Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 291 Bewertungen 377592x gelesen 10298x "Hilfreich" 9237x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 28.06.2019 2019-06-28| Aktualisiert am
28.06.2019
Besucht am 14.11.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 171 EUR
Für meinen Erstbesuch bei Bernhard Reiser hätte ich mir wahrlich besseres Wetter gewünscht, um die grandiose Aussicht über den Main und die unterfränkische Metropole hinüber zur Residenz wirklich genießen zu können. Zwar funkelten die ersten Lichter in der hereinbrechenden Dunkelheit auch hübsch, aber schnell zog ein Dunst vom Fluss herauf und vereitelte alle Hoffnungen auf schöne Fotos.
Eigentlich wollte ich an diesem Abend ins Kuno1483, dem anderen mit einem Michelin ausgezeichneten Restaurant der Barockstadt. Eine geschlossene Gesellschaft ließ einen Spontanbesuch nicht zu und so brachte mich ein Taxi die wenigen Minuten in den bei Frankenwein-Enthusiasten weltberühmten Würzburger Stein hinauf. Dort residiert im Weingut am Stein von Ludwig Knoll auch das Gourmetrestaurant, dessen Öffnung ich mir vorsichtshalber telefonisch hatte bestätigen lassen. Der Fahrer komplementierte mich aber zunächst bei der spektakulär über den Abhang platzierten Probierstube des Weinguts heraus, einen schon fast puristischen Quader aus Glas und Holz
Sicherlich ein ganz bewusstes Statement zur Modernisierung des vielleicht immer noch als etwas betulich wahrgenommenen fränkischen Weins.
Ich platzte in eine Weinprobe und wurde freundlich, aber resolut über den Platz ins von außen deutlich historischere Gasthaus verwiesen. Dort stand ich zunächst in einem Flur und konnte den Überschriften der Türen nach zwischen Weinstube und Restaurant wählen. Ich vermutete nach dem Telefonat letzteres und stand im Dunkeln. Man hätte vielleicht mal nach dem angemeldeten Gast schauen können, zumindest wenn ein Taxi vorfährt...
Beim zweiten Versuch hatte ich mehr Glück und eine der beiden Damen im Service bestätigte mir, dass heute nur in der Weinstube gedeckt sei, zu wenige Reservierungen. Ah ja - oh je. Ich sah mich schon vor sauren Zipfeln sitzen (was wahrlich nichts Schlechtes ist, nur an diesem Tage nicht gewünscht), da schob sie nach, dass aber die Restaurant-Karte gekocht werde. Fränkisch-direkt ließ sie mir die Platzwahl und so konnte ich an einem der wuchtigen, Bauhaus-Massivholztische ins neblige Würzburg hinunter schauen. Das Gestühl ebenfalls mit klarer Linie, aber angenehm gepolstert. Das Ambiente ist insgesamt sachlich, aber nicht kühl. Dafür sorgen warmes Holz und helle Farben, der goldfarbene Linoleum-Fußboden fällt auf.
Eine Gruppe chinesischer und deutscher Geschäftsleute verabschiedete sich gerade und so war ich im Gastraum überwiegend mit einem Dreigestirn aus der Technischen Hochschule allein, die den runden Geburtstag der Gastgeberin mit einigermaßen ermüdendem Durchhecheln der bayerischen Wissenschafts-Landschaft begingen. Die hier zwangsweise schnöde auf den Fußboden gestellte Kelly-Bag in fuchsia war dagegen ein Schmuckstück und passte perfekt zum Chanel-Kostüm!
Später kamen noch zwei Herren, aber überwiegend war es doch zu einsam, was etwas auf die Stimmung drückte.
Die beiden Damen im Service konnten da nicht wirklich helfen. Zwar leisteten sie sich keine schweren Patzer und erledigten alles weitgehend ordentlich, aber ich hatte doch den Eindruck, dass sie lieber hinter der Theke blieben, als etwas small-talk mit dem Einzelgast zu machen. Keine Nachfrage unter den Gängen, das Teelicht auf dem Tisch blieb unangezündet, das Wasserglas zu oft leer und auch Blickkontakt wurde nicht gesucht. Begeisterung sieht anders aus. Aber vielleicht hatten wir alle nicht unseren besten Tag. Ganz anders agierte dagegen der junge Gardemanger (und gleichzeitig Patissier), der mit viel Begeisterung und Interesse seine Teller selbst an den Tisch brachte. Mal als Gesamtleistung bewertet leicht überdurchschnittlich.
Weißer Port war nicht im Angebot, Vermouth nur vom italienischen Großanbieter. So brachte mich der Campari (ok - auch keine Mikro-Destillerie) mit frischgepresstem O-Saft (6,5€) als Selbstbausatz
auf die Idee, es statt einer à la Carte-Wahl mit dem „Freistil“ zu versuchen: Die eingesetzten Lebensmittel wurden verraten, deren Kombination und Zubereitung aber noch nicht. Nach Abschluss des Mahls gab es dann eine Karte mit dem kompletten Menü. So ein kleines Ratespiel kann ganz spannend sein und tatsächlich hatte ich einige Pairings nicht erwartet. Noch schöner wäre allerdings die Präsentation der Produkte selbst im unverarbeiteten Zustand - das macht wirklich Appetit!
Für 5 Überraschungsgänge wurden 110€ Euro berechnet, im nationalen Vergleich der 1-Sterner eher selbstbewusst, allerdings stand der Käse nicht auf die Rechnung. Wer übrigens am Montag kommt, kann ein preisreduziertes Menü wählen, das von den Azubis des Hauses gekocht wird. Tolle Nachwuchsarbeit, Herr Reiser!
Für die - natürlich - vorwiegend fränkische Weinbegleitung fielen 55€ an. Das fand ich wiederum recht fair, da auch nachgeschenkt wurde.
Ins Glas kamen
vom Haus-Weingut ein Hoch3 2010er Riesling, der erste Jahrgang aus dem rekultivierten Weinberg im Stettener Stein,
gefolgt vom AB OVO (aus dem Beton-Ei) 2011er Eschendorfer Lump Silvaner trocken von Rainer Sauer,
als nächstes eine israelische (!) 2012er Cuvée von Roussanne und Marsanne aus Galiläa (Welcher Weißwein-Enthusiast muss da nicht an den Hermitage denken...),
nach drei Roten zur Probe ein eigener Spätburgunder aus der ebenfalls hochgelobten Würzburger Lage Innere Leiste
und schließlich noch eine 2011er Rieslaner Beerenauslese wieder vom Stettener Stein.
Frankenwein satt!
Aber zurück zur festen Speise: Schon der Auftakt war erfreulich. Mit anständigem Brot wurde nicht nur eine Rotweinschalotten-Butter serviert, sondern auch eine Crème auf der Basis von Brillat-Savarin,Quittenhonig und Kräutern.
Etwas Süßes zum Auftakt, sieh an!
Als erste Grüße schickte die Küche frischen, knackigen Rotkohl mit Zwergorange als herb-fruchtiger Ergänzung, dazu ein schönes Haselnuss-Knäckebrot, das mit Lebkuchengewürz sehr gut in die Jahreszeit passte.
Zu kritisieren wäre höchstens, dass das rohe Kraut lange gekaut werden musste, da hatten sich die anderen Aromen schon lange verabschiedet. Separat kam ein saftig gebratenes Stück Gänsefleisch mit einem schmalzigen Topping, Preiselbeergel und etwas Thymian.
Zusammen war die Idee: Martinsgans en miniature!
Etwas leichter der Kartoffelchip als Grundlage für Saiblingstatar und -Kaviar mit etwas Wasabi-Mayonnaise.
Erst etwas salzig, entpuppte sich der Happen durch den asiatischen Meerrettich dann nach und nach als angenehm pikant.
Das Menü startete ungewohnt gleich mit einem warmen Gericht.
Die große Tranche Perlhuhnbrust war für mich etwas zu weit gegart und an der Grenze, ihre Saftigkeit zu verlieren. Dafür glänzte eine kalte Terrine mit einer frischen „grünen“ Kräutergelee-Schicht. Blumenkohl brachte Röstaromen und einen Hauch Kaffeepulver mit und als Mousseline sorgte er im Verbund mit einer sämigen Kartoffel-Vinaigrette für Süffigkeit. Famos der gehobelte Alba-Trüffel und wirklich mutig, mit Maracuja fruchtsaure Geschmacksspitzen zu setzen. Auch an Knabberliebhaber wie mich war mit wunderbar gebackener Haut und gepufften Würfelchen gedacht. Das war kein leiser Auftakt, sondern mitten rein in eine Wohlfühlküche, bei der trotzdem Neues entdeckt werden konnte.
Die ordentliche Portionsgröße wurde auf Nachfrage damit begründet, dass man „Vorurteilen gegen die Sterneküche“ zuvor zu kommen wolle.
Der folgende Teller geriet optisch deutlich konzentrierter.
Ein gut bemessenes Stück Steinbutt war saftig, geschmacklich eindeutig und konnte mit einer tollen Bräunung überzeugen. Sehr gut auch die nicht nur optisch gut erkennbare Estragonhaube auf dem Fisch. Das Frühlingskraut hätte ich nicht erwartet, doch die Einbindung des polarisierenden Geschmacks gelang sehr gut mit exakt verarbeitete Belugalinsen in Texturen. Ein Highlight der am Tisch angegossene Quitten-Apfel-Tee, der nicht nur für etwas herbe Säure sorgte, sondern mit „Glühweingewürzen“ das Gericht wieder in der Jahreszeit verortete.
Absolut gelungen.
Was erst recht für den nächsten Gang, ein kleines surf‘n‘turf, galt:
Die intensive Krustentiersoße mit Safran unterstützte sehr gut einen wunderbar fleischig-zarten Carabinero, überdeckte ihn aber nicht. Große Miesmuscheln changierten zwischen sehr gut und unfassbar lecker. Auf der Landseite punktete der Raviolo mit seiner Füllung aus kräftig mit Majoran abgeschmecktem, geschmortem Kaninchenfleisch. Dazu zarte Spitzpaprika, die als pikante Crème für etwas Tellergeometrie sorgte. In dieser Präsentation und den Komponenten Kaninchen und Paprika fatal an einen Teller im Parkhotel Bremen erinnernd, aber Lichtjahre davon entfernt. Einzige kleine Kritik: Der Nudelteig war etwas zu dick gearbeitet. Dadurch an der „Naht“ nicht durch und noch mehlig. Trotzdem großes Kino.
Hauptdarsteller im Fleischgang war zartes, saftiges Hirschfilet in Strudelteig,
dazwischen Grünkohl, der außerdem recht knackig sautiert so gar nichts mit der traditionellen norddeutsch verkochten Masse gemein hatte. Überhaupt freue ich mich über die Karriere dieser winterlichen Vitamin-C-Bombe seit wenigen Jahren in der Hochküche. Nur etwas kleiner gezupft hätte ich der Blätter gern gehabt. Die leicht süße Maronencrème passte sowohl toll zur kräftigen Säure des Moosbeeren-Gels wie auch zur Starkbiersauce. Ein Wildgericht feinster Güte fast ohne Tadel. Fast, denn die gebackenen halben Maronen sollten „Knack“ bringen, waren aber nur hart geworden. Das war aber leicht zu verschmerzen.
Die eingeschobene Käseauswahl bestand aus Comté, Langres (Rotschimmel), Pont l‘Eveque und (zu) jungem St. Maure.
Sehr beachtlich, ebenso wie die vielfältige Begleitung durch pikante Senffrüchte, Ahornsirup, Preiselbeerchutney und kandierten Walnüssen.
So ein Potpourri bekommt man lange nicht in allen Sterne-Restaurants. Großes Lob!
Da ich ja das komplette Freistil-Menue gewählt hatte, durfte ich mich an einem sehr schönen Dessert erfreuen.
Herrlich lockeres Kaiserschmarrn-Soufflé, dazu kaltes Blutorangensorbet „im Dialog“ mit frisch gegrillter Ananas (sowieso die einzig überzeugende Art, die süße Hawaiianerin im Zaum zu halten). Schon mit Zitronengrasschaum ging es etwas in die asiatische Richtung, aber die Ingwer-Koriander-Sauce nahm richtig Fahrt auf und präsentierte im Abgang eine deutliche Schärfe. Unerwartet mutig, aber genau richtig zum Abschluss. Der junge Patissier versteht sein Handwerk!
Wie er zum Abschluss mit einem kleinen Bratapfel-Ofenschlupfer zeigte. Aber auch die eigene, geeiste Variante vom Raffaello und ein hübsch süß-saures Grapefruit-Buttermilch-Marzipan überzeugten.
Der Abschied durch den Service war ähnlich wie die Begrüßung. Man war offensichtlich froh, dass sich der letzte (schwierige) Gast endlich von dannen machte.
Im REISERS weiß man genau, was man will. Eher Bürger- als Hochküche, aber auf sehr hohem Niveau und immer mit einem schönen, kreativen Twist. Wahrlich eine sonnige Wohlfühlküche, der der Nebel über Würzburg so gar nichts anhaben konnte.
Für meinen Erstbesuch bei Bernhard Reiser hätte ich mir wahrlich besseres Wetter gewünscht, um die grandiose Aussicht über den Main und die unterfränkische Metropole hinüber zur Residenz wirklich genießen zu können. Zwar funkelten die ersten Lichter in der hereinbrechenden Dunkelheit auch hübsch, aber schnell zog ein Dunst vom Fluss herauf und vereitelte alle Hoffnungen auf schöne Fotos.
Eigentlich wollte ich an diesem Abend ins Kuno1483, dem anderen mit einem Michelin ausgezeichneten Restaurant der Barockstadt. Eine geschlossene Gesellschaft ließ einen Spontanbesuch... mehr lesen
Reisers am Stein · Der Reiser Genussmanufaktur
Reisers am Stein · Der Reiser Genussmanufaktur€-€€€Sternerestaurant0931286901Mittlerer Steinbergweg 5, 97080 Würzburg
4.0 stars -
"Trüber Tag - sonnige Aussichten" DerBorgfelderFür meinen Erstbesuch bei Bernhard Reiser hätte ich mir wahrlich besseres Wetter gewünscht, um die grandiose Aussicht über den Main und die unterfränkische Metropole hinüber zur Residenz wirklich genießen zu können. Zwar funkelten die ersten Lichter in der hereinbrechenden Dunkelheit auch hübsch, aber schnell zog ein Dunst vom Fluss herauf und vereitelte alle Hoffnungen auf schöne Fotos.
Eigentlich wollte ich an diesem Abend ins Kuno1483, dem anderen mit einem Michelin ausgezeichneten Restaurant der Barockstadt. Eine geschlossene Gesellschaft ließ einen Spontanbesuch
Geschrieben am 11.06.2019 2019-06-11| Aktualisiert am
19.10.2019
Besucht am 09.11.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 77 EUR
Um spontan dem Novemberfrust zu entgehen, steuerte ich - von mäßig freundlichen Herren um die berühmte Deckenplatte der Kölner Philharmonie herum gewiesen - ohne Reservierung noch frohgemut das Maximilan Lorenz an. Ein Plätzchen für den einsamen Esser findet sich doch meist. Nur um gleich wieder im Nieselregen zu stehen: Ausgebucht! Dann also munter weiter ins maiBeck, dem lockersten Kölner Sternelokal (fast) am Rhein: Aber auch dort erntete ich zunächst ebenso sorgen- wie vorwurfsvolle Blicke. Aber flüsternd fiel das Zauberwort „Lauertisch“ und in der Tat, neben oder eher unter der Theke, im Laufweg zwischen dem Eingangs- und dem hinteren, ruhigeren Teil des Restaurants winkte ein leerer Tisch, eben gedacht für Gäste, die dort mehr oder minder geduldig warten, dass ein schönerer Platz frei wird. Kurz überlegte ich einen weiteren Lokalwechsel, zumal sich eine größere Familienfeier lautstark androhte. Doch man soll sein Glück als walk-in an einem Freitag-Abend nicht versuchen! Also blieb ich und wurde belohnt. Zunächst durch den Abgang der Gesellschaft in einen hinteren separaten Raum und später durch eine „Meute“ junger und jüngster Sänger und Sängerinnen, die verkleidet vermutlich von Sankt Martin berichteten. Leider war für mich das Liedgut durch den örtlichen Dialekt unverständlich, aber einen kleinen Obulus entrichtete ich wie die meisten anderen Gäste gern.
Auch der Service agierte angenehm. Eine Möglichkeit zum Tischwechsel ergab sich zwar nicht, vielmehr füllte sich das maiBeck bis auf den letzten Platz. Aber das machte nichts. Ich wurde beim Fotografieren, Notieren und eifrig Fragen stellen zwar interessiert beäugt, aber mit Witz und keineswegs aufgeregt bedient. Es herrschte eine entspannte, unkomplizierte Stimmung. Extrawünsche wurden mit Bedauern freundlich abgelehnt, was bei ausgebuchtem Restaurant am Wochenende natürlich völlig o.k. war.
Das Ambiente ist mir etwas zu schlicht.
Ohne anregende Gespräche am Tisch oder mit dem schwer beschäftigten Service schweifte der Blick über den grau gestrichenen nackten Fußboden, die Lüftungsrohre unter der Decke und die wenig geschmückten weißen Wände. „Blickfang“ ist der offene Beton einer Säule, die beim Wanddurchbruch vermutlich stehen bleiben musste.
Die Freischwinger und die Tische ohne Decken verströmen für mich arge Nüchternheit. Alles bestimmt wohl kalkuliert; vielleicht um jeder Schwellenangst vor der Sterneküche ein egalitäres Kantinenflair entgegen zu setzen? Im Sommer indes dürfte der Blick durch die großen Fenster auf und über den Rhein entschädigen.
Auch der kulinarische Einstieg in den Abend ruckelte noch ein wenig, als zum Weißbrot und dem tatsächlich recht sauer geratenen Sauerteigbrot eine noch harte Salzbutter gereicht wurde.
Dann erst einmal ein zweites Glas vom Traubensecco (5,5€), der anstelle einer regelrechten alkoholfreien Begleitung angeboten wurde. Später kam noch ein Apfel-Birnen-Saft (3€) und ein alkoholfreies Pils (stolze 3,8€) hinzu.
Gleich eine Reihe von Gerichten auf der Karte sind in kleiner und in großer Ausführung möglich. Ein tolles, gastfreundliches Angebot, so kann man mehr probieren. Ich setzte dreimal auf die Vorspeisen-Portion. Und Käse. Natürlich. Mit den Getränken hatte ich schließlich 77,8€ zu begleichen, ein vernünftiges PLV.
Schon auf dem Eröffnungsteller
glänzte nicht nur das gebackene Mittelstück („Herz“) vom Kalbsbries (17€) mit perfekt zarter Struktur, sondern auch wörtlich die separat gereichte, kräftige dunkle Sauce.
Nur schade, dass der Service offenbar von Carsten 1972 vorgewarnt war und für das Schleckermäulchen von der Weser keinen Löffel eingedeckt hatte. Die rustikal aussehende Unterlage bestand aus einer kräftig sauren Apfel-(Spaghetti)Kürbis-Mischung, die jedoch von den Kräuteraromen einer leichten Majonäse von Frankfurter Grüner Sauce ausbalanciert wurden. Das war zugleich mutig und ausgewogen kombiniert und ein gutes Beispiel für eine ihre ländliche, regionale Herkunft nicht verleugnende Küche.
So ging’s auch mit dem Zwischengang weiter.
Die noch einen Tick zu harten Cappellacci (14€) waren mit intensiven Hokkaido-Kürbis gefüllt. Die Salbeibutter blieb demgegenüber unauffällig und auch der gehobelte Parmesan hätte noch etwas reifer sein dürfen. Richtig gut dagegen die Amarettini-Brösel, die nicht nur für Crunch, sondern mit einem wunderbaren Marzipan-Aroma für eine neue, sehr treffende Geschmacksrichtung sorgten.
Fast gänzlich begeistert war ich vom Hauptgang:
Festfleischiger Schweinebauch vom LiVar Klosterschwein (15€) mit intensiv „schweinigem“ Geschmack und erneut einer tollen Jus. Pochierte Birnen und eine feine Crème von weißen Bohnen belegten erneut die Herkunft aus der Landküche. Nur den reichlich vorhandenen, recht naturell verarbeiteten Pakchoi verstand ich nicht; der vielleicht gewollte asiatische Twist störte aber auch nicht. Schon eher die unangenehm zähen und klebrigen Schwartenbrösel, einziger Minuspunkt bei diesem Teller.
Bevor die zum Abschluss bestellte kleine Käseauswahl (8€) serviert wurde, gab es den Hinweis, dass der übliche Allgäuer Bergkäse nicht geliefert werden könne. Man habe aber französische Ware. Das war guter Service und natürlich überhaupt kein Problem. Dazu nochmal das Brot vom Anfang und eine selbstgemachte herb-saure Frucht-Senfmischung, könnte Sanddorn gewesen sein. In der Präsentation das Ambiente aufnehmend.
Vor dem Rückweg an Vater Rheins Gestaden gönnte ich mir doch noch ein paar Prozente in Form eines P.X. als Dessert-Ersatz.
Fazit: Right place, wrong time. Ich bin sicher, dass die Küche im maiBeck noch mehr kann, als an diesem mehr als ausreservierten Freitag-Abend gezeigt. Es gab ja auch keine Ausfälle, alles hat geschmeckt und trotzdem wurde durch mehrere Kleinigkeiten meine Erwartungshaltung ein wenig enttäuscht. Mit netter Begleitung und einer guten Flasche Wein wird es beim nächsten Mal sicher noch besser werden.
Um spontan dem Novemberfrust zu entgehen, steuerte ich - von mäßig freundlichen Herren um die berühmte Deckenplatte der Kölner Philharmonie herum gewiesen - ohne Reservierung noch frohgemut das Maximilan Lorenz an. Ein Plätzchen für den einsamen Esser findet sich doch meist. Nur um gleich wieder im Nieselregen zu stehen: Ausgebucht! Dann also munter weiter ins maiBeck, dem lockersten Kölner Sternelokal (fast) am Rhein: Aber auch dort erntete ich zunächst ebenso sorgen- wie vorwurfsvolle Blicke. Aber flüsternd fiel das Zauberwort „Lauertisch“... mehr lesen
3.5 stars -
"Am Lauertisch singt mir Sankt Martin" DerBorgfelderUm spontan dem Novemberfrust zu entgehen, steuerte ich - von mäßig freundlichen Herren um die berühmte Deckenplatte der Kölner Philharmonie herum gewiesen - ohne Reservierung noch frohgemut das Maximilan Lorenz an. Ein Plätzchen für den einsamen Esser findet sich doch meist. Nur um gleich wieder im Nieselregen zu stehen: Ausgebucht! Dann also munter weiter ins maiBeck, dem lockersten Kölner Sternelokal (fast) am Rhein: Aber auch dort erntete ich zunächst ebenso sorgen- wie vorwurfsvolle Blicke. Aber flüsternd fiel das Zauberwort „Lauertisch“
Geschrieben am 14.05.2019 2019-05-14| Aktualisiert am
14.05.2019
Besucht am 05.11.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 288 EUR
Im 5 (wohl: Five) in der Stuttgarter Innenstadt nahe dem Schloss gelegen (und nicht mit dem Berliner „Cinco“ zu verwechseln) fährt man eine interessante All-in-one-Strategie: Während sich das Erdgeschoss im Lauf des Tages von der hippen Frühstück-Location über Kaffee und Kuchen oder Streetfood bis hin zu Bar und Lounge wandelt, ist der 1. Stock dem Sterne-Restaurant und Events vorbehalten. Und das in einem Ambiente, das mir vom ersten Augenblick gefiel. Satte Brauntöne, die an Whiskey und Tabak erinnern, teils stylisch, teils rustikal schaffen eine etwas dunkle, überraschend warme, trotzdem urbane Atmosphäre, die durch eine geschickte Ausnutzung der Raumverhältnisse sowohl versteckte, auch offene Bereiche bereit hält. Hier kann man ohne Weiteres Stunden verbringen und dabei aus den sehr bequemen Sesseln nicht nur versonnen die alten Gußstahlträger des ehemaligen Bahnhofgebäudes betrachten, sondern auch die vielen schönen Menschen, die auf ihrem Weg aus den Niederungen zu den Waschräumen am transparenten Vorhang vorbei defilieren. Lebendiges Interieur, das perfekt zur ambitioniert künstlerischen Gestaltung der Räume zwischen Dalí und Newton passt. Gleichfalls sei ein Blick auf die Homepage empfohlen, die zugunsten der Ästhetik - zumindest auf dem iPad - konsequent auf jegliche Bedienerfreundlichkeit verzichtet...
Ganz anders als der Service durch Restaurantleiter und Sommelier Dirk Romann, der die Rolle des Gastgebers voller Herzblut ausfüllte. Tischwechsel, Kissen, Heizung mal hoch, mal runter oder der mit schnellem Griff erledigte Austausch des Sitzmöbels änderten nichts an seiner engagierten, ebenso selbst-ironischen wie -bewussten Freundlichkeit. Erst recht keine umgeworfene Wasserflasche, ein verrutschtes Aperó oder gar die Gelegenheit, dem interessierten Wein-Novizen die teilweise überraschenden Bouteillen ausführlich zu erläutern. Allerdings hatte der Maître auch genug Muße, denn bis auf einen späten Gast blieb ich an diesem Montagabend allein. Auch Chef Alexander Dinter warf deshalb einen zunächst etwas misstrauischen Blick auf den einzelnen Borgfelder.
Mit dem weißen Vermouth (erstaunlich günstige 4,5€) wurde zunächst ein einzelnes Aperó serviert.
Die Avocadocrème mit Salzflocken überraschte mit kräftiger Säure, die aber mit den kräftigen Röstnoten des schwarzen Sesamcrackers ausgezeichnet harmonierte. Einfach, aber exakt - alles da, alles gut. Sehr gut auch der folgende Kräutermacaron mit einer lila (Lavendel?) Senfcrème und Senfgrütze. Der dritte Musketier enttäuschte da ein wenig. Zwar waren Shitake und Pilzmajonäse erneut gut erschmeckbar. Das Pita-Kissen darunter war aber unangenehm hart, ohne knusprig zu sein. Da blieb Luft nach oben, wie zuletzt die perfekten Mini-Langos im Horváth bewiesen haben.
Dafür schmeichelte Foie gras mit Nougat zu einem Turrón verarbeitet dem Gaumen, wurde aber mit Sojasoße und -Sprossen erfolgreich aus der zu süß-weichen Ecke geholt.
Das Menü ließ die Wahl zwischen 3 und 9 Gängen. Ich übte mich natürlich in Verzicht - auf das Dessert. Da wusste ich ja auch noch nicht, dass die Küche gleich mehrere „Einstimmungen“ einschieben sollte. (Als ob das was geändert hätte;-) Fällig wurden dafür 176€; eben Stuttgarter Preise, genau wie die 17,8€ für den Rosé Champagner.
Die Weinbegleitung - mit 90€ auch nicht gerade ein Schnäppchen - enthielt einige Überraschungen:
Loch, Riesling Herrenberg feinherb, Saar, 2008
Jones, Muscat Mœlleux, Languedoc, 2015
Hammel, Cuvée Liebfraumilch, Pfalz, 2017 (Liebfraumilch? Ich hör schon das Jaulen. Also: Riesling, Müller-Thurgau, Scheurebe als „Premium Edition“ im großen Holzfass und im gebrauchten Barrique ausgebaut, aus der Magnum...)
Tempé, Edelzwicker Alliance, Elsass, 2015
Machherndl, Grüner Veltliner Smaragd, Wachau, 2017
Attis, Albariño, Rías Baixas, 2017
Lapierre, Gamay Morgon, Rhône, 2016
Brun, Beaujolais mousseux FRV100, Rhône, 2017
Tenuta Roletto, Erbaluce di Caluso Passito, Piemont (Jahrgang? Keine Ahnung, da konnte ich mir nicht mehr viel merken...)
- Anmerkung: Die Fotos der Weinflaschen sind in der Fotogalerie bereits gedreht. Warum hier unter dem Bericht (noch?) nicht, gehört zu den vielen Rätseln der IT, die man als User demütig hinzunehmen hat -
Aber der Reihe nach:
Die Eröffnung geriet vegetarisch mit einem „virtuellem Spiegelei“.
Unter einem hellen Sesamblatt lugte bereits ein Nussbutter-Mascarpone-Eis hervor, das von asiatisch mariniertem Kürbis und Buttermilchschaum begleitet wurde. Ein gar nicht so leichter, aber erfrischend süß-säuerlicher Auftakt, der bereits zeigte, dass Alexander Dinter mutig kombiniert.
Auch die Brotbegleitung fand ich schön, da neben dem sehr guten Knäcke mit würzigen Saaten sowohl Kartoffel- als auch Olivenbrot in Form toller, locker-luftiger Muffins angeboten wurde.
Dazu Tomatenbutter mit Tomatensand und - auch neu - eine facettenreiche Paste auf der Basis von weißen Bohnen .
Der folgende Gang brachte als „Mon Cherie“ erneut Gänselebercrème mit Texturen von Kirsche und Topinambur.
Leider funktionierte das für mich auch geschmacklich nicht so gut, weil die arg süße Kirsche sehr dominierte. Die Segel vom Früchte-Nuss-Brot gingen wiederum in die süße Richtung, brachten aber immerhin einen schönen Crunch. Das Schmachten des Gaumens nach z. B. salzigem Gegenpart blieb unerhört.
Überzeugend die Himmel-und-Ääd-Variante.
Neben der Boudin-Noir-Praline konnten sich die Texturen vom Granny Smith gut behaupten. Die vielleicht noch etwas festen Bouillon-Kartoffeln steuerten durch Vanille einen süßen Touch bei, der durch karamellisierte Pecannuss und Eis verstärkt wurde. Dazu Blaukraut in mehreren Ausführungen und ganz stark Iberico-Popcorn. Da war neben gern gesehenem Bekannten auch interessantes Neues zu schmecken. Über die Präsentation kann man streiten.
Zur Abwechslung ging es dann fleischfrei weiter.
Blumenkohl in wilder wie in gezähmter Form wurde mit Purple Curry, getrockneten Trauben und gepufften Bulgur, nun ja, aufgepeppt. Zweierlei Eis sorgten für cremiges Schmelz und Temperaturunterschied. Angenehmer Gang, bei dem ich mir durchaus etwas mehr Schärfe gewünscht hätte.
Die Küche bedachte mich nun mit einer kleinen fernöstlichen Auflockerung:
Das Türmchen aus Okonomyaki, der japanischen Pizza-Variante, Bonito-Flocken auf Baiser und Kimchi war recht mild und damit erneut im Wohlfühlbereich angesiedelt. Ist ja kein Fehler!
Ein in allen Belangen schöner Carabinero bekam durch Zitronenschale und Calamansi eine passende, aber für mich wiederum etwas sparsam eingesetzte Säure. Das Miso-Eis erinnerte an die asiatische Einstimmung und für den Biss war diesmal ein Tapiokachip zuständig.
Auch der Fischgang wurde separat mit einer Polenta-Lauch-Praline auf Lauchsud angekündigt, die mit Kartoffel-Kapern-Mus und Yuzugel deutlich präsenter geriet.
Ein geschmacklich wie handwerklich famoser Zander aus Wildfang nahm mit exakt gegartem Lauch, Yuzu-Abrieb und Kartoffel-Kaper-Zubereitungen den Zwischenteller perfekt auf und setzte mit zart splitternden Culatello-Chips noch einen Umami-Akzent drauf.
Das war ein fokussierter Teller, wie ich ihn bislang etwas vermisst hatte.
Der Fleischgang hielt schon optisch das nun hohe Niveau.
Drei zarte Filet-Tranchen vom US Bison gab es, das magere Fleisch noch fast blutig und vielleicht nur vorsorglich mit schmelzendem Lardo bedeckt. Sehr überzeugend und schon eine kleine Seltenheit auf hiesigen Tellern. Die Ergänzungen nicht weniger gut: Topfencrème, Papaya-Texturen und Zitronenhollandaise sorgten für das „Maul voll Geschmack“, gepuffter Quinoa zudem für Knusper. Mir läuft gerade wieder das Wasser im Mund zusammen.
Als Pre-Dessert schickte die Küche eine schöne Patisserie-Arbeit, Birne à la 5
Birnenmousse und Gel, der Stiel aus Marzipan. Ein Jagertee-Sud als würziger Kontrapunkt, nur die Mischung aus Amaranth und Russisch-Brot geriet durch den verbindenden Honig etwas zu klebrig. Trotzdem sehr fein.
Wie fast immer konnte ich dem verarbeiteten Käse nicht widerstehen:
Der allseits beliebte Fourme d‘Ambert in mehreren Texturen und Temperaturen war kombiniert mit Nashi, Apfelgelee über Perlzwiebel, Walnuss und salzigem Gebäck nach Art der Tuc-Cracker. Das war ein durchaus harmonischer, aber eben doch interessanter Teller. Vor dem immer wahrnehmbaren Blauschimmelkäse entwickelten sich nach und nach weitere Aromen.
Aber die süße Abteilung entließ mich nicht ohne solide Petits fours auf meinen kurzen, beschwingten Weg zurück zum Hotel:
Pistazienparfait als Lolli (ohne Foto)
Apfelgelee auf Yams-Wurzel
Schokopraline mit Kirsch und Orange
Weiße Schokolade mit Passionsfruchtfüllung
Kaffeemacaron
Die Kreationen von Alexander Dinter streben nach Harmonie. Trotz manch interessanter Kombi bleibt alles in der Komfortzone. Das passt perfekt zum Ambiente und dem zugewandten Service. Trotzdem waren mir die „einfacheren“ Gänge am liebsten, bei denen ein Produkt stärker im Fokus stand. Alles in allem ein Abend zum Wohlfühlen.
Im 5 (wohl: Five) in der Stuttgarter Innenstadt nahe dem Schloss gelegen (und nicht mit dem Berliner „Cinco“ zu verwechseln) fährt man eine interessante All-in-one-Strategie: Während sich das Erdgeschoss im Lauf des Tages von der hippen Frühstück-Location über Kaffee und Kuchen oder Streetfood bis hin zu Bar und Lounge wandelt, ist der 1. Stock dem Sterne-Restaurant und Events vorbehalten. Und das in einem Ambiente, das mir vom ersten Augenblick gefiel. Satte Brauntöne, die an Whiskey und Tabak erinnern, teils stylisch,... mehr lesen
5 · Bar · Gourmetrestaurant
5 · Bar · Gourmetrestaurant€-€€€Restaurant, Bar, Cafe, Club, Loungebar, Sternerestaurant071165557011Bolzstr. 8, 70173 Stuttgart
4.0 stars -
"In einer Höhle in Stuttgart da speiste ein Bremer" DerBorgfelderIm 5 (wohl: Five) in der Stuttgarter Innenstadt nahe dem Schloss gelegen (und nicht mit dem Berliner „Cinco“ zu verwechseln) fährt man eine interessante All-in-one-Strategie: Während sich das Erdgeschoss im Lauf des Tages von der hippen Frühstück-Location über Kaffee und Kuchen oder Streetfood bis hin zu Bar und Lounge wandelt, ist der 1. Stock dem Sterne-Restaurant und Events vorbehalten. Und das in einem Ambiente, das mir vom ersten Augenblick gefiel. Satte Brauntöne, die an Whiskey und Tabak erinnern, teils stylisch,
Nach vier Vandalismus-Überfällen in den letzten Wochen sei das Restaurant nicht mehr versicherbar. Bis 17.5. gibt es Küche wie üblich.
Quelle: Restaurant-Ranglisten u.a. am 1.5.2019
Nach vier Vandalismus-Überfällen in den letzten Wochen sei das Restaurant nicht mehr versicherbar. Bis 17.5. gibt es Küche wie üblich.
Quelle: Restaurant-Ranglisten u.a. am 1.5.2019
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"Wird zum 18.5.2019 geschlossen." DerBorgfelderNach vier Vandalismus-Überfällen in den letzten Wochen sei das Restaurant nicht mehr versicherbar. Bis 17.5. gibt es Küche wie üblich.
Quelle: Restaurant-Ranglisten u.a. am 1.5.2019
Der 61-jährige will kürzer treten. Auch das Alte Zollhaus bekommt ein neues Konzept. In der Rotisserie Weingrün bleibt alles beim Alten.
Quelle: Restaurant-Ranglisten
Der 61-jährige will kürzer treten. Auch das Alte Zollhaus bekommt ein neues Konzept. In der Rotisserie Weingrün bleibt alles beim Alten.
Quelle: Restaurant-Ranglisten
Aigner-Gendarmenmarkt
Aigner-Gendarmenmarkt€-€€€Restaurant030203751850Französische Str. 25, 10117 Berlin
stars -
"Wird lt. Betreiber Herbert Beltle Ende August geschlossen" DerBorgfelderDer 61-jährige will kürzer treten. Auch das Alte Zollhaus bekommt ein neues Konzept. In der Rotisserie Weingrün bleibt alles beim Alten.
Quelle: Restaurant-Ranglisten
Geschrieben am 18.04.2019 2019-04-18| Aktualisiert am
18.04.2019
Besucht am 23.10.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 133 EUR
An das StarTrek-Motto fühlte ich mich erinnert, als ich bei der wie immer engagierten und herzlichen Vicky Kniely im Herz&Niere ganz offensiv das volle Innereien-Programm geordert hatte.
Und wir wurden nicht enttäuscht...
Zum Start kam ein Gin-Tonic ins Glas, der mit selbstgemachte Traubenkirsch-Sirup aromatisiert war. Vom Brett durfte ich Schweinenacken, Rinderschinken und Rehsalami knabbern.
Dazu gab es vier überzeugende hauseigene Brote. Mein Favorit war die tolle Variante mit sehr intensiver roter Beete. Die aufgeschlagene Butter brachte mit einem tiefen Grün von Topinamburblättern weitere Farbe ins Spiel.
Noch recht in bekannten Gefilden die Rinderleber
die mit leichter Röstung, aber noch deutlich blutig bestimmt nicht überall Begeisterung hervor gerufen hätte. Mir gefällt das allemal besser als durchgebraten; aber sollte der Service da nicht vorsorglich warnen? Unkritisch dagegen das Leber-Paté in Begleitung vom Grafensteiner Apfel in Texturen.
Wunderbar die badische Riesling-Spätlese 2012 von Fendt.
Der nächste Teller hatte Licht und Schatten. Die Kalbskutteln zart, noch besser die famose gekräuterte Hechtfarce, in Form und Farbe an eine Weißwurst erinnernd.
Frittierte Kräuter waren nett, aber die sehr bissfeste rote Bete traf gar nicht meinen Geschmack. Überdies war die Riesling(?)-Sauce sehr salzig geraten.
Untadelig der zweite Riesling des Abends, 2016 von Beurer aus Württemberg.
Dann ging es tatsächlich erstmals in unbekannte Weiten. Nicht mit dem großartigen Chardonnay von Bietighöfer. Den hab ich auf Vermittlung eines geschätzten Pfälzer Schluckspechts selbst im Keller. Auch nicht der zarten Nierchen wegen, bei denen leider das Salz fehlte, das die Kalbskutteln zu viel hatten. Aber Kalbshoden „natur“ (also nicht paniert und gebraten) hatte ich noch nicht probiert.
In Textur und Geschmack den Nieren sehr ähnlich, eher noch zurückhaltender. Dazu im tiefen Teller noch gelierte Rinderconsommé, die am Tisch mit heißem Wasser wieder aufgelöst wurde. Der Sinn erschloss sich mir nicht, allerdings war der Geschmack klasse. Schon fast zu intensiv für die zarten Innereien. Zumal es auch kräftig geröstetes Gemüse mit einem betörenden Duft gab. Eine Erfahrung.
Ebenso wie bei der zweiten Premiere des Abends, Kuheuter.
Geschmacklich ebenfalls dezent, hatte das blättrige Gewebe eine Konsistenz wie ein gekochtes Haschee.
Ein nicht zu kräftiger Petersiliensud gab dem Gericht eine schöne „grüne“ Note und Sellerie in verschiedenen Zubereitungen sorgte für eine schöne Einbindung. Einerseits. Andererseits war eine dicke, kurz angebratene Scheibe kaum zu zerschneiden, geschweige denn mit Genuss zu essen. Zudem noch viel zu penetrant für den feinen Fleischgeschmack. Sehr schade, zumindest teilweise misslungen.
Immerhin konnte der zweite Riesling von Fendt (2012 Neuweierer Altenberg) ordentlich punkten.
Fast perfekt präsentierte sich dagegen das Duo von Lungenragout vom Rind nebst Blutwurst mit schöner Rosmarinnote (leider ohne Foto). Die begleitende Schwarzwurzel war nicht so brutal naturbelassen und daher ebenso passend, wie das gelungene Püree. Dass sich erneut ein Stück (immerhin weicherer) Sellerie auf den Teller gemogelt hatte, nahm ich als Versehen und nicht als Trotzreaktion.
Den angebotenen Grauburgunder von Salwey verschmähte ich und kam so in den Genuss einer Reserve des dänischen Kirschweins, von dem Tischnotizen unlängst berichtete. Mit einer schweren, herben Süße eine wirkliche Entdeckung und mehr als gut zum Gericht passend. Bravo!
Abschließend geschmortes Lammherz
eigentlich mein hiesiges Lieblingsstück. Die reichlichen, rosa geschmorten Tranchen versprachen leckersten Muskelfleisch-Genuss. Aber, was für eine Enttäuschung: Hart und überraschend trocken. An der Zubereitung lag es sicher nicht, aber ein Naturprodukt kann eben auch mal seine Tücken haben. Da ich die Innereien-Möglichkeiten der Küche vollständig ausgereizt hatte, wurden mir sofort nochmals Nierchen als Ersatz für den natürlich nicht berechneten Gang angeboten. Ich tröstete mich derweil mit geschmacklich überzeugenden Kräuterseitlingen, Möhren und Kürbis in einer tiefen Bratensoße.
Das 6-Gang-Menü mit 74€ preiswert kalkuliert, dazu 7,5€ für den Aufschnitt. Die Weinbegleitung schlug mit 42,50€ zu Buche und der Aperitif kostete 9,50€
Fazit: Schade, schade. Bei diesem Besuch gab es neben Highlights und neuen Erfahrungen leider auch ungewohnte Missgriffe der Küche. Das passiert halt mal. Meiner Begeisterung für dieses besondere Restaurant tut das aber keinen Abbruch; ich komme wieder. Es muss ja nicht immer Euter sein...
An das StarTrek-Motto fühlte ich mich erinnert, als ich bei der wie immer engagierten und herzlichen Vicky Kniely im Herz&Niere ganz offensiv das volle Innereien-Programm geordert hatte.
Und wir wurden nicht enttäuscht...
Zum Start kam ein Gin-Tonic ins Glas, der mit selbstgemachte Traubenkirsch-Sirup aromatisiert war. Vom Brett durfte ich Schweinenacken, Rinderschinken und Rehsalami knabbern.
Dazu gab es vier überzeugende hauseigene Brote. Mein Favorit war die tolle Variante mit sehr intensiver roter Beete. Die aufgeschlagene Butter brachte mit einem tiefen Grün von Topinamburblättern... mehr lesen
Herz & Niere
Herz & Niere€-€€€Restaurant03069001522Fichtestr. 31, 10967 Berlin
3.5 stars -
"To boldly go where no man has gone before!" DerBorgfelderAn das StarTrek-Motto fühlte ich mich erinnert, als ich bei der wie immer engagierten und herzlichen Vicky Kniely im Herz&Niere ganz offensiv das volle Innereien-Programm geordert hatte.
Und wir wurden nicht enttäuscht...
Zum Start kam ein Gin-Tonic ins Glas, der mit selbstgemachte Traubenkirsch-Sirup aromatisiert war. Vom Brett durfte ich Schweinenacken, Rinderschinken und Rehsalami knabbern.
Dazu gab es vier überzeugende hauseigene Brote. Mein Favorit war die tolle Variante mit sehr intensiver roter Beete. Die aufgeschlagene Butter brachte mit einem tiefen Grün von Topinamburblättern
Geschrieben am 13.04.2019 2019-04-13| Aktualisiert am
13.04.2019
Besucht am 18.10.2018Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 223 EUR
Nach dem Desaster im Karlsruher Schlosshotel schwang ich mich beim nächsten Termin in der Fächerstadt in die Straßenbahn und war ruck-zuck in Ettlingen. Das gegenüber dem Schloßpark gelegene Hotel Erbprinz wirkt zwischen Gleisen und Hauptstraße recht unscheinbar (ist dafür aber umso verwinkelter mit Um- und Anbauten im Inneren) und schien Anfang der 2000er in Betulichkeit erstarrt zu sein. Umso erfreuter war ich, dass bei meinem Besuch viele Räumlichkeiten frisch renoviert erstrahlten und das Personal sich herzlich um meine Belange kümmerte - einschließlich der sehr jungen, sehr zierlichen Auszubildenden, die sich partout nicht davon abbringen ließ, meine wirklich schwere Tasche treppauf, treppab durch das Labyrinth von Gängen bis in mein Zimmer zu schleppen. Und auch das Michelin-besternten Restaurant ist dezent modernisiert, keineswegs überladen.
Klare Linien statt adeligem Prunk. Einerseits weiß gestrichene Holzkassetten an den Wänden, andererseits ein moderner Teppich. Bequeme Cocktailsessel in kräftigem Orange vor klassisch eingedeckten Tischen
versprachen einen entspannten Abend, als ich von der supernetten Rezeptionistin begleitet und an einen freundlichen jungen Mann „übergeben“ wurde. Meistenteils wurde ich vom jungen Sommelier engagiert durch den Abend begleitet. Kein Hauch vom blasierten und steifen Service, den der Gault&Millau noch 2018 kritisierte. Wenig später begrüßte mich auch der Restaurantleiter, der ansonsten in der rustikalen Weinstube mithalf. Die war nämlich so gut besetzt, dass später am Abend sogar ein Paar ins Gourmetrestaurant „ausquartiert“ wurde. Bis dahin war ich einziger Gast gewesen, was mich inzwischen nicht mehr groß stört, wenn das Ambiente wie hier angenehm ist. Da kann man sich auf die Gerichte konzentrieren und es stört keinen, wenn ich die Teller für gute Fotos dreimal über den Tisch schiebe.
Mit der Menü-Karte präsentierte der Ober schöne Alba-Trüffel
denen ich natürlich nicht widerstehen konnte. Der Tausch der vorgesehen Nudeln gegen das Onsen-Ei aus einem anderen Gang war problemlos. Überhaupt agierte die Küche aufmerksam und schickte nach meiner Auswahl den Service mit der vorsorglichen Info zurück, dass bei zwei Tellern mit eher „salzigem“ Eis zu rechnen sei. So wünscht man sich das.
Also, ich war bereit:
Bei den Aperos stand höchst ungewöhnlich Cheddar in drei Variationen im Mittelpunkt.
Beim „Käsebrot“ mit Pumpernickel gefiel mir der frische Apfel (noch besser wäre Auster gewesen;-). Ein auf einem Dreizack serviertes Stück war säuerlich eingelegt und begleitet von einem Zwiebelchutney. Bei beiden wurde der gute Käse nicht zugedeckt. Handwerklich anspruchsvoller die Praline mit ihrem warmen, weichen Kern und dem knusprigen Crumble außen.
Ich war etwas unsicher, was ich von diesem recht rustikalen Auftakt halten sollte.
Auch die danach servierte Brotauswahl brachte keine Sicherheit. Vier Sorten, vom Bäcker zugekauft, frisch, aber irgendwie doch... langweilig.
Eine kleine Enttäuschung angesichts der vielen tollen Brote, die ich inzwischen in Restaurants - allemal der Sterne-Liga! - genossen habe. Lecker dazu die gute halbgesalzene Échiré-Butter, hochherrschaftlich mit Monogramm in der Butterglocke aus Silber.
Das folgende Amuse bouche war kein Aufreger, brachte aber Farbe ins Spiel.
Der auf Niedertemperatur gegarte Eismeer-Saibling hatte noch einen feinen Biss und der dazu angerichtete Quinoasalat nebst Basilikum und halbgetrockneter Tomate konnte mit fruchtiger Säue punkten.
Bei einer prickelnden Burgunder-Cuvée hatte ich mich aus aus dem großen Menü (7 Gänge für 148€ - das ist vergleichsweise teuer) für Rindertatar, Seezunge mit Entenmuschel, japanisch inspirierten Sellerie und die in der Sterneküche seltene Schweinestelze als Hauptgang entschieden, dazu kam der Trüffelgang. Und natürlich das spannend klingende Fourme d‘Ambert-Eis im Muskateller-Süppchen! Auf der Endabrechnung standen dafür schließlich 139 Euro.
Ins Glas kamen zur Begleitung Sauvignon blanc von Franz Keller, Chardonnay von Waßmer und Riesling Kabinett von Forstmeister Geltz Zilliken. Alle Getränke schlugen mit 84 Euro zu Buche.
Bereits der erste Gang konnte positiv überraschen.
Zwar gefiel mir die etwas cremige Textur des sehr fein geschnittenen, kräftigen Rindertatars nicht so gut. Ich mag’s lieber mit etwas Biss. Dazu passend galt für den reichlichen Kaviar: Kein Knack, doch viel Geschmack! Würze brachte ein nicht zu scharfes Senfeis. Mini-Blini und knusprige, deutlich kartoffelige Chips bildeten eine gute Unterlage. Und schließlich verschoben die Passepierre-Algen anstatt von Kapern das Ganze endgültig in eine sehr gelungene Surf’n’turf-Richtung. Ein intelligenter Auftakt.
Die Seezunge hielt dieses Niveau locker. Der präsente, hochfeine Fisch wurde mit dem Fuß der sogenannten Entenmuschel serviert. Der Duft des daraus gezogenen Suds begeisterte mich schon vor dem ersten Bissen. Gimmick war eine Knusperhaut, ebenfalls aus Muschel.
Als Begleiter eine „grüne“ Ratatouille aus Paprika, Tomate und Zucchino. Vervollständigt wurde der süffige Gang durch eine handwerklich tadellose Girasole mit Burrata-Füllung und -Schaum.
Spätestens jetzt hatte ich richtig Spaß am Abend!
Vegetarisch ging es mit weiter mit Sellerie als Crème und weich gegarten, überflämmten Quadern. Das schmeckte erstaunlich fein, süß und rauchig. Die wahren Stars waren aber die Beilagen: Shimeji-Tempura, Spinat, Pflaumen, Enokipilze. Dazu ein nicht zu starker Ponzusud und viele winzige Ingwerwürfelchen, vielleicht auch Zitronengras.
Aus diesem Potpourri ergab sich eine perfekt ausbalancierte Mischung aus Süße, Säure, Salzigkeit und Schärfe, die aber dem Sellerie Raum ließ. Sehr gut und das sage ich nicht oft über vegetarische Gänge.
Der folgende Teller brachte mich dann wieder in bekannte, aber natürlich sehr wohlige Gefilde.
Die sonnenförmige, makellos ausgeführte Pasta umschloss ein wachsweiches Onsen-Eigelb. Albatrüffel, die Menge nach Wunsch des Gastes gehobelt, ergänzten mit deutlichem, aber nicht brachialem Aroma. Dazu junger blanchierter Spinat und ein Trüffelschaum, der gegenüber den frischen Scheiben zwangsläufig abfiel, zumal recht salzig. Für etwas Crunch in diesem schmeichelnden Gang sorgte frittiertes Kartoffelstroh.
Im Hauptgang eine „Rhapsody in brown“.
Das gezupfte Fleisch der Schweinestelze wurde als Roulade, gehalten von Schweinenetz, präsentiert. Handwerklich und geschmacklich sehr schön, nur leider recht trocken. Die einzige echte Schwäche des Abends, die von der leicht säuerlichen Sauce gut ausgeglichen wurde. Erst recht in Kombination mit dem leckeren, aber wiederum kräftig gesalzenen Spinatknödel. Ausnehmend gut dagegen geschmorte Urkarotte und besonders die Krause Glucke, die einen frischen Salat-Biss einbrachte.
Zum Ausklang noch einmal ein Höhepunkt für den Borgfelder Käse-Junkie: Der Fourme d‘Ambert im Eis mild, aber gut zu erschmecken. Gerade in Balance mit der nicht zu süßen Muskatellersuppe mit gehäuteten und gehobelten Trauben.
Glanzstück aber die Knusper-Praline mit flüssiger Käsefüllung.
Chefkoch Ralph Knebel kam am späten Abend zu mir an den Tisch und nahm sich viel Zeit, meine Fragen zu beantworten. Dafür ganz herzlichen Dank. Und, weil ich die gute französische Butter so lobte, verließ ich den Erbprinz nicht nur hoch zufrieden, sondern sogar mit einem kleinen Gastgeschenk!
Nach dem Desaster im Karlsruher Schlosshotel schwang ich mich beim nächsten Termin in der Fächerstadt in die Straßenbahn und war ruck-zuck in Ettlingen. Das gegenüber dem Schloßpark gelegene Hotel Erbprinz wirkt zwischen Gleisen und Hauptstraße recht unscheinbar (ist dafür aber umso verwinkelter mit Um- und Anbauten im Inneren) und schien Anfang der 2000er in Betulichkeit erstarrt zu sein. Umso erfreuter war ich, dass bei meinem Besuch viele Räumlichkeiten frisch renoviert erstrahlten und das Personal sich herzlich um meine Belange kümmerte... mehr lesen
4.0 stars -
"Auf gutem Weg zu alten Höhen" DerBorgfelderNach dem Desaster im Karlsruher Schlosshotel schwang ich mich beim nächsten Termin in der Fächerstadt in die Straßenbahn und war ruck-zuck in Ettlingen. Das gegenüber dem Schloßpark gelegene Hotel Erbprinz wirkt zwischen Gleisen und Hauptstraße recht unscheinbar (ist dafür aber umso verwinkelter mit Um- und Anbauten im Inneren) und schien Anfang der 2000er in Betulichkeit erstarrt zu sein. Umso erfreuter war ich, dass bei meinem Besuch viele Räumlichkeiten frisch renoviert erstrahlten und das Personal sich herzlich um meine Belange kümmerte
Der langjährige Betreiber, Norman Fischer sucht dem Vernehmen nach eine neue berufliche Herausforderung. Der Hauseigentümer sucht nun einen neuen Pächter. (Quelle: Weser-Kurier)
Der langjährige Betreiber, Norman Fischer sucht dem Vernehmen nach eine neue berufliche Herausforderung. Der Hauseigentümer sucht nun einen neuen Pächter. (Quelle: Weser-Kurier)
Greta's Bistro
Greta's Bistro€-€€€Bistro, Cafe04213666890Contrescarpe 75 A, 28195 Bremen
stars -
"Kurzfristig geschlossen" DerBorgfelderDer langjährige Betreiber, Norman Fischer sucht dem Vernehmen nach eine neue berufliche Herausforderung. Der Hauseigentümer sucht nun einen neuen Pächter. (Quelle: Weser-Kurier)
Geschrieben am 24.03.2019 2019-03-24| Aktualisiert am
29.03.2019
Besucht am 29.09.2018Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 89 EUR
Pades Restaurant in der niedersächsischen Kreis- und Reiterstadt Verden hielt durchgängig 17 Jahre lang einen Michelin-Stern, bis sich Wolfgang Pade 2010 entschloss - in meiner Wahrnehmung als einer der ersten -, den zumindest damals bestehenden Erwartungshaltungen an Teller-Ikebana nicht mehr zu entsprechen, sondern seine Küche zu simplifizieren: Regional, saisonal, produktfokussiert, aber kreativ und auch mal mit dem Blick über den Tellerrand nach Asien oder ans Mittelmeer. Eigentlich alles, was aktuell für gehobene deutsche Küche steht. Ich kann einen Besuch auf der Homepage nur empfehlen; das aktuelle Angebot ist abwechslungsreich mit einigen Überraschungen. Vor allem aber wird ausführlich und interessant über das Restaurant und die Kulinarik insgesamt geschrieben. Nicht immer nach meiner Mütze, aber authentisch und meinungsstark.
Wenn man die Belegung an diesem Sonnabendmittag zugrunde legt, hat die Konzeptumstellung wirtschaftlich nicht geschadet; es war ausreserviert. So mussten wir zu meinem Leidwesen an einem „Durchgangstisch“ an der Servicestation
Platz nehmen, was für etwas Unruhe sorgte. Obwohl nur noch eine Karte im Angebot ist, wird am Raumkonzept der Sternejahre festgehalten. Im Bistro geht es rustikaler und enger zu. Im Restaurant ist alles etwas festlicher, obwohl auch hier keine Decke auf den hellen Holztischen (mit schienbeinfreundlichem Mittelfuß!) liegt
Dafür ist der Abstand etwas großzügiger. Der vordere Teil wird durch die Doppelfenster mit Blick auf den Domplatz geprägt. Im hinteren, zum sehr schönen, für den Sommerbesuch empfehlenswerten Garten gelegen, ist es dunkler, aber auch gemütlich. In allen Räumen erkennbar ist die ehemalige Nutzung als Patriziervilla, sei es durch die Leuchter, die hohen Holz- oder Stuckdecken oder das wirklich schöne Intarsienparkett. Der Blick in die Vergangenheit wird durch moderne Kunst aufgelockert.
4 Sterne.
Der Service erfolgte durch eine lebenserfahrene Mitarbeiterin, die mit gebremster Freundlichkeit ihren Job routiniert erledigte. Bei der Vollbelegung waren Extrawünsche nicht willkommen, Reklamationen wurden mehr abgearbeitet als bedauert. Eine Mitteilung über die Tagesangebote erfolgte knapp, dafür gab es keine Ansagen zu den servierten Tellern. Aber auch keine groben Schnitzer, daher 3 Sterne. Besonderheit war das 25-jährige Jubiläum eines Stammtisches, das natürlich von der Lokalpresse - erwartungsgemäß ohne jede Rücksicht auf die restlichen Gäste - dokumentiert werden musste. Für die Fotos kam dann auch der Hausherr aus der Küche. Schön wär’s gewesen, wenn er bei seinem Abgang nicht nur die Stammgäste begrüßt hätte. Passte aber zum übrigen Service.
Zunächst gab’s frisches Baguette vom Bäcker
mit - man musste halt raten - Paprikacrème mit Frühlingszwiebeln?
Olivenöl, Fleur de sel und eine Pfeffermischung waren auch am Start.
Monatskarte und Tagesangebote hatten schon den Herbst eingeläutet und waren ein Fest für Wild-Liebhaber. Fleisch aus heimischer Jagd ist bei Pade selbstverständlich. Meine Wahl fiel auf Reh, eine Frikadelle zum Einstieg (9€) und Spaghetti Bolognese als Zwischengang (10€). Als Hauptgang Hirschkeule (17,5€). Sehr erfreulich finde ich, dass fast alle Gerichte in kleinen Portionen angeboten werden. Das freut bescheidene Esser sowie Schlemmer, die gern mehrere Gänge probieren; also mich. Allerdings kam der Hirschteller trotzdem versehentlich zunächst in großer Ausführung an den Tisch.
Schon der erste Gang gefiel mir sehr gut.
Gut gebräunt kam die Frikadelle auf den Teller, saftig und mutig gewürzt mit einer leichten Kümmelnote und pikant im Abgang, klasse. Auch die Beilagen waren pfiffig: Verschiedenfarbige Bete nicht zu weit gegart und zimmerwarm mit einer fruchtigen Fenchel-Orangenvinaigrette überzogen. Sah hübsch aus, brachte Frische und Süße ins Gericht. Ebenfalls gut zum Wild passten die knusprigen Wacholderbrösel, die mit den Croûtons überdies für Biss sorgten. Und schließlich überraschte mich noch gelierte Reh-Consommé.
Der Nudelteller zeigte mal wieder, wie leicht es ist, mit guten Produkten und ordentlichem Handwerk den Gästen ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.
Zwar hatten die Nudeln nicht die raue Oberfläche, an der die Sauce so gut haftet, dafür war der Gargrad genau al dente. Die Bolognese mit dichtem Fleischgeschmack, scharf und mit einer leichten, angenehmen Säure. Ergänzte sich perfekt mit den süßen Borretanezwiebeln. Dazu etwas gehobelter Parmesan. Die schmackhaften Brokkoliröschen hatten Biss und setzten einen farblichen Akzent. Notwendig waren sie nicht.
Die (für mich) abschließende kräftige Keule war perfekt rosa gebraten
das Fleisch hatte Struktur, ohne zu fest zu sein. Intensives, nur leicht süßes Kerbelpüree gefiel mir auch deswegen, weil es nicht zu seifig schmeckte. Zusammen mit den festen, gut gewürzten Waldpilzen ein wunderbares Herbstgericht, bei dem die reduzierte Wildjus und eine pikante Senfsoße keine Wünsche offen ließen. Mit roter Bete gefärbte wieder sehr neutrale Tagliatelle kamen dafür gerade recht. Und mit den Preiselbeeren in Form eines cremigen Sorbets blitzte wiederum das gewisse Etwas auf.
Nur der Spätburgunder hatte eine allzu aufdringliche Säure, als einziger echter Schwachpunkt des Tages war das zu verschmerzen.
Fazit: Hier weiß man, was man tut! Eine eindeutige Küchenhandschrift, absolut auf der Höhe der Zeit. Daher: Empfehlung. Den nicht eben zugewandten Service muss man wohl hinnehmen. Zufrieden lehnte ich mich im bequemen Ledersessel zurück und leistete einem Süßen Fan bei ihrem kulinarischen Höhepunkt dieses schönen Mittagessens Gesellschaft.
Pades Restaurant in der niedersächsischen Kreis- und Reiterstadt Verden hielt durchgängig 17 Jahre lang einen Michelin-Stern, bis sich Wolfgang Pade 2010 entschloss - in meiner Wahrnehmung als einer der ersten -, den zumindest damals bestehenden Erwartungshaltungen an Teller-Ikebana nicht mehr zu entsprechen, sondern seine Küche zu simplifizieren: Regional, saisonal, produktfokussiert, aber kreativ und auch mal mit dem Blick über den Tellerrand nach Asien oder ans Mittelmeer. Eigentlich alles, was aktuell für gehobene deutsche Küche steht. Ich kann einen Besuch auf... mehr lesen
Pades Restaurant
Pades Restaurant€-€€€Restaurant, Catering042313060Grüne Str. 15, 27283 Verden (Aller)
4.0 stars -
"Erfreuliches Mittagessen" DerBorgfelderPades Restaurant in der niedersächsischen Kreis- und Reiterstadt Verden hielt durchgängig 17 Jahre lang einen Michelin-Stern, bis sich Wolfgang Pade 2010 entschloss - in meiner Wahrnehmung als einer der ersten -, den zumindest damals bestehenden Erwartungshaltungen an Teller-Ikebana nicht mehr zu entsprechen, sondern seine Küche zu simplifizieren: Regional, saisonal, produktfokussiert, aber kreativ und auch mal mit dem Blick über den Tellerrand nach Asien oder ans Mittelmeer. Eigentlich alles, was aktuell für gehobene deutsche Küche steht. Ich kann einen Besuch auf
Am 13.4.2019 gibt’s das Abschiedsmenü, bis dahin wird ein best-of gekocht. Es übernimmt Dirk Gieselmann. (Quelle: Nikos Weinwelten)
Am 13.4.2019 gibt’s das Abschiedsmenü, bis dahin wird ein best-of gekocht. Es übernimmt Dirk Gieselmann. (Quelle: Nikos Weinwelten)
Pauly Saal
Pauly Saal€-€€€Restaurant, Bar, Biergarten, Sternerestaurant03033006070Auguststr. 11–13, 10117 Berlin
stars -
"Arne Anker verlässt Pauly Saal" DerBorgfelderAm 13.4.2019 gibt’s das Abschiedsmenü, bis dahin wird ein best-of gekocht. Es übernimmt Dirk Gieselmann. (Quelle: Nikos Weinwelten)
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Eigentlich wollte ich an diesem Abend ins Kuno1483, dem anderen mit einem Michelin ausgezeichneten Restaurant der Barockstadt. Eine geschlossene Gesellschaft ließ einen Spontanbesuch nicht zu und so brachte mich ein Taxi die wenigen Minuten in den bei Frankenwein-Enthusiasten weltberühmten Würzburger Stein hinauf. Dort residiert im Weingut am Stein von Ludwig Knoll auch das Gourmetrestaurant, dessen Öffnung ich mir vorsichtshalber telefonisch hatte bestätigen lassen. Der Fahrer komplementierte mich aber zunächst bei der spektakulär über den Abhang platzierten Probierstube des Weinguts heraus, einen schon fast puristischen Quader aus Glas und Holz
Sicherlich ein ganz bewusstes Statement zur Modernisierung des vielleicht immer noch als etwas betulich wahrgenommenen fränkischen Weins.
Ich platzte in eine Weinprobe und wurde freundlich, aber resolut über den Platz ins von außen deutlich historischere Gasthaus verwiesen. Dort stand ich zunächst in einem Flur und konnte den Überschriften der Türen nach zwischen Weinstube und Restaurant wählen. Ich vermutete nach dem Telefonat letzteres und stand im Dunkeln. Man hätte vielleicht mal nach dem angemeldeten Gast schauen können, zumindest wenn ein Taxi vorfährt...
Beim zweiten Versuch hatte ich mehr Glück und eine der beiden Damen im Service bestätigte mir, dass heute nur in der Weinstube gedeckt sei, zu wenige Reservierungen. Ah ja - oh je. Ich sah mich schon vor sauren Zipfeln sitzen (was wahrlich nichts Schlechtes ist, nur an diesem Tage nicht gewünscht), da schob sie nach, dass aber die Restaurant-Karte gekocht werde. Fränkisch-direkt ließ sie mir die Platzwahl und so konnte ich an einem der wuchtigen, Bauhaus-Massivholztische ins neblige Würzburg hinunter schauen. Das Gestühl ebenfalls mit klarer Linie, aber angenehm gepolstert. Das Ambiente ist insgesamt sachlich, aber nicht kühl. Dafür sorgen warmes Holz und helle Farben, der goldfarbene Linoleum-Fußboden fällt auf.
Eine Gruppe chinesischer und deutscher Geschäftsleute verabschiedete sich gerade und so war ich im Gastraum überwiegend mit einem Dreigestirn aus der Technischen Hochschule allein, die den runden Geburtstag der Gastgeberin mit einigermaßen ermüdendem Durchhecheln der bayerischen Wissenschafts-Landschaft begingen. Die hier zwangsweise schnöde auf den Fußboden gestellte Kelly-Bag in fuchsia war dagegen ein Schmuckstück und passte perfekt zum Chanel-Kostüm!
Später kamen noch zwei Herren, aber überwiegend war es doch zu einsam, was etwas auf die Stimmung drückte.
Die beiden Damen im Service konnten da nicht wirklich helfen. Zwar leisteten sie sich keine schweren Patzer und erledigten alles weitgehend ordentlich, aber ich hatte doch den Eindruck, dass sie lieber hinter der Theke blieben, als etwas small-talk mit dem Einzelgast zu machen. Keine Nachfrage unter den Gängen, das Teelicht auf dem Tisch blieb unangezündet, das Wasserglas zu oft leer und auch Blickkontakt wurde nicht gesucht. Begeisterung sieht anders aus. Aber vielleicht hatten wir alle nicht unseren besten Tag. Ganz anders agierte dagegen der junge Gardemanger (und gleichzeitig Patissier), der mit viel Begeisterung und Interesse seine Teller selbst an den Tisch brachte. Mal als Gesamtleistung bewertet leicht überdurchschnittlich.
Weißer Port war nicht im Angebot, Vermouth nur vom italienischen Großanbieter. So brachte mich der Campari (ok - auch keine Mikro-Destillerie) mit frischgepresstem O-Saft (6,5€) als Selbstbausatz
auf die Idee, es statt einer à la Carte-Wahl mit dem „Freistil“ zu versuchen: Die eingesetzten Lebensmittel wurden verraten, deren Kombination und Zubereitung aber noch nicht. Nach Abschluss des Mahls gab es dann eine Karte mit dem kompletten Menü. So ein kleines Ratespiel kann ganz spannend sein und tatsächlich hatte ich einige Pairings nicht erwartet. Noch schöner wäre allerdings die Präsentation der Produkte selbst im unverarbeiteten Zustand - das macht wirklich Appetit!
Für 5 Überraschungsgänge wurden 110€ Euro berechnet, im nationalen Vergleich der 1-Sterner eher selbstbewusst, allerdings stand der Käse nicht auf die Rechnung. Wer übrigens am Montag kommt, kann ein preisreduziertes Menü wählen, das von den Azubis des Hauses gekocht wird. Tolle Nachwuchsarbeit, Herr Reiser!
Für die - natürlich - vorwiegend fränkische Weinbegleitung fielen 55€ an. Das fand ich wiederum recht fair, da auch nachgeschenkt wurde.
Ins Glas kamen
vom Haus-Weingut ein Hoch3 2010er Riesling, der erste Jahrgang aus dem rekultivierten Weinberg im Stettener Stein,
gefolgt vom AB OVO (aus dem Beton-Ei) 2011er Eschendorfer Lump Silvaner trocken von Rainer Sauer,
als nächstes eine israelische (!) 2012er Cuvée von Roussanne und Marsanne aus Galiläa (Welcher Weißwein-Enthusiast muss da nicht an den Hermitage denken...),
nach drei Roten zur Probe ein eigener Spätburgunder aus der ebenfalls hochgelobten Würzburger Lage Innere Leiste
und schließlich noch eine 2011er Rieslaner Beerenauslese wieder vom Stettener Stein.
Frankenwein satt!
Aber zurück zur festen Speise: Schon der Auftakt war erfreulich. Mit anständigem Brot wurde nicht nur eine Rotweinschalotten-Butter serviert, sondern auch eine Crème auf der Basis von Brillat-Savarin,Quittenhonig und Kräutern.
Etwas Süßes zum Auftakt, sieh an!
Als erste Grüße schickte die Küche frischen, knackigen Rotkohl mit Zwergorange als herb-fruchtiger Ergänzung, dazu ein schönes Haselnuss-Knäckebrot, das mit Lebkuchengewürz sehr gut in die Jahreszeit passte.
Zu kritisieren wäre höchstens, dass das rohe Kraut lange gekaut werden musste, da hatten sich die anderen Aromen schon lange verabschiedet. Separat kam ein saftig gebratenes Stück Gänsefleisch mit einem schmalzigen Topping, Preiselbeergel und etwas Thymian.
Zusammen war die Idee: Martinsgans en miniature!
Etwas leichter der Kartoffelchip als Grundlage für Saiblingstatar und -Kaviar mit etwas Wasabi-Mayonnaise.
Erst etwas salzig, entpuppte sich der Happen durch den asiatischen Meerrettich dann nach und nach als angenehm pikant.
Das Menü startete ungewohnt gleich mit einem warmen Gericht.
Die große Tranche Perlhuhnbrust war für mich etwas zu weit gegart und an der Grenze, ihre Saftigkeit zu verlieren. Dafür glänzte eine kalte Terrine mit einer frischen „grünen“ Kräutergelee-Schicht. Blumenkohl brachte Röstaromen und einen Hauch Kaffeepulver mit und als Mousseline sorgte er im Verbund mit einer sämigen Kartoffel-Vinaigrette für Süffigkeit. Famos der gehobelte Alba-Trüffel und wirklich mutig, mit Maracuja fruchtsaure Geschmacksspitzen zu setzen. Auch an Knabberliebhaber wie mich war mit wunderbar gebackener Haut und gepufften Würfelchen gedacht. Das war kein leiser Auftakt, sondern mitten rein in eine Wohlfühlküche, bei der trotzdem Neues entdeckt werden konnte.
Die ordentliche Portionsgröße wurde auf Nachfrage damit begründet, dass man „Vorurteilen gegen die Sterneküche“ zuvor zu kommen wolle.
Der folgende Teller geriet optisch deutlich konzentrierter.
Ein gut bemessenes Stück Steinbutt war saftig, geschmacklich eindeutig und konnte mit einer tollen Bräunung überzeugen. Sehr gut auch die nicht nur optisch gut erkennbare Estragonhaube auf dem Fisch. Das Frühlingskraut hätte ich nicht erwartet, doch die Einbindung des polarisierenden Geschmacks gelang sehr gut mit exakt verarbeitete Belugalinsen in Texturen. Ein Highlight der am Tisch angegossene Quitten-Apfel-Tee, der nicht nur für etwas herbe Säure sorgte, sondern mit „Glühweingewürzen“ das Gericht wieder in der Jahreszeit verortete.
Absolut gelungen.
Was erst recht für den nächsten Gang, ein kleines surf‘n‘turf, galt:
Die intensive Krustentiersoße mit Safran unterstützte sehr gut einen wunderbar fleischig-zarten Carabinero, überdeckte ihn aber nicht. Große Miesmuscheln changierten zwischen sehr gut und unfassbar lecker. Auf der Landseite punktete der Raviolo mit seiner Füllung aus kräftig mit Majoran abgeschmecktem, geschmortem Kaninchenfleisch. Dazu zarte Spitzpaprika, die als pikante Crème für etwas Tellergeometrie sorgte. In dieser Präsentation und den Komponenten Kaninchen und Paprika fatal an einen Teller im Parkhotel Bremen erinnernd, aber Lichtjahre davon entfernt. Einzige kleine Kritik: Der Nudelteig war etwas zu dick gearbeitet. Dadurch an der „Naht“ nicht durch und noch mehlig. Trotzdem großes Kino.
Hauptdarsteller im Fleischgang war zartes, saftiges Hirschfilet in Strudelteig,
dazwischen Grünkohl, der außerdem recht knackig sautiert so gar nichts mit der traditionellen norddeutsch verkochten Masse gemein hatte. Überhaupt freue ich mich über die Karriere dieser winterlichen Vitamin-C-Bombe seit wenigen Jahren in der Hochküche. Nur etwas kleiner gezupft hätte ich der Blätter gern gehabt. Die leicht süße Maronencrème passte sowohl toll zur kräftigen Säure des Moosbeeren-Gels wie auch zur Starkbiersauce. Ein Wildgericht feinster Güte fast ohne Tadel. Fast, denn die gebackenen halben Maronen sollten „Knack“ bringen, waren aber nur hart geworden. Das war aber leicht zu verschmerzen.
Die eingeschobene Käseauswahl bestand aus Comté, Langres (Rotschimmel), Pont l‘Eveque und (zu) jungem St. Maure.
Sehr beachtlich, ebenso wie die vielfältige Begleitung durch pikante Senffrüchte, Ahornsirup, Preiselbeerchutney und kandierten Walnüssen.
So ein Potpourri bekommt man lange nicht in allen Sterne-Restaurants. Großes Lob!
Da ich ja das komplette Freistil-Menue gewählt hatte, durfte ich mich an einem sehr schönen Dessert erfreuen.
Herrlich lockeres Kaiserschmarrn-Soufflé, dazu kaltes Blutorangensorbet „im Dialog“ mit frisch gegrillter Ananas (sowieso die einzig überzeugende Art, die süße Hawaiianerin im Zaum zu halten). Schon mit Zitronengrasschaum ging es etwas in die asiatische Richtung, aber die Ingwer-Koriander-Sauce nahm richtig Fahrt auf und präsentierte im Abgang eine deutliche Schärfe. Unerwartet mutig, aber genau richtig zum Abschluss. Der junge Patissier versteht sein Handwerk!
Wie er zum Abschluss mit einem kleinen Bratapfel-Ofenschlupfer zeigte. Aber auch die eigene, geeiste Variante vom Raffaello und ein hübsch süß-saures Grapefruit-Buttermilch-Marzipan überzeugten.
Der Abschied durch den Service war ähnlich wie die Begrüßung. Man war offensichtlich froh, dass sich der letzte (schwierige) Gast endlich von dannen machte.
Im REISERS weiß man genau, was man will. Eher Bürger- als Hochküche, aber auf sehr hohem Niveau und immer mit einem schönen, kreativen Twist. Wahrlich eine sonnige Wohlfühlküche, der der Nebel über Würzburg so gar nichts anhaben konnte.