, dass ich noch ins Schwärmen gerate!
Dagegen helfen prosaische Themen: Den Toiletten sieht man den Altbau leider an, Einfachverglasung, der vergilbte Lack, Porzellan und Fliesen, alles in die Jahre gekommen. Aber das fällt in die Verantwortung des Verpächters. Dagegen ist am Waschtisch wieder die Handschrift der Gastgeberin zu erkennen, hochwertige Materialien, Frotteehandtücher und ein Lilienbouquet. Die Sauberkeit sowieso tadellos.
Also, schnell wieder zurück an den dunklen Holztisch, der nur mit einem Läufer bedeckt und bereits reichlich ausgestattet war: Dreifach Besteck, drei Weingläser, dazu ein Wasserglas, ein "Totenlicht", Blumen in kleiner Chromvase, Pfeffermühle, Meersalz, Speisekarte und ein zusätzlicher Aufsteller mit einem weiteren Menü, feste Stoffserviette, die bei meiner Rückkehr wie von Zauberhand ausgetauscht war. Dazu die Weinkarte, da war es schon recht voll auf dem Tisch.
Während der Aperitife studiere ich die geöffnet gereichte, übersichtliche Karte. Renner scheint heute das zusätzliche "Morgenpost-Menü" zu sein, die gleichnamige Zeitung stellt ein Restaurant vor, das eine Zusammenstellung (vermutlich) etwas preiswerter "für die Leser" anbietet. Ich bin immer etwas skeptisch, irgend jemand muss die Sonderangebote ja bezahlen und ich habe immer das Gefühl, dass es nicht der Wirt ist...
Also weiche ich auf das Abend-Menü in der Karte aus. 5 Gänge werden für 65€ angeboten, die Weinbegleitung schlägt mit 35 Euro zu Buche.
Freudig erwarte ich
Kalbstafelspitz und Kalbskopfpraline
Jakobsmuschel auf Linsen
Kotelett vom Iberico
Käse
Crème Brûlée
Zunächst kam zweierlei Brot, frisch aufgeschnitten. Gute handwerkliche Bäckerqualität, das dunkle besser. Dazu kretisches Olivenöl mit Rosmarin, Chili und Knoblauch als Aromaten und in zwei Gläsern ein durchschnittlicher Kräuterquark und eine gute Oliventapenade. Ok, aber nicht herausragend.
Das zweite Amuse dagegen schon. Eine tolle crunchy Blutwurstpraline, die mich auch geschmacklich umhaut. Der MoPo entnehme ich später die Zubereitung: "Geschmolzen hat Kurt die Blutwurst, danach mit Zwiebeln, Senf, Apfel, Leberwurst, Ei und Brot vermengt, zuletzt in Croutons von Toast gewälzt." Serviert auf einer Selleriecreme. Großes Kino ganz ohne Sterne-Attitüde. Als Gegenstück zur Wurst ein Kräuterbisquit mit Räucherfischmousse. Begleitet von Apfelgelee. Eine Nachfrage des jungen Obers in der Küche bestätigte die Vermutung Granny Smith.
Auch der erste Gang konnte das Niveau sehr gut halten. (Im Gegensatz zum Fotografen. :-( ) Insbesondere die gebackene Praline vom Kalbskopf verströmte beim Anschneiden einen überwältigenden Duft nach gekochtem Fleisch, leichter Säure und Kräutern. Ganz zart, zusammen mit dem Bärlauchpesto ein harmonischer Genuss. Auch die Scheibe vom rosa gebratenen Kalbstafelspitz mit Goakresse, Feldsalat und einer Tomatenvinaigrette war eine schöne Komposition, keine zu spitze Säure, die ich erst befürchtet hatte.
Mit dem Fleisch wurde ein 2011er Saar-Riesling Maximus serviert, der Zweitwein des Weinguts von Othegraven. Dieser hatte leider einen zu kräftigen Petrolton, den auch Frau Seebaum bestätigte. Allerdings war sie davon überrascht "bei einem so jungen Wein". Meinem überraschten Blick und der Nachfrage "2011er?" folgte die konsternierte Antwort: "Oje, ich hab meine Brille verlegt und 2014 gelesen!" Das kam so spontan und sympathisch, dass von da an jedwedes Eis gebrochen war.
Als sehr typischer Ersatz kam ein 2014er Riesling "vom Schiefer" von Clemens Busch.
Als Zwischengang zwei kräftig gebratene Jakobsmuscheln bester Qualität, eine im Geschmack sehr gut, die andere formidabel nussig-süß-röstig. Die Unterlage aus Linsen, Mangold und Zucchini hat mir weniger gegeben.
Als Begleitung ein klarer 2014er Silvaner "Quarzit" von Riffel, Bingen.
Fleischgang Kotelett(s) vom Iberico, teilweise ausgelöst mit weit genug gegarten feinen Poweraden, schmackig gerührter Polenta und einer fein-fruchtigen Tomatenmarmelade. Ein Laguiole-Messer wurde gereicht. Alles konnte überzeugen, aber das Fleisch war der Buuurner. Etwas blässlich vielleicht für meinen Geschmack, aber von fast durch bis deutlich rosa am Knochen perfekt saftig, schöner Fettanteil, wunderbarer Geschmack. So muss Schweinefleisch. Nett die Präsentation der auch von der Menge ansehnlichen Portion mit dem hochgestelltem Rippenstück.
Gut gewählter harmonischer Begleiter war ein 2014er Grauburgunder aus dem Rheingau von Crass in Erbach, ein Winzer, den das Paar Kurt/Seebaum etwas pushen möchte.
Gemessen am vorherigen Teller war die kleine Käseauswahl doch sehr spartanisch auf einer schlichten ovalen Porzellaplatte angerichtet. Geschmacklich tat das natürlich dem Fourme d'Ambert, Allgäuer Rotschimmel und 12 Monate gereiftem Bergkäse ebensowenig Abbruch, wie dem saftigen Früchtebrot oder dem Aprikosenmus, einer schönen Abwechslung zum üblichen Feigensenf.
Einem 10jährigen Old Tawny Taylor's Port konnte ich nicht widerstehen.
Den Abschluss bildete eine Crème Brûlée mit Cassisblaubeeren und Lavendeleis. Das war lecker, klang aber doch etwas spektakulärer, als sich die Komponenten optisch und geschmacklich dann darstellten. Ein solider Abschluss, der ein wenig lange am Pass stand. In der Tat schon merkenswert die junge Riesling-Spätlese Erbacher Siegelsberg auch von Crass.
Trotzdem: Nach den Experimenten im einsunternull tat mir die "cuisine classic" von Thomas Kurt gut. Da muss nichts erfahren oder entdeckt werden. Im e.t.a. hoffmann darf (oder soll) der Gast genießen! Dafür fast die volle Punktzahl.
Die für das PLV ohnehin mehr als verdient ist. Jeden Cent wert und unbedingt zum Besuch empfohlen.
Ein wunderbarer Abend!
"Ach, ist das schön! Gäste wie Sie, die gerne essen und trinken, sind für uns das Salz in der Suppe!"
Kann es für den Gourmet (also für uns alle!) ein schöneres Kompliment geben? Wohl kaum. Ist danach überhaupt eine objektive Bewertung, gar Kritik möglich? Schwer. Aber machbar, wenn es nötig gewesen wäre. War es aber nicht.
Selten (nie?) habe ich mich als Einzelgast herzlicher aufgenommen, zugewandter umsorgt, auf Augenhöhe ernst genommener gefühlt, als an diesem Abend im e.t.a. Was natürlich zuvörderst... mehr lesen
Restaurant E.T.A. Hoffmann
Restaurant E.T.A. Hoffmann€-€€€Restaurant03078098809Yorckstraße 83, 10965 Berlin
4.5 stars -
"Berliner Trilogie III: Wunderbar" DerBorgfelder"Ach, ist das schön! Gäste wie Sie, die gerne essen und trinken, sind für uns das Salz in der Suppe!"
Kann es für den Gourmet (also für uns alle!) ein schöneres Kompliment geben? Wohl kaum. Ist danach überhaupt eine objektive Bewertung, gar Kritik möglich? Schwer. Aber machbar, wenn es nötig gewesen wäre. War es aber nicht.
Selten (nie?) habe ich mich als Einzelgast herzlicher aufgenommen, zugewandter umsorgt, auf Augenhöhe ernst genommener gefühlt, als an diesem Abend im e.t.a. Was natürlich zuvörderst
Geschrieben am 10.05.2016 2016-05-10| Aktualisiert am
10.05.2016
Besucht am 18.04.2016Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 146 EUR
OMG! Wo bin ich denn hier gelandet?
Die Fahrstuhltür öffnet sich bei der (namensgebenden) -1 und vor mir liegt ein enger, etwas abschüssiger Gang. Weitgehend dunkel, nur "Leuchtstreifen auf dem Boden zeigen Ihnen den Weg". Immerhin winkt eine junge Dame schon einladend. Im Kellergewölbe bestechen optisch die nachträglich eingebauten Blech-Lüftungsschächte durch ihren ehrlichen Purismus. Dazu säuseln aus Lautsprechern Synthesizer-Sphärenklänge, gefolgt von - und ich schwöre! - gregorianischem Gesang.
Hier wird nicht profan genossen, hier wird ein Konzept gelebt! Um nichts Geringes kann es gehen, oh nein: "Wenn sich neu und klassisch begegnen, entsteht Unerwartetes: der einzigartig volle Geschmack des wahren Lebens."
Und bestimmt nicht nur schnöde Begeisterung für gutes Essen: "Wir wollen damit eine Waage zwischen der virtuellen Welt und der Wirklichkeit schaffen." Ja, die virtuelle Welt im Restaurant, wer kennt sie nicht? Vermutlich dieser unwirkliche Moment, wenn man sich fragt, ob das alles wahr sein kann...
Auch im einsunternull, das seit Oktober von ehemaligen reinstoff-Leuten um Ivo Ebert auf zwei Etagen (mittags oben, abends unten) in der Hannoverschen Straße betrieben wird, steht radikale Regionalität auf dem Programm. Nun, das steht ja schnellen höheren Weihen nicht entgegen, wie das Nobelhart&Schmutzig beweisen konnte. Auch hier also z. B. kein Pfeffer, keine Schokolade und für eines der sehr speziellen Getränke aus der Nicht-Wein-Begleitung entschuldigte sich der vollbärtige, autodidaktische Sommelier Benjamin Becker ausdrücklich, da es mangels näher gelegener Qualitätsanbieter aus Österreich bezogen werde.
Also musste eine Entscheidung getroffen werden: Schnell zwei, drei Gänge und dann ab zum Chicago Williams BBQ nebenan zum Sattwerden? Oder lasse ich mich auf die Herausforderung ein? Letztlich siegte die Neugier und ich machte mich für das wahre Leben bereit, zumindest für intensive Geschmackserlebnisse.
Intensiv war übrigens schon im Vorfeld die Betreuung durch das Team nach der problemlosen Reservierung über Open Table gewesen. Nicht nur die Erinnerungsmail erhielt ich, sondern auch die gleichtägige persönliche telefonische Bestätigung, dass alles für mich gerichtet sei. Die No-Shows müssen offenbar ein zunehmendes Problem sein... Eine Sorge, die letztlich auch nachvollziehbar war. Bis die achtköpfige Familien(?)-Gruppe erschien, herrschte ein 1:1-Verhältnis zwischen dem Service und vier Gästen. Bei ca. 35 Plätzen wäre das wohl schon als ungemütlich zu bezeichnen.
Was man vom Ambiente nicht unbedingt sagen kann. Man kann es allerdings auch nicht unbedingt nicht sagen.
Der abschüssige Gang vom Fahrstuhl (bzw. von der Treppe, die ich erst auf dem Rückweg entdeckte und die zugegeben den etwas dramatischen Effekt gemindert hätte) ist nötig geworden, da der Boden des Kellergewölbes ausgekoffert wurde oder was auch immer eine "Fundamentunterfahrung" sonst bedeutet. Jedenfalls gibt es keine bedrückend niedrige Decke, was auch daran liegt, dass diese in leichte Tonnen gelegt und mit kleinen Originalfliesen verkleidet ist, die ich zeitlich auf Mitte des vorletzten Jahrhunderts schätze. Zwei Wände sind ebenfalls damit verkleidet, wobei die Gebrauchspuren der Jahrzehnte für ein etwas herunter gekommenes, aber authentisches Aussehen sorgen. Ein Durchgang zum jetzt als Damentoilette dienenden Nebenraum ist aus nachvollziehbaren Gründen verschlossen worden. Dann jedoch mit Zementputz versehen, ein Gegensatz zu den Fliesen, den man spannend, hässlich oder, wie ich, irritierend empfinden kann. Auch die weitere Wände sind nackt, aber mit Spiegeln versehen oder von großen Glasflächen durchbrochen, die den Blick auf einen kleinen Innenhof mit großen Pflanztrögen in Kieselsteinen freigeben. Das schafft in der Tat Licht und etwas Raum für den Blick. Der Zementputz und die schon erwähnte Lüftung in ihrem Raw-Design werden wiederum durch die Farbgebung gemildert, die auf ein ganz pastellnes Oliv setzt. Wände, Stuhlbezüge, Blümchen(!) in grün oder braun farblich abgestimmt. Unter den Tischen schaffen große Teppiche Abwechslung zum hellen Parkett. Darüber unterschiedliche Designerlampen mit gedämpften Licht. Kleine Strahler ermöglichen gleichwohl, die Speisen gut zu erkennen und für die Community leidlich im Bild festzuhalten. Die bequemen Stühle klassische Moderne, für den breithüftigen Herrn wie geschaffen. Insgesamt eher skandinavisch, ist hier das Konzept von neu und klassisch konsequent umgesetzt. Ob die Liaison immer glückt, ist wohl Geschmacksache. Unwohl habe ich mich nicht gefühlt.
Alles ganz neu, alles pieksauber. Die Toiletten reduziert, Betonwände, Waschtisch Eisen, aber eben auch Frotteehandtücher und Bonbons für den frische Atem. Eben gebrochen, wie alles hier.
Der Service wurde von drei dunkel, aber nicht uniform gekleideten Damen hochprofessionell und freundlich-distanziert versehen. Das begann mit der freundlichen Begrüßung und dem Garderobenservice, nachdem ich an der Vollholztür geklingelt hatte. Und endete damit, dass der Sommelier die Treppe hoch stürzte, um mir noch einen Gruß hinterher zu rufen. Dazwischen merkte man dem Team die ausgezeichnete Schulung an. Bei der sehr intellektuellen Küche musste viel erklärt werden, da wirkte jetzt am Anfang noch vieles auswendig hergesagt.
Erwähnenswert: Nach dem Ausheben des Brotes erfolgte ein (sehr notwendiger...) "Krümelservice" mit dieser faszinierenden Schiene.
Und auch, wenn man es als manieriert ansehen kann: Ich hätte halt gerne eine neue Serviette, wenn ich zu den Toiletten gehe und das Tuch dort liegen lasse, wo sonst der Hosenboden sitzt...
Von eigener Art und Güte der vollbärtige (hip, hip...) Herr Becker, der die exotischen Getränke ungemein ausführlich beschreibt, dies allerdings stets in der Hocke an die Tischkante gelehnt. Ist das jetzt reale Augenhöhe mit den Gästen oder auch konsequent einsunternull? Zweimal war es wohl selbst den Kollegen zu viel und die Gänge wurden in die Erläuterungen hinein serviert.
Die Menükarte wurde mir mit zwei Hinweisen überreicht:
Die Portionen seien so bemessen, dass man auch alle 10 Gänge schaffen würde. Und es gebe keine klassischen Vor- und Hauptgerichte, jeder Gang stünde für sich. Die Einzelteller ("Gerichte" wäre im Nachhinein teilweise zu weitgehend) liegen zwischen 10 und 19 Euro, ab 6 Gängen als Menü für 77€, danach geht es in 10€-Schritten aufwärts.
Wie stets ließ ich Herrn Schmalhans nicht mal in die Nähe der Küche und wählte nur Champignonköpfe mit Haselnuss und Karotte, Anis mit Walnuss ab. Es erwarteten mich daher "nur" noch:
Gesäuerter Kohlrabi, Birne und Hanfemulsion
Spannrippe vom Rind und Knollensellerie
Buchweizen und Kürbis
Schmorzwiebel, Brühe und Fichte
Saibling, Asche und Rapsöl
Kräuterseitling, grüner Speck und Sonnenblumenkerne
Schwarzwurzel, Joghurt und Waldmeister
Milch, Molke, Mohn und Löwenzahnblüten vom letzten Jahr
Für den Abschluss war zudem "Gesüßtes" angekündigt, zum Auftakt "Gebackenes" sowie "Gemüse, still und fließend".
Die Weinkarte in schönes Leder gebunden, mit allerlei weisen Sprüchlein verziert und natürlich auch nicht schnöden Regionen folgend, sondern drei "Themen": Spaß, Region und Rares. Also leichte, einfache Gewächse, Terroirweine und eben Großartiges. Ich prüfte und fand mich nicht bereit. So wich ich neugierig auf die als "speziell" angekündigte nichtalkoholische Begleitung aus. Dieses Avis wurde erfüllt. Sehr zu loben ist allerdings die große Auswahl an Schaumweinen wie auch an Bieren!
Zunächst galt es jedoch, jenem Individualisten in mir nachzugeben, an den sich das einsunternull laut Homepage besonders wendet: Angesichts des versprochenen Geschmack des Lebens durfte kein frivoler Champagner den Abend eröffnen oder gar ein die Sinne vernebelnder Hochprozentiger. Hier musste tief geschürft werden: Als solid ground to stand on bot sich allein ein Imperial Stout der Traunsteiner Brauerei Schönramer an, schwarz wie die Nacht und süffig wie ein Malzbonbon. Es soll Damen geben, die damit allein ihr Nachtmahl hätten bestreiten können. Ich immerhin war mir für sehr faire 5€ sicher, dass mich das Straßenniveau nun nicht allzu hungrig wiedersehen würde, komme, was da wolle oder auch nicht.
Die Amuses wurden nach sehr angenehmer Wartezeit serviert, wie später auch die Gänge. Und wie bei den Gängen war von begeisternd über interessant bis enttäuschend alles dabei.
Schon die Präsentation machte neugierig. In dem einen Töpfchen wurden verschieden Gemüse serviert, in einem anderem eine Karottenessenz. Auf einem zerknülltem Metallgewebe lag etwas, das wie ein Zweigabschnitt aussah. Und zuletzt brachte die junge Dame eine Serviette, deren hochgenommenen Ecken mit einer Klammer befestigt waren, so dass sich ein Beutel ergab. Auf dem Tisch wurde die Klammer gelöst. Das Tuch entfaltete sich und wie eine Blüte fiel ein kleines Brot in sechs perfekte Abschnitte auseinander. Zugegeben nur ein kleiner Showeffekt, aber ich mag es halt. Und es war schlicht das beste (Misch)Brot, das ich in einem Restaurant je gegessen habe. Hier machte es Sinn, sich mit allen Sinnen einzulassen. Das warme Backwerk verströmte einen betörenden Duft, es war locker, doch nicht mit zu großen Lufteinschlüssen. Leicht schmeckte der Sauerteig noch durch. Aber die Kruste! Knusprig ist viel zu wenig gesagt, nicht in großen Stücken löste sie sich, sondern knisternd in unendlich viele kleine Knusperstücke. Fasziniert nahm ich das Brot immer wieder an das Ohr und brach Stück um Stück ab. Der Service nahm meine Begeisterung zufrieden zur Kenntnis, zwei Wochen habe man daran getüftelt. Mit dem kleinen, komplett aus einem Holzstück gefertigten Messer etwas Butter mit Steinsalz dazu - ein Genuss.
Völlig anders der Extrakt von der Mohrrübe. Schon der Geruch unangenehm konzentriert, war der Geschmack von penetranter Süße. Mit jedem Schlückchen mehr wie intensivster Babybrei ohne jede Nuance, so dass bei mir tatsächlich ein Würgereiz (Entschuldigung!) aufkam. Musste ich stehen lassen.
Die Gemüse waren von interessantem Biss und jeweils geschmacklich eindeutig. Am präsentesten die confierte Rote Beete, süß und erdig. Aber nach dem Karotteninferno war alles relativ flach. Die Bedienung hatte noch darum gebeten, Suppe und Gemüse getrennt zu probieren. Ein Hinweis auf die Reihenfolge wäre zwingend notwendig gewesen.
Blieb das "Holzstück", das ich etwas unschlüssig drehte. Tatsächlich Topinambur, das Innere ausgehöhlt, püriert und wieder in die Schale gefüllt, mit Butterschaum gekrönt und dann gebacken. Ergebnis: Ganz großes Kino. Eindeutiger Wurzelgeschmack, süßlich und leicht seifig, mit ganz kräftigen Röstnoten bis hin zu einer leichten Bitterkeit, die hervorragend mit den Erdtönen harmonierte. Die Schale wunderbar knusprig, das Innere saftig. Ein Meisterwerk. So könnte es weitergehen.
Ging es aber nicht.
Erster Gang: Jeweils drei fein gehobelte Blätter von Kohlrabi gesäuert (in Apfelessig?) und Birne überzogen mit einer Hanfemulsion. Letztere blieb ebenso wie die Bärlauchblüten weitgehend geschmacklos. Egal, das ganze Gericht war nur salzig, total unausgewogen, die Birne stand auf verlorenem Posten. Erst, als ich beim letzten Schnitt Frucht und Gemüse im Verhältnis 3:1 kostete, stellte sich ein einigermaßen angenehmes Mundgefühl ein. Der Rest des Kohlrabis ging zurück.
Leider passte sich die Getränkebegleitung "perfekt" ein. Es gab eine kleine Flasche Brottrunk, recht nett auf Eiswürfeln platziert und mit der Empfehlung, es in zwei Schlucken vor und nach dem Essen herunter zu kippen. Ein guter Rat. Die angekündigten geschmacklichen Nuancen des auf Hefe vergorenen Sauerteigs waren zwar in der Tat vorhanden, aber hier dominierte neben Salz die viel zu starke Säure. Grässlich. Schick allein das zum Eisbehälter degradierte Glas, so dünn, leicht und von geriffelter Struktur, dass ich erst verwundert einen Plastikbecher befürchtete.
Aber die Achterbahnfahrt ging weiter mit einem perfekt geschmorten Stück Rindfleisch aus der Spannrippe. So saftig, so schmackig, so zart! Umami! Rauch! Salz! Mit auf dem sehr heißen Teller eine stark reduzierte Jus vom Fleisch - dachte ich. Doch was da so unglaublich intensive malzig-erdige Süße auf die Zunge zauberte, war nichts als eine Sellerie und Wasser! Und 2-3 Tage, in der sie im Ofen vor sich hin reduzierte. Reinste Melasse, aber eben doch nicht nur aus einer Zuckerrübe gewonnen. Dazu im Extraschälchen Scheiben von Knollensellerie, den ich nur widerwillig probierte. Und ebenfalls auf schönste überrascht wurde. Erst geräuchert, dann in Waldhimbeerenessig mariniert eine erfrischend fruchtige Säure getragen von den eigentlich nicht geschätzten Sellerienoten. Perfekt eingepasst zwischen das fette Fleisch und den süßen Extrakt.
Bravo! Mit wenigsten Zutaten grandiose Geschmackserlebnisse geschaffen, hier wird das Versprechen eingelöst.
Auch die Saftbegleitung war hier passend. 85% Äpfel wild gesammelt von Streuobstwiesen wurden mit 15% Roter Beete unfiltriert verschnitten und konnten so süß-saure wie erdige Nuancen beisteuern.
Warum dieses Meisterwerk in der Reihenfolge der "gleichberechtigten" Gänge als zweites serviert wird, bleibt das Geheimnis der Küche. Aber Irritation ist hier Programm, also weiter.
Es wurde ein flacher runder Pudding von Buchweizen gereicht, darauf in seinem Tee eingelegte Streifen von Butternutkürbis, gekrönt von Buchweizenkrokant. Rhapsody in brown und Textur vor Geschmack, aber alles in allem schmackig.
Gelungen dazu die Cuvée aus 75% Apfelsaft vom Sämling und Topinambur, der Kohlensäure zugesetzt wird: Voilà, ein alkoholfreier Prisecco.
Etwas enttäuschend der nächste Gang. Von den Schmorzwiebeln in Brühe mit Fichte hatte ich mir mehr Süße versprochen. Sie waren noch recht fest und eher fad. Auch die wohl ausgekochten Fichtennadeln hatten an den leicht bitteren, etwas öligen Fonds keinen für mich bemerkbaren typischen Geschmack abgegeben.
Spannender da die hausgemachte Limonade auf Sanddorn und Zucker, der Kefir beigegeben war. Dadurch eine laktische Trübung und leicht moussierend. Schmeckte besser, als es aussah.
Wie das Fleisch zuvor, hat mich der dann folgende Fischteller überzeugt. Ein puristischer Streifen Saibling (sicherlich in der eigenen Badewanne gezüchtet, höchstens aus dem nächstem regionalen Gewässer gezogen), vermutlich sous vide, mit Asche (vom Lauch - ich frage nach so etwas, was sagt das bloß über mich?), Moos und einigen Salzflocken. Dazu das deutlich schmeckbare Rapsöl mit etwas Karotte. Hier harmonierte der recht fette Lachsfisch mit der Bitterkeit der Asche, der beim Amuse noch so abgelehnten Süße der Karotte (die Dosis macht das Gift...) und dem typischen Ölgeschmack.
Fehlte noch Säure. Interessanterweise durch Verjus als Getränk präsentiert, dem Saft unreifer Trauben, der laut Wiki im Altertum als gesundheitsfördernder Begleiter fetter Speisen galt. Passt ja. Eine deutliche, aber feine Säure, nicht so fruchtig wie Zitrone, nicht so beißend wie Essig. In der Nase eher an einen grünen Apfel erinnernd, als an Weintrauben.
Gebratene Kräuterseitlinge schlossen die warmen Gerichte ab. Von feinem Geschmack dazu die dünnen im Mund schmelzenden Streifen des italienischen Lardo. Drittes Element waren Sonnenblumenkerne, als weiche nussige Crème und crunchig geröstet. Lecker, aber kein großes Kino.
Als Begleiter Kombucha auf Zitronenmelisse, dessen Hefigkeit ganz gut passte, die säuerlichen und sogar leicht pikanten Noten für mich weniger.
Das erste Dessert hat mich dann wieder begeistert, ich wähle ja gar nicht so oft süße Nachspeisen. Im einsunternull alternativlos, da man nach Aussage des Service keine von der Temperatur passende Lagermöglichkeit für Käse habe. Hm.
Aus dem ausgeschabten Fruchtfleisch der Schwarzwurzel wurde ein Eis hergestellt. Eis aus Gemüse finde ich wegen des geschmackliche Aha-Effektes meist toll. Dazu (zu)wenig Waldmeisterreduktion und die entleerte Wurzelschale knusprig ausgebacken. Die Joghurtkomponente als Chip und als Staub, da lacht das verkümmerte Molekularherz. Der Fingerabdruck im Staub stammt nicht vom Service, sondern sollte der besseren Erkennbarkeit dienen. Einzige Kritik die Wahl von weißem Porzellan; die auf dem Rückzug aus der gehobenen Gastronomie befindliche Schieferplatte wäre hier optisch sehr wirkungsvoll gewesen.
Im Gegenteil traf Herr Becker mit einem erneuten Kombucha auf Berberitze voll ins Schwarze bzw. Pinke. Die Hefenote harmonierte schön mit der Schwarzwurzel, die Frucht ergänzte erstklassig den Joghurt. Yummie!
Der Vorwurf der etwas verschenkten Präsentation trifft auch für den Schlussakkord zu: Weiß auf weiß mit weiß. Nunja, Milch und Molke halt. Hauptakteur erneut Gefrorenes, diesmal Mohneis, bedeckt von einem schönem Milchschaumchip. Ich wurde aufgefordert diesen mutig zu durchstoßen (To boldly go where no man has gone before!) und tat, wie mir geheißen. Das Eis war mit Mohnsamen gefüllt. Geschmacklich durchaus gelungen, der durch das Eis abgemildert bittere Mohn trat in eine sehr erfreuliche Beziehung mit dem milchsüßen Cracker. Nur die Löwenzahnblüten(blätter!) vom letzten Jahr wären wohl besser im schon damals verspeist worden. Ich konnte keinen Beitrag auf der Zunge erkennen. Trotzdem ein gelungener Abschluss.
Den der Individualist in mir wie am Beginn doch mit etwas Alkoholischem krönen wollte. Da kam der mir bis dato unbekannte, intensive Likörwein aus gespritetem Tannat d'Aydie, der am Nebentisch ausgeschenkt wurde, wie gerufen. Nun, keine echte Konkurrenz zu einem Banyuls, aber doch eine erfreuliche Erfahrung gerade zum Mohn.
Trotz dieses Upgrades schlug die Getränkebegleitung nur mit 44€ zu Buche, was ich angesichts der in der Tat speziellen Gebräue als fast lächerlich billig empfinde.
Den angebotenen Kaffee lehnte ich kurz nach 23:00 Uhr ab. Trotzdem wurde ich mit einer kleinen Überraschung verabschiedet, zwei Buttercreme-Nocken, die nur scheinbar in Kakao gewälzt waren. Aber das hätte nicht dem selbst gewählten Regionalitätsprinzip entsprochen. Tatsächlich war es geröstetetes Weizenmehl. Der Geschmack war erstaunlich ähnlich, auch leicht süßlich, nur ohne die kakaotypische Bitternote.
So endete der Abend wie vieles zuvor mit einer - wohlschmeckenden - Irritation.
Der Vorhang zu und alle (zumindest viele) Fragen offen. Zum Beispiel diese:
Frage: Würden Sie das einsunternull empfehlen?
Radio Borgiwan antwortet: Ja, aber..
... nicht für Connaisseure und Genießerinnen, die in romantischer Zweisamkeit tafeln wollen, nicht für die gesellige große Runde, nicht für Geschäftsmenschen zum Arbeitsessen. Alle diese würden sich fragen "War's das schon?" oder gar "Was war das denn?".
Wer indes bereit für sehr reduzierte, intensive Geschmackserlebnisse ist, sein Essen verstehen, erleben, entdecken will, für den bietet sich an der Hannoverschen Straße eine eigene Welt. Nicht puristisch, nicht dekonstruiert, sondern authentisch und teilweise schon schmerzhaft intensiv. Muss man nicht mögen. Aber so ist das volle Leben halt.
Fin.
Für meinen Sohn Christian, der heute 24 Jahre alt geworden wäre. Danke.
OMG! Wo bin ich denn hier gelandet?
Die Fahrstuhltür öffnet sich bei der (namensgebenden) -1 und vor mir liegt ein enger, etwas abschüssiger Gang. Weitgehend dunkel, nur "Leuchtstreifen auf dem Boden zeigen Ihnen den Weg". Immerhin winkt eine junge Dame schon einladend. Im Kellergewölbe bestechen optisch die nachträglich eingebauten Blech-Lüftungsschächte durch ihren ehrlichen Purismus. Dazu säuseln aus Lautsprechern Synthesizer-Sphärenklänge, gefolgt von - und ich schwöre! - gregorianischem Gesang.
Hier wird nicht profan genossen, hier wird ein Konzept gelebt! Um nichts... mehr lesen
Einsunternull
Einsunternull€-€€€Sternerestaurant03027577810Hannoversche Str. 1, 10115 Berlin
4.0 stars -
"Berliner Trilogie II: Wagnis" DerBorgfelderOMG! Wo bin ich denn hier gelandet?
Die Fahrstuhltür öffnet sich bei der (namensgebenden) -1 und vor mir liegt ein enger, etwas abschüssiger Gang. Weitgehend dunkel, nur "Leuchtstreifen auf dem Boden zeigen Ihnen den Weg". Immerhin winkt eine junge Dame schon einladend. Im Kellergewölbe bestechen optisch die nachträglich eingebauten Blech-Lüftungsschächte durch ihren ehrlichen Purismus. Dazu säuseln aus Lautsprechern Synthesizer-Sphärenklänge, gefolgt von - und ich schwöre! - gregorianischem Gesang.
Hier wird nicht profan genossen, hier wird ein Konzept gelebt! Um nichts
Geschrieben am 02.04.2016 2016-04-02| Aktualisiert am
03.04.2016
Nachdem mein mittäglicher Diagonal-Pass das Spiel geöffnet hatte, brachte MarcO einen wunderbaren Abend-Schlenzer vor das Tor. Ich musste nur noch ein- oder besser abnicken.
Eine freundliche Vorabinformation des weit gereisten Pfälzers bestätigte uns die Abendtauglichkeit des La Calma. Offensichtlich kein Exklusivtipp, denn als wir am Mittwoch kurz nach 1800 Uhr einliefen, war das Lokal schon sehr gut gefüllt. Zwei Gruppen, eine große (Firmenessen) und eine größere (langjährige Freundinnen, wir erkannten die Gattin eines Ex-Bürgermeisters), sorgten für Stimmung, aber man konnte sich gleichwohl in Zimmerlautstärke verständigen. Dazu eine vierköpfige Familie, eine einzelne Dame, ein weiteres Paar. Die Tische, die beim Auslaufen noch unbesetzt waren, trugen alle Reservierungschilder. Vermutlich lag's auch am Feierabend Special (jede - sehr große - Pizza und ein Ratsherren-Craftbeer für 12€), das schon MarcO und Begleitung überzeugt hatte. Meiner Frau haben das helle Lager und die Pizza mit Fenchelsalsicchia, Mozzarella, milden Pepperoni und Grillgemüsen ebenfalls sehr gut geschmeckt. Tagliere und Cannonau hat MarcO schon zu Recht gelobt.
Zu Ambiente und Bedienung ist alles geschrieben. Zu ergänzen ist die für Italiener untypische Jazzmusik.
Von der Karte ist weiter positiv zu berichten: Die Burrata mit Ochsenherztomate und Basilikum war schön cremig und leicht säuerlich, was gut zur begleitenden Limonencreme passte. Es wäre auch Blutorange möglich gewesen, die aber von Madame abgelehnt wurde.
Mein Pulpo war schlicht sensationell! Von der Zartheit einer streichfähigen Butter (im wörtlichen Sinn), voll Geschmack und mit schönen Röstnoten. Hammer.
Nachdem mein mittäglicher Diagonal-Pass das Spiel geöffnet hatte, brachte MarcO einen wunderbaren Abend-Schlenzer vor das Tor. Ich musste nur noch ein- oder besser abnicken.
Eine freundliche Vorabinformation des weit gereisten Pfälzers bestätigte uns die Abendtauglichkeit des La Calma. Offensichtlich kein Exklusivtipp, denn als wir am Mittwoch kurz nach 1800 Uhr einliefen, war das Lokal schon sehr gut gefüllt. Zwei Gruppen, eine große (Firmenessen) und eine größere (langjährige Freundinnen, wir erkannten die Gattin eines Ex-Bürgermeisters), sorgten für Stimmung, aber man konnte sich... mehr lesen
Calma & Gusto
Calma & Gusto€-€€€Restaurant042147895665Bei den drei Pfählen 12, 28205 Bremen
4.5 stars -
"3 Chancen, 3 Treffer!" DerBorgfelderNachdem mein mittäglicher Diagonal-Pass das Spiel geöffnet hatte, brachte MarcO einen wunderbaren Abend-Schlenzer vor das Tor. Ich musste nur noch ein- oder besser abnicken.
Eine freundliche Vorabinformation des weit gereisten Pfälzers bestätigte uns die Abendtauglichkeit des La Calma. Offensichtlich kein Exklusivtipp, denn als wir am Mittwoch kurz nach 1800 Uhr einliefen, war das Lokal schon sehr gut gefüllt. Zwei Gruppen, eine große (Firmenessen) und eine größere (langjährige Freundinnen, wir erkannten die Gattin eines Ex-Bürgermeisters), sorgten für Stimmung, aber man konnte sich
Das Hulsberg-Viertel, östlich des Steintors zwischen Weser und der Hannoveraner Bahnstrecke gelegen, ist wohl am besten mit "normal" beschrieben. Weder alternativ, noch hip. Weder heruntergekommen, noch schick. Dazu passt, dass die Neubauten auf dem ehemaligen TÜV-Gelände mal nicht dem hochpreisen Segment angehören, sondern aus Reihenhäusern und vierstöckigen Riegelbauten bestehen. Trotzdem hat sich im Il Gattopardo am Rande des Viertels schon eine gewisse Ciao-Signora-Grazie-Dottore-Stimmung breit gemacht. Aber vielleicht nur eine Momentaufnahme. Im Hauptstraßenzug ist jedenfalls noch nichts von einer Gentrifizierung zu spüren. Triste Reihenbebauung und gastronomisch dominieren Pizza- und andere Lieferdienste sowie etwas aufgehübschte Imbisse. Echte Restaurants sind an der langen Straße eher rar gesät. Umso erfreulicher, dass im größeren Teil der Enoteca (mit einem reichen Angebot italienischer, insbesondere Chiantiweine) seit 2013 auch das La Calma italienische Cucina anbietet. Von Ambiente, Service und Küchenleistung eine echte Bereicherung mit einem sensationellem PLV.
Die kleine, aufgebockte Holzveranda mit unbequem aussehendem Alurohrmobiliar wartet auf wärmere Tage. Ruhigere werden nicht kommen, aber Straßenlärm gehört ja zum mediterranen Stadtflair.
Der große viereckige Raum ist durch eine Bar mit vielen Koch- und Weinbüchern getrennt, links die Weinhandlung, rechts das Restaurant, das zunächst keine italienische Assoziationen weckt, außer vielleicht etlichen Geschirrhandtüchern, die von der Decke hängen. Die Hommage an Wäsche über engen Gassen des Mezzogiorno wird mir indes erst jetzt bewusst. Bei meinem Besuch fand ich es erst befremdlich, dann witzig. Denn, wie auf einem anderen Portal jemand schrieb: "Da hat sich ein Innenarchitekt ausgetobt." Mitteldunkler Holzfußboden und durable Vollholztische auf Chrommittelfuß. Man nimmt Platz auf angenehm zu besitzenden Holzstühlen mit entweder schwarzen Sitzflächen und Rückenlehnen oder Plastiksitzschalen in Quietschfarben, grasgrün ist vorherrschend. Auch einige Raumtrenner und ein breiter Streifen Wand leuchten ähnlich frühlingshaft. Dadurch wird der trotz großer Lampen mit Metallschirmen und einiger Strahler nach hinten doch recht dunkel wirkende Raum farblich sehr aufgehellt. An der Fensterfront fällt sowieso das Licht der tief stehenden Sonne schön ins Lokal. An den Wänden über einer umlaufenden Bank mit schwarzem Kunstleder Bilder mit unterschiedlichen Motiven, die mehr oder minder Bezug zu Italien haben und Regale mit italienischen Produkten, die noch nicht jeder Supermarkt führt. Die Hardware auf den Tischen einschließlich der festen Vliesservietten ist einfach, aber passend und, wie alles, sauber. Die Nassräume habe ich nicht besucht.
Ein ungewöhnliches Ambiente, das ich angenehm empfand und das dem Auge viele interessante Kleinigkeiten anbot.
Das Publikum um die Mittagsstunde gemischt, eine alte Dame, Vater und Sohn, ein Handwerker. Wie geschrieben, normal, angenehm.
Der Service wird durch einen schon lebenserfahrenen Herrn erledigt, der das Klischee des nicht eben hünenhaft gewachsenen Italieners, in diesem Fall wohl Sarden, voll erfüllt. Die Deutschkenntnisse sind für das Übliche hinreichend, aber für fachliche Fragen zum Wein holte er den Betreiber, der sich als sein Sohn herausstellte und mehr als kompetent ist. Beide waren ehrlich an der Zufriedenheit des Gastes interessiert, freundlich, zuvorkommend, zu Auskünften gern bereit. Auch ein Probeschluck eines anderen Weines wurde angeboten. In diesem Ambiente sehr, sehr gut.
Die Speisekarte ist klein, aber eigenständig. Klasse statt Masse.
Mein Mahl beginnt mit einem Coperto - natürlich nicht die eigentümliche italienische Gepflogenheit, schon das nackte Gedeck, manchmal mit langweiligem Brot, gesondert zu berechnen. Hier gab es dagegen ein Tellerchen mit je zwei Scheiben/Stücken Salami, Pecorino, gegrillte Zucchini mit Olivenöl, große grüne Oliven und Ruccola. Dazu scharfe Paprika-Tapenade und etwas (langweiliges;-)) Brot. Ein sehr leckerer Auftakt, der einen gleich auf den Stiefel versetzte. Dafür zahlte ich gern schmale 3€, statt einen fehlenden Appetithappen auf Kosten des Hauses zu beklagen, den ich hier so oder so nicht erwartet hatte.
Wer mehr anlegen will, ordert das Tagliere, also ein "Brettl" mit gemischten Aufschnitt, Käse und toskanischem Honig.
Die weitere Wartezeit verkürzte mir eine 11Freunde-Ausgabe über deutsche "Legionäre" in der Seria A. Auf dem Cover der damals in erster Ehe verheiratete Lothar Matthäus, im Inter-Dress ins noch unbedachte San Siro einlaufend. Etliche Jahre später durfte ich mit meinem Sohn in ebenjenem Stadion jubeln, als mein Heimatverein noch einen Pausenrückstand (gegen die Rosso-Neri) egalisierte. Tempi passati, Werder-Erfolge wie Matthäus-Ehen, nur der Torschütze von damals, ein gewisser Claudio P. spielt, trifft und grinst wie damals.
Als primo piatto kommen Tagliatelle mit Fenchel-Salsiccia von der Tageskarte. Für die kleine Portion werden 4,5€ berechnet, ebenfalls sehr kundenfreundlich kalkuliert.
Was gemessen an Bremer Gastronomiepreisen auch absolut für die 5,8€ gilt, die auf der Rechnung für ein Viertel(!) Cannonau erscheinen. Mal abgesehen, dass fast nur noch 0,2l, teilweise schon 0,15l Fingerhüte ausgeschenkt werden, sind da Preise jenseits der 7€ für ordentliche Standardware keine Seltenheit. Der sardische Rote aus der Grenachetraube hatte einiges an Sangiovese mitbekommen, was mir als Tanninverschmäher nicht so recht war.
Die Teigwaren dagegen nach meinem Geschmack leicht über al dente. In einem kräftigen Sugo, das gut an den Nudeln haftete, mit reichlich Wurstscheiben durchmischt und etwas Olivenöl beträufelt. Gewürzt mit groben Pfeffer, Salzkristallen, Petersilie und reichlich Thymianzweiglein, die sich malerisch in der Wintersonne räkelten. Wunderbar kräftiges, klassisches Pastagericht in exzellenter Ausführung.
Ebenfalls von der Tageskarte ganz gegen meine üblichen Vorliebe als Hauptgang ein Burger. Aber die Kombination BBQ-Rindfleisch, Kalbsbraten, Grillgemüse und Guacamole versprach einiges. Und hielt viel mehr. In einem Sesambun, vorbildlich gehalten von einem Holzstäbchen, wurde der Burger auf einem reichlichen, hochwertigen Salatbett und begleitet von gebräunten Kartoffelspalten mit gebratenen Rosmarinzweigen präsentiert. Nachdem ich die obere Brötchenhälfte abgenommen hatte, ließ sich das Gericht problemlos mit Messer und Gabel essen. Das Rindfleisch war kräftig gebräunt, aber im Kern noch schön rosa. Sehr saftig. Was ebenso für die drei Scheiben Kalbsbraten galt. Zusammen mit gegrillter Aubergine, Zucchino, Champgignon und Tomate sowie natürlich der Avocadocreme war dies ein kräftig-harmonisches Meisterwerk. Der helle Industrie-Bun hat nicht gestört, die Kartoffeln waren tadellos, wurden aber von mir nicht sehr beachtet. Ich war im Hackfleisch-Himmel. Der beste Burger, den ich je gegessen habe? Das hieße zwar nicht viel, da ich dieser Fleischzubereitung eigentlich eher wenig abgewinnen kann. Für mich allerdings ein Aha-Erlebnis,nach dem ich den Fleischklops zukünftig wieder etwas freundlicher betrachten werde. Allemal, wenn das PLV so positiv ist, wie im La Calma mit aufgerufenen 10 Euro.
Was schon fast selbstredend für den Espresso galt, der gerade mal 1,5€ kostete und natürlich in der vorgewärmten Tasse serviert wurde.
Ein vermeintlich einfacheres Lokal entpuppte sich als gastronomische (und optische) Überraschung. Man muss vielleicht keinen Umweg in Kauf nehmen, aber für Einheimische, die in der Nähe sind, durchaus einen Besuch wert. Wir werden sicher demnächst am Abend vorbeischauen.
Das Hulsberg-Viertel, östlich des Steintors zwischen Weser und der Hannoveraner Bahnstrecke gelegen, ist wohl am besten mit "normal" beschrieben. Weder alternativ, noch hip. Weder heruntergekommen, noch schick. Dazu passt, dass die Neubauten auf dem ehemaligen TÜV-Gelände mal nicht dem hochpreisen Segment angehören, sondern aus Reihenhäusern und vierstöckigen Riegelbauten bestehen. Trotzdem hat sich im Il Gattopardo am Rande des Viertels schon eine gewisse Ciao-Signora-Grazie-Dottore-Stimmung breit gemacht. Aber vielleicht nur eine Momentaufnahme. Im Hauptstraßenzug ist jedenfalls noch nichts von einer Gentrifizierung zu... mehr lesen
Calma & Gusto
Calma & Gusto€-€€€Restaurant042147895665Bei den drei Pfählen 12, 28205 Bremen
4.5 stars -
"Einfach, gut, einfach gut!" DerBorgfelderDas Hulsberg-Viertel, östlich des Steintors zwischen Weser und der Hannoveraner Bahnstrecke gelegen, ist wohl am besten mit "normal" beschrieben. Weder alternativ, noch hip. Weder heruntergekommen, noch schick. Dazu passt, dass die Neubauten auf dem ehemaligen TÜV-Gelände mal nicht dem hochpreisen Segment angehören, sondern aus Reihenhäusern und vierstöckigen Riegelbauten bestehen. Trotzdem hat sich im Il Gattopardo am Rande des Viertels schon eine gewisse Ciao-Signora-Grazie-Dottore-Stimmung breit gemacht. Aber vielleicht nur eine Momentaufnahme. Im Hauptstraßenzug ist jedenfalls noch nichts von einer Gentrifizierung zu
Geschrieben am 21.03.2016 2016-03-21| Aktualisiert am
21.03.2016
Besucht am 19.03.2016
Kollege MarcO74 ("Die Zunge der Pfalz") kündigt Bremen-Besuch in charmanter Begleitung an. Lust auf ein Treffen am Sonntag-Abend? Aber sicher, ich organisiere. Lieblingslokal Nr. 1: Sonntags geschlossen. Lieblingslokal Nr. 2: Sonntags ab 18:00 Uhr geschlossen. Auch-ganz-gern Nr. 3: Dito. Egal-was Nr. 4: Selbes Ergebnis. Panik macht sich breit. Es gilt, die gastronomische Ehre der Heimat zu verteidigen. Aber: Ganz Bremen scheint zur Tatort-Zeit geschlossen. Ganz Bremen? Nein, ein kleiner, neu eröffneter Italiener in Stadionnähe muss scheinbar um Legionärsgäste aus dem befestigten Kleinbremum werben. Die Speisekarte ist übersichtlich und klingt vielversprechend. Aber mit kulinarisch verwöhnten Gästen in ein gänzlich unbekanntes Restaurant? Nein, ein Probe-Mittagessen musste her! Mein Weib aus der gechillten Wochenendstimmung gerissen und zur Hamburger Straße geradelt. Das Amüsierviertel Steintor läuft hier langsam aus, nicht mehr in jedem zweiten Haus werden das eine oder andere körperliche Bedürfnis befriedigt, aber doch recht verlässlich an jeder Straßenecke findet sich ein Restaurant oder eine (ehemalige) Eckkneipe. In einer solchen ist seit knapp einem Jahr auch das Due Fratelli beheimatet. Eine Plankenveranda zu beiden Straßenseiten wartet noch auf wärmere Tage. Leider nicht barrierefrei geht es durch den dicken Vorhang in den Gastraum. Linker Hand eine weitere Stufe hoch der Raum vor dem Tresen. Rechts ein etwas größerer Raum mit einer schönen erhöhten Sitznische mit Spiegel, die wir gleich für den eventuellen abendlichen Treff abspeichern. Von da aus ein schöner Blick ins Lokal und durch die großen Fenster auf die Straße. Einer der beiden namensgebenden Brüder begrüßt uns und weist uns höflich zunächst einen Tisch in Tresennähe zu. Als wir unseren Wunsch nach einem Mittagessen mitteilen, haben wir die freie Auswahl und setzen uns an einen Tisch am Fenster. Wir sind um 13:00 Uhr die ersten Gäste. Später wird es voller, allerdings kommen die meisten wohl zum Fußballschauen. In den Gaststätten rund ums Stadion ist das am Sonnabend Standard.
Das Ambiente überrascht uns positiv. Über dem leicht abgetretenen Dielenboden ist konsequent mit schwarz und weiß gestaltet. Die mit noch ausreichender Durchgangsmöglichkeit gestellten Tische sind alle mit zwei weißen Tischdecken belegt und komplett mit Wassergläsern, schön gefalteten Stoffservietten und zweimal reellem Besteck eingedeckt. Dazu dunkle Grablichter und schon Salz- und Pfeffermühlen. Man bekommt sofort den Eindruck, dass hier mit Anspruch gearbeitet wird. Über die Farbe der Sitzkissen auf den nur leidlich bequemen schwarzen Bistrostühlen soll nur das Foto Auskunft gegeben. Man will dem Bergischen Mob ja keine Angriffsfläche bieten ;-)).
Die Säulen in der weißen Wand sind hüfthoch mit schwarzem Holz verkleidet. Darüber schwarz-weiße Fotos von Filmstars und eine Barszene. Nett, aber ohne erkennbaren Bezug oder Zusammenhang. An der hinteren Wand zur Theke dagegen zwei pastellne Bilder, Blumen und Landschaft. Für die einen Kitsch, für die anderen die wahrscheinlich längste Geschmacksache der Welt. Nur ein klein wenig hämisch vermutet meine Gattin die Schwiegermutter als Künstlerin. Die Beleuchtung erfolgt teilweise durch LED-Strahler in der Decke, teilweise durch eine Lampenkonstruktion, die ebenfalls im Bild recht gut zu erkennen ist.
Der Service naht in Gestalt einer reizenden Signorina, die uns zurückhaltend, sehr konzentriert im Wechsel mit dem noch recht jungen Patrone bedient. Für die Schüchternheit besteht angesichts der Leistungen kein Anlass. Die Garderobe wird uns abgenommen und gebracht, meiner Frau in den Mantel geholfen. Die wenigen Mittagsangebote werden trotz einer Tafel gegenüber dem Tresen vollständig und langsam mitgeteilt, nur sehr leise. Alle Nachfragen können geklärt werden, zum Teil erkundigt sich die junge Dame eigenständig in der Küche. Die Sprachkenntnisse sind gut, werden aber vorsichtig eingesetzt. Man kann fast den Übersetzungsprozess in beide Richtungen im Gesicht ablesen. Sehr sympathisch. Das Einsetzen und Ausheben klappt ebenso gut, wie die Erkundigung nach der Zufriedenheit. Zum Bezahlen wird vorsorglich das Kartenlesegerät mit an den Tisch gebracht. Es gibt eine ordentliche Rechnung. Der Inhaber ist von offener Art, kein Schweiger, aber nicht unangenehm. Zur Vorspeise wird noch ein Olivenöl und eine dieser Wer-hat-die-Längste-Pfeffermühlen gebracht, immerhin von Peugeot mit Mahlgrad-Einstellung. Das Besteck wird mit weißen Handschuhen vorgelegt. Wie gesagt, ein in diesem Stadtviertel unerwarteter Anspruch.
So weit, so hinreichend auch für verwöhnte Pfälzer... Aber entscheidend ist auf dem Teller.
Wir erhalten für den ersten Hunger eine Mascarponecreme mit Kräutern und dreierlei Gebackenem im Drahtkörbchen. Besonders überzeugend die Pizzini, gesalzener Pizzateig, der ausgebacken wird. Wenn, wie jetzt, frisch dargeboten, sind das herzhafte kleine knusprige Krapfen mit Suchtpotential. Aber, wie der Wirt warnend erinnert, nicht ohne Folgen für den Hüftumfang. Auch die Creme hat uns geschmeckt, mal was anderes.
Wir wählen als Vorspeise einen Ruccolasalat für 6€ und ein Carpaccio di tonno für 13,5€. Als Hauptspeisen Saltimbocca alla romana (12,50€) und Gnocchi in Gorgonzolasauce, die mit 8,5€ zu Buche schlugen. Alle Speisen haben uns gefallen und waren (teils über-)reichlich.
Mein Thunfisch wurde, wie es sich gehört, in dünnen Scheiben aufgeschnitten serviert und war sehr hell. Ich vermutete erst Schwertfisch, tatsächlich war es aber Fleisch vom weißen Thun. Neben dem für meine Begriffe überflüssigem Ruccola und dünnen Stängeln (Kresse?) fanden sich auf den Fischscheiben sparsam eingesetztes Olivenöl, Kapern, kleinen Taggiasca-Oliven und Safranmajonäse. Der Fisch hatte es etwas schwer, geschmacklich durchzudringen, insgesamt aber eine auch qualitativ überzeugende Vorspeise.
Ebenso wie das Saltimbocca. Drei sehr dünne, saftige Schweineschnitzelchen und der darüber gelegte Parmaschinken knusprig. Für meinen Geschmack hätte es etwas mehr Salbei sein dürfen, aber da kann die Küche leicht zu viel des Guten tun. Sehr großzügig die Beilagen aus schmackhaftem Frühlingsgemüse mit nicht zuviel Biss, bei dem ich für Frischware zwar nicht die Hand ins Feuer legen würde, aber auch nicht das Gegenteil behaupten könnte. Egal, gute Qualität. Die Rosmarinkartoffeln kräftig gebräunt, aber etwas weich geraten. Leider begann sich die kräftige Soße etwas zu trennen, das sieht ja nicht so schön aus. Geschmacklich aber ebenfalls tadellos. Optisch war es mir doch etwas voll auf dem Teller.
Auch meine Frau war mit dem Salat zufrieden und mit den Kartoffelnocken restlos glücklich. Von Soßenresten auf ihrem Teller jedenfalls keine Spur mehr.
Kochen kann Fratello 2, keine Frage.
Der abschließende Espresso lungho kam in der vorgewärmten dickwandigen Tasse und hat mir ausnehmend gut geschmeckt. Die Bohnen stehen auch zum Verkauf und zum ersten Mal seit Jahren kommt vielleicht mal ein Wechsel für den häuslichen Vollautomaten in Betracht.
Der Kaffee war mit 2,2€ bepreist, 0,75l Aqua Panna mit immerhin 5,5€ und 0,4l Apfelschorle mit 3,6€. Teilweise ist das PLV ok, teilweise ambitioniert, aber insgesamt den Leistungen angemessen.
Fazit:
Test bestanden, wir reservierten für Sonntagabend.
Aber wird das Due Fratelli auch dem kritischen Gaumen aus dem Südwesten standhalten?
Kollege MarcO74 ("Die Zunge der Pfalz") kündigt Bremen-Besuch in charmanter Begleitung an. Lust auf ein Treffen am Sonntag-Abend? Aber sicher, ich organisiere. Lieblingslokal Nr. 1: Sonntags geschlossen. Lieblingslokal Nr. 2: Sonntags ab 18:00 Uhr geschlossen. Auch-ganz-gern Nr. 3: Dito. Egal-was Nr. 4: Selbes Ergebnis. Panik macht sich breit. Es gilt, die gastronomische Ehre der Heimat zu verteidigen. Aber: Ganz Bremen scheint zur Tatort-Zeit geschlossen. Ganz Bremen? Nein, ein kleiner, neu eröffneter Italiener in Stadionnähe muss scheinbar um Legionärsgäste aus dem... mehr lesen
Ristorante Due Fratelli
Ristorante Due Fratelli€-€€€Restaurant042167352817Hamburger Straße 32, 28205 Bremen
4.0 stars -
"Respektable (Not-)Lösung" DerBorgfelderKollege MarcO74 ("Die Zunge der Pfalz") kündigt Bremen-Besuch in charmanter Begleitung an. Lust auf ein Treffen am Sonntag-Abend? Aber sicher, ich organisiere. Lieblingslokal Nr. 1: Sonntags geschlossen. Lieblingslokal Nr. 2: Sonntags ab 18:00 Uhr geschlossen. Auch-ganz-gern Nr. 3: Dito. Egal-was Nr. 4: Selbes Ergebnis. Panik macht sich breit. Es gilt, die gastronomische Ehre der Heimat zu verteidigen. Aber: Ganz Bremen scheint zur Tatort-Zeit geschlossen. Ganz Bremen? Nein, ein kleiner, neu eröffneter Italiener in Stadionnähe muss scheinbar um Legionärsgäste aus dem
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Stekis' Bericht aus dem Mutter Habenicht, dem ich im Ergebnis beipflichte, auch wenn mir die "Gute deutsche Hausmannskost" etwas zu aufgesetzt betont wird. BuMüs zumindest hochgelegener Tipp iVent von Anfang 2015 und dann noch vom Alten Schweiger von der Waterkant einige gewohnt knappe Zeilen zum Michelin-gelisteten Da Piero. Das war's dann auch schon an einigermaßen aktuellen Empfehlungen, sofern etwas gehobene Gastronomie gesucht wird.
Das ist wenig, denn in der Stadt wird das hippe Monkey Rosé genannt, während der Guide Michelin nach wie vor den Platzhirsch Das Alte Haus lobt und dem Zucker mit dem Bib Gourmand ein besonders gutes PLV attestiert. Dass dabei auch eine gute Qualität erwartet werden darf, konnte ich schon nach meinem ersten Besuch bestätigen. Die dazu gehörige Kritik ist indes mit dem Portal, dessen Name nicht genannt werden darf, untergegangen.
Anlass genug, ein geschäftliches Abendessen mit einer größeren Gruppe in die Industriearchitektur der ehemaligen Raffinerie zu verlegen. Und unsere Preisabsprachen Zucker betreffend bezogen sich nur auf die Rechnung, ehrlich...
Vorweg: Küche und Service haben durchweg erfolgreich gearbeitet. Eine eindeutige Empfehlung für Braunschweig, sowohl mittags, wie am Abend.
Bereits das Ambiente ist durchaus bemerkenswert. Der Blick der vielen Paare, die hier ungezwungen genießen, fällt nur verstohlen zum Geburtstagstisch von Niedersachsens bekanntestem Bankdirektor. Ansonsten auf die rauen Ziegelmauern, die durch hohe Fenster durchbrochen sind, so dass es tagsüber schön hell ist. Draußen allerdings nur ein Parkplatz und die hauseigene, eben nicht sonderlich idyllische Terrasse. Deren Gäste können sich ja immerhin zum Fabrikgebäude umdrehen. Im Inneren herrscht gerade kein shabby-chic. Etwa zur Hälfte der hohen Halle wurde durch einen Zwischenboden zusätzlicher Platz geschaffen. Oben befindet sich die nicht einsehbare Küche, darunter die Bar und ein kleiner, etwas düsterer Bistrobereich mit Hochtischen.
Praktisch, aber etwas lieblos die fahrbaren Garderobeständer. Da das weitere Fabrik-Ensemble noch von Büros und hochwertigem Einzelhandel genutzt wird, befinden sich die insoweit allgemein zugänglichen Toiletten etwas gewöhnungsbedürftig nicht im Restaurant, sondern "über'n Gang". Abends fällt das nicht nachteilig ins Gewicht. Im hohen Bereich der Halle nehmen nur die rostigen Strahler das Industrieambiente auf. Dagegen schafft am Boden der braune Marmor (gerade wieder in der Essener Rathaus-Galerie gesehen) und die eingedeckten, zumindest teilweise recht eng gestellten Tische einen hochwertigen Gegenpart. Der Preis für den Steinfußboden und das Mobiliar im Stil der klassischen Moderne ist eine leicht kühle Atmosphäre.
Indes habe ich mich weder in der Gruppe, noch als einzelner Gast unwohl gefühlt, zumal leiser Klavierpop (Clapton, Beatles, Elton John usw.) in kurzer Schleife erklingt. Schwerer wiegt da schon der von keinen Raumtextilien gedämpfte, nicht unerhebliche Geräuschpegel. Für unseren nicht zu vermeidenden beruflichen Austausch sehr störend. Was tun? Kurz entschlossen baten wir, neben die Bar umziehen zu dürfen. Dort saßen wir für uns und relativ ruhig. Bei zwei wesentlichen Nachteilen: Die hohen Hocker und Bänke waren gut gepolstert, aber mit der Zeit wird das Sitzen mit den Füßen auf einer Stange doch recht unbequem. Da sorgten eben mehrere Ausflüge in die Peripherie für Durchblutung. Deutlich dramatischer jedoch, dass es unter der Zwischendecke sehr schummrig war. Wie sollten denn da die Fotos für die Kritik gelingen? Grübel, grübel. Heureka! Mittags drauf noch einmal hin und die Speisefolge im Wesentlichen erneut bestellt! Das Leben kann so einfach sein...
Unser Umzugswunsch machte am Abend den drei jungen Menschen in klassischer Kellnerkluft (schwarze Hose, weißes Hemd/Bluse, Herren zusätzlich mit Weste, Schürze mit Logo) ordentlich Dampf. Aber da konnte man mal sehen, was eine gut organisierte, aufgeweckte Crew zu leisten vermag. Unsere "Hilfe"versuche freundlich unterbunden, war in Windeseile komplett neu eingedeckt. Zwei Tischdecken. Wein- und Wassergläser. Gutes Gastrobesteck. Tulpe in kleiner Porzellanvase. Hut ab!
Auch den weiteren Abend gestaltete der Service, an der Spitze eine junge weibliche Fachkraft mit einem Kollegen und einer Auszubildenden angenehm. Aufmerksam, kompetent auf dem jeweiligen Stand, schnell sowieso, durchweg dem professionellen Niveau des Zucker entsprechend. Die Karten wurden offen gereicht,ordentlich eingesetzt und ausgehoben. Dass die Auszubildende noch lernt, liegt in der Natur der Sache. Lediglich bei der Weinberatung fehlte auch der Erstkraft fast zwangsläufig noch etwas Wissen. Nachdem das zunächst etwas zu hemdsärmelig überspielt werden sollte, klärten die wahren Connaisseure am Tisch die Fronten. So konnte ich (mit dem Service) manches lernen und schnell hatten wir uns wieder lieb. Übrigens ein gutes Beispiel, dass es fast immer erfolgreich ist, deutlich - aber höflich - zu sagen, was und wie man es möchte. Schweigen und ärgern macht doch meist nur schlechte Laune. Hier habe ich jedenfalls sehr gern ein kräftiges Trinkgeld auf die nach meiner Erinnerung durchschnittlich 65€ pro Nase gegeben.
Am nächsten Tag war dann die Serviceleiterin für mich da, die uns schon im Jahr zuvor sehr positiv aufgefallen war. Kompetenz gepaart mit einer freundlichen Souveränität. Selbstverständlich (nein, eigentlich nicht) war es möglich, aus der Abendkarte zu wählen. Immer da, wenn der Gast etwas braucht, teilweise bevor er es selber realisiert hat. Auf Augenhöhe ohne eine Spur von Überheblichkeit. Was ich mir btw von Frau Mona Schrader im Hannoveraner Jante vor kurzem durchaus auch gewünscht hätte.
Die Küche grüßte an beiden Tagen mit vier Brotsorten
und drei Buttervariationen: mit Salz, Safran und Bärlauch.
Das sah gut aus und war auch am Gaumen erfreulich. Weiteres Brot wurde angeboten.
Los ging es dann mit dem Klassiker Spargel und Schinken. Aber wie!
Das Stangengemüse grün und weiß, dazu toskanischer Schinken, gekochter Schweineschinken, Rinder-Carpaccio etwas dicker geschnitten und einen Rindfleischchip gebacken. Die verschiedenen Texturen, Geschmäcker und Farben sprachen gleich mehrere Sinne positiv an. Mehr als nur Begleiter waren grüner Spargelschwamm, ein PERFEKTES
Wachtelei und eine leichte Majonäse mit Eierstückchen. Weitere geschmackliche Akzente setzten Kerbel und Bärlauch. Besser kann man den Frühling nicht auf den Teller bringen. Volle Punktzahl für diesen Teller.
Dazu einen Sauvignon Blanc aus dem Trentino.
Zweiter Gang war eine aufgeschäumte Morchelsuppe
guter Pilzgeschmack, leicht pikant. Die Maronenfüllung des exakt gegarten Raviolo konnte sich geschmacklich nicht wirklich bemerkbar machen. Nicht schlecht, 4 Sterne, aber nicht herausragend. Dachte ich noch am Abend. Beim Mittagsbesuch dagegen beglückte mich die Küche mit großzügiger Zugabe von perfekten Morchel-Exemplaren. Das war gleich "'n ganz annern Schnack", um es mal bremisch auszudrücken. Dazu im sehr heißen Teller ein Potpourri frischer Kräuter: Geschmacksexplosion! Und jetzt ohne Zweifel auch 5 Sterne.
Als Hauptgericht hatte ich ganz unüblich Rinderfilet gewählt.
Es kam perfekt saignant wie gewünscht und wunderbar zart, ohne beliebig zu wirken. Dazu ein leicht gebundenes dunkles Sößchen, hmmm.
Auch bei diesem Gericht haben mich die saisonalen Begleiter genauso überzeugt, wie der Hauptdarsteller. Der frische Spinat war nur kurz blanchiert, noch in Form, aber weich. Kein Vergleich mit dem zähen TK-Zeug, das man ohne Ende trocken kauen kann. Der schwarze Morchelcannelono war eine optische und handwerkliche Freude. Der Teig mit (vermutlich auch) Spinat gefärbt, darüber mit Streifen von hellerem Grün ein Muster gelegt. Die Füllung war dagegen nicht so intensiv, wie ich sie erwartet und zum Fleisch auch geschätzt hätte. Trotzdem gut. Ebenso trifft das auf den zurückhaltend getrüffelten Kartoffelstampf zu, der mit einem Confit von roten Zwiebeln den Teller schon fast zu umfassend füllte. Nur knapp unter der Höchstnote.
Im Glas ein badischer Spätburgunder.
Andere Gäste wählten Steinbutt oder Wildfleischküchle mit angebratenen Spätzle (etwas ausgekühlt, wurden flugs erneuert) und Steinchampignons in Rahmsauce oder den signature dish, Tafelspitz vom Kalb mit einer sehr pikanten Meerettichsauce. Kann ich von meinem ersten Besuch sehr empfehlen, auch wegen der klassisch eleganten Darreichung, die man nur noch selten findet, erst recht hier im Norden.
Überall zufriedene Gesichter.
Auf ein Dessert wurde verzichtet. Ich hielt mich zu vorgerückter Stunde auch vom Kaffee fern. Trotzdem wurden wir alle mit selbst gemachten Macarons verabschiedet.
Nach einem solchen Abendmahl können vielleicht Kurpfälzer mittags schon wieder üppig zuschlagen. Ich hielt mich als dritten Gang dagegen an einen Caesars Salad
mit einem crunchy Brotchip, ebenfalls knusprigem Speck, gehobeltem Parmesan und sehr wahrscheinlich selbst hergestellten Croutons. Ungewöhnlich, aber lecker die Würfelchen vom enthäuteten Tomatenfleisch. Tadellos, 4,5 Sterne.
Statt Dessert mal wieder ein Gläschen P.X. Sherry von Lustau.
Jetzt gab es auch eine Koffeinportion für die Heimfahrt; der Wunsch nach einem verlängerten wurde sofort verstanden. In der heißen Tasse serviert und dazu ein Happen saftiger(!) Topfkuchen mit Frucht.
Ein erneut rundum gelungener (Doppel-)Besuch im Zucker, das von mir eine Aber-sowas-von-Empfehlung erhält!