Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 291 Bewertungen 377554x gelesen 10297x "Hilfreich" 9236x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 11.12.2017 2017-12-11| Aktualisiert am
12.12.2017
Besucht am 22.08.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 138 EUR
denn der Name des Restaurants im Hotel Herrenkrug zwingt ja zu Wortspielereien.
Mein erster Besuch im top-gepflegten Hotel-Ensemble mit angeschlossener Gastronomie im weitläufigen, wunderbaren Park. „Schön, wirklich schön!“ war mein erster Gedanke. Das Innere der teilweise unter Denkmalsschutz stehenden Gebäude kann ebenfalls begeistern, so der historische Eiskeller und die Festsäle. Die Hotelzimmer fallen dagegen ein wenig ab, für das Niveau des Hauses etwas in die Jahre gekommen, eine Renovierung demnächst würde nicht schaden. Auch, dass die Zimmer zur Südseite keine Klimatisierung haben, versprach an diesem warmen August-Tag keine erquickliche Nachtruhe. Immerhin stand über den Flur die Tür zu einem großzügigen Raum auf der schattigen Rückseite offen. Eine kurze Inspektion ergab eine wesentlich erträglichere Temperatur, so dass ich kurzerhand telefonisch bei der Rezeption die Zustimmung zu meiner Zimmer-Eroberung einholte. Morgens wurde ich von Vogelzwitschern geweckt. Schön, eben.
Der hohe Speiseraum zeigt sein schönes Holzgebälk
war aber nicht eingedeckt. Ebensowenig die Süd-Veranda. Stattdessen ging es in den Wintergarten, der mit einer schnöden Metallkonstruktion an die seitliche Außenseite des Gebäudes angebaut worden ist. Die Kombi aus rötlichen Verblender-Außenmauern, polierten Steinfußboden, Rattanstühlen mit dicken Sitzpolstern und den klassisch eingedeckten Tischen fand ich etwas unharmonisch
Unentschieden zwischen Fine-Dining und Außengastronomie. Aber das ist ganz Geschmackssache, gepflegte Atmosphäre auf jeden Fall mit ausreichenden Sitzabständen. Nur sehr laut und hallend. Im Übrigen entschädigt wieder der Blick, hier u.a. auf eine hohe Pergola und weitere, sattgrüne Rasenflächen
Dass hier gleich zweimal in einer Dekade ein „Jahrhundert-Hochwasser“ einen halben Meter hoch stand, ist nur durch die Verankerungen für die neue Schutzwand zu erahnen. Als später noch eine gute Freundin aus dem nahen Biederitz erschien, knabberten wir die Käseplatte auf der sich anschließenden Außenterrasse.
Der Service hatte sich gegen Gartenlokal und für „Erstes Haus am Platze“ entschieden. Mehrere erfahrene und professionell servierende Herren agierten steif und unpersönlich. Herzlichkeit Fehlanzeige. Angetan mit Oberhemd, Langbinder, Weste und Schürze. Alles in allem so, wie das früher (vielleicht!) erwartet wurde, wenn zum runden Geburtstag die Patriarchin den Familien-Clan „ausführte“. Heute will das doch niemand mehr; ich jedenfalls nicht. Die Restaurant-Leiterin war denn auch zugewandter.
Bei leicht sphärischen Klängen stöberte ich durch die Karte. Menüs wurden nur tischweise und ab 2 Personen angeboten. Ging aber trotzdem auch für einzelne Herren, trotz ordentlicher Belegung des vom Guide Michelin empfohlenen Restaurants.
Der übliche weiße Port von Rozes (6,4€) war leider nicht gekühlt, erster kleiner Minuspunkt.
Meine Wahl:
- Carpaccio vom geräucherten Thun, Basilikum-Olivenöl und geröstete Pinienkerne
- Essenz von der Tomate mit Orecchiette
- Medaillons vom Seeteufel mit Safransauce, Ratatouille und Tagliatelle
- Onglet mit Dornfelder-Sauce, mediterranes Gemüse und Thymian-Kartoffelgratin
- Französische und italienische Rohmilchkäse
Immerhin keine Speisekarten-Rätsel, man hat eine Vorstellung, was einen erwartet. Es wurden 82€ berechnet.
Die Weinkarte ist eher übersichtlich, enthielt aber auch einige halbe Flaschen, wie fein. Weniger, dass der angebotene Sauvignon nicht mehr verfügbar war. Statt von Gerard Millet wurde ein sehr geradliniger Sancerre von Bernard Reverdy eingeschenkt. Mit 39€ für 0,375l kein Schnäppchen.
Der kulinarische Abend begann mit heißem, knusprigem Kartoffel-Mais-Brot
mal eine schöne Abwechslung und nicht zu trocken. Dazu gab es einen sehr Dill-lastigen Kräuterquark und gesalzene Butter, leider sehr hart. Beide unter Mini-Cloches serviert.
Die Küche grüßte dann farbenfreudig:
Räucherlachs-Frischkäse-Tatar, Apfelchutney und Rote-Bete-Hummus, schließlich noch einen Kartoffelchip.
Letzterer stand zu lange in den feuchten Bestandteilen und war fast durchgängig pappig. Das passiert nicht nur in Der Saison, ändert aber nichts. Ansonsten war die Kreation gut überlegt und auch gut gemacht. Milchprodukt milderte die Salzigkeit des Räucherfischs, der Apfel gibt Süße, Säure und etwas Biss und im sehr cremigen Hummus war die Erdigkeit der Rübe noch klar auszumachen. Ein sanfter, harmonischer Einstieg; vielleicht war der fehlenden Crunch der Kartoffelscheibe ja gewollt...
Der aufgeschnittene geräucherte Thunfisch
war erstaunlich saftig und verfügte über ein angenehmes Raucharoma. Von angekündigten Basilikum war im Öl eher wenig zu bemerken, allerdings gab es auch nur eine sparsame Menge. Der Wildkräutersalat mit Pinienkernen war ok, wenngleich ich Rauke nicht für sonderlich wild halte.
Weiter ging es mit der Suppe.
Die klare Essenz kam sehr heiß an den Tisch und hatte erst im Abgang eine Ahnung von Tomate. Ansonsten eine (sehr) salzige Brühe. Die selbst gemachten „Öhrchen“-Nudeln hatten eine leichten Teig, waren aber geschmacklich wie farblich brutal langweilig. Aromatisierung, z.B. mit getrockneter Tomate oder noch besser Basilikum hätte da sicher eine Verbesserung bedeutet. Kein Grund den Teller „schön leer zu essen“, außer man hat Hunger oder friert. Nun, es sollten ja noch ein paar Gänge folgen und sonderlich kalt war mir im August auch nicht. Ich bestellte daher noch eine geeiste Gurkensuppe mit Balsamico-Perlen, was gleich vernünftig gewesen wäre, mein Fehler. Die Konsistenz war recht dicklich
doch viele Kräuter ergaben mit der Gurke erfreuliche Geschmacksnuancen. Den Essig suchte ich zunächst vergebens. Die Zugabe war in der Küche vergessen worden und auch dem Service war das nicht aufgefallen. Schade. Die erst auf Nachfrage nachgelieferten Perlen
setzten dann mit ihrer zurückhaltenden Säure schöne Akzente.
Der Fischgang wartete mit einer Überraschung auf, denn die zwei recht kleinen Seeteufel-Medaillons waren auf Zitronengras-Stängel gespießt worden.
Sie hatten Röstaromen und waren nicht tot gebraten, sondern noch recht saftig. Auch in Ordnung.
Die Gemüse der Ratatouille waren sehr klein geschnitten und hatten kaum bemerkbaren Eigengeschmack, es dominierten Zwiebeln und zu viel salzige schwarze Olive.
Die Tagliatelle schließlich kamen ordentlich gegart und hatten ein sattes Gelb vom Safran. Mehr davon aber auch nicht.
Vor dem Fleischgang eine cremige Erfrischung in Form von zwei Kugeln Sorbet mit frischer Minze
Während der Sanddorn unerwartet mild blieb, gefiel mir bei der anderen eine leichte fruchtige Bitterkeit. Könnte roter Genever gewesen sein.
Das aufgeschnitten präsentierte Onglet war sehr gut
Zart und strukturiert, kräftige Röstnote. Die reduzierte Jus litt - nicht als erstes Produkt des Abends - unter ihrer kräftigen Salzigkeit.
Und auch bei diesem Gang fielen die Beilagen ab.
Das Gratin war zwar exakt gegart
aber seinerseits zu wenig gewürzt. Insbesondere gegen die Sauce war dann von der leichten Thymian-Note nichts mehr zu schmecken. Das mediterrane Gemüse unterschied sich zwar in der Zusammensetzung leicht von der Ratatouille zuvor. Geschmacklich nichts sagend blieb es. Schade, das Fleisch hätte ausdrucksstärkerer Mitspieler verdient gehabt.
Mit dem Tawny Port auch von Rozes (10,8€) kam zum Abschluss ein Käsegang, der solide und ohne Ausfälle war
Hübsch angerichtet. Nussbrot hat geschmeckt. Nicht falsch, aber arg konventionell die Begleitung durch Weintrauben, Walnüsse, Grissini und fürs Auge Erdbeeren.
Das kann auch das Fazit sein.
Die Saison liefert ein ordentliches Programm ohne Höhepunkte, vermutlich für ein Publikum, das Überraschungen eher weniger schätzt. Gute Produkte stehen neben vernachlässigten Beilagen, auch das ein Evergreen der gehobenen Hotel-Gastronomie. (Weshalb die Ausnahmen umso lobenswerter sind!) Die Leistung rechtfertigt die Preise nicht.
Wer hier einkehrt, macht zwar nichts falsch. Die Alternativen Hadrys und Selma&Rudolph sind aber kulinarisch eine Klasse besser und erst recht preislich angemessener.
denn der Name des Restaurants im Hotel Herrenkrug zwingt ja zu Wortspielereien.
Mein erster Besuch im top-gepflegten Hotel-Ensemble mit angeschlossener Gastronomie im weitläufigen, wunderbaren Park. „Schön, wirklich schön!“ war mein erster Gedanke. Das Innere der teilweise unter Denkmalsschutz stehenden Gebäude kann ebenfalls begeistern, so der historische Eiskeller und die Festsäle. Die Hotelzimmer fallen dagegen ein wenig ab, für das Niveau des Hauses etwas in die Jahre gekommen, eine Renovierung demnächst würde nicht schaden. Auch, dass die Zimmer zur Südseite keine Klimatisierung... mehr lesen
Restaurant Die Saison im Dorint Hotel Herrenkrug ·
Restaurant Die Saison im Dorint Hotel Herrenkrug ·€-€€€Restaurant, Hotel, Biergarten039185080Herrenkrug 3, 39114 Magdeburg
3.5 stars -
"Gute Hauptsaison - schwächere Vor und Nebensaison," DerBorgfelderdenn der Name des Restaurants im Hotel Herrenkrug zwingt ja zu Wortspielereien.
Mein erster Besuch im top-gepflegten Hotel-Ensemble mit angeschlossener Gastronomie im weitläufigen, wunderbaren Park. „Schön, wirklich schön!“ war mein erster Gedanke. Das Innere der teilweise unter Denkmalsschutz stehenden Gebäude kann ebenfalls begeistern, so der historische Eiskeller und die Festsäle. Die Hotelzimmer fallen dagegen ein wenig ab, für das Niveau des Hauses etwas in die Jahre gekommen, eine Renovierung demnächst würde nicht schaden. Auch, dass die Zimmer zur Südseite keine Klimatisierung
Geschrieben am 30.11.2017 2017-11-30| Aktualisiert am
30.11.2017
Besucht am 17.09.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 108 EUR
Da es mir trotz der gut gemeinten Ratschläge aus der Community nicht gelungen war, meinen nächsten Rostock-Termin auf einen Öffnungstag des Albert&Emile oder wenigstens ;-)) des Butt zu legen, mussten Alternativen her.
Der Guide Michelin hält das Fischrestaurant Borwin - nicht nach dem Inhaber, sondern dem Ahnherr des hier einstmals regierenden Hauses benannt - direkt am Yachthafen für zumindest erwähnenswert. Die Adresse Am Strande bezeichnet zum einen die Warnow-Promenade, an der Lokal an Lokal auf Gäste wartet. Zum anderen allerdings auch die hinter den Gebäuden gelegene Ausfallstraße, die vierspurig die Altstadt mit tödlicher Sicherheit vom Hafen trennt. Wobei das fast wörtlich wurde, denn in der hereinbrechenden Dunkelheit hatte ich übersehen, dass auf der Hafenseite eine kleine Mauer die Straße abtrennt. Hei, da konnte der Borgfelder springen, als sich die schmale Lücke im fast steten Strom des Feierabendverkehrs bedrohlich schnell schloss. Im Ernst: Man suche sich einen sicheren Übergang, auch wenn das vom Neuen Markt her kommend einen kleinen Umweg verlangt.
Ich ließ bei ein paar Schritten im Abendlicht
den Adrenalinspiegel wieder sinken und trat dann über den barrierefreien Zugang durch einen heimelig beleuchteten hölzernen Wintergarten ein.
Die Hütte brannte!
Trotzdem wurde ich schnell bemerkt und von einer gestandenen weiblichen Bedienung freundlich-resolut begrüßt. So war Frau Köhler, die mich den ganzen Abend über betreute, schon bei der telefonischen Begrüßung gewesen. Da ich (deutlich) zu früh erschien, war der für mich vorgesehene Tisch mit Aussicht auf den Hafen noch besetzt. Später wurde mir noch ein Wechsel angeboten, sehr löblich. Aber inzwischen hatte ich es mir in der „guten Stube“ mit Omas Sofa, rosa Tapete, Stichen aus alten Zeiten und dem mächtigen Heizkörper schon bequem gemacht
Das Mobiliar ist auch hier hinten allerdings eher einfach. Überwiegend dunkles Holz, keine Decke verbirgt die mächtig abgeschabte Tischplatte und nur ein dünnes Kissen mildert die Härte der einfachen Stühle auf den hellen Dielen. Erst bekam ich ein Kissen, später zog ich auf´s Sofa um. Auf dem Tisch neben dem soliden Besteck eine Stumpenkerze und ein kleines Blumengesteck, Pfeffer- und Salzmühlen, aber auch Bio-Olivenöl und Balsamessig. Beides italienischer Provenienz, wie übrigens auch der Inhaber des Borwin!
Insgesamt ist das Ambiente für mich mit „gediegener Gasthof“ ganz gut beschrieben
Aber auch das "etwas plüschig" von Kollege Stekis würde ich unterschreiben. Der auch von ihm beschriebene Lärm aus dem vorderen Teil des Gebäudes war hier hinten nur noch gedämpft zu vernehmen, später leerte es sich sowieso schnell.
In meinem selbst gesuchten Refugium saß ich allein, aber keineswegs einsam. Im Gegenteil wurde ich von Frau Köhler herzlich und mit Freude und Enthusiasmus betreut. Immer stand mein angenehmer Aufenthalt im Vordergrund. Egal, ob es um die Platzierung des Kissens ging oder um den Wechsel der Beilagen. Mit Lebenserfahrung ausgestattet und nicht auf den Mund gefallen, sorgte sie für einen kurzweiligen Abend. Dabei auch fachlich versiert, vor der Wende noch als Küchenmeisterin ausgebildet, schlossen sich nach Erlangung der Reisefreiheit über den Balaton hinaus Stationen in Irland und Italien an. Eine wahre Perle - Bravo!
Beschwingt von soviel Freude an der eigenen Aufgabe genehmigte ich mir etwas Prickelndes und war positiv überrascht, dass Moët angeboten wurde. Zwar als Piccolo (26€), aber beim unterstellt eher geringen Umsatz an Champagner ist da für mich das Glas halb voll gewesen (wenn auch nicht sehr lange...); zudem war es mustergültig eisgekühlt.
Die leider mit welligen Plastiktaschen versehene Karte hielt kein Menü, aber neben den üblichen Verdächtigen einige Nettigkeiten bereit, so dass ich mit drei gratinierten Austern (9€) starten konnte.
Die Weichtiere waren geschmacklich zurückhaltend, dafür hatte es die Küche mit Spinat, würzigem Käse und einer überraschend leichten Hollandaise zu gut gemeint
Indes war dieser solide Auftakt deutlicher Beweis, dass die Empfehlung des Michelin durchaus berechtigt war.
Zuvor gab es reichlich Bagutte in drei Ausführungen. Leidlich ok, wenn auch schon etwas trocken. Dafür gefiel mir das mutig gewürzte Kräuterpesto gut
Der tolle Südtiroler Sauvignon Winkl von Terlan kam in den Kühler und begleitete mich fruchtig durch den weiteren Abend. Günstige 36,8€.
Der zweite Gang gefiel mir sehr gut. Die dicken Tranchen Lachsfilet hatten einen deutlichen Eigengeschmack und zusätzlich durch eine eigene Gin-Beize Würzigkeit, ohne weichlich im Biss zu sein
Der Bauchlappen war nicht abgeschnitten worden; wie erfreulich für Freunde der gesunden Omega-3 und -6-Fettsäuren. Kräftige frische Kräuter, Meerettichsahne und Brotchips rundeten diesen skandinavischen Teller (10,8€) erfreulich ab. Alles lt. Karte im Borwin selbst gemacht, woran ich keinen Zweifel habe.
Die folgende Fischsuppe
hatte zwar mit ihrer Granat-Einlage einen gewissen nordischen Touch, aber durch die Tomatisierung des kräftigen Fonds und eine schönen Anisette-Note war Südfrankreich nicht weit. Tadellos die reichlichen Fischstücke à point. Nur Rouille fehlte mir, aber es war ja auch „Die Borwin Bouillabaisse“ angekündigt, nicht eine à la Marseille oder Sète.
Als nächsten Gang hatte ich nach längerer Zeit mal wieder in einem Restaurant Labskaus gewählt
Das Ergebnis sagte mir ebenfalls zu. Einerseits sehr klassisch mit gepökelter Rinderbrust hergestellt und somit kräftig fleischig. Andererseits wurde Bärlauch mit verarbeitet, was ich bisher nicht kannte. Es passte aber vorzüglich zu der reichlich verwandten Roten Bete, die für einen erdig-süßen Ausgleich und eine starke Färbung sorgte. Angerichtet wurde im Ring, für mich hätte es etwas fester sein können. Das Setzei war ok. Den üblichen Begleiter Bismarckhering hatte ich gleich abgewählt. Aber die wunderbare Frau Köhler bot solange Alternativen an, bis ich bei
Spickaal meinen Widerstand aufgab. Nicht unbedingt die gewohnte Beilage, aber ein (sehr) fettes Vergnügen.
Einziger kleiner „Mangel“: Der Koch wollte etwas für‘s Auge bieten und garnierte dieses durch und durch norddeutsche Gericht mit Basilikum. Es war gut gemeint.
Das gebratene Dorschfilet als Hauptgang zerfiel wunderbar zart und saftig, hatte eine überwiegend knusprige Haut und wurde mit einem gut gemachten, nicht zu salzigen Schinkensegel serviert
Als Beilage bekam ich auf Wunsch kleine, feine Pfifferlinge mit Tomate und Lauch aus einem anderem Gericht. Der Wechsel war kein Problem. Zu meinem Bedauern war die Portionsgröße nicht meinem 5-Gang-Menü angepasst, so dass trotz der verweigerten Sättigungsbeilage mehr als die Hälfte zurück gehen musste. Was nicht nur wegen der Verschwendung eine Schande ist, sondern auch ob der besten (Dijon-)Senfsauce seit „Menschengedenken“. Natürlich selbstgemacht, wie so vieles in diesem durch und durch überzeugenden Fischrestaurant an der Warnow.
Da es mir trotz der gut gemeinten Ratschläge aus der Community nicht gelungen war, meinen nächsten Rostock-Termin auf einen Öffnungstag des Albert&Emile oder wenigstens ;-)) des Butt zu legen, mussten Alternativen her.
Der Guide Michelin hält das Fischrestaurant Borwin - nicht nach dem Inhaber, sondern dem Ahnherr des hier einstmals regierenden Hauses benannt - direkt am Yachthafen für zumindest erwähnenswert. Die Adresse Am Strande bezeichnet zum einen die Warnow-Promenade, an der Lokal an Lokal auf Gäste wartet. Zum anderen allerdings auch... mehr lesen
Borwin Hafenrestaurant
Borwin Hafenrestaurant€-€€€Restaurant, Partyservice03814907525Am Strande 2 a, 18055 Rostock
4.0 stars -
"Unerwartet ambitionierte Fischgerichte. Empfehlenswert!" DerBorgfelderDa es mir trotz der gut gemeinten Ratschläge aus der Community nicht gelungen war, meinen nächsten Rostock-Termin auf einen Öffnungstag des Albert&Emile oder wenigstens ;-)) des Butt zu legen, mussten Alternativen her.
Der Guide Michelin hält das Fischrestaurant Borwin - nicht nach dem Inhaber, sondern dem Ahnherr des hier einstmals regierenden Hauses benannt - direkt am Yachthafen für zumindest erwähnenswert. Die Adresse Am Strande bezeichnet zum einen die Warnow-Promenade, an der Lokal an Lokal auf Gäste wartet. Zum anderen allerdings auch
Geschrieben am 20.11.2017 2017-11-20| Aktualisiert am
20.11.2017
Besucht am 05.10.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 106 EUR
Nachdem zwei „Kontrollbesuche“ beim Landhaus Hadrys ergeben hatten, dass noch alles im grünen Bereich ist (Sogar die Musikauswahl wurde verbessert!) und Die Saison im Parkhotel Herrenkrug doch deutlich abfiel, war ich neugierig auf ein weiteres, von den Gastroführern zumindest gelegentlich empfohlenes Restaurant in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts.
Eine gleichtägige telefonische Reservierung (wie sich später heraus stellte beim Patissier) war problemlos. Kein Wunder, am Donnerstagabend verirrten sich nach und nach sieben Gäste ins Selma&Rudolph. (Vom Nebentisch hörte ich denn auch ein ironisches: „Voll wie immer...“) Natürlich wird auch hier das Geld mit Veranstaltungen und Caterings verdient, wie Chefkoch Dirk Warras bei der freundlichen Verabschiedung erzählte. Zusätzliche Hürde war sicher auch Sturmtief Xaver gewesen, das kaum zwei Stunden früher über Nord- und Mitteldeutschland gefegt war. Auf dem gut halbstündigen Fußmarsch vom Bahnhof konnte ich mich von der elementaren Gewalt überzeugen und noch am nächsten Tag auf einer Taxifahrt von Magdeburg nach Bremen über die Anfälligkeit der modernen Logistik sinnieren...
Selma Rudolph war der Name der weiland reichsten Magdeburger Unternehmerin, in deren bombastischer Gründerzeitvilla nach umfangreicher Renovierung (wieder) das Haus des Handwerks residiert. Schon zu DDR-Zeiten gab es hier ein bekanntes Hotel und im Souterrain eine Restauration. Davon berichten alte Rechnungen und andere Erinnerungsstücke, die in Schaukästen im schönen Foyer und auf dem Weg zu den untadeligen Toiletten etwas über die Geschichte des Hauses erzählen.
Für große Empfänge ist die beeindruckende Rotunde vorgesehen, für Gesellschaften ein Kabinett. Zum à-la-carte-Restaurant führen ein paar Stufen vom Straßenniveau hinunter durch eine schmiedeeiserne Pforte und den Garten. Man speist also im Souterrain. Hinter dem früher wohl den Dienstboten und Lieferanten zugewiesenen Nebeneingang öffnet sich kleines Foyer mit Empfang. Ich wurde höflich willkommen geheißen, mein Mantel verschwand im Wandschrank und ich durfte mir einen Tisch aussuchen. Da der Platz im Erker bereits besetzt war, wurde es ein Ecktisch mit gutem Blick durch den sechseckigen Raum und in Nähe zu den Weinkühlern. Die erst einige Jahre zurück liegende Sanierung im Wert von angeblich 10 Millionen Euro ist deutlich zu spüren. Der Raum ist deckenhoch in warmem Kirschholz verkleidet. Aus demselben Holz die mit lindgrünem Stoff bezogenen Stühle und Bänke. Dazu ganz klassisch eingedeckte Tische, die recht eng stehen, was bei der überschaubaren Gästezahl aber kein Problem ist. Trotz der nur wenigen Fenster im Erker und der recht niedrigen Decke fühlt man nicht erdrückt. Dazu tragen ein paar Spiegel und nur sparsam eingesetzte Fotografien aus alten Zeiten bei. Aber genauso die Decken- und die vielen Wandlampen im art-decó-Stil und das indirekte Licht im umlaufenden, abgehängten Deckenkranz. Und sicherlich der helle, moderne Fußboden, von dem ich mir nur sicher war, dass es kein Marmor oder anderer Naturstein ist. Und auch kein Kunststoff, dazu ist er zu kühl, wie in schnelles Abtauchen mit sensorischer Prüfung ergab (Ja, gebt es mir...). Aber elfenbeinfarben und rosa, hochglanzpoliert und völlig ohne erkennbare Struktur außer offenbar gewollten „künstlerischen“ Schlieren. Erst dieses Internetz klärte mich später über die vielfältigen Möglichkeiten zementgebundener Böden, Spachtelmassen mit Schmuckkörnern („Zuschlagstoffe“) und Hochpoliertechniken auf. Mich hat das optische Ergebnis durchaus überzeugt. Ein Blick in das Kabinett bestätigt den Eindruck. Der dort verlegte Velours-Teppichboden greift den grünen Stoff der Sitzmöbel auf und ist damit too much: Puppenstube im 80er-Design.
Trotzdem: Hier ist mit zeitgenössischen Materialien und Techniken ein konservatives, bürgerliches Ambiente entstanden, quasi die gegenreformatorische Antwort auf protestantisch-kühle Designer-Tempel.
Kann man mögen, muss man nicht.
Umso wichtiger, dass Gäste nicht in altmodischer, steifer Manier, sondern freundlich und offen empfangen werden.
Im Großen und Ganzen gelang das dem Service auch. Herr Warras ist ein Koch mit Leib und Seele, der gerne Auskunft über Speisen und deren Zubereitung gab.
Unterstützung bekam der Chef von einer jüngeren Dame vom Fach, die ihre Aufgaben hoch konzentriert, zügig und fehlerlos (Garderobe, Fehlanzeigen der Karte, rechtzeitige Nachfragen) versah. Allerdings auch, ohne ein Wort oder einen Blick zu viel zu verlieren. Schnell dahin - schnell davon! schien das Motto am Tisch zu sein. Irgend wann sprach ich sie darauf an und erfuhr, dass sie nach 12 Jahren in Salzburg erst seit zwei Tagen wieder in der Heimat sei. Dass da der Fokus zunächst auf den Abläufen lag, ist verständlich. Auch wenn das souveräne Geplauder mit den Gästen wohl nie ihr Steckenpferd wird. Passt aber zu meinen allgemeinen Erfahrungen mit dem Dienstleistungssektor in Magdeburg, der gelegentlich den MITROPA-Ton nicht ganz unterdrücken kann. Daran gemessen war es hier angenehm, zumal sich auf meine Bitte noch Sous-Chef und Patissier Tim Böttcher trotz Feierabend an meinen Tisch setzte und ein paar Fragen zum Dessert beantwortete.
Die Weinberatung von Herrn Warras war an meinen Vorlieben, nicht am Deckungsbeitrag orientiert. Statt hochpreisigem Weißen aus dem Burgund kam ein 2011er Chardonnay aus dem Columbia Valley ins Glas, der mir mit Barrique-Note, aber einem nicht zu vollem Körper gut gefiel. Ebenso die dafür in Rechnung gestellten 32,5€.
Die angenehme Preisgestaltung setzte sich mit 3,9€ für einen Martini bianco als Aperitif und 4€ für einen Moscatel mit schönem Rosenbukett als Dessertbegleiter fort.
Begonnen hatte der Abend mit hausgemachtem angenehm lockerem Mischbrot mit Anis und Kümmelnoten. Der begleitende Kräuterquark
schmeckte stark nach Dill und gehörte zu der von mir wenig geschätzten sehr festen Fraktion. Er wurde schnell gegen Butter und Maldonsalz
ausgetauscht.
Aus der teilweise überraschend rustikalen Karte („Selma‘s Handwerkeressen“) stellte ich mir eine kleine Speisebegleitung zum Wein zusammen:
Anti Pasti mit Speck
Rinderconsommé mit Leberknödel
Vegetarische Frühlingsrolle mit Mango und Linsencurry
Variationen vom Bachsaibling
Schweinerücken „Strindberg Art“
Gebrannte Vanillecreme mit Weinbergpfirsich und Lavendelblüteneis
Ich bat darum, die Portionen - wo möglich - auf Menü-Größe anzupassen, was der Küche gelang. Das ist leider nicht immer der Fall und verdiente schon mal ein Lob.
Als weiteren Appetithappen bekam ich eine lockere Wildschwein-Terrine, die von Rosenkohl, schwarzer Walnuss, Cranberry und Holunder geschmacklich und thematisch sehr passend begleitet wurde.
Angerichtet auf einem Strich Pumpernickel-Honig-Masse sah das Ganze auch ausnehmend gut aus. Ein toller Beginn, den ich nicht erwartet hätte! Dafür lebe ich dann gern mal meine persönliche Hassliebe zu klebrig-harten Schwarzbrot-Krümeln in den Backenzähnen aus.
Auch die Vorspeise zum Menü-Einstieg war eine Schweinerei, aber eine ganz andere.
Fetter Bauch vom regionalen Borstenvieh war mit Salz und einem Kräuter-Rub versehen und für 4 Monate bei 0,5 Grad in den Eiskeller der Villa gehängt worden. Das Ergebnis war ein famoser Speck nach Lardo-Art. Salzig, ohne zu beißen und die Kräuter schmeckten immer wieder deutlich durch. Mit den Brot-Chips einfach fingerlickin‘ good! Confierte Tomate, leicht warme Paprika, Zucchino mit schönem Röstaroma, Aubergine, Pesto und schließlich Erde von schwarzen Kalamata-Oliven sorgten für eine ebenso vielseitige wie harmonische, mediterrane Schmackigkeit
Aus-ge-zeich-net!
Auch die Suppe hat mir sehr gut gefallen.
Eine dunkle Consommé, aber eine von bestem Handwerk. Lt. Herrn Warras auf drei Kilo Fleisch gekocht und nochmal mit der gleichen Menge geklärt. Das war am Gaumen ebenso zu schmecken wie auf den Lippen zu spüren. Intensiv hoch zwei! Was ebenso für die Leberknödel galt: 70% vom namensgebenden Produkt, dazu Rindfleisch, zur Bindung altbackenes Brot, die gewolfte Masse u. a. mit Thymian und Majoran gewürzt und einen Tag durchziehen lassen.
Das Ergebnis bestach durch Lebergeschmack, Lockerheit und angenehm pikante Würzigkeit.
Große Klasse!
Aus der kleinen Auswahl vegetarischer Gerichte wählte ich die Frühlingsrolle. Als Menü-Größe wurde nur eine schräg geschnittene Hälfte serviert.
Der Teig war überaus knusprig, das ist für mich immer ein Pluspunkt. Auch positiv, dass kein Eigengeschmack des Öls irritierte. Die Füllung mit Licht und Schatten. Konnten die nicht zu schlabberigen Glasnudeln und die Zuckerschoten noch überzeugen, störte eine spitze, undefinierbare Säure die Harmonik. Mango konnte ich beim besten Willen nicht erkennen. Dass das besser geht, bewies die Küche mit dem fruchtigen Kalamansi-Schaum, der das Curry von festen Linsen und deutlichem Kreuzkümmel schön ergänzte. Den süßlichen Mitspieler Pastinakencreme hätte es für mich nicht gebraucht, war aber auch kein Ausfall. Der lag vielmehr mit nicht ausgereiften, absolut geschmacklosen Aprikosen auf dem Tisch. Was soll denn das? Wenn es eine bestimmte Ware jahreszeitlich oder wetterbedingt nicht in vernünftiger Qualität gibt, dann ersetzt sie oder lasst sie weg! Optisch war der Teller doch auch so gelungen, u.a. durch die Kleeblüten. Licht und Schatten wie häufig bei vegetarischen Gerichten, die nicht im Fokus der Küche stehen.
Der Fischgang kam in Form von drei leicht erwärmten Filets vom Bachsaibling.
Abwechslung erfreut. Hier kam der Süßwasserbewohner zum einen mariniert auf warmen Fenchel mit Wachtel-Spiegelei. Vielleicht einen Tick zu salzig, jedenfalls für meinen Geschmack.
Zum zweiten knusprig auf der Haut gebraten mit den Blättern vom bunten Mangold und sehr präsentem Knoblauch. Diese Spinatabwandlung war mir einen Tick zu kurz geschwenkt worden und dadurch noch recht hart. Aber das Risiko, dass die Blätter durch zu lange Garzeit matschig werden, ist natürlich groß.
Am besten gefiel mir die gebeizte Variante auf den roten Stängeln des Mangolds mit ihrer süßen, an Wacholder erinnernden Würzigkeit. Eingelegte Senfsaat bot bei allen drei Kombinationen eine interessante Ergänzungsmöglichkeit.
Vor dem Fleisch wurde im eisgekühlten Glas Brombeersorbet angeboten, begleitet von Minze nebst Heidel- und Johannisbeeren, die mit Russian Standard parfümiert waren.
Die leichte Bitterkeit und Schärfe ist für mich immer eine tolle Ergänzung zur säuerlichen Frucht.
Gut erfrischt erwartete ich die zweite Schweinerei des Abends: Ein Rückenstück unter Schalotten-Senf-Kruste.
Im Selma&Rudolph wird Fleisch von bäuerlichen Erzeugern aus der Region verwendet, genannt „Börde-Schwein“. Eine spezielle Rasse steckt wohl nicht dahinter. Das Fleisch sehr fest, ohne trocken zu sein. An sich natürlich ein Qualitätsmerkmal, war es mir fast zu hart. Zudem hätte ich intensiveren Geschmack erwartet. So stand die süße Schärfe der Auflage im Vordergrund, zu Recht ein Klassiker. Auch die glasierten gelben und roten Beten gefielen, der Lauch kam leicht angeröstet und als Mousseline solide daher. Das mit Spinat gefärbte Korallensegel war ein handwerklich gut gemachter Hingucker. Ein zwar nicht begeisternder, aber sehr guter rustikaler Teller.
Blieb noch das abschließende Dessert.
Die Crême brulée war geschmacklich und handwerklich gelungen und passte gut zum cremigen Lavendeleis. Da sie laut Herrn Böttcher frisch überflämmt worden war, stand sie wohl leider zu lange am Pass und somit kalt geworden. Auch hier eine ansprechende Präsentation und mit KLZZ (Kakaoläuterzuckerzungen) als weiteres Gimmick.
Für das Ragout aus Weinbergpfirsichen galt erneut: Alles zu seiner Zeit!
Auch, wenn sich auf manchem Teller die eine oder andere (undramatische) Schwäche offenbarte: Am äußerst positiven Eindruck, den ich vom kleinen Team des Selma&Rudolph gewinnen konnte, ändert das nichts.
Klare Empfehlung!
Nachdem zwei „Kontrollbesuche“ beim Landhaus Hadrys ergeben hatten, dass noch alles im grünen Bereich ist (Sogar die Musikauswahl wurde verbessert!) und Die Saison im Parkhotel Herrenkrug doch deutlich abfiel, war ich neugierig auf ein weiteres, von den Gastroführern zumindest gelegentlich empfohlenes Restaurant in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts.
Eine gleichtägige telefonische Reservierung (wie sich später heraus stellte beim Patissier) war problemlos. Kein Wunder, am Donnerstagabend verirrten sich nach und nach sieben Gäste ins Selma&Rudolph. (Vom Nebentisch hörte ich denn auch ein ironisches: „Voll... mehr lesen
4.5 stars -
"Klasse Klassik in Magdeburg!" DerBorgfelderNachdem zwei „Kontrollbesuche“ beim Landhaus Hadrys ergeben hatten, dass noch alles im grünen Bereich ist (Sogar die Musikauswahl wurde verbessert!) und Die Saison im Parkhotel Herrenkrug doch deutlich abfiel, war ich neugierig auf ein weiteres, von den Gastroführern zumindest gelegentlich empfohlenes Restaurant in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts.
Eine gleichtägige telefonische Reservierung (wie sich später heraus stellte beim Patissier) war problemlos. Kein Wunder, am Donnerstagabend verirrten sich nach und nach sieben Gäste ins Selma&Rudolph. (Vom Nebentisch hörte ich denn auch ein ironisches: „Voll
Geschrieben am 05.11.2017 2017-11-05| Aktualisiert am
05.11.2017
Besucht am 06.09.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 45 EUR
Am Abend vor einer anstrengenden mehrtägigen Veranstaltung stand mir der Sinn ausnahmsweise nicht nach einem großen Menü. Aber Weinstube und Restaurant Habel am Roseneck hatte mich schon im letzten Jahr interessiert, da die Karte deutsche Küche mit Niveau versprach. Und auch das gleichnamige Weinhaus Habel am Reichstag konnte ja Lavandula und mich durchaus überzeugen. Beim späteren Gespräch mit dem Inhaber stellte sich heraus, dass es keine geschäftlichen Verbindung gibt. Sondern nur eine Freundschaft mit dem Inhaber der Namensrechte, der damals auch noch selbst die Innenstadtgastronomie betrieben habe.
Auf der langen Anfahrt vom Hauptbahnhof nun also kurz entschlossen telefonisch aus dem Taxi reserviert. Was auch notwendig war, denn zumindest das kleine Restaurant füllte sich im Verlauf des Abends bis auf den letzten Platz. Zugang entweder vom Hohenzollerndamm durch die Weinstube, in der dunkles Eichenholz und wohlsituierte Liebhaber von Wein und Bier dominieren. Oder durch den Garten und eine verglaste Terrasse. In diesem recht niedrigen hinteren Teil oder Anbau geht es auf dem Eichenparkett zwar auch rustikal zu, aber mit Stil. Weiße Stores vor den Fenstern, Solide Holzstühle und Bänke mit kunstledernen cremefarbenen Sitzpolstern. An den leicht abgetönten Wänden viele Fotografien, aber auch ein großer Spiegel, der dem Raum gut tut. Zwei weiße Tischdecken liegen auf, dazu vernünftiges Besteck und zunächst nur feste Papierservietten. Auf Wunsch erhalte ich vom Chef welche aus Stoff, mit der ein Nachbartisch schon eingedeckt ist. Salzstreuer und Pfeffermühle, ein paar frische Blumen und eine Kerze im Ständer vervollständigen das Gedeck. Kein high-end, aber mit Sinn für Ästhetik ausgewählt. Insgesamt ein Raum, in dem man sich wohlfühlen kann. Dazu darf man nur keine Berührungsängste haben, denn die Tische stehen so eng, dass man zwingend an den Gespräche der Nachbarn teilhaben muss. Stört hier aber keinen, die meisten Besucher sind offenbar Stammgäste und viele kennen sich auch untereinander. Keiner ist unter 50, im Gegenteil hier ist hohe und höchste Lebenserfahrung versammelt, Paare, Freunde, Mutti und Sohn. Man ist in Schmargendorf, wär aber gern in Grunewald...
Ich lehnte mich zurück, süffelte entspannt meinen Crêmant aus dem Burgund (9,5€/0,2l) und gab mich der angenehmen Atmosphäre und dem Stimmengewirr hin.
Wenig später wache ich im Jahr 1988 auf. Mitte und Prenzlauer Berg sind jetzt in etwa so weit weg wie Timbuktu. Ausnahmslos alle berlinern, was das Zeug hält. Und wirklich ALLES ist sch..., und wirklich JEDER hat absolut keine Ahnung von nüscht, außer vielleicht er sitzt am eigenen Tisch. Ich hätte nicht geglaubt, dass ein solches Biotop des alten West-Berlin überlebt hat... Tief fasziniert lausche ich - fast den ganzen Abend über der einzige Fremde - den Gesprächen hier im Kiez tief im Westen. Skurril die minutenlangen Überlegungen, wie denn früher im Osten „dit Ragu feng jeheißen“ hat. Irgendwann wird der Zwang übermächtig und es bricht lauter als beabsichtigt aus mir heraus: WÜRZFLEISCH!
Gut, dass gerade die Dame im mittleren Alter, die heute den Chef im Restaurant-Service unterstützt, nach meinen weiteren Wünschen fragte. Sie arbeitete erst seit einigen Tagen im Habel und war daher wohl stressbedingt ein wenig zerstreut. Aber flott, patent und höflich. Wie das Lokal, mit Stil eben. Nach der Zufriedenheit wird ebenso rechtzeitig gefragt, wie nach weiteren Wünschen.
Die Karte ist übersichtlich, von außen hochwertig, aber die Plastikhüllen innen fallen doch deutlich ab. Immerhin hätte es keinen Grund zum Einsatz des mir immer noch fehlenden Desinfektions-Pens gegeben, wie überhaupt keine Mängel in der Sauberkeit vorlagen.
Als Vorspeise das Rindertatar (12,5€/kleine Portion), das war schnell klar. Tagesangebot waren nicht ganz so ur-deutsche Spareribs frisch aus dem Ofen. Ich schwankte lange, ob ich nicht doch die Rinderroulade nehmen sollte. Aber manchmal müssen es eben Rippchen aus der Hand sein! Wohl die richtige Entscheidung, denn später beschwerte sich der Filmschaffende vom Nebentisch über das etwas zu zähe Rouladen-Fleisch. Aber der wird ja auch von seiner Frau gedemütigt und deshalb demnächst eine Dummheit begehen. Es sei denn, sein Agent, dem das ganze Unglück ausführlich berichtet wird, kann es noch verhindern.
Der Riesling Gutswein von Karl Pfaffmann (6€/0,2l) rettete zumindest mich.
Die angemessene Wartezeit wurde mit etwas Brot überbrückt, die Mischvariante gefiel. Dazu ein nicht allzu fester Kräuterquark; ein besserer Vertreter seiner häufig anzutreffenden Zunft
Die Vorspeise konnte überzeugen
Auf frischem, kräftigem Schwarzbrot ein (leider) gewolftes, kräftig gewürztes Tatar, bei dem schon ein Eigelb durchgezogen war. Die so entstandene cremige Konsistenz war angenehm. Wozu auch eingearbeitete rote Zwiebelwürfel bei trugen, die für Biss sorgten, sowie die reichlichen Kapern. Dazu noch ein Gurkenfächer. Das kleine Salatbukett u. a. mit Paprikawürfeln und einem hellen Dressing auch nicht schlecht.
Auch die Rippchen waren sehr gut
Das Fleisch löste sich leicht vom Knochen, hatte aber noch Struktur. Die Barbecue-Sauce sicher selbst gemacht, nur leicht süß, im Vordergrund Rauch und dazu Würzigkeit wie vielleicht bei einer Currywurst. Zur heißen weichen Ofenkartoffel, der ein Raucharoma gut getan hätte, gab es eine gegenüber dem Quark weiter verbesserte, lockere sour cream mit frischen Kräutern.
Fazit:
Gehobene „Hausmannskost“ in ansprechender Umgebung. Das Publikum ist sowieso der Knaller. Gern wieder, wenn es mit Anspruch, aber nicht der ganz große Sport sein soll. Dann ist die Roulade aber fällig!
Am Abend vor einer anstrengenden mehrtägigen Veranstaltung stand mir der Sinn ausnahmsweise nicht nach einem großen Menü. Aber Weinstube und Restaurant Habel am Roseneck hatte mich schon im letzten Jahr interessiert, da die Karte deutsche Küche mit Niveau versprach. Und auch das gleichnamige Weinhaus Habel am Reichstag konnte ja Lavandula und mich durchaus überzeugen. Beim späteren Gespräch mit dem Inhaber stellte sich heraus, dass es keine geschäftlichen Verbindung gibt. Sondern nur eine Freundschaft mit dem Inhaber der Namensrechte, der damals... mehr lesen
Habel am Roseneck
Habel am Roseneck€-€€€Restaurant, Cafe0308261260Hohenzollerndamm 93, 14199 Berlin
4.0 stars -
"Go West! Zurück in die Zukunft..." DerBorgfelderAm Abend vor einer anstrengenden mehrtägigen Veranstaltung stand mir der Sinn ausnahmsweise nicht nach einem großen Menü. Aber Weinstube und Restaurant Habel am Roseneck hatte mich schon im letzten Jahr interessiert, da die Karte deutsche Küche mit Niveau versprach. Und auch das gleichnamige Weinhaus Habel am Reichstag konnte ja Lavandula und mich durchaus überzeugen. Beim späteren Gespräch mit dem Inhaber stellte sich heraus, dass es keine geschäftlichen Verbindung gibt. Sondern nur eine Freundschaft mit dem Inhaber der Namensrechte, der damals
Geschrieben am 29.10.2017 2017-10-29| Aktualisiert am
29.10.2017
Besucht am 18.05.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 68 EUR
Der traurige Monat November naht, und der Wind reißt bei uns im Norden schon sehr kräftig von den Bäumen das Laub. Da tun ein paar Frühlings-Erinnerungen gut:
Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt vom wenigen Straßenverkehr auf dem Kopfsteinpflaster. Dass eine Lieferantin vor den Außenplätzen hielt, statt sich einen Parkplatz zu suchen, war nicht nett, aber noch nachvollziehbar; der minutenlang laufende Motor ganz sicher nicht.
Die Ausstattung entspricht dem hohen Anspruch des Bülowpalais.
Die u. a. durch große Blumenkästen im Rostlook abgegrenzte Fläche mit Kunststoffboden ist aufgebockt. Das vermittelt „Überblick“. Eine Rampe für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen habe ich nicht wahrgenommen; sie mag angelegt werden können. Das Mobiliar aus Metallguss und groben Kunststoffflechtwerk vermittelt einen soliden Eindruck. Im positiven Sinne überraschend bei einer Außengastronomie sind die komplett eingedeckten Tische.
Sauberkeit trotz Außenplätzen mustergültig.
Der Service wird weitgehend von drei jungen Menschen in oder gerade nach der Ausbildung gewuppt. Alle fielen durch Engagement und Freundlichkeit, gepaart mit einem schon guten Wissensstand auf. Kleinere Vergesslichkeiten werden hoffentlich mit zunehmender Routine überwunden. Bezeichnend, dass der einzige Misston von einer Fachkraft oder gar Restaurantleitung (Bistro) kam, die auf eine (allerdings ungerechtfertigte) Kritik zickig antwortete.
Als Durstlöscher war mir der angebotene, gut gekühlte Traubensecco (4€) gerade recht. Zum erbetenen Leitungswasser wurden Eiswürfel offeriert.
Die Gerichte aus dem Spargelmenü und aus der regulären Abendkarte konnten ohne weiteres kombiniert werden. Lob für diese Flexibilität der Küche.
Ich entschied mich für
- Salat von konfierter Kaninchenkeule und Spargel mit Macadamianuss (10,5€)
- Ceviche von der Gelbflossenmakrele mit Avocado und Limette (12,5€)
- Spargel mit Sc. Hollandaise, Butterkartoffeln und zweierlei Schinken (26€)
- Rhabarber, Quark und Sauerampfer (9€)
Dreierlei Brote wurden aufgetischt, waren frisch und geschmacklich unterscheidbar. Dazu eine vorbildlich streichfähige Butter und eine angenehm gekühlte Olivencreme mit starkem Aroma. Gut!
Ich bin kein großer Freund von Salaten, allzuoft ergänzen sich die Komponenten nicht, sondern gleiten in ein undefiniertes Einerlei ab. Nicht so hier! Das zarte und durch das Konfieren saftige Fleisch des possierlichen Hopplers verband sich ideal mit dem knackigen Spargel und den gehobelten Edelnüssen in einem leicht süßen Grundgeschmack.
Gleichzeitig waren die Zutaten gut erkennbar. Etwas Zwiebelgrün und Radieschen sorgten zudem für Frische und Biss. Ein perfekter Frühlingssalat. Irritierend nur die Kirschtomaten. Meine provokante Vermutung, dass hier etwas Farbe ins helle Einerlei kommen sollte, wies Chef Biedlingmaier, der sich wieder die Zeit für ein Gespräch nahm, gewohnt sympathisch zurück. Um die fruchtige Säure sei es gegangen. Okaaaay... Dann waren die Tomaten aber zu grob geschnitten. Das deckte die milden Aromen völlig zu und es ist ja nicht Aufgabe des Gastes, erst ein ausgewogenes Verhältnis der Zutaten herzustellen - allemal in einem Salat. Und böten sich Mitte Mai nicht schon elegante Scheiben einer Erdbeere an? Egal, ich ließ die roten Halbkugeln einfach auf dem Teller zurück und freute mich auf den nächsten Gang.
Der peruanische Klassiker Ceviche vom Hamachi war diese Saison schwer angesagt und auch für mich zur Erfrischung häufiger auf dem Teller.
In Dresden kam ein Referenzprodukt auf den Tisch!
Das Makrelenfleisch in dünne Streifen geschnitten und daher durch die Beize recht weich; das ist bei rohem Fisch Geschmackssache. Jedenfalls war das Säurespiel perfekt. Immer wenn ich dachte, jetzt beißt es zu, setzte sich die Frucht der Limone durch. Mit Chili und roten Zwiebeln kam etwas Schärfe ins Spiel, die von der süffigen, glatten Avocadocreme gut eingebunden wurde. Für Crunch sorgte das frittierte Stroh von der Süßkartoffel. Was ich sehr intelligent fand, denn so verwies selbst das Topping in die Heimat des Gerichts nach Südamerika! Und für das Auge gab es kräftige Farben. Bravo, Herr Biedlingmaier!
Eigentlicher Grund für den Verzicht auf Sterneküche war jedoch mein unbezähmbarer Appetit auf frischen deutschen Spargel! Nach drei Wochen Ami-Küche verständlich, aber eigentlich geht mir das jedes Jahr so...
Umso ärgerlicher, dass sich die Wartezeit im Bistro immer länger hinzog. Keine Ahnung warum, wurde auch nicht erklärt. Schien aber nicht nur Schuld der Küche gewesen zu sein, denn als endlich serviert wurde, war die Ware aus dem Spreewald nur lauwarm. Nee, wenn schon, denn schon! Der Teller ging zurück und nach erneuter, für sich genommen nachvollziehbarer Wartezeit kamen auf heißem Porzellan exakt gegarte Stangen mit frisch aufgeschlagener Hollandaise und Butterkartoffeln
Einfach. Köstlich. Einfach köstlich. Dazu zweierlei Schinken
Der geräucherte nussig-mild. Die gekochte Variante irritierte mit, wie sollte es hier anders sein, säuerlicher Note. Auf Nachfrage wurde auf den speziellen Thymian-Rub des Metzgers verwiesen.
Zur Garnitur von mir übrigens kein weiteres Wort!
Mangels Silvaner im Angebot stimmte ich mal wieder einem empfohlenen Grünen Veltliner (6,5€) zu. Schmeckte mir immer noch nicht. Muss mehr auf HB aus H hören...
Die Spargel-Portion war klein (und dafür zu teuer; vielleicht versehentlich der à-la-carte-Preis?), passte aber im Menü ganz gut, denn ausnahmsweise hatte ein Dessert mein Interesse geweckt. Der Schwabe am Herd blieb seiner Linie mit einem mit Quark geschichtetem Rhabarber-Granité treu
Dessen Säure aber sowohl vom süßen Crumble aufgefangen, als auch von einem Wildkräuterpesto herb-würzig-scharf ergänzt wurde. Eine spannende Komposition, die einen erfrischenden Abschluss des in mancherlei Hinsicht sonnigen Abends bildete.
Auch für Bülows Bistro gilt: Benjamin Biedlingmaier ist ein Chef mit spannenden Einfällen, die trotzdem ganz weit weg von verkopften Ideen bleiben. Hier macht sauer in der Tat lustig.
Der traurige Monat November naht, und der Wind reißt bei uns im Norden schon sehr kräftig von den Bäumen das Laub. Da tun ein paar Frühlings-Erinnerungen gut:
Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt... mehr lesen
4.5 stars -
"Klare Handschrift - gute Leistung" DerBorgfelderDer traurige Monat November naht, und der Wind reißt bei uns im Norden schon sehr kräftig von den Bäumen das Laub. Da tun ein paar Frühlings-Erinnerungen gut:
Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt
Geschrieben am 13.10.2017 2017-10-13| Aktualisiert am
14.10.2017
Besucht am 04.08.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Nach meiner Premiere in Rostock war ich nun auch das erste Mal in Halle (Saale), hier aber bei sonnigem, wenn auch windigem Wetter. Im Altstadtkern stehen mehr Bausünden als erwartet, aber das 5-Türme-Panorama von Rotem Turm und Marktkirche ist schon pittoresk. Und vom Westportal sind es nur wenige Schritte zum ausgewählten Ort der abendlichen Gaumenfreuden.
Sternerestaurants sind ja in ganz Sachsen-Anhalt Fehlanzeige und auch sonst halten sich die einschlägigen Führer mit Empfehlungen stark zurück. Mit gelegentlichen Unterbrechungen wird aber MahnS Château im ehemaligen Umspannwerk auf dem Hallmarkt erwähnt. Und in der Tat könnte die wuchtige Architektur
auch als Schloss oder besser Trutzburg durchgehen. Der Standort ist gut gewählt. Nach vorne ein kleiner Platz mit dem Drachenbrunnen. Und von der Terrasse hat man einen weiten Blick über den langen Marktplatz mit seinen fein renovierten Gründerzeitfassaden. Trotz stürmischer Böen habe ich hier lange verweilt und fasziniert die wechselnden Lichtverhältnisse von der Abendsonne bis zum Vollmond genossen
Das Außenmobiliar unter den großen Sonnenschirmen mit Brauerei-Werbung ist eher einfach, Alutische mit Holzimitat, auch die Stühle sind aus dunklem Metallrohr mit grobem Kunststoff-Flechtgewebe. Das gar dünne Sitzkissen konnte ich mit einem beherzten Griff zum Nachbarstuhl verdoppeln. Immerhin liegt reelle Tischwäsche auf und das Besteck ist solide. Die sparsame Deko tat als Sicherung der Tischdecke gute Dienste
Drinnen geht es hochwertiger zu.
Der Raum ist dreigeteilt. Für Gruppen gibt es eine Empore. Der vordere Bereich ist für den Mittagstisch gedacht.
Auf dem dunklen glatten Fußboden stehen (nur jetzt am Abend?) blanke Holztische, auch lange Tafeln. Davor in Details unterschiedliche, helle Holzstühle. Hier soll unkompliziert geschmaust werden.
Hinter mächtigen neo-romanischen Steinbögen
liegt der Gourmetbereich. Auf dem Parkett dunkles Holzmobiliar, die Tische weiß eingedeckt. Bunte Blümchen setzen einen angenehmen Farbakzent. Interessant anzusehen die lange Bank aus Holzlatten unter einem großen Spiegel. Das passt gut zum hellen Mauerwerk und schafft doch eigene Akzente
In allen Bereichen bis hin zu den Toiletten
ist moderne Kunst sparsam, aber effektvoll eingesetzt. Das gilt auch und besonders für die Lampen. Frau Mahn, die Mutter des Küchenchefs klärte mich auf, dass die Innenraumgestaltung in enger Zusammenarbeit mit der Kunsthochschule Burg Giebichenstein erfolgte, deren meist zugereiste Professoren ebenso wie solche der Universität einen Teil der Stammkundschaft ausmachten. Auch Touristen würden häufig kommen, insofern begrüße man das neu eröffnete Hotel vis-a-vis des Platzes sehr. Den Einheimischen fiele es schon schwerer, hier einzukehren, was etwas mit der Wirtschaftskraft zu tun habe. Nachdem man jahrelang den Mittagstisch mit Suppe und Dessert angeboten habe, gebe es seit letztem Jahr zum unveränderten Preis nur noch das Hauptgericht. Sofort sei der Besuch um über ein Viertel zurück gegangen. Man könne auch nicht mehr das Menü auf der Homepage veröffentlichen. Wettbewerber hätten gleichlautende Gerichte mit einfacheren Produkten billiger angeboten, worauf sich Gäste bei Mahns beschwerten.
Es scheint nicht einfach zu sein für hochwertige Gastronomie in Halle (Saale).
Wobei das nach der Leistung dieses Abends für mich völlig unverständlich ist.
Neben Frau Mahn umsorgt mich ein junger Mann, der sicher zum pfiffigsten gehört, das mir seit langem unter gekommen ist. Authentisch freundlich, offen, interessiert, aufmerksam, flink, vor allem mit- und vordenkend, was die Zufriedenheit des Gastes betrifft. Zudem schon mit einigem Produktwissen und den Anforderungen an gehobenen Service vertraut, auch wenn das zweite Gedeck nicht ausgehoben wird. Dafür war die Weinberatung engagiert und mit Überlegung. Umso erstaunlicher, dass der junge Mann bisher nicht vom Fach ist, sondern wunderbar angelernt. Und wie erfreulich und überaus passend, dass er gerade sein Studium abbricht, um Restaurantfachmann zu werden. Nach einem Bericht der Regionalzeitung im Netz offenbar nicht der Erste. Famose Leistung, vielen Dank dafür!
Alexander Mahn, setzt einen Schwerpunkt auf Kobe-Beef, das auch als einziges Menue des Hauses angeboten wird. Mir stand der Sinn nach Kreativerem und ich wählte daher à la carte. Kein Problem, die Größe der Gänge wurde angepasst. Zudem verlässt man sich nicht nur auf die heimischen Erzeuger und auch nicht auf (wenige) bekannte Winzer wie Proschwitz, Tesch oder Pfaffmann. Statt Urlaub machen Mahns Einkaufsreisen, von denen sie Produkte und Weine mitbringen. Die letzte Tour ging in die Provence, wie schön.
Beim Stöbern durch die Karte ließ ich mir den empfohlenen leichten Rieslingsekt von der Unstrut schmecken. Derweil grüßte die Küche mit einem feinem Probierlöffel
Gebeizter Hirschschinken mit Rotweinzwiebeln. Wunderbar austariert, erst die Zwiebeln mit Biss und Rotweinaroma, gegen die der Schinken aber natürlich gut bestehen kann. Erst fast mild, setzt sich zuletzt Salz und Wildgeschmack intensiv durch. Nicht alltäglich, mit Nachdenken kreiert und exakt ausgeführt, so soll es sein.
Ich startete mit einer angenehm cremigen Entenleber, die - neu für mich - mit sehr dunkler Valrhona-Schokolade geschichtet war
Die leicht salzige, feine Bitternote gefiel mir erst gut, trat aber nach und nach zu sehr in der Vordergrund. Da taten die Variationen der reifen Aprikosen vom Markt in Apt mit ihrer süßen Frucht gut. Trotzdem blieb bei dieser an sich klugen Komposition eine leichte Unausgewogenheit.
Klassische Begleitung durch den unklassifizierten Sauternes 2011 von Eschenauer, der mir etwas zu spitz im Abgang war.
Weiter ging’s mit einem Kracher, hinter dem man zumindest farblich eine Hommage an Italien vermuten könnte
In der ungemein fruchtigen Gazpacho von Walderdbeeren ein erfrischend säuerliches Basilikum-Zitronen-Sorbet. Dazu Raspel von wohl gefriergetrockneten Tomate, sehr intensiv. Stark. Als Bett für das Kräuter-Eis diente gezupftes Fleisch von der Schneekrabbe (Gepulte Krabbe = pulled crab? Macht Sinn...). Sollte das tatsächlich anstelle von Burrata etc. weiße Farbe bringen? Geschmacklich hatte es das feine (teure) Krustentier jedenfalls denkbar schwer.
Zum nächsten Gang gab es einen südfranzösischen Maccabeu blanc von der Domaine Grier ins Glas. Ein Wein, den ich erst zum zweiten- oder dritten Mal getrunken habe. Er hatte einen leichten, angenehmen Petrolton und eine gute Struktur, die er beim hausgebeizten Müritzhecht
auch brauchte. Begleitet wurde der eher selten angebotene Süßwasserräuber von verschiedenen Gurken, Dillöl, Schmand und Avocado. Das war einerseits wunderbar schmackig, andererseits aber viel feiner, als es sich anhört und überraschend saftig. Wenn ein klassisches regionales Gericht modern abgewandelt wird, hat der Koch bei mir schon viel gewonnen.
Auch hier leider ein kleiner Wermutstropfen. Eine Gurke war mit Chili eingelegt und die Schärfe vertrug sich nicht sonderlich mit dem Wein.
Der nächste Streich ein Tatar vom regionalen Rind, begleitet von einem 2016er Badener Grauburgunder von Walz. Leider gewolft statt geschnitten; das Mundgefühl mag ich nicht so gerne. Geschmacklich aber tadellos. Herausragend die gebackenen Chips einer lila Kartoffel, die wirklich einmal deutlich nach Erdapfel schmeckten. Mit marinierten Streifen von roher Kartoffel, diversen Nüssen, Pfifferlingen, einer zurückhaltenden Vinaigrette, Blüten und Kräutern, besonders der (leider etwas zu sparsam eingesetzten) Schafgarbe präsentierte sich hier ein Potpourri von Geschmackskombinationen, Texturen und Farben, das mich äußerst zufriedenstellte
Wenn das Auge mit isst, konnte ich mich schon fast satt sehen.
Was schade gewesen wäre, denn mit dem nächsten Gang legte die Küche noch einen drauf
Und das fast ganz vegetarisch! Auf Wildkräutern ein perfekt wachsweiches Eigelb
in Panko ausgebacken. Dazu Brösel, die in ausgelassenem Fett des Kobefleisches super knusprig gebraten wurden. Als tolle Ergänzung erwies sich schwarzer Knoblauch. Schmackig wäre die Untertreibung des Jahres.
Nach soviel Umami tat etwas Erfrischung in Form eines Zitronensorbets wirklich gut.
Als Fischgang Wels, der mir durch asiatische Zucht-„Qualitäten“ lange verleidet war. Bei der hier servierten heimischen Ware war nichts von Wässrigkeit zu spüren, erst recht kein Anflug von Moder. Im Gegenteil, der knusprig überbackene Süßwasserbewohner überzeugte mit perfekt saftigen Biss, der noch Struktur hatte. Angerichtet auf einem ganz famosen knackigen schwarzen Piemont-Reis und begleitet von Paprikaconcassée und Fenchel als Velouté und Ragout mit Schalotten
Das hat Spaß gemacht.
Da der vorgeschlagene Grüne Veltliner nicht zu meinen Lieblingsweinen gehört, wich ich auf einen französischen Viognier aus.
Jetzt blieb nur die Frage, ob die Küche dieses starke Niveau würde halten können. Aber ja!
Das zu dieser Stunde selbst mir zu üppig aufgeschnittene Kalbfleisch war nicht weniger als fantastico
Knapp rosa und voll Fleischsaft, der feine Geschmack überwältigend gut. Schöne Röstung und eine ganz dünne Fettschicht. Das Ganze mit einem eindeutigem Bärlauchrisotto, der - reine Geschmackssache - einen Tick zu fest war. Dazu tolle kleine Pfifferlingen, eine wunderbar passende Beurre blanc mit Walnuss und - als die derzeit scheinbar unvermeidliche „einfache“ Zutat - Radieschen. Davon abgesehen, stimmte hier geschmacklich einfach alles. Ebenso wie beim 2012er Nahariesling Krone von Tesch.
Auf ein Dessert verzichtete ich zu Gunsten eines Graham‘s Port 20 years, der solo gedacht war. Aber Frau Mahn ließ es sich nicht nehmen, mir noch ein paar Mitbringsel aus Apt zu servieren
Und auch durch die Unterlage im Brotkorb grüßte die Provence ein letztes Mal an diesem Abend
Fazit:
Ganz hervorragend die handwerkliche Leistung der Küche. Umso bemerkenswerter, da Alexander Mahn am Abend nicht selbst mit am Herd stand. Die Ausführung war 100% gelungen und, dass ich mal nichts zu meckern habe, ist eher selten. Dabei ist mir auch sehr bewusst, wieviel Können, Konzentration und Akribie ein mehrgängiges Menü braucht. Gerade, wenn keine große Brigade der Sterneküche am Werk ist. Chapeau!
Meine wenige kritischen Anmerkungen bezogen sich daher ja auch auf einige Produkte oder Zusammenstellungen oder Kombinationen, die nicht ganz funktionierten. Aber das ist bei einem immer noch recht jungen Chef erst recht verzeihlich. Da wird ausprobiert und manchmal führt ein Weg in die Irre. Aber die Richtung stimmt - und wie!
Was bleibt nachzutragen?
Speisen 49€. Weine 18€.
Verrückte Welt.
Nach meiner Premiere in Rostock war ich nun auch das erste Mal in Halle (Saale), hier aber bei sonnigem, wenn auch windigem Wetter. Im Altstadtkern stehen mehr Bausünden als erwartet, aber das 5-Türme-Panorama von Rotem Turm und Marktkirche ist schon pittoresk. Und vom Westportal sind es nur wenige Schritte zum ausgewählten Ort der abendlichen Gaumenfreuden.
Sternerestaurants sind ja in ganz Sachsen-Anhalt Fehlanzeige und auch sonst halten sich die einschlägigen Führer mit Empfehlungen stark zurück. Mit gelegentlichen Unterbrechungen wird aber MahnS Château... mehr lesen
Mahn's Château
Mahn's Château€-€€€Restaurant034520369860Oleariusstrasse 4a, 06108 Halle an der Saale
4.5 stars -
"Uneingeschränkt empfehlenswert - unbedingt unterstützenswert!" DerBorgfelderNach meiner Premiere in Rostock war ich nun auch das erste Mal in Halle (Saale), hier aber bei sonnigem, wenn auch windigem Wetter. Im Altstadtkern stehen mehr Bausünden als erwartet, aber das 5-Türme-Panorama von Rotem Turm und Marktkirche ist schon pittoresk. Und vom Westportal sind es nur wenige Schritte zum ausgewählten Ort der abendlichen Gaumenfreuden.
Sternerestaurants sind ja in ganz Sachsen-Anhalt Fehlanzeige und auch sonst halten sich die einschlägigen Führer mit Empfehlungen stark zurück. Mit gelegentlichen Unterbrechungen wird aber MahnS Château
Geschrieben am 27.09.2017 2017-09-27| Aktualisiert am
12.10.2017
Besucht am 30.08.2017Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 850 EUR
dachte ich jedenfalls nach Carstens bisherigen Beschreibungen von Gina Duesmann, die als Restaurantleitung und Sommeliere zusammen mit ihrem Partner und Chefkoch Lars Keiling das gleichnamige Sternerestaurant in Bad Bentheim betreibt. Tatsächlich stellte sich Frau Duesmann als freundliche, ungemein fachkundige und großzügige Gastgeberin heraus, die uns mit unauffälliger Hilfe einer weiteren Kraft mustergültig versorgte. Auch für konstruktiv-kritische und angenehme Gespräche über Speis und Trank und Kritiker(un)wesen fand sich Zeit, war doch im ganz in Gold und warmem Holz gehaltenen Sternebereich rechts des Eingangs nur noch ein weiterer Tisch besetzt. (Von einem jungen Pärchen, das sich ganz offensichtlich auch ein Menü gönnte - wie schön, wenn Gourmets nachwachsen!). Im etwas schlichteren, gleichwohl stilvollen in schwarz gestalteten Bistrobereich war etwas mehr los. Hier lockten zunächst noch die geöffneten bodentiefen Fenster, aber letztlich war es doch zu kühl für einen quasi Außenplatz. Deswegen konnte ich auch die schöne, etwas verwunschene Terrasse mit Blick auf die reformierte Kirche nur kurz in Augenschein nehmen, geführt von Carsten, der mich mit Stammgastbonus selbstständig durch die stilsicher renovierten, teilweise rustikalen Räume und Gewölbe führte.
Alles in allem ein wundervoller, mit viel Geschmack eingerichteter Ort
hinter den mächtigen Sandsteinmauern in der sehenswerten Bentheimer Altstadt. Modern und doch ungemein einladend. Gegenüber dem schönen Altbau betreibt das Gastronomenpaar als weiteres Standbein einen kontinuierlich ausgebauten Weinhandel, wie mir sehr gute Kunden glaubhaft versicherten.
Da die Erinnerungen über die Uhrzeit etwas divergierten, hatte ich zuvor schon ein wenig länger dem Treiben auf dem Burgplatz zugeschaut. Die ganze Stadt war ob meines Besuches tief im Westen festlich geschmückt. Wie mag Carsten das hinbekommen haben? Und dem örtlichen Festkomitee als Grund für die rot-gelbe Wimpel-, Kranz- und Fahnenorgie auch noch das nur alle 5 Jahre stattfindende Schützenfest zu verkaufen. Dieser Teufelskerl!
War es doch überhaupt ein Zeugnis tiefer Herzensgüte, dem Bremer Strohwitwer gastronomisches Asyl in der Grafschaft an der niederländischen Grenze zu gewähren. Und damit gar keine Verlustgefühle aufkommen können, auch noch gleich eine wundervolle weibliche Begleitung in Person der nettesten Gattin (eigene stets ausgenommen) zu organisieren. Die in unserem Dreigestirn am Ende des Abends auch noch die Aufgaben Fahrerin (für den Gemahl) bzw. Stütze (für den Gast beim Fußmarsch zum Hotel) übernahm. Danke! Dass bei der angeregten Unterhaltung das eine oder andere Detail der vollständigen Ansage überhört oder später wieder vergessen wurde, ist hoffentlich zu verschmerzen.
Nach fröhlicher Begrüßung, Hausführung und Menüwahl (sieben Gänge für 139€, deren sechs für 10 Euro weniger) starteten die Rheiner Gourmetritter mangels heimischen Winzersekts mit einem Cava für 8,5€ das Glas. Ich wählte wie so oft weißen Vermouth, der für freundliche 5,5€ so schön wie lange nicht mehr im Martiniglas mit Eis und Zitronenschale serviert wurde
Der Dreiviertel-Liter Vilsa wird hier mit 6,9€ berechnet.
Bei den Weinen wusste ich ja, dass ich auf Carstens große Riesling-Begeisterung zählen kann.
Um die Vorfreude darauf noch etwas zu verlängern, sollte es zum Meeresgetier etwas Weißes aus dem Burgund sein. Der 2012er Chardonnay von François Mikulski war schwuppdiwupp geleert, da ja auch die Dame am Tisch im strafrechtlich unbedenklichen Rahmen mitnippte. Wir orderten einfach eine zweite Flasche.
Zu Geflügel und Schwein passte dann der 2015er Brauneberger Juffer Sonnenuhr Riesling vorzüglich, ein Großes Gewächs von Fritz Haag. Die Geschmäcker sind verschieden, für mich geht fast nichts über Mosel-Rieslinge (höchstens die von der Saar;-)).
Und zum Rind mal was Rotes, warum auch nicht? Der Alter Ego 2008, Zweitwein des Château Palmer, war trotz mustergültiger Dekantierung immer noch ein schlanker Jüngling, also wie gemacht für unsere Dreierbande.
Aber schon bald deckte sich der Tisch auch mit weniger flüchtigen Leckereien:
Drei selbst gebackene Brote
erfreuten mit knuspriger Kruste. Mischbrot einmal ohne Aromat, einmal mit Tomate und als mein Favorit leichtes Foccacia mit Thymian. Dazu griechisches Olivenöl und Butter
deren tomatige Variante mit gefriergetrockneten intensiven Raspeln begeisterte. Ebenso wie die aufgeschlagene Natur-Variante streichzart.
Weiter mit Snacks und Fingerfood:
- Caprese, hier als Mozzarellakugel eingehüllt in Tomatengelee mit Basilikumöl und etwas Balsamico
Schöne Version des Klassikers.
Dann drei Variationen einer Kombi, die ich etwas despektierlich "Protein mit Kohlenhydrat" nennen möchte:
Seeteufel-Ceviche auf Reiscracker.
Rindertatar auf weichem Mini-Bun.
Geflügelcurry in knusprigem Pumpernickel.
Ganz unterschiedliche Texturen und Geschmäcker, die jeweils dem Hauptdarsteller den Vorrang einräumten. Prima Start!
Als Küchengruß etwas Nordisches:
Fjordforelle auf Kartoffelmousseline mit Safranschaum. Begleitet von Wurzelbrunoises mit Kümmelnote, ein passender, wenn auch von mir wenig geschätzter Geschmack. Schließlich ein Wachtelei, das etwas flüssiger den Löffel wahrlich perfekt gemacht hätte. Aber es darf ja noch Luft nach oben bleiben.
Und los ging's im Menü mit
Hamachi Gurke Wasabi Soja
Als erstes fiel die schöne, frische Optik ins Auge.
Die Gelbschwanzmakrele wurde zum einen als leicht geflämmter Block gereicht, sehr japanisch. Ob es mehr Röstaromen hätten sein dürfen, darüber gingen die Meinungen am Tisch auseinander. Weiter als rohe flache Schnitte, die aufgerollt und mit einer frischen Crême fraiche gefüllt waren. Und schließlich als Tatar, das quasi die Unterlage für die meisten Gurken-Texturen und das cremige Wasabi-Eis darstellte. Kraft steuerte eine mit Sojasauce gefärbte Paste ähnlich einer Rouille bei und Crunch kam von zwei (abermals!) wunderbar knusprigen Cakes
Dazu eine zwar erwartbare, aber sehr passende deutliche Dillnote. Dem separat stehenden Quader aus den Kernen konnte ich die angekündigte Marinade leider nicht anschmecken; das war etwas simpel. Aber ansonsten war das ein stimmiger, gut austarierter Gang zum Einstieg, der gute Laune machte.
Als nächstes schickte die Küche
Rote Garnele Avocado Fenchel Passionsfrucht
Das Krustentier hat mich voll überzeugt, nicht nur wegen des erneut knusprigen Toppings. Die Passionsfruchtcreme steuerte genau die richtige Menge von sehr fruchtiger Säure bei. Und das vielleicht ganz leicht sahnige Tatar in einer Rolle von Avocadoscheiben
war genau das Küchenhandwerk, das ich auf diesem Niveau erwarte. Ich bin da eher klassisch unterwegs. Deshalb waren mir die Fenchelstreifen auch zu "einfach". Der Versuch, regionale Komponenten zum Zwecke der "Erdung" zu verwenden, trifft vielleicht den Zeitgeist, aber nicht meinem Geschmack (i.w.S).
Wir blieben kulinarisch weiter auf dem Wasser:
Seezunge Bison-Parmesan Guanciale Puffreis
Als wir noch überlegten, ob es denn solche mächtigen, gar nicht mehr platte Seezungen überhaupt geben könne, klärte uns Frau Duesmann schon auf: Zwei sehr saftige, bemerkenswert wohlschmeckende Filets waren leicht mehliert vorsichtig gebraten und dann aufeinander geschichtet serviert worden. Der keineswegs alles erschlagende Parmesan von Bisonmilch umschmeichelte den Edelfisch, der sich sogar mit etwas roter Bete gut vertrug. Die Krönung nicht nur im Wortsinn bestand aus Pinienkerne mit leichtem Röstaroma, dem erst bei wenigen Körnern schlappmachenden Puffreis und einer sehr dünnen, super-crunchy Scheibe des luftgetrockneten italienischen Specks. Allseitige Begeisterung!
Aber was um Himmels Willen war der kleine helle Bollen an der Spitze des Genießertürmchens? Auch etwas Gepufftes? Ausgebackener Hefeteig? Wir wissen es nicht mehr - Community hilf!
Den Wechsel zum Fleisch mussten Carsten und ich zunächst zu zweit bewältigen. Also nur für die Herren am Tisch:
Perlhuhn Nussbutter Lauch Kohlrabi
Die Brust war tadellos, aber nicht so toll wie der mit gerupftem intensivem Keulenfleisch gefüllte, ganz fluffige Raviolo!
Mit Nussbutter und einer Mousseline (Kartoffel/Kohlrabi/Lauch?) ein sehr schmackiges Vergnügen. Die Lauchsauce war unglaublich grün, aber geschmacklich zu eindimensional und undefiniert "gemüsig", dazu imho etwas übersalzen. Die kleinen Quader Kohlrabi sollen mariniert gewesen sein, aber für mich wieder zu simpel. Die kleinen Lauchringe dagegen knackig frisch und somit ein Gewinn.
Auf hohem Niveau ein Teller, der zwar völlig ohne Mängel, aber eben auch ohne Höhepunkt blieb. Der Verzicht durch die Genießerin am Tisch jedenfalls kein schwerer Fehler.
Ihr Wiedereinstieg gerade bei
Duroc-Schwein Karotte Kohl Senf
war schon fast ein Geniestreich. Auch ohne Berücksichtigung des berühmten Bentheimer Borstenviehs war das geschmorte Stück vermutlich aus der Backe sehr saftig, ohne zu weich zu sein. Für mich das Paradies die krossen Stücke der Haut, die separat zubereitet waren und das Fleisch wahrlich toppten.
Auch die Karottencrême sensationell, endlich mal nicht süßer Babybrei, sondern spicy u.a. von Ingwer. Darauf ein Block gelierte Jus mit Senfsaat, umami-Heaven.
Die Jus selbst intensiv reduziert, ohne zu salzig zu werden!
Und schließlich eine kleine Kohlroulade mit Gemüsefüllung
sehr stimmig, innen à point gegart, außen sogar noch angebraten.
Bester Teller des Abends für mich!
Letztes Hauptgericht dann
US-Beef Mais Cerealien Pfifferlinge
Das Fleisch aus Nebraska, es könnte Flanksteak gewesen sein, war ein Genuss. Ebenso die süße, geschmorte Zwiebel und die intensive Soße.
Die ebenfalls süßen, teils glatten, teils leicht stückigen Varianten einer Maiscreme haben mir mit ihrer geschmacklichen Eindeutigkeit ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht gezaubert. Auch die kleinen Pfifferlinge waren fein. Mit dem wohl eingekochten Emmer folgte Lars Keiling zwar dem Trend zu Ur-Getreidesorten, es schmeckte aber doch überwiegend so, wie eingeweichte Körner halt so schmecken
Der Hang zur Einfachheit auch hier für mich zumindest kein Mehrwert.
Das Pre-Dessert konnte mit gelber Wurzel, Tomate, Mandel und vermutlich Mozzarella fruchtige und süß-säuerliche Noten erfrischend vereinen
Die Korianderkresse, die ich hartnäckig für Estragon hielt, steuerte eine mir sehr angenehme leichte Parfümiertheit bei. Die ist aber nicht jedermanns Sache.
Danach trennten sich kulinarisch die Wege, eine Tischseite lechzte nach Süßkram
(und kann es sich figürlich auch leisten), während ich zum Abschluss mal wieder bei Affineur Waldmann naschte
Tomme de Savoy und natürlich Fourme d'Ambert sind besonders in Erinnerung geblieben, dazu schwarze Walnüsse und zweierlei Fruchtmus
Die kleinen dunklen Beeren hatten es mir angetan, aber zu diesem Zeitpunkt konnte ich Details nur noch eingeschränkt abspeichern. Vielleicht Berberitzen? Das Früchtebrot blieb im üblichen, guten Rahmen, das Nussbrot war dagegen etwas trocken
Der sehr schöner Maury 2002 als viel zu selten angebotene Alternative zum Banyuls kostete wie auch die weißen Dessertweine 8€.
Selbstverständlich wurden wir mit süßen Kleinigkeiten
u. a. dunklem Trüffel, Choco-Crossie-Eis
und fruchtigem Mus "rausgeschmissen".
Der begleitende Kaffee stand mit 3,5€ auf der Rechnung.
Den dazu angebotenen Grappa oder sonstige Brände verschmähten wir tapfer. Da ich am nächsten Morgen schon vor 07:00 Uhr wieder auf dem Weg aus den Grenzlanden sein wollte, hätten sonst evtl. Zweifel an meiner hundertprozentigen Leistungsfähigkeit bestanden.
Satt und überaus glücklich verließen wir schließlich diese gastliche Stätte. Auf dem Heimweg bereiteten wir eventuelle Anwohner fürsorglich schon mal auf die Stimmung beim kommenden Schützenfest vor.
Fazit:
Schrecklicher Gedanke, wenn ich den Abend alleine in Bremen geblieben wäre. Vermutlich hätte ich nur gut gegessen und teuer getrunken.
So aber war es der beste Besuch des Jahres in einem Sternerestaurant.
Was nicht nur am zugewandten Service lag und natürlich an der kreativen, handwerklich fast völlig fehlerlosen Küche des Keilings, die ich nach den vielen, gar nicht lückenlos dokumentierten "durchwachsenen" Erlebnissen endlich einmal uneingeschränkt genießen konnte.
Sondern vor allem an der warmherzigen, unterhaltsamen, witzigen Begleitung, die ich ohne Gastroguide niemals kennengelernt hätte.
Und daher auf das Keilings, auf meine wunderbaren Mitgenießer und besonders auf unser kleines Portal: HOCH! HOCH! HOCH!
dachte ich jedenfalls nach Carstens bisherigen Beschreibungen von Gina Duesmann, die als Restaurantleitung und Sommeliere zusammen mit ihrem Partner und Chefkoch Lars Keiling das gleichnamige Sternerestaurant in Bad Bentheim betreibt. Tatsächlich stellte sich Frau Duesmann als freundliche, ungemein fachkundige und großzügige Gastgeberin heraus, die uns mit unauffälliger Hilfe einer weiteren Kraft mustergültig versorgte. Auch für konstruktiv-kritische und angenehme Gespräche über Speis und Trank und Kritiker(un)wesen fand sich Zeit, war doch im ganz in Gold und warmem Holz gehaltenen Sternebereich rechts... mehr lesen
Keilings
Keilings€-€€€Restaurant, Sternerestaurant05922776633Wilhelmstraße 9A, 48455 Bad Bentheim
5.0 stars -
"Bei Mutter Teresa und Marilyn Monroe zu Gast," DerBorgfelderdachte ich jedenfalls nach Carstens bisherigen Beschreibungen von Gina Duesmann, die als Restaurantleitung und Sommeliere zusammen mit ihrem Partner und Chefkoch Lars Keiling das gleichnamige Sternerestaurant in Bad Bentheim betreibt. Tatsächlich stellte sich Frau Duesmann als freundliche, ungemein fachkundige und großzügige Gastgeberin heraus, die uns mit unauffälliger Hilfe einer weiteren Kraft mustergültig versorgte. Auch für konstruktiv-kritische und angenehme Gespräche über Speis und Trank und Kritiker(un)wesen fand sich Zeit, war doch im ganz in Gold und warmem Holz gehaltenen Sternebereich rechts
Geschrieben am 18.09.2017 2017-09-18| Aktualisiert am
22.09.2017
Besucht am 30.06.2017Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 427 EUR
Nach einer verhauenen Klausur hatte ich das väterliche Gefühl, den Herrn Studenten mental stärken zu müssen. Außerdem galt es, Vorkehrungen für den zu erwartenden großelterlichen Besuch zu treffen. Also Kurztrip für eine Nacht ins feine Neckarstädtchen. Nachdem die körperliche Ertüchtigung mit Aufstieg zum und Gang über den Philosophenweg erledigt war, sollten die Grundlagen für eine lange Nacht in den studentischen Lokalitäten der Unteren Straße gelegt werden (Fachgespräche!).
Die Alte Brücke lag noch im Sonnenschein, aber den Neckar zog drohend eine Regenfront herauf. Also schnellstens mit der Bergbahn zum Schloss, denn die Schlossweinstube von Holger Scharff führt seit längerem die örtliche Restaurant-Rangliste an.
Leider hatten wir einen schlechten Tag erwischt.
Service und Küche mühten sich nach Kräften, aber "stets bemüht" ist ja bekanntlich nicht die allerbeste Bewertung.
Dabei litt insbesondere die Crew in schwarz am krankheitsbedingten Ausfall des Sommeliers, so dass im ausreservierten Restaurant Mandy Habighorst allein mit zwei zum Teil noch sehr unbeleckten Azubis den Service stemmen musste. Ansagen kamen spärlich, Nachfragen nur gelegentlich. Später half in einem Feuerwehreinsatz Timo Wentzel mit, der nach gerade beendeten Weiterbildung an der renommierten Hotelfachschule demnächst die Restaurantleitung übernehmen soll. Da hatten wir aber auch schon mal eine Dreiviertelstunde auf einen Gang gewartet. Immerhin wurde jetzt die Stimmung entspannter und dem Gast zugewandter. Zuvor merkte man den Stress doch deutlich, ohne dass es zu wirklichen Ausfällen oder Fehlern gekommen wäre.
Die recht direkte Ansprache ("Die Weinkarte bin ich!") ist im Übrigen verständlich, kommt das Paar doch aus Bremerhaven, da weht schon mal ein rauer Wind...
Nicht in der Bewertung, aber doch sehr positiv zu erwähnen, ist das von vier Studierenden der Hotelfachschule initiierte Projekt "Hand in Hand". Spitzen- und Sterneköche lassen sich von den Heimatküchen geflüchteter Menschen inspirieren und kochen mit diesen zusammen in ihren Restaurants. Herr Wentzel schenkte uns am Ende des Tages ein Exemplar des daraus entstandenen, aufwändig gestalteten Kochbuchs, in dem freundlicherweise das gesamte Team der Schlossweinstube spontan unterschrieben hatte
Ein sehr netter, versöhnlicher Ausklang des Abends. Vielen Dank dafür!
Für die weiße Brigade zeichnete wohl Sous-Chef Stephan Haupt verantwortlich, der sich zu späterer Stunde für ein offenes Gespräch an unseren Tisch setzte. Zusammen mit dem Bemühen, nach schwierigem Start noch die Kurve im Sinne des Gastes zu bekommen, führt dies noch zu (wohlwollenden) 3,5 Sternen beim Service.
Bei der Tischwahl zeigte sich Frau Habighorst flexibel, wenn auch nicht begeistert. Der ursprünglich vorgesehene Platz befand sich im zweiten, etwas höher gelegenen Raum mit schönem Kachelofen. Hier waren mehrere Tische für eine Familiengesellschaft zusammen geschoben worden. Dadurch entstand ein ungemütliches "Loch" im Raum. Statt durch kleine Tische zu "füllen" wurde unser Tisch in die Ecke hinter die Gesellschaft gedrängt.
Der angekündigte Blick auf Stadt und Fluss scheiterte zudem am dichten Laub vor dem eh nur kleinen Fenster. Nach etwas Insistieren konnten wir dann trotz Ausreservierung in den Hauptraum umziehen. Wie sagt der Volksmund: Frühes Erscheinen sichert die besten Plätze!
Bei zwei Gläsern Pommery Rosé, einmal mit selbst angesetztem Sirup aus Oxalis-Klee zum interessant bittrigen Cocktail gepimpt (angenehme 10,5/13€), wählten wir aus dem nicht-vegetarischen Menü jeweils die Variante mit 7 Gängen zu 135€, dazu die Weinbegleitung für preiswerte 59€. Das "ordinäre" San Pellegrino schlug mit 8€, Kaffee und Espresso mit 4€ bzw. 3,5€ kräftig zu Buche.
Die zum Auftakt gereichten, ungewöhnlich unauffälligen Brotsorten
(immer ein schlechtes Zeichen) wurden von Fleur de sel, Chilisalz, Olivenöl und einer interessanten Basilikum-Limonen-Butter begleitet.
Die drei Aperós waren von unterschiedlicher Güte: Ein frischer Quark wurde mit intensivem Lammschinken serviert
litt aber darunter, dass das Knäckebrot als Träger jedenfalls bei meinem Happen schon etwas schlapp machte. Eine halbe Ofenkartoffel war mit Fichtennadelschaum (Lebt denn der alte...?) und rohem Champignon gefüllt
und hatte ein gewöhnungsbedürftig saures Geschmacksbild. Allein das ironisch à la Imbiss in Alufolie servierte Backhendl
war als panierter ausgebackener Quader einer Farce kreativ und geschmacklich überzeugend.
Als Amuse ein Stück recht saftige Hähnchenbrust mit einer eher diffusen Sauce an Alb-Linsencreme und roter Bete
Bieder.
Gänseleber Schweinebauch Pflaume - Schwarzwaldmiso
Die cremige Terrine war tadellos und funktionierte gut mit den roten Süßweinen. Alles andere war schwach, sehr schwach. Der glasierte Schweinebauch entpuppte sich als eine aufgerollte Aufschnittscheibe; saftig, aber nur ganz leicht süßlich, da habe ich dieses Jahr - ganz unabhängig von unserer Diskussion über die Wertigkeit dieses Stückes - viel klügere und besser ausgeführte Variationen erlebt. Ein Haselnuss-Chip war nicht crispy, sondern zäh, für mich in dieser Liga ein absolutes No-go. Tiefpunkt waren die Pflaumenscheiben, kaum Geschmack, schon gar nicht nicht nach der angekündigten (Schwarzwald?)-Miso und auch unnatürlich hart. Der Vergleich mit unreifer Supermarktware, wie man sie manchmal auf Hotelbuffets findet, drängte sich rein faktisch auf.
Ins Glas gab es als süße Begleitung wahlweise einen argentinischen Torrents oder Sweet Purple von Oliver Zeter. Beides gefiel.
Bayerische Garnele Pfirsich - Wasabikraut
Ein Lichtblick! Das Krustentier kam als (derzeit ja ungemein hoch im Kurs stehende) Ceviche. Wie immer beim kalt Gegarten von interessanter, eben ungewohnter Textur. Der Geschmack war nicht durch zu viel Säure beeinträchtigt und die süß-fruchtigen Aromen des marinierten Pfirsichs wie die kräuterig-scharfen Akzente (Chili, Senfsaat) gaben ein harmonisches Gesamtbild. Auch das Auge ruhte wohlgefällig auf dem Arrangement. Sehr schöner Teller.
Und wunderbar passend der Sauvignon Blanc von Oliver Zeter aus der Pfalz.
Gebratener Seidentofu mit zweierlei Tomate und Maiskuchen
Den vegetarischen Gang tauschte ich aus dem zweiten, insgesamt fleischlosen Menü ein. Während mein Sohn die vorgesehenen La-Ratte-Kartoffeln mit würzigem Bergkäse sichtlich genoss, erlebte ich den Reinfall (mindestens) des Abends. Die Tofuscheibe war teilweise bis zur ungenießbaren Bitterkeit verbrannt, keine Ahnung warum so ein Teller zum Gast geht. Einen Ersatz musste ich zudem ablehnen, hatte das Sojaprodukt keineswegs die glatte, an panna cotta erinnernde Konsistenz von Seidentofu, sondern die weiche Bröckeligkeit eines festen Tofus.
Der in Backpapier servierte Maiskuchen
war dagegen von sehr feiner Konsistenz und hatte eine schöne, an Karamell erinnernde Farbe. Nur leider war er so staubtrocken, wie Polenta überhaupt denkbar ist. Absolut kein Genuss. Beim späteren Fleischgang waren identische Beilagen vorgesehen, ich verzichtete dankend auf einen weiteren Versuch.
Irgendetwas muss in den 45 Minuten Wartezeit auf diesen Gang in der Küche furchtbar schief gelaufen sein.
Dementsprechend hab ich mir zum Pfälzer (?) Grauburgunder nichts weiter gemerkt. Er hat aber ganz und gar nicht wehgetan, wie überhaupt die Weinbegleitung sehr passend, qualitativ hochwertig und daran gemessen günstig war.
Die drei folgenden Gänge zeigten dagegen die Küche dann deutlich verbessert.
Taube Artischocke Speck - Estragon
Das Fleisch hervorragend weich (seit dem Elements weiß ich das zu schätzen), hier kam die Glasierung anders als beim Schweinebauch auch geschmacklich voll zum Tragen. Die Artischocken teils mit Kartoffeln kombiniert waren ein ungewöhnlicher, aber sehr interessanter Begleiter, mir gefiel z.B. die mit Creme gefüllte und mit Chips verschlossene Rolle sehr gut. Aber auch die Stücke, die à la barigoule geschmort wurden, was uns einen fantastisch "molligen" Fonds bescherte. Der Speck hier elegant als Schaum eingesetzt. Estragon setzte Geschmacksspitzen auf dieses sehr süd-französische Gericht.
Nicht nur regional passend der Rosé vom Château Miraval, der meinen Geschmack wirklich voll traf.
Fluss Zander Ebereschen - Weizengras
Ein guter Teller, ohne Höhen und Tiefen. Der Fisch war sanft gegart und saftig, nur leichte Röstaromen. Weizengras als Grießnocke, Saat (? Ich hab's für Buchweizen gehalten.) und Puder gaben mir nicht viel. Die Hippe mit Tatar schon mehr. Eberesche und gebratener Lauch steuerten nicht zu viel Säure und eine leichte Bitterkeit bei und etwas Schärfe war auch im Spiel. Aber wo war der Fluss?
Bei diesem angenehmen Gericht konnte der Moselriesling von Molitor also die Hauptrolle übernehmen.
Nebraska Flank Steak Tomate (Mais: Not again, my friend!) - Schafgarbe
Das Fleisch kam trotz der Gegenteiliges andeutenden, bemühten Schreibweise in nur einem, schmalen Stück und hat meine Vorurteile gegen den eher langfaserigen Schnitt völlig zerschmettert. Große Klasse, Struktur und Zartheit im idealen Verhältnis
Zudem mit leichtem Rauch versehen. Man erinnert sich an den Duft am Lagerfeuer mit Old Shatterhand, back in the old times... Maiskuchen würden wir alten Karl-May-Leser natürlich eher in den Pueblos von Texas und New Mexico vermuten, aber zum Thema Neue Welt hätten sie in der Tat gepasst! Wie auch die Beilagen im Übrigen. Wobei ich die zweierlei Tomaten nicht wirklich mit dem Rindfleisch zusammen bringen konnte. Die Schafgarbe mit dem Raucharoma schon eher.
Beim Wein hat sich Herr Wentzel dann wahrlich nicht lumpen lassen und mit einem Mersault 2008 einen weißen Kraftprotz ausgepackt. Der entschädigte schon für einiges, speziell nach der zweiten Runde...
Käse
Zum Abschluss Käse von Affineur Waltmann mit einem Jahrgangsport-Port 2003 von Ferreira. Natürlich beste Produkte auf dem Teller, aber auch nicht gerade ein kreativer Geniestreich der Küche. Fairerweise sei aber berichtet, dass die selbst gemachten Chutneys und die schwarzen Nüsse schon überzeugten. Das Früchtebrot ragte dagegen nicht aus dem Mittelmaß heraus - und so schloss sich der Bogen zum Beginn unseres fast vierstündigen Mahls, das neben vielen sonnigen Abschnitten doch überraschend viele trübe Momente hatte.
Für die Küchenleistung daher im Mittel 3 Sterne. Beim PLV dürfen die Schwächen nicht erneut bewertet werden, daher angesichts der Produkte etwas besser, aber auch keineswegs günstig.
Zur Nachbesprechung zogen wir dann zu Fuß den Berg hinunter in die Altstadt. Irgendwann in dieser Nacht hatten sich die Wolken endgültig verzogen, denn ich sah in früher Stunde ein helles Licht...
Nach einer verhauenen Klausur hatte ich das väterliche Gefühl, den Herrn Studenten mental stärken zu müssen. Außerdem galt es, Vorkehrungen für den zu erwartenden großelterlichen Besuch zu treffen. Also Kurztrip für eine Nacht ins feine Neckarstädtchen. Nachdem die körperliche Ertüchtigung mit Aufstieg zum und Gang über den Philosophenweg erledigt war, sollten die Grundlagen für eine lange Nacht in den studentischen Lokalitäten der Unteren Straße gelegt werden (Fachgespräche!).
Die Alte Brücke lag noch im Sonnenschein, aber den Neckar zog drohend eine... mehr lesen
3.5 stars -
"Dunkle Wolken über dem Schloss" DerBorgfelderNach einer verhauenen Klausur hatte ich das väterliche Gefühl, den Herrn Studenten mental stärken zu müssen. Außerdem galt es, Vorkehrungen für den zu erwartenden großelterlichen Besuch zu treffen. Also Kurztrip für eine Nacht ins feine Neckarstädtchen. Nachdem die körperliche Ertüchtigung mit Aufstieg zum und Gang über den Philosophenweg erledigt war, sollten die Grundlagen für eine lange Nacht in den studentischen Lokalitäten der Unteren Straße gelegt werden (Fachgespräche!).
Die Alte Brücke lag noch im Sonnenschein, aber den Neckar zog drohend eine
Ich sag's ja, läuft in der Fichtestraße: Ilona Scholl ist bei der Berliner-Meisterköche-Wahl zur Gastgeberin 2017 gekürt worden. Völlig zu Recht!
https://www.berlin-partner.de/hauptstadt-marketing/berlin-partner-veranstaltungen/berliner-meisterkoeche/
Restaurant Tulus Lotrek
Restaurant Tulus Lotrek€-€€€Restaurant, Sternerestaurant03041956687Fichtestraße 24, 10967 Berlin
stars -
"Berliner Gastgeberin 2017" DerBorgfelderIch sag's ja, läuft in der Fichtestraße: Ilona Scholl ist bei der Berliner-Meisterköche-Wahl zur Gastgeberin 2017 gekürt worden. Völlig zu Recht!
https://www.berlin-partner.de/hauptstadt-marketing/berlin-partner-veranstaltungen/berliner-meisterkoeche/
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Mein erster Besuch im top-gepflegten Hotel-Ensemble mit angeschlossener Gastronomie im weitläufigen, wunderbaren Park. „Schön, wirklich schön!“ war mein erster Gedanke. Das Innere der teilweise unter Denkmalsschutz stehenden Gebäude kann ebenfalls begeistern, so der historische Eiskeller und die Festsäle. Die Hotelzimmer fallen dagegen ein wenig ab, für das Niveau des Hauses etwas in die Jahre gekommen, eine Renovierung demnächst würde nicht schaden. Auch, dass die Zimmer zur Südseite keine Klimatisierung haben, versprach an diesem warmen August-Tag keine erquickliche Nachtruhe. Immerhin stand über den Flur die Tür zu einem großzügigen Raum auf der schattigen Rückseite offen. Eine kurze Inspektion ergab eine wesentlich erträglichere Temperatur, so dass ich kurzerhand telefonisch bei der Rezeption die Zustimmung zu meiner Zimmer-Eroberung einholte. Morgens wurde ich von Vogelzwitschern geweckt. Schön, eben.
Der hohe Speiseraum zeigt sein schönes Holzgebälk
war aber nicht eingedeckt. Ebensowenig die Süd-Veranda. Stattdessen ging es in den Wintergarten, der mit einer schnöden Metallkonstruktion an die seitliche Außenseite des Gebäudes angebaut worden ist. Die Kombi aus rötlichen Verblender-Außenmauern, polierten Steinfußboden, Rattanstühlen mit dicken Sitzpolstern und den klassisch eingedeckten Tischen fand ich etwas unharmonisch
Unentschieden zwischen Fine-Dining und Außengastronomie. Aber das ist ganz Geschmackssache, gepflegte Atmosphäre auf jeden Fall mit ausreichenden Sitzabständen. Nur sehr laut und hallend. Im Übrigen entschädigt wieder der Blick, hier u.a. auf eine hohe Pergola und weitere, sattgrüne Rasenflächen
Dass hier gleich zweimal in einer Dekade ein „Jahrhundert-Hochwasser“ einen halben Meter hoch stand, ist nur durch die Verankerungen für die neue Schutzwand zu erahnen. Als später noch eine gute Freundin aus dem nahen Biederitz erschien, knabberten wir die Käseplatte auf der sich anschließenden Außenterrasse.
Der Service hatte sich gegen Gartenlokal und für „Erstes Haus am Platze“ entschieden. Mehrere erfahrene und professionell servierende Herren agierten steif und unpersönlich. Herzlichkeit Fehlanzeige. Angetan mit Oberhemd, Langbinder, Weste und Schürze. Alles in allem so, wie das früher (vielleicht!) erwartet wurde, wenn zum runden Geburtstag die Patriarchin den Familien-Clan „ausführte“. Heute will das doch niemand mehr; ich jedenfalls nicht. Die Restaurant-Leiterin war denn auch zugewandter.
Bei leicht sphärischen Klängen stöberte ich durch die Karte. Menüs wurden nur tischweise und ab 2 Personen angeboten. Ging aber trotzdem auch für einzelne Herren, trotz ordentlicher Belegung des vom Guide Michelin empfohlenen Restaurants.
Der übliche weiße Port von Rozes (6,4€) war leider nicht gekühlt, erster kleiner Minuspunkt.
Meine Wahl:
- Carpaccio vom geräucherten Thun, Basilikum-Olivenöl und geröstete Pinienkerne
- Essenz von der Tomate mit Orecchiette
- Medaillons vom Seeteufel mit Safransauce, Ratatouille und Tagliatelle
- Onglet mit Dornfelder-Sauce, mediterranes Gemüse und Thymian-Kartoffelgratin
- Französische und italienische Rohmilchkäse
Immerhin keine Speisekarten-Rätsel, man hat eine Vorstellung, was einen erwartet. Es wurden 82€ berechnet.
Die Weinkarte ist eher übersichtlich, enthielt aber auch einige halbe Flaschen, wie fein. Weniger, dass der angebotene Sauvignon nicht mehr verfügbar war. Statt von Gerard Millet wurde ein sehr geradliniger Sancerre von Bernard Reverdy eingeschenkt. Mit 39€ für 0,375l kein Schnäppchen.
Der kulinarische Abend begann mit heißem, knusprigem Kartoffel-Mais-Brot
mal eine schöne Abwechslung und nicht zu trocken. Dazu gab es einen sehr Dill-lastigen Kräuterquark und gesalzene Butter, leider sehr hart. Beide unter Mini-Cloches serviert.
Die Küche grüßte dann farbenfreudig:
Räucherlachs-Frischkäse-Tatar, Apfelchutney und Rote-Bete-Hummus, schließlich noch einen Kartoffelchip.
Letzterer stand zu lange in den feuchten Bestandteilen und war fast durchgängig pappig. Das passiert nicht nur in Der Saison, ändert aber nichts. Ansonsten war die Kreation gut überlegt und auch gut gemacht. Milchprodukt milderte die Salzigkeit des Räucherfischs, der Apfel gibt Süße, Säure und etwas Biss und im sehr cremigen Hummus war die Erdigkeit der Rübe noch klar auszumachen. Ein sanfter, harmonischer Einstieg; vielleicht war der fehlenden Crunch der Kartoffelscheibe ja gewollt...
Der aufgeschnittene geräucherte Thunfisch
war erstaunlich saftig und verfügte über ein angenehmes Raucharoma. Von angekündigten Basilikum war im Öl eher wenig zu bemerken, allerdings gab es auch nur eine sparsame Menge. Der Wildkräutersalat mit Pinienkernen war ok, wenngleich ich Rauke nicht für sonderlich wild halte.
Weiter ging es mit der Suppe.
Die klare Essenz kam sehr heiß an den Tisch und hatte erst im Abgang eine Ahnung von Tomate. Ansonsten eine (sehr) salzige Brühe. Die selbst gemachten „Öhrchen“-Nudeln hatten eine leichten Teig, waren aber geschmacklich wie farblich brutal langweilig. Aromatisierung, z.B. mit getrockneter Tomate oder noch besser Basilikum hätte da sicher eine Verbesserung bedeutet. Kein Grund den Teller „schön leer zu essen“, außer man hat Hunger oder friert. Nun, es sollten ja noch ein paar Gänge folgen und sonderlich kalt war mir im August auch nicht. Ich bestellte daher noch eine geeiste Gurkensuppe mit Balsamico-Perlen, was gleich vernünftig gewesen wäre, mein Fehler. Die Konsistenz war recht dicklich
doch viele Kräuter ergaben mit der Gurke erfreuliche Geschmacksnuancen. Den Essig suchte ich zunächst vergebens. Die Zugabe war in der Küche vergessen worden und auch dem Service war das nicht aufgefallen. Schade. Die erst auf Nachfrage nachgelieferten Perlen
setzten dann mit ihrer zurückhaltenden Säure schöne Akzente.
Der Fischgang wartete mit einer Überraschung auf, denn die zwei recht kleinen Seeteufel-Medaillons waren auf Zitronengras-Stängel gespießt worden.
Sie hatten Röstaromen und waren nicht tot gebraten, sondern noch recht saftig. Auch in Ordnung.
Die Gemüse der Ratatouille waren sehr klein geschnitten und hatten kaum bemerkbaren Eigengeschmack, es dominierten Zwiebeln und zu viel salzige schwarze Olive.
Die Tagliatelle schließlich kamen ordentlich gegart und hatten ein sattes Gelb vom Safran. Mehr davon aber auch nicht.
Vor dem Fleischgang eine cremige Erfrischung in Form von zwei Kugeln Sorbet mit frischer Minze
Während der Sanddorn unerwartet mild blieb, gefiel mir bei der anderen eine leichte fruchtige Bitterkeit. Könnte roter Genever gewesen sein.
Das aufgeschnitten präsentierte Onglet war sehr gut
Zart und strukturiert, kräftige Röstnote. Die reduzierte Jus litt - nicht als erstes Produkt des Abends - unter ihrer kräftigen Salzigkeit.
Und auch bei diesem Gang fielen die Beilagen ab.
Das Gratin war zwar exakt gegart
aber seinerseits zu wenig gewürzt. Insbesondere gegen die Sauce war dann von der leichten Thymian-Note nichts mehr zu schmecken. Das mediterrane Gemüse unterschied sich zwar in der Zusammensetzung leicht von der Ratatouille zuvor. Geschmacklich nichts sagend blieb es. Schade, das Fleisch hätte ausdrucksstärkerer Mitspieler verdient gehabt.
Mit dem Tawny Port auch von Rozes (10,8€) kam zum Abschluss ein Käsegang, der solide und ohne Ausfälle war
Hübsch angerichtet. Nussbrot hat geschmeckt. Nicht falsch, aber arg konventionell die Begleitung durch Weintrauben, Walnüsse, Grissini und fürs Auge Erdbeeren.
Das kann auch das Fazit sein.
Die Saison liefert ein ordentliches Programm ohne Höhepunkte, vermutlich für ein Publikum, das Überraschungen eher weniger schätzt. Gute Produkte stehen neben vernachlässigten Beilagen, auch das ein Evergreen der gehobenen Hotel-Gastronomie. (Weshalb die Ausnahmen umso lobenswerter sind!) Die Leistung rechtfertigt die Preise nicht.
Wer hier einkehrt, macht zwar nichts falsch. Die Alternativen Hadrys und Selma&Rudolph sind aber kulinarisch eine Klasse besser und erst recht preislich angemessener.