Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 291 Bewertungen 377536x gelesen 10297x "Hilfreich" 9236x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 21.04.2017 2017-04-21| Aktualisiert am
21.04.2017
Besucht am 14.01.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 92 EUR
Bei meinen zwar weit auseinander liegenden, aber regelmäßigen Besuchen in Remagen-Rolandseck war mir schon länger das Interieur No. 253 aufgefallen, das der Karte nach gehobene, etwas französisch inspirierte Küche anbietet.
Beim diesjährigen Aufenthalt am Rhein konnte ich zwei Veranstaltungen kombinieren und so das Wochenende zur Erholung und für kulinarische Entdeckungen nutzen.
Das Restaurant befindet sich im Kulturbahnhof Rolandseck, auf Hochwasser sicherer Höhe
so dass schon von außen klar ist, welch zauberhaften Blick auf Strom und Siebengebirge es bei Tageslicht gibt. Ich wollte allerdings den Sonn-Abend für einen ausgedehnten Test der Küche nutzen. Zumal im Januar die schöne große Loggia des Kulturbahnhofs natürlich nicht geöffnet ist.
Über das Gebäude selbst könnte seitenlang berichtet werden, hier nur soviel: 1856 auf dem Höhepunkt der Rheinromantik nahe von Rolandsbogen und des rechtsrheinisch aufragenden Drachenfels in (sehr spätem) Spätklassizismus errichtet, ist es heute ein Teil des Arp-Museums des Landes Rheinland-Pfalz. Auch wer mit Dada im Speziellen und abstrakter Kunst im Allgemeinen wenig anfangen kann, sollte einen Besuch schon wegen des beeindruckenden Neubaus in den Felsen über dem Altbau und der teilweise spektakulären Übergänge und Ausblicke wagen.
In dem heute vom Restaurant genutzten zweiten Obergeschoss befanden sich die Warteräume der 1. und der 2. Klasse sowie dazwischen der schon damals für Feierlichkeiten vorgesehene langgezogene Festsaal. Durch die schiere Länge des Mittelteils mit den Fenstern zum Rhein war sofort klar, dass die noch mittags vorgenommene Reservierung überflüssig gewesen war. So konnte ich allerdings schon die eigenwilligen Glaskunstwerke im minimalistischen Treppenhaus ebenso bewundern, wie die beeindruckenden Kronleuchter im Saal und im hinteren Raum, der für Gesellschaften genutzt wird. An der Decke sind teilweise noch die ursprüngliche Fresken auf der ungewöhnlich unverputzten Decke erhalten. Sehr schönes Ambiente, mit etwas Fantasie sieht man sich in die Bälle der Sisi-Zeit zurück versetzt. (Die besten Fotos: http://arpmuseum.org/besuch/erlebnis/gastronomie.html)
Ganz anders dagegen der erste Raum: Bunt und voller Kunst, mal an und auf den Wänden, viele Stile werden zitiert u.a. klassische Moderne, Realismus, Romantik, mal in den Wänden mit bunten Glasfenstern und auch aus den Wänden mit farbigen Lichtkuben unterschiedlicher Größe. Auch die Theke ist offensichtlich ebenso Teil der kreativen Gestaltung, wie die Tische und beleuchteten Sitzbänke. Eine Nachfrage später beim Service klärt auf. Man befindet sich im begehbaren, namensgebenden Kunstwerk "Interieur No. 253" des Berliner Künstlers Anton Henning. Hier tafelt man in, um und von Kunst, das gefällt mir. (Viel Interessantes: http://arpmuseum.org/ausstellungen/dauerausstellungen/in-situ/anton-henning-bistro-interieur-no-253.html)
Den Sanitärbereich habe ich nicht besucht. Die Homepage verspricht auch hier augenzwinkernde Kunst. Im Restaurant alles gepflegt.
Dann mal sehen, was die Künstler in weiß und schwarz so drauf haben.
Der Vollbart des Inhabers und Gastgebers Nic Herbst ist schon mal ein Hingucker. (Beim ersten Link in Foto 1 auf dem roten Teppich und in Foto 5 in der Mitte erkennbar.) Sakko über dem offenen Hemd aus Oxford-Baumwolle, die gekürzte Chino lässt die knalligen Socken sehen, ein eigenes Œuvre d'hip. Und dementsprechend bei der Reservierung noch etwas sophisticated. Am Abend erkannte er aber schnell, worauf es ankam und sorgte dafür, dass seine junge Servicecrew meine Wünsche sehr ordentlich erfüllte. Am Ende des Abends ergab sich noch Gelegenheit für ein interessantes Gespräch. Ein Chef, der seinen Laden im Griff hat, ein Schwätzchen mit den Stammgästen führt, dabei stets die ganz in schwarz gekleidete Mannschaft im Blick, die trotzdem guter Laune zu sein scheint. Sehr angenehm.
Meistenteils wurde ich von einer jüngeren, aber absolut professionell agierenden Bedienung betreut, nichts zu tadeln. Allein, eine Herzlichkeit kommt nicht auf, eher ein etwas angespannter Tonfall. Wie so manches Mal weiß ich nicht, ob Natalja genervt ist oder ob es nur an dem etwas härteren osteuropäischen Akzent liegt.
Trotzdem eine gute Service-Leistung.
Ich erhielt einen guten Tisch im vorderen Teil des Festsaals an der Wand. Der Blick wird durch einige Installationen in mehrfachem Sinne interessant abgelenkt. Eingedeckt waren offensichtlich nur die reservierten Tische. Später stellte sich heraus, dass neben mir zwei Lokalpolitiker nebst Gattinnen Platz nehmen. Politiker, gleich welcher Hierarchiestufe, neigen nicht zu übermäßiger Schweigsamkeit. Man erfuhr einiges über die Charakterschwäche der Konkurrenz, wie der Parteifreunde. Ich hätte gern etwas weiter entfernt gesessen, genügend freie Tische waren ja vorhanden. Zugegeben sei aber, dass der Abstand bei normaler Lautstärke eigentlich ausreichend war. Der Service muss hier sowieso schon erhebliche Laufarbeit verrichten, denn die Küche befindet sich in einem neuen Trakt und ist mit dem Altbau über eine gläserne Brücke verbunden. Auch dort ein Werk von Anton Henning "HaaH", das mit seinen und Hans Arps Initialen spielt.
Das Holzmobiliar steht auf einem schönen Fischgrätparkett. Die Stühle haben leider keinerlei Auflage, auf die Dauer ganz schön hart. Interessant die Tische mit einer großen Einlage aus grünem Leder. Darüber ein weißer Papierläufer mit Hepp Exclusiv Besteck, Wein- und grünem Wasserglas, Stoffserviette, dazu eine einzelne Tulpe und Peugeot-Mühlen. Mal eine Abwechslung die Schwimmkerze im Glas.
Trotz des recht lauten, der hohen Decke geschuldeten Hintergrund-Geräuschpegels war der entspannte Smooth Jazz gut zu vernehmen.
Die Räumlichkeiten versetzten mich in eine festliche Stimmung, so dass eigentlich ein Gläschen Champagner die vorzunehmende Speisenauswahl hätte begleiten müssen. Alternativ war auch für Freunde und Freundinnen der gepflegten Flaschengärung ein Franciacorta Monte Rossa im Angebot, erwartungsgemäß aus dem Hause del Bosco.
Indes: Der Vorabend im Kreise der erweiterten Kollegenschaft war in angenehmster Art, Weise und Gesellschaft aus dem Ruder gelaufen, also wollte ich nichts übertreiben und bat um einen alkoholfreien fruchtbetonten Cocktail. Gelegentlich sollen Vitamine ja nicht das Schlechteste sein. Diese Aufgabe hat der Barkeeper hervorragend gelöst und kredenzte eine Mischung von Mandarine, Orange, Melone und Minze in flüssiger Form. Aufgefüllt mit Soda und auf Eis serviert. Der Clou eine Kugel Mandarinensorbet. Erfrischend, fruchtig und nicht zu süß.
Ein kleines Fläschchen Gerolsteiner leistete dazu mit 3€ einen hübschen Deckungsbeitrag für Herrn Herbst.
Die geöffnet gereichte Karte wich in Nuancen von der Internetversion ab und enthielt zu meinem Erstaunen kein Menü. (Dafür sind jetzt deren drei auf der Homepage zu finden, einschließlich des Januar/Februar-Angebots...). Die Tagesempfehlung hatte ich schon einer handgeschriebenen Tafel im Treppenhaus entnommen und für mich ausgeschlossen. In der Karte bittet man die Gäste zum einen um Verständnis, dass nur EC- oder Maestro-Karten akzeptiert werden; die Marge scheint hier eng zu sein. Zum anderen, dass man nur eine Rechnung pro Tisch erstellen KÖNNE. Die Beherrschung der Grundrechenart Addition nimmt inzwischen in bedenklichem Ausmaße ab.
Das Rennen machten schließlich:
Gratinierte Austern
Hummervelouté mit Fenchelstrudel
Marinierte Räucherforelle
Bäckchen vom Ibericoschwein
Brie de Meaux
Zunächst wurde ein Schälchen schon gewürztes Olivenöl und ein paar an der Service-Insel im Raum frisch aufgeschnittene Scheiben Stangenweißbrot gebracht. Ich grübelte etwas, ob es sich hierbei wohl um die in der Karte mit 3€ vermerkte Leistung handelte, die mir ungefragt gebracht worden war. Oder um eine Karo-einfach-Version für lau. In der Rechnung fand sich die Position immerhin nicht.
Die Küche grüßte dann mit einem dunklen Kalbsbratling unter getrüffeltem Kartoffelschaum, etwas Crunchiges zierte den gar nicht mal kleinen Appetithappen
Kräftig und passend für die Jahreszeit, lediglich ein kleines Stück Sehne störte.
Die folgenden vollfleischigen Austern wurden hübsch in der Schale auf verschiedenen Algen serviert
und waren mit einem leichten Hollandaise-Schaum überzogen und kräftig gratiniert. Ein feiner Gang, bei dem die Zitronennote recht gelungen den jodigen Geschmack der Edelmuschel einband (14€).
Inzwischen wieder hinreichend gefestigt war die Begleitung durch ein Gläschen vom Maison Jean Velut für 10€ ein Muss.
Weiter ging's mit der Hummersuppe
für 11€, die aufgeschäumt am Tisch angegossen wurde und ein gutes Krustentieraroma lieferte. Für meinen Geschmack etwas zu salzig, aber mit einer feinen Anisnote. Sehr gelungen der im Ofen knusprig und dunkelbraun gebackene dünne Strudelteig, der auf den Punkt gegarte Fenchelstreifen enthielt. Sehr stimmig.
Als Fischgang (10€) Räucherforelle
als Mousse und mariniertes Filet, das mit einer recht süßen Apfelcreme, Apfelspalten und Salat von Frisée, Feldsalat und Rucola mit (harten) Croutons angerichtet war. Als Verbinder fand ich das Gewürzbrot schlau, es passte zu den fruchtig-süßen, wie auch zu den rauchigen Fisch-Aromen.
Vor dem Fleischgang erfolgte eine kleine Erfrischung des Gaumens mit einem Apfelsorbet
das mit Prosecco aufgegossen wurde. Das Gefrorene mit kleinen Stückchen Fruchtfleisch wohl von der australischen Omi Schmidt, die Apfelspalten der Deko sicher nicht.
Nämliche Scheiben fanden sich auch zum dritten Mal als Deko (das geht kreativer) bei den Schweinebäckchen
die zart, doch noch nicht zerfallend waren. Als passende Begleiter in der Pfanne glasierte Apfelstückchen, bissfeste Schalotten, die Süße vermissen ließen, weiter eine sahnige Topinamburcreme und eine reduzierte Jus. Frisée sollte vermutlich Frische und Farbe bringen und eine Menge von kleinen Chips den Crunch, ebenfalls von der hellen Knolle. Leider waren sie teilweise etwas weich geworden. Das war alles nicht schlecht. Aber weder für sich, noch als Gesamtheit wirklich begeisternd. Mir war der Teller auch etwas zu voll geknallt. Preislich mit 23€ dagegen fair.
Der Abschluss war nach meinem Geschmack. Statt Dessert ein gutes Stück Brie de Meaux
begleitet von einer hausgemachten Brioche mit Feigenstücken, teils noch knusprig, teils schon in Richtung Zwieback. Geschmacklich aber eine schöne Abwechslung zu den üblichen schweren dunklen Früchtebroten. Auch die rote Zwiebelmarmelade und die karamellisierten Walnüsse waren nicht zu verachten. Mit 8€ eher preiswert.
Als Rausschmeißer zu 6€ dann nur noch einen P.X. von Real Tesoro, der in der Nase sprittig war und am Gaumen zu wenig Frucht hatte, die den Schokoladenton sonst schön ergänzt.
Fazit: Das Ambiente hat mir noch besser gefallen, als die Küche. Diese ist aber durchaus niveauvoll und in Maßen kreativ. Die Produkte überzeugen, das Handwerk ist solide. Gemessen am Anspruch nichts wirklich zum Niederknieen, aber auch überhaupt keine Ausfälle. Insofern absolut zu empfehlen. Ich werde im nächsten Jahr gern wieder einkehren.
Bei meinen zwar weit auseinander liegenden, aber regelmäßigen Besuchen in Remagen-Rolandseck war mir schon länger das Interieur No. 253 aufgefallen, das der Karte nach gehobene, etwas französisch inspirierte Küche anbietet.
Beim diesjährigen Aufenthalt am Rhein konnte ich zwei Veranstaltungen kombinieren und so das Wochenende zur Erholung und für kulinarische Entdeckungen nutzen.
Das Restaurant befindet sich im Kulturbahnhof Rolandseck, auf Hochwasser sicherer Höhe
so dass schon von außen klar ist, welch zauberhaften Blick auf Strom und Siebengebirge es bei Tageslicht gibt. Ich wollte... mehr lesen
Restaurant Interieur No. 253 im Arp-Museum
Restaurant Interieur No. 253 im Arp-Museum€-€€€Restaurant02228911111Hans-Arp-Allee 1, 53424 Remagen
4.0 stars -
"Speisen im Kunstwerk - tolles Ambiente und ambitioniertes Essen" DerBorgfelderBei meinen zwar weit auseinander liegenden, aber regelmäßigen Besuchen in Remagen-Rolandseck war mir schon länger das Interieur No. 253 aufgefallen, das der Karte nach gehobene, etwas französisch inspirierte Küche anbietet.
Beim diesjährigen Aufenthalt am Rhein konnte ich zwei Veranstaltungen kombinieren und so das Wochenende zur Erholung und für kulinarische Entdeckungen nutzen.
Das Restaurant befindet sich im Kulturbahnhof Rolandseck, auf Hochwasser sicherer Höhe
so dass schon von außen klar ist, welch zauberhaften Blick auf Strom und Siebengebirge es bei Tageslicht gibt. Ich wollte
Geschrieben am 07.04.2017 2017-04-07| Aktualisiert am
07.04.2017
Besucht am 15.01.2017Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 71 EUR
Urgestein? Nein, nicht das Sternerestaurant in der Pfalz, das hatten wir doch vor kurzem.
Hier sind Manfred und Uschi Zozin gemeint, die im kleinen Fachwerkhäuschen direkt am Fähranleger Rolandseck - Bad Honnef seit vielen Jahren erfolgreich im Grunde eine behutsam modernisierte deutsche Küche für die vielen (mit den Betreibern älter gewordenen) Stammgäste sowie gelegentlichen Touristen anbieten.
Im kleinen Innenraum des niedrigen, ehemaligen Fähr- oder Zollhauses ist etwas die Zeit stehen geblieben. Um die extrem eng gestellten 25 Plätze zwischen dem schwarz gestrichenen Eichen-Ständerwerk sind auf den Fensterbänken, auf Vorsprüngen und in einer Vitrine reichhaltig Kissen, Vasen, Kunst verteilt. Zwar ohne Kitsch, aber der Eindruck eines prall gefüllten Puppenhauses kommt schon auf. Die Lichterketten mögen noch von Weihnachten hängen, Mitte Januar kein Beinbruch. Kontakt mit den anderen Gästen bleibt so nicht aus, mit wenig Mühe konnte man wirklich jedes Gespräch im Raum mithören. Aber der Rheinländer gilt ja ohnehin als gesellig... Auf der Suche nach den Toiletten stand vermutlich schon jeder Erstbesucher plötzlich im winzigen Büro neben der auch nicht üppig dimensionierten Küche. Um dann freundlich-resolut nach draußen und ums Haus herum gebeten zu werden, wo sich in einem Anbau einfache, aber sehr saubere Örtlichkeiten befinden, die bei meinem Januarbesuch erfreulich beheizt waren. Das hat schon etwas von Gartenwirtschaft. Und in der Tat dürfte die Terrasse am Rhein hinter der weinumrankten Pergola inzwischen schon wieder Anziehungspunkt für das gemischte Publikum sein. Seit einigen Jahren befindet sich im Garten zudem ein recht ansehnlicher Wintergarten-Zeltbau, der nicht nur für größere Gesellschaften zur Verfügung steht. Auch im Januar zwangen einige Gäste, die im Restaurant keinen Platz mehr gefunden hatten, den Service zu recht weiten Wegen. Dem Vernehmen nach soll das feste Zelt allerdings bei erhöhtem Gästeaufkommen plus Sonneneinstrahlung schnell in den Sauna-Modus schalten.
Für mich war noch ein Sitzplätzchen im Innenraum frei. Auf den schwarzen Holztischen, die mit wuchtigen Beinen auf den großen roten Kneipenfliesen stehen, liegen nur kleine weiße Stoffsets. Darauf einmal klassisch eingedeckt, auch eine kunstvoll gefaltete Stoffserviette findet sich. Dazu weiße Kerze im (Zinn?)Blechhalter und Salzstreuer. Alles durchaus hochwertig, aber man sieht dem Interieur die jahrelange intensive Nutzung doch inzwischen mehr als deutlich an. Das schwere Besteck ist arg zerkratzt, die einfachen, aber dünn gepolsterten Bistrostühle ebenso angeschlagen, wie die auf Wunsch gebrachte, aber nicht benötigte Peugeot-Pfeffermühle. Am auffälligsten ist die Abnutzung an manchen Tischplatten. Großflächig ist der Lack abgeplatzt. Recht große Wachsrückstände, zugegeben hinter einem Ständer, fielen mir negativ ins Auge. Zudem haben sich ein paar Spinnweben in der Vielzahl der Accessoires halten können. Eine Grundrenovierung sollte nicht mehr allzu lange aufgeschoben werden.
Sehr angenehm der ruhige, höfliche und aufmerksame Service, den Frau Zozin mit einer Kollegin versieht. Freundlich, aber nicht anbiedernd. Kompetent, aber nicht bevormundend. Flott, aber nicht hektisch. Ich bekomme auch hier eine Ausgabe des Feinschmeckers zum Zeitvertreib, wobei die Wartezeiten angenehm waren. Alle Wünsche wurden wenn möglich erfüllt, ansonsten Alternativen vorgeschlagen. Die Nachfragen erfolgen aufmerksam. Man wird als Gast behandelt, weder als sofortiger Freund des Hauses, noch als gefühlter Störenfried.
In diesem Punkt ist das: "Alles wie immer!" ein Kompliment, nämlich für eine erneut tadellose Leistung.
Was genauso für die Küche gilt.
Da ich am Vorabend geschlemmt hatte, wählte ich aus der zwar recht hübschen, aber auch schon ramponierten, geöffnet gereichten Pappkarte bei einem mustergültig gekühlten White Port von Dows (4€) nur einen gewohnt einfachen Lunch:
Carpaccio vom warmen Tafelspitz mit Rapunzeln in Kartoffelvinaigrette (13,5€)
Rieslingsuppe mit Fischen und Kräutern (9,5€)
Gebratene Kalbsnierennüsschen in Thymiansauce mit Fettucine (16,5€)
Während ich den internationalen Evergreens der 50-er bis 70-er Jahre gern und den Unterhaltungen an den Nebentischen eher gezwungen lauschte, wurden Butter und reichlich krosses Baguette gereicht. Dann kam auch schon der formidable badische Grauburgunder von Dr. Heger, Ihringer Winklerberg 1. Lage, der perfekt für mich in der halben Flasche (18,5€) angeboten wurde. Selbst das nach dem ersten Einschenken in der Flasche verbleibende Schlückchen wurde mustergültig im Kühler deponiert und aufmerksam nachgeschenkt.
Die Flasche Aqua panna mit 4,9€ freundlich bepreist.
Der erste Gang war eine Wucht:
Der in der Tat noch warme Tafelspitz war wunderbar mürbe und von kräftigem Rindfleischgeschmack.
Darüber eine Tomaten-Schalotten-Vinaigrette mit fruchtiger Säure und Kräutern. Der Feldsalat hatte ein nur dezent säuerlich-pikantes Dressing mit Senf, dem zerdrückte Kartoffel eine sehr angenehme Sämigkeit verliehen.
Die Rieslingrahmsuppe
mit viel Sahne, der Wein schmeckte dagegen nur dezent durch. Dafür gefiel die mutige Würze und erneut eine schöne Kräuterbouquet-Note. Die kleinen Würfel von Lachs, Barsch und Dorade(!) waren reichlich und saftig. Auch sehr gut.
Beim Hauptgericht
hat als erstes die exzellente Thymiansauce überzeugt, die die Nierchen wirklich perfekt begleitete. Die etwas rustikal geschnittenen Nierenteilchen waren angebraten und schmeckten auch dadurch kräftig. Einige Stücke waren durch, das bekam ihnen nicht. Der überwiegende Teil noch rosa, was eine (für Innereien-Freunde und -Freundinnen) herrliche Konsistenz sicherte. Die Nudeln waren mir zu weich. Vielleicht ein Zugeständnis an den Geschmack der Stammgäste, wer weiß? Auf die vorgesehene Petersilien-Knoblauch-Butter musste ich im Interesse meiner künftigen Gesprächspartner verzichten.
Leider war der von mir statt Dessert erkorene P.X. Nectar von Gonzales Byass ausgetrunken. Deshalb nur ein verlängerter Espresso (2,9€) aus der Heimatstadt. Dazu gab es ein paar zugekaufte Kekse nebst Schokotäfelchen aufs Haus.
Ein rundum gelungener und sehr angenehmer Sonntagmittag im Bellevuechen, dem (etwas in die Jahre gekommenen) "Kleinod am Rhein". Beim nächsten Aufenthalt unter'm Rolandsbogen komme ich gerne wieder!
Urgestein? Nein, nicht das Sternerestaurant in der Pfalz, das hatten wir doch vor kurzem.
Hier sind Manfred und Uschi Zozin gemeint, die im kleinen Fachwerkhäuschen direkt am Fähranleger Rolandseck - Bad Honnef seit vielen Jahren erfolgreich im Grunde eine behutsam modernisierte deutsche Küche für die vielen (mit den Betreibern älter gewordenen) Stammgäste sowie gelegentlichen Touristen anbieten.
Im kleinen Innenraum des niedrigen, ehemaligen Fähr- oder Zollhauses ist etwas die Zeit stehen geblieben. Um die extrem eng gestellten 25 Plätze zwischen dem schwarz gestrichenen... mehr lesen
Bellevuechen
Bellevuechen€-€€€Restaurant022287909Bonner Straße 68, 53424 Remagen
4.0 stars -
"Verlässliches Urgestein!" DerBorgfelderUrgestein? Nein, nicht das Sternerestaurant in der Pfalz, das hatten wir doch vor kurzem.
Hier sind Manfred und Uschi Zozin gemeint, die im kleinen Fachwerkhäuschen direkt am Fähranleger Rolandseck - Bad Honnef seit vielen Jahren erfolgreich im Grunde eine behutsam modernisierte deutsche Küche für die vielen (mit den Betreibern älter gewordenen) Stammgäste sowie gelegentlichen Touristen anbieten.
Im kleinen Innenraum des niedrigen, ehemaligen Fähr- oder Zollhauses ist etwas die Zeit stehen geblieben. Um die extrem eng gestellten 25 Plätze zwischen dem schwarz gestrichenen
Besucht am 03.04.2017Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 14 EUR
Mal was Kurzes... Und Unübliches: Eher allgemeine Empfehlung als Detail-Kritik.
Ins Greta's gehen meine Frau und ich seit der Eröffnung regelmäßig unregelmäßig, mal zusammen, mal allein, mal mit Anderen beruflich oder privat.
Enttäuscht waren wir noch nie. Was einerseits damit zusammenhängt, dass die (über die Jahre selten wechselnde) Küchenmannschaft eine Geschichte in der gehobenen bis Sterneküche hat. Stets peppt eine gewisse Raffinesse die an sich eher einfachen Mittagsgerichte der Karte auf. Jene ist ob der winzigen Küche bewusst klein gehalten, vier bis fünf Angebote, mindestens einmal vegetarisch und meist Fisch und/oder Fleisch, Pasta und Salat mit Pfiff. Dazu ein selbst gemachtes Dessert. Die Beschränkung ist Programm, man fokussiert sich klar auf die umliegenden Firmen und Behörden: Nur Montag bis Freitag, nur von ca. 07.30 bis ca. 17.30 Uhr. Morgens Cappuccino mit Croissant o.ä. mittags die kleine und stets frische Karte und über den Nachmittag allerlei zugekauftes, handwerklich hergestelltes Gebäck. Die Portionen der Tellergerichte sind nicht allzu groß, die Preise betragen in der Regel zwischen 8 und 12 Euro. Kleines Dessert und Kaffee liegen nur um die 1,5 bis 2€. Es geht flott zu. Das und die bemerkenswerte Qualität spricht sich rum: In der Stoßzeit - und das heißt spätestens ab 11:30 Uhr bis deutlich nach 14:00 Uhr ist ein freier Tisch ohne Vorbestellung Glückssache. Aber auch für das schnelle Meeting zwischendurch wird der informelle Rahmen gern genutzt, ganz zwanglos bis in Staatssekretärs- und Minister-Kreise (in unserer kleinen, fast nur noch an Geschichte reichen Stadtrepublik bekanntlich Staatsrätin und Senatorin geheißen). Ruhig mal die Ohren spitzen...
Über die Räume hatte ich mal zu Zeiten des Verschwundenen Portals berichtet; hat ja sicher noch jeder im Gedächtnis... Also: Die Lage ist Bombe auf halben Weg zwischen Bahnhof und Innenstadt. Haltestelle diverser Öffis in Sichtweite. Vom etwas unbequemen Alu-Außenmobiliar schweift der Blick in die eine Richtung auf den großen Galerie-Holländer mit Stiefmütterchen-Pflanzbild davor. In die andere auf das Art-déco-Juwel der ehemaligen Nordwolle-Zentrale, seit Jahrzehnten schon Sitz der Finanzbehörde - mancher schaut eher säuerlich hinüber. Und dazwischen mäandern die Wallanlagen auf das dekorativste. Bei meinem Besuch mit einem Traum von blühender japanischer Kirsche.
Die Räumlichkeiten liegen in der äußersten Spitze eines auf den zweiten Blick architektonisch gar nicht so uninteressanten 90-er Bürogebäudes. Folglich bilden die Räume ein Dreieck. Aber irgendwo müssen ja Küche, Bar und Toiletten hin. Hier nicht auf die kurze Gerade ans Ende gesetzt, sondern in die Mitte. Das ergibt eine seltsame Dreiteilung: Ein Teil in der Spitze mit Blick in den Park auf der einen und Sexshop (Bahnhofsviertel!) auf der anderen. Dann in der Mitte ein schmaler Gang mit kleinen Tischen am Fenster entlang. Hinten wieder etwas mehr Platz für einen Gruppentisch. Einige 4-6er Tische mit Stühlen und Bänken, sonst überwiegend 2er. An der Tür zwei Bistrotische mit Hochstühlen. Auch das Ambiente ist fast Bistro-klassisch: Dunkles Holz und weiße Wäsche, modernes hochwertiges Besteck. Wasser und Weinglas.
Allerdings keine Kellner mit Oberhemd, Fliege und Schürze. Stattdessen immer und ausschließlich weibliche Bedienung, meist in Zweierbesetzung Fachkraft-Angelernte. Aber nie anders als fix auf den Beinen und im Kopf, fleißig, aufmerksam und auf der Höhe des kleinen Angebots, auch in Bezug auf die wenigen französischen und deutschen Weine. Das muss wuppen und tut es auch. Die Freundlichkeit leidet nur manchmal bei hoher Auslastung, aber das ist ja auch nicht Bistro-untypisch und richtig geärgert habe ich noch nicht (was schon ein Kompliment ist). Gehetzt wird man nie und trotz voller Besetzung herrscht keine Hektik. Die Frage nach der Zufriedenheit erfolgt zum rechten Zeitpunkt und nach weiteren Wünschen wird sich auch erkundigt. Es gibt eine ordentliche Rechnung.
Gegessen habe ich auch:
Lauchquiche mit Dip und Salat.
Letzterer kam tadellos klein (!) gezupft (Warum so nicht überall?) und selbstverständlich ohne braune Stellen, mit einem nur fein-säuerlichen Dressing benetzt und nicht ertränkt. Eisbergsalat Fehlanzeige, stattdessen Frisée, Blutampfer, Radicchio und als Frühlingsgruß Kerbel! Dazu zwei geschmolzene ganze Kirschtomaten, noch leicht warm. Da gehören sie hin, da machen sie Sinn!
Der Mürbteig des kleinen herzhaften Backwerks außen knusprig und innen noch saftig, der junge Lauch mit einer angenehmer Bissfestigkeit und von gestockter, kräftig gewürzter Eiersahne umschmeichelt. Frisch aus dem Ofen. Dazu endlich mal wieder ein Dip mit viel (mind.) Crème fraiche, also schmackig-cremig und nicht Mörtelquark. Eine getrocknete und in Öl eingelegte Tomatenscheibe weckt schon Sommerahnungen an diesem Frühlingstag.
Prototypisch für die Küche: Einfache Gerichte blitzsauber ausgeführt und eben mit einem kleinen Kick.
Alkoholfastend dazu eine Rhabarberschorle, die als 0,2/0,4/0,5l-Variante ausdrücklich angeboten wurde. Das ist erwähnens- und lobenswert! Wenn nicht gleich ungefragt das größte Gebinde angeschleppt wird, muss man doch meist erst in Erfahrung bringen, was denn im jeweiligen Etablissement mit der leicht missverständlichen Frage "Groß oder Klein?" eigentlich heraus gefunden werden soll....
Nach einem abschließenden, natürlich in einer heißen Tasse servierten Espresso war ich nach 40 angenehmen Minuten höchst zufrieden für die Abenteuer des Nachmittags bereit.
Mal was Kurzes... Und Unübliches: Eher allgemeine Empfehlung als Detail-Kritik.
Ins Greta's gehen meine Frau und ich seit der Eröffnung regelmäßig unregelmäßig, mal zusammen, mal allein, mal mit Anderen beruflich oder privat.
Enttäuscht waren wir noch nie. Was einerseits damit zusammenhängt, dass die (über die Jahre selten wechselnde) Küchenmannschaft eine Geschichte in der gehobenen bis Sterneküche hat. Stets peppt eine gewisse Raffinesse die an sich eher einfachen Mittagsgerichte der Karte auf. Jene ist ob der winzigen Küche bewusst klein gehalten, vier bis... mehr lesen
Greta's Bistro
Greta's Bistro€-€€€Bistro, Cafe04213666890Contrescarpe 75 A, 28195 Bremen
4.0 stars -
"Sichere Bank für mittags - sehr gutes Bistro" DerBorgfelderMal was Kurzes... Und Unübliches: Eher allgemeine Empfehlung als Detail-Kritik.
Ins Greta's gehen meine Frau und ich seit der Eröffnung regelmäßig unregelmäßig, mal zusammen, mal allein, mal mit Anderen beruflich oder privat.
Enttäuscht waren wir noch nie. Was einerseits damit zusammenhängt, dass die (über die Jahre selten wechselnde) Küchenmannschaft eine Geschichte in der gehobenen bis Sterneküche hat. Stets peppt eine gewisse Raffinesse die an sich eher einfachen Mittagsgerichte der Karte auf. Jene ist ob der winzigen Küche bewusst klein gehalten, vier bis
Geschrieben am 29.03.2017 2017-03-29| Aktualisiert am
20.09.2017
Besucht am 12.10.2016Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 151 EUR
Wechselt ein erfolgreicher Küchenchef ist das für das Restaurant natürlich Chance, aber doch auch ein erhebliches Risiko - der Mensch ist ein Gewohnheitstier und der Gast ein scheues Reh. Bei besternten und anders ausgezeichneten Häusern sowieso, denn mit der nächsten Auflage wird ja öffentlich, was zumindest die Profi-Tester vom Wechsel halten.
Das Urgestein hat den Wechsel vom Pfälzer Tausendsassa Benjamin Peiffer zum Österreicher Fritz Braumüller insoweit gut überstanden, auch der Stern strahlt weiterhin über dem Steinhäuser Hof nahe dem Neustädter Marktplatz. Bei meinem Besuch im letzten Herbst war (mir) das noch nicht so klar.
Nicht nur die scheinbar überforderte Elektroanlage des Hauses verursachte einige Male irritierendes Flackern. Und nicht nur die sehr kleinen Lichtkegel der stylische Hängelampen führten zu einem deutlichen Wechsel von sehr hellen mit eher schattigen Bereichen auf dem Tisch. Fotografisch, aber auch sensorisch hat mich das etwas gefordert.
Wie übrigens auch der herbe Unterschied zwischen Sterne-Restaurant und angeschlossenem Hotel oder besser dem Gasthof. Ist dieser zwar sauber und vollständig eingerichtet, so doch arg in die Jahre gekommen. Das Angebot eher einfach (auch preislich, das schon), was leider auch für das Frühstück galt. Eine Abfuhr beim Wunsch nach einem Spiegelei hatte ich mir länger nicht mehr eingehandelt. Die beiden offensichtlich auf Montage befindlichen Herren im Gastraum waren allerdings zufrieden. Eine Übernachtung auf gutem Pensions-Niveau ist wahrlich kein Beinbruch, aber wissen muss man es halt, dass sich das Angebot nicht unbedingt an den Gästekreis der Sterne-Schlemmer richtet. Jedenfalls noch nicht, eine Modernisierung ist aber wohl geplant.
Die haben die Waschräume gerade hinter sich und zwar sehr gelungen. Sandsteinelemente, hochglanzpolierten Steinplatten, Tapeten und spiegelndes Glas in edlem Schwarz. Alles perfekt und hochwertig bis zu den ebenfalls schwarzen, flauschigen Handtücher. Selten so stylish ... öhm.
Auch das Restaurant gefiel mir durch eine gelungene Kombination aus alt und neu.
Für mich war eine halbrunde Ecknische reserviert, von der ich einen guten Blick durch das beeindruckende gemauerte Kreuzgewölbe mit den Sandsteinsäulen hatte, das bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht.
Die medusenhaften modernen Lampen mit LED schaffen dazu ebenso einen modernen Gegensatz, wie die teilweise ausgeleuchteten Nischen mit zeitgenössischer Kunst. Insgesamt dominieren mit Bronze und Braun die aktuellen Wohlfühlfarben. Die Backsteine der Decke kontrastieren dazu angenehm rau. Der Raum wird durch eine große Barinsel unterteilt und eine kleine Bühne seitwärts weist auf die regelmäßigen musikalischen und gesellschaftlichen Events hin. Viel aus dem Gewölbe gemacht!
Vor den mit großzügigem Abstand gestellten Tischen warten hinreichend bequeme, lederbezogene Stühle und Bänke auf Besetzung. Auf den doppelten weißen Tischtüchern ist eher zurückhaltend mit einem Satz Besteck, Wasser- und Weinglas sowie Brotteller und -messer vorbereitet. Eine einfach gefaltete Leinenserviette komplettiert das Gedeck. Erfreulich wenig Schnickschnack auf dem wohl für vier Gäste vorgesehenen Tisch. Neben zwei undefinierbaren plumpen Kieseln im Glitzer-Look nur das obligatorische Grablicht. Die einzelne schmale Hängelampe schafft in der Tischmitte einen scharfen Lichtkreis. Am Rand, wo der halbwegs kultivierte Mensch gemeinhin sein Geschirr platziert, herrscht allenfalls trübes Halbdunkel (und schon ist man sogar für ein Teelicht dankbar). Selbst ohne Fotoambitionen hätte ich die Teller nach dem Servieren zunächst ins Licht geschoben, damit überhaupt erkennbar wird, was die Küche anbieten will. Später wurde vom Service gleich in die Tischmitte platziert. Nett, aber es zeigt das Dilemma des zweifelsohne so gewollten, höhlenartiges Lichtkonzepts
Die Musik war stimmig, Swing, smooth Jazz und sogar ein wenig Funk.
Immerhin, der Service war nahezu perfekt. Als Gastgeber fungierte Tanel Idil, der mich stets aufmerksam, freundlich, engagiert und fachkundig betreute. Höflich, aber nicht zu distanziert. Man kommt sofort ins interessante Gespräch. Auch zu den ausgeschenkten Weinen und deren Winzern hatte der nach eigenen Angaben Pälzer Bu (völlig unglaubwürdig, angesichts des guten Hochdeutsch...;-)) stets eine ausführliche Geschichte parat. Einer, der brennt - das überzeugt! Der Auszubildende des Hauses agierte ebenfalls schon gekonnt und höflich wie auch Chef Braumüller, der sich mit den Petits fours an den Tisch bemühte. Kritik wurde allerdings weitgehend schweigend aufgenommen, aber das kann ja auch ein Zeichen von Nachdenken sein.
Der Service hatte viel Zeit für mich, war am Abend doch nur noch ein lebenserfahrenes Paar anwesend, das mit dem Team gut bekannt oder verwandt schien und häufig direkt aus der Küche bedient wurde. Herr Idil führte den mauen Besuch auf das tags zuvor zu Ende gegangene örtliche Weinlesefestival zurück, von dem sich die Einwohnerschaft erst erholen müsse.
Nach diesen wenigen einleitenden Worten zurück zum eigentlich Grund meines Besuchs:
Bei einer Sektcuvée "Louis" (9€) aus Auxerrois, Schwarzriesling und Chardonnay, Lage Ruppertsberg von Andres&Mugler aus Maikammer
wählte ich das nur "tischweise erbetene" 5-Gang-Menü "Meilenstein" (aktuelle Gerichte, 120€) bestehend aus:
Gebeizte Forelle
Meeräsche
Bretonischer Hummer
Knusprige Blutwurst
(zusätzlich aus dem Klassiker-Menü "Grundstein", 15€)
Rehrücken
Weiße Schokolade
Ungewöhnlicherweise wurden auch die Küchengrüße schriftlich angekündigt:
Überzeugt hat unter den Amuses am meisten die Komposition aus zurückhaltendem Kalbstartar und deutlicher Crème vom Räucheraal.
Der Reis-Chip gefiel mit sehr feinem Crunch und die grünliche Lauchasche steuerte ungewohnt herbe Noten bei.
Das geräucherte Rindermark mit Pilzwürfeln war ebenfalls so recht nach meinem Geschmack.
Auch das heiß servierte Brot Sauerteigbrot aus Urgetreide
aus Urgetreide - u.a. Dinkel, Quinoa und Kümmel - konnte zusammen mit der gebrannten Nussbutter
gefallen.
Dagegen war der Sauerkrautmacaron in Form eines Bachkiesels aus mit Sepiatinte gefärbtem Tempurateig
- eigentlich eine schöne, kreative Hommage an die Forelle - adstringierend bis knapp vor die Ungenießbarkeit und vergällte so auch den Genuss des guten Fischs. Nicht mal die Kartoffelscheibe konnte die Säure einbinden.
Das feinstückige Garnelentartar am Lollistick
war geschmacklich präsent und von sehr angenehmer Knusprigkeit. Bei der begleitenden Tomatenessenz - mit dickem Trinkhalm aus dem Glasfläschchen - zog es sich wieder unangenehm zusammen. Wenigstens lenkte das etwas von den Schmerzen ab, die die viel zu heiße Suppe punktgenau am Gaumen verursacht hatte. Da mir ebendieses auch in Karlsruhe passierte, nehme ich mal an, dass es sich um eine Südwestspezialität, das sog "Verbrüherle" handelt...
Dazu ein ausgewogener Riesling von Bergdolt aus Neustadt-Duttweiler. Ich nehme mal an, vom Klostergut. Wer weiß schon als Außenstehender die familiären Verzweigungen der Winzerdynastien zu durchschauen.
Wegen des beruflichen Termins am nächsten Morgen setzte ich dann mit der Weinbegleitung bis zum Dessert aus.
Der erste Gang griff optisch die Erwartungshaltung an eine langjährige, nicht avantgardistische Sterneküche auf. Forelle, Schafsjoghurt, Gurke, Buchweizen
Kein Kessel, aber ein Teller Buntes in diversen Aggregatzuständen sollte Auge und Gaumen erfreuen. Die Präsentation ist erwähnenswert, weil es der einzige Teller blieb, der noch mit "Sternechichi" (aka Aufwand beim Anrichten) aufwartete. Hernach war doch vieles zeitgeistig geschichtet oder eher lieblos nebeneinander platziert.
Es versammelten sich also - erneut, hm - die wunderbar zarte, durch die Beize würzige Forelle mit ihrem Kaviar und als Begleiter Schafsmilchjoghurt und Gurke von Gel über Granité bis hin zu recht großen Stücken. Für den Crunch sorgte Buchweizen, der als gepoppt angekündigt war, mir aber nur geröstet schien. Leider war auch hier einiges schiefgegangen. Zum einen der Buchweizen, der so hart blieb, dass ich einzelne Körner aus Sorge um die Unversehrtheit des Kauapparates gar nicht zu zerkleinern wagte. Unangenehmer noch die wiederum viel zu starke Säure, hier in den Gurkenstücken. Irgendwann hatte ich dann heraus, welche zarte Scheibe abgeschnitten für ein harmonisches Gesamtbild sorgte. Da war der Teller aber auch schon durch die vorherigen, missglückten Experimente weitgehend geleert. Außerdem bin ich doch nicht das Versuchskaninchen der Küche.
Zu diesem Zeitpunkt befürchtete ich bereits einen kulinarisch eher unerfreulichen Abend.
Zum Glück konnte sich die Küche steigern, zum Teil deutlich.
Die rohe Meeräsche erfreute mich mit schon gleich mit ihrem Anklang an japanische Küche. Verstärkt wurde das durch die Verwendung ihres Rogens, diesmal in der Bottarga-Variante, als karasumi ist das ebenfalls eine japanische Delikatesse.
Dem kräftigen Fisch standen Tatar von Stangen- sowie gehobelte Scheiben und Crème von Knollensellerie gegenüber. Als "Verbinder" wurde à part ein confiertes Eidotter gereicht (ohne Foto).
Ich sach getz mal: Schmackiger Babybrei für Feinschmecker...
Gegen übliche Gewohnheiten kam nun (im Menü genauso vorgesehen) der dritte Meeresbewohner auf den Tisch (eine Suppe dagegen in beiden Vorschlägen Fehlanzeige).
Der bretonische Hummerschwanz in Nussbutter erschien in "Haufenoptik" Bretonischer Hummer an Grieben und Knödelrolle
und war etwas trocken. Nicht die erhoffte 1a-Qualität. Viel Spaß bereitete der mit Limone und Zitronengras endlich einmal elegant, weil fruchtig-säuerlich aromatisierte Spitzkohl. Aus der Heimat des Chefs grüßte eine Knödelrolle und die Grieben waren knusprig und vor allem nicht zu salzig. Ob allein daraus die über drei Tage eingekochte dickflüssige Jus entstand, kann ich nicht sagen. Umami - ick liebe dir! Überraschenderweise funktionierte diese Kombi von Surf'n'Turf ausgezeichnet.
die leider nur schwach zu schmecken war. Insofern war das Bett aus roh mariniertem Fenchel und insbesondere die klasse Apfel-Fenchel-Sauce mit Cayenne und Zimt viel interessanter. Und das, wo doch Fenchel und Zimt einst zu meinen kulinarischen no-gos gehör(t)en. Insgesamt respektabel, aber ich hatte mir besonders von der boudin noir wesentlich mehr versprochen.
Ein kleines Meisterwerk: Falscher Marshmallow von der Calamansi mit einem Camparigelee-Topping. Wow! Säure - Frucht - Bitterkeit. Wow!
So aufgeweckt, wandte ich mit dem Laguiolemesser dem Hauptgang zu, zweierlei vom Rehrücken Zweierlei vom Rehrücken mit Pfifferlingen und Ofenkartoffel
Kurz gebraten perfekt rosa, ein zarter feiner Wildtraum. Die geschmorten Teile leicht trocken, halt ein sehr mageres Stück. Die Sauce riss hier aber wirklich einiges raus, über 4 Tage reduziert (das mit dem Tage-Gedöns geht mir zwar etwas auf den Wecker. Jeder kann noch länger, so à la Mein Auto, mein Haus, meine Pferdepflegerin! Aber das Ergebnis ist immer zum Reinlegen. Hier mit Zimt, Anis und Schokolade noch auf ein höheres Level gebracht. Also Saucen kann er, der Herr Braumüller!). Auch die Beilagen waren wohlfeil und veredelt: Gerupfte Petersilie blanchiert und frittiert. Püree aus der Inneren der ausgekratzten Ofenkartoffel, Pulver aus ihrer Schale. Beides mit wuchtigem Rauchgeschmack. Und sehr kleine, sehr feine, doch leider sandige Pfifferlinge. Das sollte auf diesem Niveau vermeidbar sein, musste die Küche doch wohl kaum bei diesem Gästeansturm auf Overload gehen. Trotzdem ein sehr guter Gang und die Sauce extraordinär. Optisch auch ganz ok.
Mal eine der seltenen Gelegenheiten, bei der ich ein Dessert wählte, Käse war aber auch nicht im Angebot.
Vom weißen Pfirsich ein Sorbet und Geleeplättchen, die eine Rolle von weißer Schokolade ummantelten, eher fester Pudding, als Mousse. Chips von der weißen Verführerin und vom kräftigsten Mitspieler Cassis, der auch getupfte Creme beisteuerte. Schließlich noch Crumble von schwarzer Schokolade als leicht bittere Komponente. Wilder Prirsich, weiße Schokolade, Cassis
Alles in allem gut, aber für mich auch nicht mehr. Da ist noch Luft bei der Patisserie, was auch für die nach meiner Meinung recht simple Präsentation gilt. Gerade beim Dessert bin ich da eigentlich schon mal zu begeistern.
Am ehesten in diese Kategorie fiel hier die perfekt begleitende 2011 Weißburgunder Beerenauslese (7€) von Winzer Seeber, der laut Herrn Idil in der Region eher unter Wert gehandelt wird.
Der Abend schloss bei den Speisen mit einer Limonenmousse auf Mürbeteig und einer extra gereichten Caipicreme Limonenplätzchen und Caipi-Crême
die der sympathische Chef persönlich an die Tische brachte. Nicht ganz so toll, wie die Calamansi-Campari-Bombe, aber trotzdem ein netter Rausschmeißer.
Mein Wunsch nach etwas Süßem auch in flüssiger Form wurde mit einem T-R-O-P von Winning erfüllt, Pinot Noir auf 17,5% gespritzt, sehr freundlich auf Kosten des Hauses! Hat geschmeckt, aber die Leute, die den P-O-R-T machen, haben eben doch 300 Jahre Vorsprung...
Zwar voll, aber nicht vollends zufrieden, stieg ich die knarrende Treppe zu meinem großen und recht hellhörigen Zimmer hinauf. Der zurückliegenden Abend hatte für mich zu viel Wechsel zwischen Auf und Ab gehabt. Vielleicht waren das auch Startschwierigkeiten. Denn auch für erfahrene Köche ist aller Anfang auf unbekanntem Terrain schwer.
Und der Stern hat die Flackerphase ja schlussendlich gut überstanden.
Wechselt ein erfolgreicher Küchenchef ist das für das Restaurant natürlich Chance, aber doch auch ein erhebliches Risiko - der Mensch ist ein Gewohnheitstier und der Gast ein scheues Reh. Bei besternten und anders ausgezeichneten Häusern sowieso, denn mit der nächsten Auflage wird ja öffentlich, was zumindest die Profi-Tester vom Wechsel halten.
Das Urgestein hat den Wechsel vom Pfälzer Tausendsassa Benjamin Peiffer zum Österreicher Fritz Braumüller insoweit gut überstanden, auch der Stern strahlt weiterhin über dem Steinhäuser Hof nahe dem Neustädter Marktplatz.... mehr lesen
Restaurant - Urgestein
Restaurant - Urgestein€-€€€Restaurant06321489060Rathausstraße 6a, 67433 Neustadt an der Weinstraße
4.0 stars -
"Von Sternenlicht und Schattenspielen" DerBorgfelderWechselt ein erfolgreicher Küchenchef ist das für das Restaurant natürlich Chance, aber doch auch ein erhebliches Risiko - der Mensch ist ein Gewohnheitstier und der Gast ein scheues Reh. Bei besternten und anders ausgezeichneten Häusern sowieso, denn mit der nächsten Auflage wird ja öffentlich, was zumindest die Profi-Tester vom Wechsel halten.
Das Urgestein hat den Wechsel vom Pfälzer Tausendsassa Benjamin Peiffer zum Österreicher Fritz Braumüller insoweit gut überstanden, auch der Stern strahlt weiterhin über dem Steinhäuser Hof nahe dem Neustädter Marktplatz.
Geschrieben am 16.03.2017 2017-03-16| Aktualisiert am
16.03.2017
Besucht am 03.03.2017Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 224 EUR
...besonders am 1. April!"
Als wir mit diesem letzten Scherz verabschiedet wurden, hatten wir Dominic Theobald, den weit über 2 Zentner schweren und kaum unter 2 Meter großen Wirt der Pfälzer Genussfraktion schon ausführlich kennen- und schätzen gelernt. Ein Gastwirt, wie er im Buche steht. Bedient, empfiehlt, schwätzt mit den Gästen, hat aber schon den halben Tag als gelernter Koch die Speisen vorbereitet, die seine Partnerin dann abends finisht und in einer Drehzahl heraus haut, die bei den zahlreichen Gästen (mehrere Gruppen) an diesem Freitagabend keine Unzufriedenheit aufkommen ließ. Wie auch, denn Domme, im Service von seinem Vater unterstützt, hält heftig schwitzend alle bei Laune. Aber auch fachlich versiert wurde zu den Speisen Auskunft und zu den heimischen Weinen Beratung gegeben. Staunend und nur teilweise der Mundart folgen könnend, lauschte ich jedenfalls seinem Fachgespräch mit dem Grandseigneur der Pfälzer Rebensaftbeurteilung und - vernichtung, Gastrofreund MarcO74. Denn endlich hatten wir den lange geplanten Gegenbesuch in der Südpfalz verwirklicht und freuten uns auf die landestypischen Genüsse. Also dem Plateau de Fruits de Mer.
Gut, zugegeben, dass in der PGF französcher Spezial-Abend sein würde, wussten wir schon vorher. Und als die große Platte von uns vier ratzekahl geleert war, gab es keine Beschwerden hinsichtlich der fehlenden Regionalität. Im Gegenteil, die Stimmung war zusehend fröhlicher geworden, zumal alle von einer Platte aßen, mit allerlei Hilfsmitteln, aber meistens doch mit den (eigenen) Fingern. (Die Ihr hier eintretet, lasst alle Etikette fahren! Und genießt einen ungezwungenen Abend!)
An der angenehmen Atmosphäre sicherlich auch nicht völlig schuldlos die Getränke.
War der Start mit einem Chardonnay-Winzersekt (5€/0,1l) vom ortsansässigen Weingut Ralf Hundemer lediglich "ordentlich", konnte zu den Krustentieren schon der frische, aber harmonische, florale, mit einem Wort "lagenhafte" 2015er Weißburgunder überzeugen, eine trocken ausgebaute Spätlese von Mathias Kleinmann aus der Lage Birkweiler Mandelberg (27€). Pures Glück floss dann aber aus der Flasche 2013er Riesling GG aus der Lage Pechstein von Acham Magin aus Forst (45€). Schon klar, wer sich was gewünscht hatte... Verbeugung, lieber Marco!
Bevor das leckere Meeresgetier mit frischem französischen Baguette
und drei sauguden selbstgemachte Begleitern (Aioli, Cocktailsauce, Himbeeressig-Vinaigrette mit Schalotten) serviert wurde, hielten wir doch noch nach den üblichen Verdächtigen der Pfälzer Karte Ausschau und bekamen zumindest den hauseigenen, recht lockeren und mit reichlich Kräutern gepimpten Quark serviert. Dazu durchaus passend schöne frische Radieschenviertel (6€)
Ländlicher Genuss!
Mit der auf der Tafel offerierten Hummersuppe (5,5€) wollten wir kulinarisch schon auf den maritimen Hauptgang zusteuern. Doch das servierte Cremesüppchen erinnerte weder von der Farbe noch vom Duft an den König der Krustentiere. Auch die Einlage schien ungewöhnlich quadratisch. Die Probierlöffel später war uns klar, dass an die Küche versehentlich die Bestellung einer Käse-Lauch-Suppe weiter gegeben wurde. Nicht schlimm, hatten wir doch mit dem "Gemüsehummer" den running gag des Abends gefunden. Schade allerdings, dass die eilig nachgelieferte Hummersuppe kaum lauwarm und zudem auch nicht übermäßig geschmacksintensiv war. Vermutlich schon auf den Karkassen angesetzt, aber etwas Krebsbutter hätte doch noch geholfen. Das geht besser.
Die Stimmung stieg aber sofort wieder, als die übervolle Platte (aus 2 Portionen) mit den französischen Köstlichkeiten serviert wurde
Zwei (nicht zu) kleine Hummerhälften mit schon ausgelösten Scheren thronten in der Mitte, am Rande lockten sehr gute bretonische Austern aus Prat ar Coum auch die langjährigen Verweigerer (Am Ball bleiben! Der erste Schnaps schmeckt meist auch nicht...).
Von der Küste der Normandie Bouchot-Muscheln, an denen es außer der (fehlenden) Größe nichts auszusetzen gab.
Aus der Garnelenabteilung Langustinos, die mir leider zu weich waren. Dafür überraschten die Eismeercrevetten durch Knackigkeit und angenehmer Süße.
Am meisten Spaß hatten wir mit den Bulot-Meeresschnecken, die sich teilweise doch recht hartnäckig meinen ungelenken Versuchen verweigerten, sie mittels eines Zahnstochers aus den Gehäusen zu drehen. Immerhin passierte uns mit den "schlüpfrigen kleinen Scheißerchen" kein Missgeschick, obwohl wir doch zwei pretty women dabei hatten. Die sehr eigene Konsistenz gekochten Schneckenfleisches dämpfte bei einigen die Begeisterung für diese Spezialität recht deutlich. Ich fand es fein.
Der Hummer war von gutem kanadischen Durchschnitt, geschmacklich wie von der Saftigkeit, kannste nicht meckern. Was zu beweisen war. Denn, als gegen Ende des Abends Vater Theobald mit einer verräterisch dampfenden Stiege in die hinteren Räume verschwinden wollte, lüpfte MarcO mit Stammgastbonus einfach das Küchentuch. Die frisch dem heißen Bade entstiegenen Gesellen leuchteten so freundlich rot, dass mir spontan der Wechsel von einem Dessert zu einem weiteren Hummer nicht schwer fiel.
Für diesen kleinen Nachtisch gelangten ganze 20€ auf die Rechnung, da kannste ECHT nicht meckern.
Für das doppelte Plateau wurden insgesamt 90€ in Rechnung gestellt, ein sehr fairer Preis. Dafür haben wir weit entfernt von den Küsten der Grande Nation Meeres-Spezialitäten ordentlicher Qualität und in angemessener Menge geschmaust. Nicht mehr, aber allemal nicht weniger!
Natürlich wurde für die Pfälzer Genießer und die Fischköppe das eine oder andere zusätzlich auf die Platte geschmuggelt, wie uns der Domme verschwörerisch "verriet". Ein schlauer Wirt halt, durch und durch...
Für die Fans der süßen Fraktion noch eine Sauerrahm-Fruchtzubereitung nach Art eines Trifle (5,5€), eine Nocke cremiges, selbst gemachten Eis (rote Beere? Der gute Pfälzer Rebensaft ging scheinbar auf meine Konzentration...) für ganz kleine 2,5€ und NATÜRLICH mit großer Begeisterung der gute Herxheimer Schokokuss. Der Preis von 50 Cent lässt ebenso wenig Zweifel am PLV, wie die 3,5€ pro Flasche Wasser.
Zum rustikalen, aber modern aufgeräumten Interieur hat die spitze Zunge der Pfalz schon das Nötige geschrieben. Die Wandlampen und die Teelichter verbreiteten sehr warmes, fast goldenes Licht - pures Gift für die Fotos... Am oberen Ende der geschwungenen Holztreppe Raum für geschlossene Gesellschaften, halb Diele, halb Galerie. Das wäre mir zwar etwas zu offen, aber in der Gruppe ist das ja nicht so entscheidend. Eine Überraschung die Toiletten. Gar nicht im Stil des Landgasthofes, sondern viel edler dunkler Stein und hochwertige Armaturen. Schau an!
Ein denkwürdiger, wunderbar harmonischer Abend neigte sich dem Ende zu!
Wir bedauerten nur, dass wir die auf der üblichen Karte angebotene Elwetritsche nicht probieren konnten. Hier verbirgt sich dahinter eine mit Steinpilzen gefüllte Wachtel. Aber eigentlich (wer wüsste das nicht, nach eingehender Belehrung) ist das ja ein sehr autochthones Pfälzer Tierchen, ganz eng mit dem bairischen Wolpertinger verwandt, das sich besonders nach ausführlichen Weinproben zeigt. Schade, schade.
Und gebackenen Uhu gibt's auch erst wieder am 1. April...
...besonders am 1. April!"
Als wir mit diesem letzten Scherz verabschiedet wurden, hatten wir Dominic Theobald, den weit über 2 Zentner schweren und kaum unter 2 Meter großen Wirt der Pfälzer Genussfraktion schon ausführlich kennen- und schätzen gelernt. Ein Gastwirt, wie er im Buche steht. Bedient, empfiehlt, schwätzt mit den Gästen, hat aber schon den halben Tag als gelernter Koch die Speisen vorbereitet, die seine Partnerin dann abends finisht und in einer Drehzahl heraus haut, die bei den zahlreichen Gästen (mehrere... mehr lesen
4.5 stars -
""Gebackener Uhu geht immer..." DerBorgfelder...besonders am 1. April!"
Als wir mit diesem letzten Scherz verabschiedet wurden, hatten wir Dominic Theobald, den weit über 2 Zentner schweren und kaum unter 2 Meter großen Wirt der Pfälzer Genussfraktion schon ausführlich kennen- und schätzen gelernt. Ein Gastwirt, wie er im Buche steht. Bedient, empfiehlt, schwätzt mit den Gästen, hat aber schon den halben Tag als gelernter Koch die Speisen vorbereitet, die seine Partnerin dann abends finisht und in einer Drehzahl heraus haut, die bei den zahlreichen Gästen (mehrere
Geschrieben am 10.03.2017 2017-03-10| Aktualisiert am
16.03.2017
Vor der sonntäglichen Rückfahrt von unserem Kurztrip in die Pfalz musste noch eine morgendliche Stärkung her, aber natürlich mit Niveau.
Da fällt dem gastrophilen Südpfälzer natürlich das Café Theobald ein, in Herxheim weltberühmt. Und nicht nur dort, auch unsere Zimmerwirtin bestätigte bei der Abreise die gute Qualität. Da war es kein Wunder, dass das der familiengeführten Bäckerei/Konditorei angeschlossene, nur von Mittwoch bis Sonntag geöffnete Café auch gut und gerne Taubenschlag heißen könnte. Neben den vielen Gruppen von Freundinnen über Familien bis norddeutschen Invasoren wollten schließlich auch die vielen Tresenkunden bedient werden, die sich zumindest bis 11:00 Uhr die Klinke in die Hand gaben. Dabei gingen nicht nur Brötchen, sondern auch etliches aus der beeindruckenden Patisserie über den Tresen
Das, soweit ausgemacht, sechsköpfige Team hatte jedenfalls alle Hände voll zu tun, war aber auf Zack und dabei freundlich. Auch nach unserer Zufriedenheit und weiteren Wünschen wurde mehrfach insbesondere von den jungen Damen gefragt, die in einer einheitlichen Tracht überraschend tiefe Einblicke gewährten. Auf die großflächigen Tätowierungen.
Die etwa dreißig Sitzplätze waren fast vollständig besetzt. In dem recht niedrigen, von einem Pfeiler und einem durchgehenden Träger unterbrochenen rechteckigen Raum herrschte schon eine ordentliche Geräuschkulisse. Wir waren daher zum einen froh, reserviert zu haben und zum anderen über unseren gleich hinter der Eingangstür vis-a-vis des Buffets stehenden Tisch. Da fiel der Blick stets appetitanregend auf die Köstlichkeiten und durch die großen Schaufenster wärmte die Märzsonne aufs schönste den Rücken. Das aufmerksame Angebot des Chefs, die Markise auszufahren lehnten wir ab und auch die Leinenvorhänge blieben ungenutzt.
So harrten wir an unserem blanken Eichentisch (dessen Klappmechanik nicht für unterstützungsbedürftige Borgfelder gemacht ist) der bestellten Frühstücke.
Frische Brötchen waren gerade aus der Backstube auf der anderen Seite der jedenfalls sonntags recht ruhigen Straße geholt worden und landeten umgehend auf unseren Tellern. Auch der Milchkaffee kam schnell in großen henkellosen Tassen. Das kann ja hilfreich sein: Ist die Tasse in den Fingern zu halten, dürfte auch der Inhalt hinreichend abgekühlt sein.
Orangensaft leider nur aus der Miniflasche.
Nach einer angemessenen, angesichts des Besuchs eher kurzen Wartezeit kamen dann die Etageren mit einer hübschen Überraschung: Das frische Rührei wurde in kleinen Emaille-Pfännchen serviert und war ausgezeichnet. Frisch aufgeschlagen, Eiweiß und -gelb nicht völlig verquirlt und vor allem noch ganz leicht feucht
Kein Vergleich zu den Grauenhaftigkeiten an internationalen Hotelbuffets. Dazu zwei Scheiben gebratener Frühstücksspeck, der für mich gern noch knuspriger hätte sein dürfen. Aber bei dem Andrang muss in der winzigen Küche eine hohe Schlagzahl herrschen! Geschmacklich jedenfalls ansprechend, rauchig und vor allem nicht zu salzig, da waren sich die herrlichen Genießer am Tisch einig. Reichlich fruchtige Deko abseits des Mainstreams, z.B. reife, süße Mangospalten. Auch das Müslifrühstück war reichhaltig und ansprechend präsentiert
Die hellen Brötchen waren frisch und kross. Auch der extra bestellte Croissant verdiente seinen Namen und wurde von selbst gemachten, recht süßen Marmeladen begleitet.
Ein riesiges Stück saftiger Marmorkuchen versetzte die süße Fraktion in Begeisterung
Die exakten Preise kann ich nicht nennen, wir haben auf dem Tisch nach Gusto zusammen geworfen und der Pfälzer verschwand damit. Da wir freundlich verabschiedet wurden, schien es gereicht zu haben. Nach Lesen der Preise auf der Karte kam jedenfalls angesichts des Gebotenen kein Störgefühl auf. Schien also angemessen.
Fazit: Empfehlung. Zu Recht weltberühmt in Herxheim und Umgebung!
Vor der sonntäglichen Rückfahrt von unserem Kurztrip in die Pfalz musste noch eine morgendliche Stärkung her, aber natürlich mit Niveau.
Da fällt dem gastrophilen Südpfälzer natürlich das Café Theobald ein, in Herxheim weltberühmt. Und nicht nur dort, auch unsere Zimmerwirtin bestätigte bei der Abreise die gute Qualität. Da war es kein Wunder, dass das der familiengeführten Bäckerei/Konditorei angeschlossene, nur von Mittwoch bis Sonntag geöffnete Café auch gut und gerne Taubenschlag heißen könnte. Neben den vielen Gruppen von Freundinnen über Familien bis... mehr lesen
Café Theobald
Café Theobald€-€€€Cafe, Konditorei07276918151Bonifatiusstraße 9, 76863 Herxheim bei Landau/Pfalz
4.0 stars -
"Leckeres Frühstück in der Konditorei" DerBorgfelderVor der sonntäglichen Rückfahrt von unserem Kurztrip in die Pfalz musste noch eine morgendliche Stärkung her, aber natürlich mit Niveau.
Da fällt dem gastrophilen Südpfälzer natürlich das Café Theobald ein, in Herxheim weltberühmt. Und nicht nur dort, auch unsere Zimmerwirtin bestätigte bei der Abreise die gute Qualität. Da war es kein Wunder, dass das der familiengeführten Bäckerei/Konditorei angeschlossene, nur von Mittwoch bis Sonntag geöffnete Café auch gut und gerne Taubenschlag heißen könnte. Neben den vielen Gruppen von Freundinnen über Familien bis
Geschrieben am 06.03.2017 2017-03-06| Aktualisiert am
06.03.2017
Besucht am 01.03.2017Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Von einem großzügigen Geschäftspartner erhielt ich die Einladung, mal wieder in Braunschweig zu schlemmen. Nach dem Zucker (das wir beide sehr schätzen) und dem Da Piero ging es diesmal zum vermutlichen Klassenprimus Enrico Dunkel, der nun schon im neunten Jahr im - nun ja - alten Haus in der Altstadt residiert.
Beim verfrühten Eintreffen kurz nach 18.00 Uhr waren wir die ersten Gäste und bis auf eine Vierergruppe, die nach uns kam und (natürlich) auch schon wieder vor uns ging, bleiben wir das an diesem Mittwoch auch.
Mein erster Eindruck war trotz des komplett in Braun- und wenigen Grüntönen gehaltenen Restaurants ein kühler. Was einerseits an den großen "nackten" Bodenfliesen lag und andererseits daran, dass in einem Teil des Raumes die Zwischendecke entfernt wurde und sich darüber nun durchgehende Dachfenster befinden. Am Tag oder im Sommer sorgt das sicher für wunderbar sonnige Plätze. Jetzt am Winterabend wird der Eindruck einer hohen, kühlen Diele verstärkt, sicher auch durch den gläsernen Windfang und den metallenen Raumteiler. Die beim teilweisen Durchbruch der Decke abgeflexten Träger und darunter eine große, unregelmäßig Fläche mit abgeschlagenem Putz bilden als künstlerisch bearbeitetes "Wandbild" einen sicher polarisierenden Hingucker.
Wir wählen lieber einen Tisch im hinteren, niedrigeren Teil des Raumes nahe der Bar.
Kein Problem für unseren heutigen Gastgeber Nico Spalding, der uns gemeinsam mit einer noch jüngeren Kollegin professionell versorgt. Bei einem jungen Team ist es nachvollziehbar, dass es an einer gewissen Lockerheit fehlt. Die Ansagen werden zu schnell abgespult, der leere Brotkorb erst auf Bitte aufgefüllt, manchmal ist man bei den Produkten nicht ganz sicher. Alles kein Beinbruch, man merkt, dass ein gut geschultes Team mit Freude an der Arbeit ist. Der Schritt zur Souveränität ist eine Frage der Zeit. Zudem wir uns am Tisch untereinander und auch gegenüber dem Service sehr offen über Licht und Schatten bei der Küchenleistung äußerten. Das kann dann schon mal etwas Druck aufbauen.
Lediglich ein petit four hätte ich mir auch ohne Kaffeebestellung bei zwei 6-Gang-Menüs und einer Weinbegleitung schon als "Rausschmeißerle" gewünscht. Aber das mag ja der Chef entschieden haben. Leider hat er sich bei unserem Besuch nicht zu den Tischen bemüht, so dass wir ihn nicht fragen konnten. Schade.
Nach der Platzwahl nahm ich mir die Zeit, den Raum genauer in Augenschein zu nehmen und erst jetzt fielen mir die vielen Äste und Baumwurzeln ins Auge, die als Deko-Element konsequent (z.B. auch in den tadellosen Waschräumen) eingesetzt werden und zusammen mit Geweihen der Diele plötzlich einen ganz anderen, "wärmeren" Charakter geben. Dazu passen die Vollholztische mit robusten Platzsets, ebenfalls im Holzdesign und die etwas zu schwach gepolsterten Holzstühle mit Ledersitzflächen. Viele kleine Strahler geben ein im Raum gedämpftes, auf den recht kleinen Tischen aber ausreichendes Licht. Hinzu kommen etliche kleine Kerzen. Auf dem Tisch ist zurückhaltend klassisch eingedeckt, die Serviettenringe aus geflochtenen Leder und die hölzernen Brotteller passen wieder in die rustikale Eleganz.
Während wir die Karten studierten (mit Leihbrille des Restaurants für die im Auto vergessene eigene), wurden uns auf Probierlöffeln je eine in Reis(?)-Perlen gewälzte Ziegenfrischkäse-Praline gereicht
Das war leider recht eindimensional. Der Frischkäse mit einem schweren Mundgefühl und der Crunch blieb nicht nur farblich blass.
Für den als Aperitif gewählten Riesling-Sekt von der Nahe galt das ganz und gar nicht. Er sollte später einen weiteren Einsatz haben.
Aus dem angenehm übersichtlichen Angebot wählten wir identisch (ohne, dass dies erbeten oder gar verlangt wurde):
- Schottischer Lachs, Tatar und geflämmt.
- Krustentier-Misosuppe mit Roter Wildgarnele.
- Verschiedenes vom - unvermeidlichen - Lofoten-Skrei (diese norwegischen Marketingteufel).
Eine Erfrischung war in der Karte angekündigt. Der Service wies ausdrücklich darauf hin, dass dieser "Gang" auf's Haus gehe. Davon waren wir zwar ausgegangen, aber nicht jeder ist mit diesen Sitten vertraut, daher ein Pluspunkt.
- Zweierlei vom Greater Omaha Beef.
- Als Dessert Zitrusfrüchte.
Nach dem Hauptgang orderten wir kurz entschlossen noch Fourme d'Ambert, worauf die Küche vorschlug, diesen erst nach dem Dessert zu nehmen. Sehr aufmerksam angesichts des kräftigen Blauschimmels, hinter dem es der Nachtisch doch sonst schwer gehabt hätte.
Auf die Weinbegleitung musste zumindest mein Gastgeber als Autofahrer verzichten, er beteiligte sich aber zurückhaltend bei einzelnen Tropfen. Da bei allem Genuss auch Geschäftliches auf dem Programm stand, wollte ich mir keine Notizen machen, was insbesondere zulasten der Weindetails gegangen ist. Seid nachsichtig...
Zunächst wurde zweierlei gutes Brot von Gaues serviert, aromatisiert mit Oliven und Tomaten
Begleitet von leicht gesalzener Butter, einer Currycreme und Gewürzsalz
Mit dem eigentliche Amuse wetzte die Küche zudem die Scharte vom Frischkäse mehr als aus.
Wunderbar zartes, aromatisches Wagyubeef aus Chile auf Udonnudeln mit Gemüsen und in einer asiatisch gewürzten beurre blanc aus der besonders Zitronengras kräftig heraus schmeckte. Sehr, sehr gut! Das Ganze in einer aparten Keramikschale, dem offenbar bevorzugten Geschirr des Hauses. Wir fanden diese häufig gewählte Präsentation schade, denn manches Mal kam "aus der der Tiefe des Raumes" optisch wenig. Was für Netzer ewigen Ruhm bedeutet, zwingt hier zu geschichteten Kreationen, wo man sich etwas Übersichtlichkeit für Auge und auch Gaumen gewünscht hätte.
Konsequent die schönen roten Stäbchen anstatt europäischen Bestecks - nur zu diesem Appetithappen, allerdings.
Als Begleitung wurde (nach meiner Erinnerung) ein Pfalz-Riesling eingeschenkt, ich meine von Winning, der sehr gut mithalten konnte.
Der folgende badische Wein, wohl auch ein Riesling, war solo erst etwas enttäuschend, gewann aber mit dem Lachs des ersten Menügangs.
Auf dem Deckel der Keramikschale war eine hübsche orange-grüne Kombination versammelt:
Das geschmacklich nicht überragende, aber gefallende und vor allem nicht zu kalte geschnittene Fleisch. Daneben Rogen auf einer Mousse von Queller-Algen. Die Passe-Pierre auch als Deko, zusammen mit einer schön knusprig gebackenen, intensiven Scheibe Fenchel. Dazu ein paar Tupfer Dillöl, die ich getrost ignorierte. Machte alles Lust auf mehr.
Und siehe, unter dem Deckel eine große Freude.
Das kleine Filet noch etwas glasig, kräftig geflämmt, schon pur ein Genuss. Es ist ein wahrer Segen, dass wieder so gute Lachsqualitäten verfügbar sind. Hier ein schottischer von Loch Duart, begleitet von Austernschaum und weiteren Salicornes. Ein feiner, durch den geflämmten Fisch ebenfalls ganz leicht in den fernen Osten weisender Auftakt des Menüs.
Auf die Suppe wollte ich ursprünglich verzichten, aber mein Begleiter war auf die Rote Wildgarnele gespannt. Gut, dass er mich überzeugen konnte!
Das Exemplar, mal der Länge nach auf einen Holzspieß gefädelt, war vorzüglich. Argentinische Ware von kräftiger Farbe, festem Fleisch und leicht nussigem Geschmack. Die Suppe konnte etwas weniger gefallen. Wieder war auf asiatische Kräuter gesetzt worden, Zitronengras und Lotuswurzel, vielleicht auch Koriander. Das war schon sehr parfümiert, für mein Gegenüber deutlich zu viel. Zudem auch recht salzig, zumindest für mich. Die als Einlage verwendeten Buchenpilze gingen dadurch leider etwas unter.
Beim Wein muss ich leider passen.
Auch der dritte Teller bescherte uns mit dem Lofoten-Kabeljau einen sehr guten Fisch.
Eine nicht zu kleines Rückenstück, vermutlich auch geflämmt, dazu gedämpfte Bäckchen und sogar frittierte Zunge. Bis auf die nichtssagenden Panade bei letzterer alles sehr gut zubereitet und ein Hochgenuss. Allein etwas kürzer hätte die Garzeit für mich sein dürfen, wirklich glasig war der Fisch nicht mehr. Das kann bei Gadus morhua ins Auge gehen. Ging es hier aber nicht. Auch das gebackene Stück Haut war recht knusprig. Eine sehr gelungene beurre blanc umschmeichelte den Fisch und ließ, anders noch als beim vorherigen Gang, auch dem wilden Brokkoli als Beilage Raum zur Entfaltung.
Zu diesem gelungenen Teller mit dem Viognier von Oliver Zeter auch ein starker Wein.
Vor dem Wechsel zum Fleisch kam die versprochene Erfrischung und konnte uns ebenfalls überzeugen, wenn auch nicht optisch.
Eine ungewöhnlich große Portion eines vorzüglichen, selten kredenzten Bergamottegranités, darunter Charentaismelone (die etwas unterging) auf einem Kokosschaum (der zunächst wie eine schwere Sahne aussah) und schließlich völlig zugedeckt Mandarineneis. Leider machte es der schichtweise Aufbau auch hier schwer, den verschiedenen Geschmacksnuancen nachzuspüren. Aber auch im Zusammenklang ansprechend und eine Erfrischung, die ihren Namen verdiente.
Zum Fleischgang wurde ein apulischer Primitivo eingeschenkt. Durchaus zu meiner Freude, da ich ja tanninarmen Roten mehr abgewinnen kann. Etwas Verwunderung kam aber doch auf. Die sich schnell legte, da das U.S. Beef in zwei Gängen serviert wurde, deren erster ein Ragout nach Art eines Sauerbratens war.
Also viel Frucht und (sehr) viel Säure, so dass der Süditaliener recht gut harmonierte.
Das kleine Gericht war mit Rosinen, roh mariniertem Rotkohl und einem kleinen, weichen, nur leicht elastischen Knödel grundsätzlich sehr stimmig kombiniert. Leider aber nicht ausgewogen. Die wenigen kleinen Fleischwürfel waren zwar schön zart geschmort, aber neben den kräftigen Begleitern kaum bemerkbar. Das gute Rindfleisch wurde hier vom Haupt- zum Nebendarsteller abgewertet. Besonders schade beim Fleischgang und angesichts der geschmacklichen Qualitäten des Fleischs, die im zweiten Teller (!) umso deutlicher zur Geltung kam.
Das saftige Filet (Welchen Marmorierungsgrad erkennen die Fachleute hier?) war auf der Tellerseite etwas weit gegart, überwiegend aber medium.
Abgefragt wurde der Gargrad nicht. Das zurückhaltend gebräunte Fleisch hatte einen leicht würzigen Eigengeschmack. Die Prärie ruft...
Begleiter waren wohl nochmals Buchenpilze, Crème vom schwarzen Knoblauch und Topinambur in Variationen, von denen mir die hauchdünn gehobelten, sauer eingelegten Scheiben mit ihrer Knackigkeit am besten gefielen. Eine Überraschung enthielt die gebackene Praline. Statt einer weiteren "Sättigungsbeilage" war hier ein überzeugendes Confit enthalten, das mir in seinem intensiven Fleischgeschmack mindestens ebenso behagte, wie das edlere Rückenteil.
Das folgende Zitrusfrüchtedessert war in einer ungewöhnlichen schweren, weißen Schale angerichtet, die bis auf die Farbe am ehesten an eine halbierte Bergamotte erinnerte.
Yuzu, Bergamotte als Chip und Buddhas Hand in Scheiben setzen eigenständige Akzente, durch Limonen und Zitronen als Sorbet und Puder kamen kräftige Säuren ins Spiel, die von Perlen weißer Schokolade schön eingebunden wurden.
An sich ein gelungenes Dessert, dem gleichwohl durch die ebenfalls Zitrusfrüchte enthaltende gerade genossene Erfrischung etwas Wirkung genommen wurde. Bei aller Effizienz wäre vor dem Fleisch vielleicht ein Eis aus roten Früchten die bessere Wahl gewesen. Dass ich gern den einzelnen Nuancen der vielen fruchtigen Säuren solo nachgeschmeckt hätte, dürfte wenig überraschend sein.
Dazu erhielten wir einen wunderbaren Cocktail auf der Grundlage von Yuzu-Sake, der mit Zesten der Früchte angesetzt war. Dazu Sauvignon Blanc Sweetheart von Oliver Zeter und schließlich aufgefüllt mit dem Rieslingsekt von der Nahe. Ein perfekter Begleiter!
Und als Abschluss der Fourme d'Ambert, der uns sehr positiv überraschte, optisch wie sensorisch.
In einer übergroßen Petrischale auf einem Bett von Moos und Rinden diesmal eine hölzerne Schale in Form einer halben Walnuss. Der Käse grob zerpflückt, mit einem Tannenhonig-Schaum übergossen und mit Walnusspulver bestreut. Die fruchtige Komponente steuerte hier Quitte als Chips und teilweise leider etwas holzigen Würfeln bei. Dazu Scheiben von schwarzen Walnüssen und als Clou große, eingelegte Fichtensprossen. Sehr aromatisch, der herb-ätherische Geschmack exakt so, wie man den Geruch im Wald wahrnimmt.
Obwohl der Käse etwas in den Hintergrund trat, ein perfekter Teller. Hier war das Ganze mehr, als die Summe seiner Teile!
Bei der Begleitung waren wir mit einer Trockenbeerenauslese von Kracher auf der sicheren Seite.
Fazit:
Zu Recht Tabellenführer in der Braunschweiger Genießer-Liga. Gefällt mir persönlich auch das Gesamtpaket im unkomplizierten Zucker besser, bietet das Alte Haus dem Genießer doch die besten Produkte, verbunden mit erstklassigem Handwerk und kreativen Ideen.
Zudem eine klare, jedenfalls an diesem Abend ganz deutlich asiatische/japanische Fokussierung und eine eigene Handschrift von Enrico Dunkel. Im Gegensatz zu den asiatischen Produkten und Aromen wird kein Teller-Ikebana aufgeführt, sondern stringent auf den harmonischen Zusammenklang gesetzt. Für mich war es nicht immer der perfekte Weg, was aber einem in jeder Beziehung höchst unterhaltsamen Abend nicht entgegen stand.
Von einem großzügigen Geschäftspartner erhielt ich die Einladung, mal wieder in Braunschweig zu schlemmen. Nach dem Zucker (das wir beide sehr schätzen) und dem Da Piero ging es diesmal zum vermutlichen Klassenprimus Enrico Dunkel, der nun schon im neunten Jahr im - nun ja - alten Haus in der Altstadt residiert.
Beim verfrühten Eintreffen kurz nach 18.00 Uhr waren wir die ersten Gäste und bis auf eine Vierergruppe, die nach uns kam und (natürlich) auch schon wieder vor uns ging, bleiben... mehr lesen
Das Alte Haus
Das Alte Haus€-€€€Restaurant, Bar531.61 80 10 0Alte Knochenhauerstr. 11, 38100 Braunschweig
4.0 stars -
"Kreative Genüsse - eigenwillige Präsentation" DerBorgfelderVon einem großzügigen Geschäftspartner erhielt ich die Einladung, mal wieder in Braunschweig zu schlemmen. Nach dem Zucker (das wir beide sehr schätzen) und dem Da Piero ging es diesmal zum vermutlichen Klassenprimus Enrico Dunkel, der nun schon im neunten Jahr im - nun ja - alten Haus in der Altstadt residiert.
Beim verfrühten Eintreffen kurz nach 18.00 Uhr waren wir die ersten Gäste und bis auf eine Vierergruppe, die nach uns kam und (natürlich) auch schon wieder vor uns ging, bleiben
Geschrieben am 07.02.2017 2017-02-07| Aktualisiert am
07.02.2017
Das muss das Paradies für Craftbeer-Freunde sein (bin selber keiner): Vom Fass aus 40! Zapfhähnen, wechselnd und daher die Karten nicht nur aus Papier, sondern auch als LED-Display über der längsten Biertheke Bremens. Dazu ca. 100 Flaschenbiere, "handmade" aus aller Welt, NL/B/GB/SCO/US/RSA usw. aber auch von den hiesigen Mikro- bis Kleinbrauereien wie Union, Grebhans, Hopfenfänger u.a. Dazu alle Braustile von Pils und Witbier, einfachem Ale/IPA/APA, Porter/Stout/Imperial (bis 12%, mit etwas Durst drei Gläser gestürzt und schon hat man quasi eine Flasche Weißburgunder o.ä. in 15 Minuten geleert) über Triple und Quadruple bis zu Lambic/Frucht und Gose, letzteres mir völlig unbekannt und wohl mit Salz. Und das sind nur die, deren ich mich entsinne. Von ca. 3,5€ für 0,1l bis zu 8€ für 0,25, aber es wird auch einiges zum probieren ausgeschenkt.
Nachdem die Lokalmatadore den Boden mit ihren bescheidenen, auch insoweit handgemachten Läden bereitet haben, dreht die Hannoveraner gig-Gruppe nach ihren "niedlichen" 24-Hähnern in Linden und am Braunschweiger Steinweg nun in Sichtweite des Borgfelder Innenstadtrefugiums ein richtig großes Rad. Auch, was den Laden im rauen Design von Holz, Stein und Stahl angeht. An der Theke, an niedrigen Tischen vorne im offenen Bereich oder etwas versteckt in den hinteren Gefilden, an Hochtischen zum Dransitzen oder -stehen und schließlich an der großen Fensterfront in mehreren Terrassen übereinander auf gemütlich aussehenden Sitzkissen vor einem schon coolen manga-inspirierten Wandbild (Oktopus in rot und weiß). Platz ist reichlich.
Zu essen gibt es wohl bislang nur Chips (crisps, sorry). Bestellt wird ausschließlich an der Theke, gezahlt sofort und nur in bar.
Der Laden wird gerade vom Erfolg überrannt. Banker nach Feierabend neben Szenefrau mit F... this!-Aufsticker an der Mütze. Am Sonnabend war der Laden rappelvoll, Dreierreihe vor der Theke. Und natürlich viel zuwenig Personal.
Mal schauen, wir werden sicher ab und an ein Gläschen probieren. Heute gabs für die Liebste als Mitbringsel immerhin schon ein kleines belgisches Kirschgebräu (Soll gemundet haben, schüttel. ..)
Das muss das Paradies für Craftbeer-Freunde sein (bin selber keiner): Vom Fass aus 40! Zapfhähnen, wechselnd und daher die Karten nicht nur aus Papier, sondern auch als LED-Display über der längsten Biertheke Bremens. Dazu ca. 100 Flaschenbiere, "handmade" aus aller Welt, NL/B/GB/SCO/US/RSA usw. aber auch von den hiesigen Mikro- bis Kleinbrauereien wie Union, Grebhans, Hopfenfänger u.a. Dazu alle Braustile von Pils und Witbier, einfachem Ale/IPA/APA, Porter/Stout/Imperial (bis 12%, mit etwas Durst drei Gläser gestürzt und schon hat man quasi... mehr lesen
4.0 stars -
"Sehr groß, sehr viel, sehr teuer." DerBorgfelderDas muss das Paradies für Craftbeer-Freunde sein (bin selber keiner): Vom Fass aus 40! Zapfhähnen, wechselnd und daher die Karten nicht nur aus Papier, sondern auch als LED-Display über der längsten Biertheke Bremens. Dazu ca. 100 Flaschenbiere, "handmade" aus aller Welt, NL/B/GB/SCO/US/RSA usw. aber auch von den hiesigen Mikro- bis Kleinbrauereien wie Union, Grebhans, Hopfenfänger u.a. Dazu alle Braustile von Pils und Witbier, einfachem Ale/IPA/APA, Porter/Stout/Imperial (bis 12%, mit etwas Durst drei Gläser gestürzt und schon hat man quasi
Geschrieben am 05.02.2017 2017-02-05| Aktualisiert am
05.02.2017
Besucht am 04.02.20172 Personen
Rechnungsbetrag: 50 EUR
Von mir eine gewohnt kurze Ergänzung zum schon beschriebenen Schuhkauf-Belohnungs-Essen.
Der Chef, der kurz an die Tische kam, als die eigentliche Bedienung (ich vermute mal, seine Partnerin) kurz vor 18:00 Uhr Einkäufe erledigen musste, ist etwas brummig, aber durchaus freundlich. Gemessen an den sonstigen "Leistungen"...
Entscheidend ist, dass er ein guter Koch ist. Deswegen war ich heute etwas enttäuscht.
Das Carpaccio von Lachs und Heilbutt
war nicht zu kalt, aber trotzdem hat mir etwas Geschmack gefehlt, jedenfalls beim Lachs. Immerhin passte der junge Parmesan ganz gut dazu. Den einfachen Plastikmühlen Pfeffer und insbesondere Salz zu entlocken, war allerdings mühsam, die Mahlwerke hatten sich weitgehend verabschiedet.
Der Hauptgang hatte Licht und Schatten. Toll das große Stück vom Winterkabeljau, sehr saftig, an der Gabel zerfallend, typischer Dorschgeschmack.
Leider nicht auf der Haut gebraten, die sehr labberig am Fisch hing und entfernt werden musste. Sonst bin ich für knusprige Haut sehr zu haben, sofern keine zu große Transchicht zu erwarten ist. Hier ja ausgeschlossen.
Der als Winterkohl angekündigte Grünkohl war klassisch norddeutsch zubereitet, kräftig gewürzt, recht fett, mit Hafergrütze und wohl auch durchgemengter Kartoffel. Ich hätte mir da zum Fisch eine modernere Version gewünscht, z.B. gedämpft und angebraten. Aber geschmacklich sehr gut.
Die Bratkartoffeln eine Frechheit.
Sehr dünn, eigentlich schön gebräunt. Aber so weich, das sie um die Gabel gewickelt oder in Falten gelegt werden konnten. Also alles, was man bei angebratenen Kartoffeln nicht möchte.
Konsequenterweise wurde auch nicht gefragt, warum die Schüssel voll zurück ging.
Das Kartoffeldesaster und die weiche Haut könnten sich dadurch erklären (aber keinesfalls entschuldigen!), dass man 45 Minuten vor Küchenschluss nicht mehr mit Gästen rechnete und die Platte schon kalt und gereinigt war. Aber eine Pfanne hätts doch auch getan! Bei den Garnelen meiner Frau ging's ja auch.
Ein Wort zum Ambiente. Im Gegensatz zu meinem verstorbenen Erzeuger konnte ich der Untergeschoß-Gastronomie in den Karstadthäusern nie viel abgewinnen. Aber da gehen ja auch hier die Meinungen auseinander.
Das Grätenfish bemüht sich, aus der Lage das Beste zu machen. Es gibt einen kleinen Bistrobereich mit Hochstühlen und Bank mit schönem Blick darauf, wer so Einkaufen kommt. Ein bißchen Laufstegatmosphäre, besonders nach dem zweiten Glas Wein, wobei die Auswahl da sehr eingeschränkt ist, auch qualitativ. Die Farbgestaltung ist freundlich und eine Vitrine zeigt gelegentlich ein paar selbstgemachte kalte Vorspeisen oder Austern. Die Plätze an der Theke um die offene Küche und die wenigen Tische sind eigentlich auch ganz angenehm gestaltet. Schöne große Fotografien einer mediterranen Landschaft, vielleicht Toskana. Das passt zu den Decken in rot und grün, die als Kissenersatz auf den schwarzen Holzstühlen dienen. Problem: Der Abschluss des Restaurants wird von der Rückseite der Gemüsekühlung gebildet. Also ein permanentes Brummen und richtig warm wird es an den Plätzen auch nicht. Zudem laufen regelmäßig Karstadtkunden durch den Laden, vermutlich zu den hinter der häßlichen weißen Stahltür befindlichen Toiletten. Kann der Wirt nicht ändern, aber mögen muss ich es ja deswegen trotzdem nicht.
Zum Essen würde ich es schon nochmal in Betracht ziehen. Aber nur mit einer anderen Person im Service.
Von mir eine gewohnt kurze Ergänzung zum schon beschriebenen Schuhkauf-Belohnungs-Essen.
Der Chef, der kurz an die Tische kam, als die eigentliche Bedienung (ich vermute mal, seine Partnerin) kurz vor 18:00 Uhr Einkäufe erledigen musste, ist etwas brummig, aber durchaus freundlich. Gemessen an den sonstigen "Leistungen"...
Entscheidend ist, dass er ein guter Koch ist. Deswegen war ich heute etwas enttäuscht.
Das Carpaccio von Lachs und Heilbutt
war nicht zu kalt, aber trotzdem hat mir etwas Geschmack gefehlt, jedenfalls beim Lachs. Immerhin passte... mehr lesen
Der Grätenfish
Der Grätenfish€-€€€Restaurant042164919393Obernstraße 5 im Hause Karstadt, 28195 Bremen
3.0 stars -
"Schon mal besser" DerBorgfelderVon mir eine gewohnt kurze Ergänzung zum schon beschriebenen Schuhkauf-Belohnungs-Essen.
Der Chef, der kurz an die Tische kam, als die eigentliche Bedienung (ich vermute mal, seine Partnerin) kurz vor 18:00 Uhr Einkäufe erledigen musste, ist etwas brummig, aber durchaus freundlich. Gemessen an den sonstigen "Leistungen"...
Entscheidend ist, dass er ein guter Koch ist. Deswegen war ich heute etwas enttäuscht.
Das Carpaccio von Lachs und Heilbutt
war nicht zu kalt, aber trotzdem hat mir etwas Geschmack gefehlt, jedenfalls beim Lachs. Immerhin passte
Geschrieben am 04.02.2017 2017-02-04| Aktualisiert am
06.02.2017
Besucht am 25.01.2017Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 112 EUR
Warnung 1: Überlänge
Warnung 2: Gastrosophische Überlegungen
Als ich ging, kam Chef Nico Burkhardt aus der Küche und verabschiedete mich persönlich. So schloss sich der Kreis beim Mittagessen im Olivo, dem erneut (völlig nachvollziehbar) besternten Gourmetrestaurant im Steigenberger Hotel vis-a-vis des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Denn schon bei meiner Ankunft um 12:00 Uhr begrüßte mich Gastgeber Christiaan van Berkel persönlich. Zuvor hatte ich nach etwas geistiger Arbeit in der Lobby (zwar mit Kaffee aus dem Vollautomaten, aber exzellenter Patisserie - Schokolade ist Menschenrecht!) spontan nach einem Tisch gefragt und problemlos erhalten. Nicht selbstverständlich in einiger Bahnhofsnähe, auf die ich wg. des drohenden 14.00-Uhr-Termins beschränkt war. Hat doch z. B. die nahe Zirbelstube im Januar ihr Mittagsangebot eingestellt. Das Délice öffnet sowieso nur abends. Und im 5 scheint man dem Netz nach mittags doch einige Abstriche machen zu müssen. Allerdings ist das schon nachvollziehbar, denn den "wunderbaren" Blick auf die bundesweit bekannte Baustelle
wollte auch hier bis kurz vor 14:00 Uhr außer mir nur noch eine einzige andere Genießerin auf sich nehmen.
Das Olivo hält die Werbung für das Abendangebot dagegen aufrecht und reagiert nicht mit einer einfacheren Küche, sondern mit einem sehr beschränkten Auszug aus der Karte: Aus je zwei Vor- und Hauptspeisen, Käse und einem Dessert kann ein Menue von 3 Gängen zu 82€ oder vieren zu 94€ kombiniert werden. Ob die Weinbegleitung auch mittags gilt, konnte ich wegen der nachfolgenden beruflichen Aufgaben nicht testen; es scheint mir wahrscheinlich.
Die Beschränkung auf das Menue-Angebot ist in sich konsequent und ermöglicht, auch mittags das "volle Programm" der Sterneküche zu fahren. Das ist perfekt gelungen. Bei gleichzeitiger Bespielung des à-la-carte-Restaurants hat es die Küche geschafft, mich nach exakt 105 Minuten glücklich und satt, doch nicht übervoll und schon ein bißchen beeindruckt zur Arbeit zu entlassen.
Ich wählte die "große Version" und entschied mich für angebratene Jakobsmuschel, confierte Wachtelbrust, Atlantik-Seeteufel und zum Abschluss Rohmilchkäse von Affineur Waltmannus Erlangen.
Der junge Maître, der nach seiner letzten Station im Sylter Hotel Fährhaus seit einem Jahr in Stuttgart empfängt, erleichterte mir die Antwort auf die Aperitiffrage zumindest mit einigen Vorschlägen aus unterschiedlichen Kategorien. Ich entschied mich für einen weißen Port von Ramos Pinto, der für 9€ angenehm kühl serviert wurde. Über den Wasserpreis genannten Subventionsbeitrag schweige ich, "immerhin" noch nicht zweistellig...
Nach Bestellung des Aperitifs gestaltete die Küche schon das Studium der Speisenkarte mit einigen Petitessen genussvoll. Auf der Höhe des Zeitgeists wurden halbkreisförmig vor mir bereit gestellt:
Büsumer Krabbensalat mit Rauchchip (auf Mini-Holzpaddel)
Gazpacho (aus dem Reagenzglas)
Olivenöl-Gelpraline (auf seinem Holz-Löffel und Blättern)
Thunfischtatar (auf - hoffentlich falscher - Koralle)
Wildschweinschinken mit Variationen von Rot- und Rosenkohl (auf Geweih)
Es wurde, wie auch bei den folgenden Gängen, genau angesagt.
Alles durchdacht und perfekt ausgeführt.
Gefallen haben mir u. a.: Bei den Nordseegarnelen der Rauchgeschmack. Die geeiste Suppe hatte am Ende den pikanten Kick. Für das Öl hätte ich mir zwei oder drei Salzflocken gewünscht, der Geschmack war aber sehr intensiv. Das knusprige Teigröllchen war an einer Spitze in schwarzen und weißen Sesam gestippt, so dass der optische Eindruck der "Zigarette" verstärkt wurden. Solche Spielereien finde ich nett, wenn sie denn mit erstklassiger Qualität des Produkts einher gehen. So wie hier.
Am spannendsten war der Rosenkohl, der mit seiner leichten Bitternote Wildschwein und Rotkohl zu einem Wintergeschmack en miniature veredelte. Allein die Gewichtung ging etwas zu Lasten des Schwarzkittels aus.
Keinerlei Kritik, die den Bereich der persönlichen Vorlieben verlassen hätte. Im Gegenteil der klare Hinweis, dass hier die Küche genau weiß, was sie tut.
Das bestätigte sich in der nächsten Runde
Viererlei selbst gebackenes Weißbrot (Natur, Tomate, Röstzwiebel, Kümmel), Grissini und als erstes wirkliches Highlight Gougere au fromage
ein frisch gebackener Windbeutel mit geschmolzenem, kräftigem Bergkäse, von außen knusprig, von innen fluffig und noch leicht warm
In Windeseile beim Ober das Menü abbestellt und dafür noch drei von diesen luftig-duftigen Verführern geordert. Er musste auch lachen...
Als Begleiter eine aufgeschlagene Crème fraîche, Échiré-Butter und ein festes Olivenöl mit schwarzem Olivensand
Ich kam kaum dazu, in die Tageszeitung zu schauen, die mir von einer charmanten Dame von der Rezeption herauf gebracht worden war, nachdem ich beim Gastgeber "geklagt" hatte, dass ich ja keinen Gesprächspartner habe. (Eigentlich ging es darum, dass ich keine Pause brauchte.) Auch mein Mantel, den ich in der Lobby vergessen hatte, wurde mir nachgetragen. Das Alter... Immerhin lehnte ich am Ende meines Besuches sportlich die selbstverständlich angebotene Hilfestellung bei der Garderobe ab.
Nun konnte es also los gehen - und wie es ging!
Als Amuses wurde faktisch ein Surf'n'Turf in zwei Akten gereicht.
Als Gruß aus dem Meer Variationen von der argentinischen Wildgarnele
Im türkisen Teller schwamm gleichsam der wunderbar zarte Schwanz auf einer Woge von Petersilienwurzelschaum daher. Chips der Knolle blähten sich gleich Segeln auf Gischttropfen und eine Julienne von grünem Spargel diente als Ruder. Welcher Kurs lag an? Immer in Richtung Fixstern, der über dem muschelgeschmückten Strand strahlte Frittierte Garnelenpraline (in der Fotogalerie auch Vollständig...)
Ein intensivstes Tartar von der Garnele in Tempurateigfäden crunchy ausgebacken
Ein weiterer früher Höhepunkt!
Das zweite Amuse, quasi (Achtung Wortspiel!) der Land-Gang, war sehr fein komponiert, konnte mich aber nicht gleichermaßen begeistern. Angekündigt als Das Goldne vom Ei
verbargen sich unter dem von Kaviar gekrönten Brotchip im passend goldfarben lackierte Ei drei Schichten. Zuoberst knusprige Krümel vom Eigelb, vielleicht gefriergetrocknet. Dann als Verbindung ein Trüffelschaum und schließlich cremige schwarze Linsen zum recht rustikalen Abschluss
Angenehmes Mundgefühl, aber etwas zu wenig akzentuiert.
Aber es ging ja mit der angebratenen Jakobsmuschel weiter, die in zwei Tranchen angerichtet war, angenehme Röstnoten hatte und ansonsten mit typisch süß-nussigem Aroma punktete
Der Gargrad perfekt plus-minus ein paar Sekunden je nach persönlichen Vorlieben. So weit, so gut, so erwartbar. Überraschend und überzeugend die Variationen von Butternut-Kürbis und Schafsjogurt, die von Passepierre-Algen und rotem Ingwer ergänzt wurden
Letzterer hatte ein Aroma von frischem Gras, ungewöhnlich. Das brachte unterschiedliche Geschmacksrichtungen ebenso wunderbar zusammen, wie die verschiedenen Konsistenzen u.a. von Gel über Schwamm bis zu knusprigen Kürbiskernen. Kann man da meckern, dass die Muschel nur in einzigen Ausführung angeboten wurde? Nö. Und zwar schon deshalb nicht, weil gesondert in einem Cannellono ein rohes Tatar
gereicht wurde, das ebenfalls von zwei Kürbiszubereitungen begleitet war. Da heißt es, den Hut gezogen und einmal ganz tief verbeugt! Für den Gaumen und ebenso für's Auge ein Fest!
Beruhigend anzuschauen dann der nächste Teller, dessen Farbtöne sich von Crème zu dunklem Braun harmonisch entwickelten
Aber hier wurde auch die Nase "begeistert", denn der ungemein aromatische Duft des gehobelten Perigord-Trüffels kündigte den Teller formidabel an und hielt mit seiner Frische auch im Mund, was er versprochen hatte. Meilen entfernt von der aufdringlichen Modrigkeit der Trüffel, die bei so manchem Edel-Italiener serviert werden. Die Gemüsefraktion wurde hier vom häufig unterschätzen Blumenkohl gestellt. Mir gefielen besonders die knusprig gebackenen Scheiben. Die noch ganz leicht wahrnehmbare Bitterkeit wurde von der am Tisch angegossenen Trüffelvinaigrette toll eingebunden und für die Schlotzigkeit des Ganzen sorgte das auf Karfiolpüree servierte Eigelb. Tupfer von Brunnenkresse sorgten für etwas Frische. In jeder Hinsicht die Krönung waren jedoch die Tranchen der confierten Wachtelbrust
Ich habe leider viel zu lange viel zu schlechtes Geflügelfleisch gegessen. Umso mehr schätze ich nun die Zartheit und absolute Saftigkeit, wie ich sie bei diesen Stücken genießen durfte. Einfach nur köstlich.
Vor dem Hauptgang folgte eine kleine Pause, die ich für einen Abstecher in die Waschräume nutzte. Diese liegen außerhalb der Restaurants und stehen sicher auch für den Bankett- und Tagungsbereich zur Verfügung. Daher gibt es leichte Abnutzungserscheinungen. Indes sind Sauberkeit und Frische absolut gegeben.
Gerade nach Rückkehr an den Tisch fiel der Unterschied seit dem letzten Relaunch eben auf. Im Restaurant erinnert eben nur noch das (sehr schöne) Stäbchenparkett an etwas verspieltere, holzlastige Zeiten. Ansonsten ein klares, edles Ambiente in weiß und braun. Gerbera bilden den einen farblichen Stopper, der das Auge erfreut. Nicht überladen, auch nicht auf den Tischen, aber eben keine Spur von nordischer Kühle
Die lange Fensterfront lässt viel Licht herein. An den Säulen etwas Literatur zum Nachdenken. Im hinteren Bereich einige Nahaufnahmen von Oliven, naja. Der Lehnstuhl bequem, zumindest bei meinem in zeitlicher Hinsicht Power-Lunch.
Ich fand eine frische Serviette vor und mir wurde ganz klassisch erneut der Stuhl heran geschoben. Eingesetzt wurde mit weißen Handschuhen. Ich denke, man erkennt es schon an den eingestreuten Hinweisen: Dieser Service des durchweg jungen Teams war zum einen fachlich perfekt. Aber dabei eben auch von natürlicher Freundlichkeit und echter Aufmerksamkeit. Ich hatte deutlich das Gefühl: Es geht darum, dass ich mich als Gast rundherum wohl fühle. Und sie wissen auch genau, wie man das anstellt. Bravo!
Und auch kulinarisch wurde das Niveau gehalten.
Der Seeteufel fleischig-fest (wie ich es liebe), mit etwas Piment d'Espelette gepimpt
Die Variationen von Fenchel, einem Gemüse, das ich erst nach und nach zu schätzen lerne, haben mich sehr positiv überrascht. Der krachende Krautsalat, ein knusprig gebackener Schnitt von kaum mehr als mikroskopischer "Dicke" und die mit schönen Röstaromen versehene saftige Scheibe passten auch wunderbar zum ebenfalls am Tisch angegossenen Bouillabaisse-Sud. Die Zubereitungen der Tomate brachten erfreulicherweise eher fruchtig-süße Aromen, als starke säuerliche Nuancen ein. Hier war die getrocknete dünne Schnitte der Kirschtomate mein Favorit. Zwar wurde der Kiemenatmer aus dem Atlantik gezogen, doch die leicht mediterrane Zubereitung hat ihn sehr schön ergänzt, nicht überdeckt.
Abschluss statt Dessert mal wieder Käse von Waldmann aus Erlangen (ich spekulierte allerdings schon auf ein paar petits fours und schäme mich ein wenig). Die Auswahl im Käsewagen war beeindruckend und endlich einmal sehr ansprechend präsentiert
Ich wählte gegen meine sonstige Gewohnheit kräftige bis sehr kräftige Sorten
Zu allem konnte Herr van Berkel inhaltliche Auskunft geben, sowohl zu Geschmack wie auch der Zubereitung. Mir schmeckte diesmal der korsische Brin d'Amour aus Schafsmilch mit seinen kräftigen Kräutern besonders gut. Dazu wurde hauseigenes Früchte-Nuss-Brot in angenehm dünnen Scheiben
sowie erneut Baguette gereicht. Fruchtzubereitungen aller Art wurden von mir nicht vermisst.
Die Zeit drängte zwar nicht zu sehr, aber auf einen Kaffee verzichtete ich. Meine unverschämten Hoffnungen nicht enttäuschend, wurden mir trotzdem noch einige süße Leckereien angeboten
Zumindest den fruchtigen Verführern - Brombeermacaron, gezuckertes Holundergelee, Himbeer-Marshmallow - konnte ich auf Anhieb nicht widerstehen. Zum Verschwinden von Karamell- und Kakaopraliné kann ich keine sachdienlichen Hinweise mehr machen. Aber Brownie und Mandeltarte blieben unberührt. Bestimmt. Glaube ich...
Fazit:
Hier wird traditionell gekocht.
Wieviel Kritik kann in diesem einfachen Satz stecken oder - in diesem Fall - wieviel Bewunderung.
Zweierlei gilt es klar zu stellen.
Es ist nicht das Überkommene der Regionalküche, die derzeit eine ungeahnte Renaissance, mancherorts einen Hype erlebt. Sondern die Tradition der grande cuisine. Exzellente Produkte: Garnele, Jakobsmuschel, Wachtel, Seeteufel. Ein festes Rahmenprogramm: Amuses, Brot (dem Aschenputtel der Gastronomie, in dem eine Prinzessin steckt), Käse, petits fours. Dazu eine beeindruckende Weinkarte. Und ein Service, der den Gast in jeder Hinsicht umsorgt, unauffällig, aber jederzeit zur Stelle und die Bedürfnisse voraus ahnend, bevor der Gast sie äußert.
Dieses über wohl 150 Jahre entwickelte Wissen, welche Produkte von Natur aus gut sind und durch welches Handwerk sie noch besser werden, ist ein überaus solides Fundament.
Eine Basis, dies als zweite Bemerkung, auf der die große Küche ihre weitere Tradition aufbaut, nämlich seit jeher kreativ zu sein. Das Vorgefundene (der regionalen bäuerlichen oder gutbürgerlichen Küche), das sich dort eben nicht ändert, aufzunehmen, zu verfeinern und weiter zu entwickeln. Auf eben jenem festen Stand kann Neues wie roter Ingwer hinzu treten und Spannung erzeugen. Oder es kann zurückhaltend mit verschiedenen Aggregatzuständen gearbeitet werden, ohne dass es disharmonisch oder gar effekthaschend wirkt.
Das gleiche gilt für den Service. Wer es schafft, die Mittagsöffnung für einen einzigen Gast völlig selbstverständlich wirken zu lassen, hat auch das Standing, über no-shows, ihre Wirkung in dieser Preisklasse und mögliche Reaktionen darauf in völlig angemessener Weise zu diskutieren.
Weniger als zwei Stunden, die mir verdeutlichten, warum ich bestimmte Restaurants überhaupt aufsuche und warum Geld für gutes Essen (fremd oder selbst zubereitet) auszugeben, eine der sinnvollsten Investitionen des Tages ist.
Warnung 1: Überlänge
Warnung 2: Gastrosophische Überlegungen
Als ich ging, kam Chef Nico Burkhardt aus der Küche und verabschiedete mich persönlich. So schloss sich der Kreis beim Mittagessen im Olivo, dem erneut (völlig nachvollziehbar) besternten Gourmetrestaurant im Steigenberger Hotel vis-a-vis des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Denn schon bei meiner Ankunft um 12:00 Uhr begrüßte mich Gastgeber Christiaan van Berkel persönlich. Zuvor hatte ich nach etwas geistiger Arbeit in der Lobby (zwar mit Kaffee aus dem Vollautomaten, aber exzellenter Patisserie - Schokolade ist Menschenrecht!) spontan... mehr lesen
OLIVO im Steigenberger Graf Zeppelin
OLIVO im Steigenberger Graf Zeppelin€-€€€Restaurant, Sternerestaurant07112048277Arnulf-Klett-Platz 7, 70173 Stuttgart
5.0 stars -
"Perfekter Lunch!" DerBorgfelderWarnung 1: Überlänge
Warnung 2: Gastrosophische Überlegungen
Als ich ging, kam Chef Nico Burkhardt aus der Küche und verabschiedete mich persönlich. So schloss sich der Kreis beim Mittagessen im Olivo, dem erneut (völlig nachvollziehbar) besternten Gourmetrestaurant im Steigenberger Hotel vis-a-vis des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Denn schon bei meiner Ankunft um 12:00 Uhr begrüßte mich Gastgeber Christiaan van Berkel persönlich. Zuvor hatte ich nach etwas geistiger Arbeit in der Lobby (zwar mit Kaffee aus dem Vollautomaten, aber exzellenter Patisserie - Schokolade ist Menschenrecht!) spontan
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Beim diesjährigen Aufenthalt am Rhein konnte ich zwei Veranstaltungen kombinieren und so das Wochenende zur Erholung und für kulinarische Entdeckungen nutzen.
Das Restaurant befindet sich im Kulturbahnhof Rolandseck, auf Hochwasser sicherer Höhe
so dass schon von außen klar ist, welch zauberhaften Blick auf Strom und Siebengebirge es bei Tageslicht gibt. Ich wollte allerdings den Sonn-Abend für einen ausgedehnten Test der Küche nutzen. Zumal im Januar die schöne große Loggia des Kulturbahnhofs natürlich nicht geöffnet ist.
Über das Gebäude selbst könnte seitenlang berichtet werden, hier nur soviel: 1856 auf dem Höhepunkt der Rheinromantik nahe von Rolandsbogen und des rechtsrheinisch aufragenden Drachenfels in (sehr spätem) Spätklassizismus errichtet, ist es heute ein Teil des Arp-Museums des Landes Rheinland-Pfalz. Auch wer mit Dada im Speziellen und abstrakter Kunst im Allgemeinen wenig anfangen kann, sollte einen Besuch schon wegen des beeindruckenden Neubaus in den Felsen über dem Altbau und der teilweise spektakulären Übergänge und Ausblicke wagen.
In dem heute vom Restaurant genutzten zweiten Obergeschoss befanden sich die Warteräume der 1. und der 2. Klasse sowie dazwischen der schon damals für Feierlichkeiten vorgesehene langgezogene Festsaal. Durch die schiere Länge des Mittelteils mit den Fenstern zum Rhein war sofort klar, dass die noch mittags vorgenommene Reservierung überflüssig gewesen war. So konnte ich allerdings schon die eigenwilligen Glaskunstwerke im minimalistischen Treppenhaus ebenso bewundern, wie die beeindruckenden Kronleuchter im Saal und im hinteren Raum, der für Gesellschaften genutzt wird. An der Decke sind teilweise noch die ursprüngliche Fresken auf der ungewöhnlich unverputzten Decke erhalten. Sehr schönes Ambiente, mit etwas Fantasie sieht man sich in die Bälle der Sisi-Zeit zurück versetzt. (Die besten Fotos: http://arpmuseum.org/besuch/erlebnis/gastronomie.html)
Ganz anders dagegen der erste Raum: Bunt und voller Kunst, mal an und auf den Wänden, viele Stile werden zitiert u.a. klassische Moderne, Realismus, Romantik, mal in den Wänden mit bunten Glasfenstern und auch aus den Wänden mit farbigen Lichtkuben unterschiedlicher Größe. Auch die Theke ist offensichtlich ebenso Teil der kreativen Gestaltung, wie die Tische und beleuchteten Sitzbänke. Eine Nachfrage später beim Service klärt auf. Man befindet sich im begehbaren, namensgebenden Kunstwerk "Interieur No. 253" des Berliner Künstlers Anton Henning. Hier tafelt man in, um und von Kunst, das gefällt mir. (Viel Interessantes: http://arpmuseum.org/ausstellungen/dauerausstellungen/in-situ/anton-henning-bistro-interieur-no-253.html)
Den Sanitärbereich habe ich nicht besucht. Die Homepage verspricht auch hier augenzwinkernde Kunst. Im Restaurant alles gepflegt.
Dann mal sehen, was die Künstler in weiß und schwarz so drauf haben.
Der Vollbart des Inhabers und Gastgebers Nic Herbst ist schon mal ein Hingucker. (Beim ersten Link in Foto 1 auf dem roten Teppich und in Foto 5 in der Mitte erkennbar.) Sakko über dem offenen Hemd aus Oxford-Baumwolle, die gekürzte Chino lässt die knalligen Socken sehen, ein eigenes Œuvre d'hip. Und dementsprechend bei der Reservierung noch etwas sophisticated. Am Abend erkannte er aber schnell, worauf es ankam und sorgte dafür, dass seine junge Servicecrew meine Wünsche sehr ordentlich erfüllte. Am Ende des Abends ergab sich noch Gelegenheit für ein interessantes Gespräch. Ein Chef, der seinen Laden im Griff hat, ein Schwätzchen mit den Stammgästen führt, dabei stets die ganz in schwarz gekleidete Mannschaft im Blick, die trotzdem guter Laune zu sein scheint. Sehr angenehm.
Meistenteils wurde ich von einer jüngeren, aber absolut professionell agierenden Bedienung betreut, nichts zu tadeln. Allein, eine Herzlichkeit kommt nicht auf, eher ein etwas angespannter Tonfall. Wie so manches Mal weiß ich nicht, ob Natalja genervt ist oder ob es nur an dem etwas härteren osteuropäischen Akzent liegt.
Trotzdem eine gute Service-Leistung.
Ich erhielt einen guten Tisch im vorderen Teil des Festsaals an der Wand. Der Blick wird durch einige Installationen in mehrfachem Sinne interessant abgelenkt. Eingedeckt waren offensichtlich nur die reservierten Tische. Später stellte sich heraus, dass neben mir zwei Lokalpolitiker nebst Gattinnen Platz nehmen. Politiker, gleich welcher Hierarchiestufe, neigen nicht zu übermäßiger Schweigsamkeit. Man erfuhr einiges über die Charakterschwäche der Konkurrenz, wie der Parteifreunde. Ich hätte gern etwas weiter entfernt gesessen, genügend freie Tische waren ja vorhanden. Zugegeben sei aber, dass der Abstand bei normaler Lautstärke eigentlich ausreichend war. Der Service muss hier sowieso schon erhebliche Laufarbeit verrichten, denn die Küche befindet sich in einem neuen Trakt und ist mit dem Altbau über eine gläserne Brücke verbunden. Auch dort ein Werk von Anton Henning "HaaH", das mit seinen und Hans Arps Initialen spielt.
Das Holzmobiliar steht auf einem schönen Fischgrätparkett. Die Stühle haben leider keinerlei Auflage, auf die Dauer ganz schön hart. Interessant die Tische mit einer großen Einlage aus grünem Leder. Darüber ein weißer Papierläufer mit Hepp Exclusiv Besteck, Wein- und grünem Wasserglas, Stoffserviette, dazu eine einzelne Tulpe und Peugeot-Mühlen. Mal eine Abwechslung die Schwimmkerze im Glas.
Trotz des recht lauten, der hohen Decke geschuldeten Hintergrund-Geräuschpegels war der entspannte Smooth Jazz gut zu vernehmen.
Die Räumlichkeiten versetzten mich in eine festliche Stimmung, so dass eigentlich ein Gläschen Champagner die vorzunehmende Speisenauswahl hätte begleiten müssen. Alternativ war auch für Freunde und Freundinnen der gepflegten Flaschengärung ein Franciacorta Monte Rossa im Angebot, erwartungsgemäß aus dem Hause del Bosco.
Indes: Der Vorabend im Kreise der erweiterten Kollegenschaft war in angenehmster Art, Weise und Gesellschaft aus dem Ruder gelaufen, also wollte ich nichts übertreiben und bat um einen alkoholfreien fruchtbetonten Cocktail. Gelegentlich sollen Vitamine ja nicht das Schlechteste sein. Diese Aufgabe hat der Barkeeper hervorragend gelöst und kredenzte eine Mischung von Mandarine, Orange, Melone und Minze in flüssiger Form. Aufgefüllt mit Soda und auf Eis serviert. Der Clou eine Kugel Mandarinensorbet. Erfrischend, fruchtig und nicht zu süß.
Ein kleines Fläschchen Gerolsteiner leistete dazu mit 3€ einen hübschen Deckungsbeitrag für Herrn Herbst.
Die geöffnet gereichte Karte wich in Nuancen von der Internetversion ab und enthielt zu meinem Erstaunen kein Menü. (Dafür sind jetzt deren drei auf der Homepage zu finden, einschließlich des Januar/Februar-Angebots...). Die Tagesempfehlung hatte ich schon einer handgeschriebenen Tafel im Treppenhaus entnommen und für mich ausgeschlossen. In der Karte bittet man die Gäste zum einen um Verständnis, dass nur EC- oder Maestro-Karten akzeptiert werden; die Marge scheint hier eng zu sein. Zum anderen, dass man nur eine Rechnung pro Tisch erstellen KÖNNE. Die Beherrschung der Grundrechenart Addition nimmt inzwischen in bedenklichem Ausmaße ab.
Das Rennen machten schließlich:
Gratinierte Austern
Hummervelouté mit Fenchelstrudel
Marinierte Räucherforelle
Bäckchen vom Ibericoschwein
Brie de Meaux
Zunächst wurde ein Schälchen schon gewürztes Olivenöl und ein paar an der Service-Insel im Raum frisch aufgeschnittene Scheiben Stangenweißbrot gebracht. Ich grübelte etwas, ob es sich hierbei wohl um die in der Karte mit 3€ vermerkte Leistung handelte, die mir ungefragt gebracht worden war. Oder um eine Karo-einfach-Version für lau. In der Rechnung fand sich die Position immerhin nicht.
Die Küche grüßte dann mit einem dunklen Kalbsbratling unter getrüffeltem Kartoffelschaum, etwas Crunchiges zierte den gar nicht mal kleinen Appetithappen
Kräftig und passend für die Jahreszeit, lediglich ein kleines Stück Sehne störte.
Die folgenden vollfleischigen Austern wurden hübsch in der Schale auf verschiedenen Algen serviert
und waren mit einem leichten Hollandaise-Schaum überzogen und kräftig gratiniert. Ein feiner Gang, bei dem die Zitronennote recht gelungen den jodigen Geschmack der Edelmuschel einband (14€).
Inzwischen wieder hinreichend gefestigt war die Begleitung durch ein Gläschen vom Maison Jean Velut für 10€ ein Muss.
Weiter ging's mit der Hummersuppe
für 11€, die aufgeschäumt am Tisch angegossen wurde und ein gutes Krustentieraroma lieferte. Für meinen Geschmack etwas zu salzig, aber mit einer feinen Anisnote. Sehr gelungen der im Ofen knusprig und dunkelbraun gebackene dünne Strudelteig, der auf den Punkt gegarte Fenchelstreifen enthielt. Sehr stimmig.
Als Fischgang (10€) Räucherforelle
als Mousse und mariniertes Filet, das mit einer recht süßen Apfelcreme, Apfelspalten und Salat von Frisée, Feldsalat und Rucola mit (harten) Croutons angerichtet war. Als Verbinder fand ich das Gewürzbrot schlau, es passte zu den fruchtig-süßen, wie auch zu den rauchigen Fisch-Aromen.
Vor dem Fleischgang erfolgte eine kleine Erfrischung des Gaumens mit einem Apfelsorbet
das mit Prosecco aufgegossen wurde. Das Gefrorene mit kleinen Stückchen Fruchtfleisch wohl von der australischen Omi Schmidt, die Apfelspalten der Deko sicher nicht.
Nämliche Scheiben fanden sich auch zum dritten Mal als Deko (das geht kreativer) bei den Schweinebäckchen
die zart, doch noch nicht zerfallend waren. Als passende Begleiter in der Pfanne glasierte Apfelstückchen, bissfeste Schalotten, die Süße vermissen ließen, weiter eine sahnige Topinamburcreme und eine reduzierte Jus. Frisée sollte vermutlich Frische und Farbe bringen und eine Menge von kleinen Chips den Crunch, ebenfalls von der hellen Knolle. Leider waren sie teilweise etwas weich geworden. Das war alles nicht schlecht. Aber weder für sich, noch als Gesamtheit wirklich begeisternd. Mir war der Teller auch etwas zu voll geknallt. Preislich mit 23€ dagegen fair.
Der Abschluss war nach meinem Geschmack. Statt Dessert ein gutes Stück Brie de Meaux
begleitet von einer hausgemachten Brioche mit Feigenstücken, teils noch knusprig, teils schon in Richtung Zwieback. Geschmacklich aber eine schöne Abwechslung zu den üblichen schweren dunklen Früchtebroten. Auch die rote Zwiebelmarmelade und die karamellisierten Walnüsse waren nicht zu verachten. Mit 8€ eher preiswert.
Als Rausschmeißer zu 6€ dann nur noch einen P.X. von Real Tesoro, der in der Nase sprittig war und am Gaumen zu wenig Frucht hatte, die den Schokoladenton sonst schön ergänzt.
Fazit: Das Ambiente hat mir noch besser gefallen, als die Küche. Diese ist aber durchaus niveauvoll und in Maßen kreativ. Die Produkte überzeugen, das Handwerk ist solide. Gemessen am Anspruch nichts wirklich zum Niederknieen, aber auch überhaupt keine Ausfälle. Insofern absolut zu empfehlen. Ich werde im nächsten Jahr gern wieder einkehren.