"Italienisch zum abgewöhnen - oder: der nächste Pächter kommt bestimmt"
Geschrieben am 06.04.2015 2015-04-06

"Gutes Essen und gute Weine"
Geschrieben am 22.02.2015 2015-02-22

"Absichtserklärender Grieche -oder: anscheinend weicht Ambition wirtschaftlichem Interesse"
Geschrieben am 21.02.2015 2015-02-21

"Super Getränkeangebot von der Insel -oder: Essen kann, muss aber nicht"
Geschrieben am 15.02.2015 2015-02-15 | Aktualisiert am 16.02.2015

Wir wurden ins rustikal aber authentisch wirkende erste Stockwerk geführt und konnten uns einen Tisch aussuchen, lediglich zwei weitere waren besetzt. Hier ist stabiles, rohes Mauerwerk und hellbraunes, klar lackiertes Holz Programm. Umlaufend an den Wänden eine Holzbank mit wuchtigen Tischen in der Gleichen Machart wie die Vertäfelung und die Balkenkonstruktion. Abgesehen von der etwas verspielten Deko (Weihnachtsreste) wirkt es mittelalterlich. Die Küche liegt wohl (wie auch die Toiletten) im Keller, jedenfalls ist neben der Treppe ein Speisenaufzug nebst gekühltem Sideboard installiert. Nichts davon schien jedoch in Betrieb. Die einzige, (wohlgemerkt wir reden über Samstagabend) sehr weibliche Servicekraft (4,9) durfte alles, sporadisch durch den Chefdarsteller unterstützt, heraufschleppen. In der zügig überreichten Speisekarte fand sich wenig ambitioniertes, dafür waren etliche Angebote aus, da ‘sehr viel los‘ sei?!? Immerhin gab es noch zwei Tagesofferten (Holzfällerschnitzel und Lammhaxen). Von der anfangs kreativ-mediterranen Ausrichtung hat man sich anscheinend zurück zu einem typischen, deutschangepassten Feld-, Wald- und Wiesenitaliener entwickelt.
Mangels Masse entschieden wir uns für Bruschetta Mista à 7,50 Euronen und eine getrüffelte Kartoffelschaumsuppe für 6,90 Euronen als Vorspeise. Danach sollte es zwei Mal das Wiener Schnitzel vom Kalb mit Bratkartoffeln und Salat à jeweils 17,90 Euronen sein. Dazu eine Flasche Weißwein für 26,50 Euronen und eine Flasche stillen Wassers zu 5,50 Euronen. Bis zum Getränkeservice dauerte es eine ganze Weile schließlich wurde entgegen der Order Sprudelwasser serviert, ach so, mit vier (im Zeitraum unserer Anwesenheit) belegten Tischen war natürlich ‘sehr viel los‘ und in der Hektik (oder vielleicht besser Planlosigkeit) kann das natürlich vorkommen…. Der Wein, ebenfalls mangels Auswahl, ein Italiener aus der Massentraube Trebbiano (EK lt. www im Schnitt <5,- Euronen) schien etwas dünn, dafür aber säurebetont. Zum Runterspülen der vorab kredenzten, pappigen Baguettescheiben nebst, vom hochgeschätzten Kollegen S aus SO zu Recht gefürchteten, angenehm nach Nichts schmeckendem Quarkaufstrich, immerhin geeignet. Das in etwas klebriger Flasche auf dem Tisch befindliche Olivenöl war leider keine Alternative, da bereits ein leicht ranziger Unterton vorhanden schien. Aus den Wastelstreuern war nach gutem Zureden (aufschrauben, verklebte Löcher freikratzen, zuschrauben) wenigstens das Salz verwertbar. Nach wiederum geraumer Wartezeit kamen…
| Die Vorspeisen |
Das Kartoffelsüppchen zwar nicht wirklich schaumig dafür angenehm sämig, mit Lauchstreifen und nicht zu übertriebener Trüffelnote. Für Madame ein wohlschmeckender Start.
Die entgegen meiner üblichen Präferenz, todesmutig gewählten Bruschette zementierten meine Erwartungshaltung gegenüber derartigen Gerichten aufs Wunderbarste. Da das Brot nur unzureichend, einseitig angeröstet war, schien es zwar trocken, aber weit davon entfernt knusprig zu sein. Knoblauch fehlte fast völlig dafür waren die blassen Tomatenschnipsel mit reichlich roten Zwiebelbrunoise versetzt das darüber gegebene Pesto störte nicht weiter. Die eine, mit Gorgonzola belegte Brotscheibe hätte gut sein können, wenn man denn die unsägliche Balsamico-Äquivalentcrème weggelassen hätte. Das Beste waren der saftig gegarte Garnelenschwanz und die Rucolablätter.
Zwischendurch machte sich der Service rar. Bei den wenigen Auftritten an den Nebentischen gelang es uns nicht, die den dortigen Gästen geltende Aufmerksamkeit in unsere Richtung zu lenken, man will ja nicht unangenehm auffallen. Irgendwann wurden die leeren Teller bemerkt und mit routinierter, Nachfrage abgeräumt. En passant erhielten wir jetzt noch den Hinweis, dass nicht mit Karte bezahlt werden könne. Auch bis zum nächsten Gang verstrich gefühlt eine Ewigkeit, dann servierte man…
| Die Hauptspeisen |
Jeweils ein passabler, kleiner Salatteller mit etwas Dressing und nur wenigen welken Blättern war noch das Highlight des Gerichts. Das arme Kalb war höchstwahrscheinlich durch eine amokrollende Dampfwalze umgekommen. Ein derartig dünnes (gefühlte 90g Fleisch gegen 210g Panierung) und offensichtlich in der Fritteuse akribisch durchgetrocknetes (grau und zäh) Schnitzel hatte ich bisher jedenfalls noch nie auf dem Teller. Die wenigen Bratkartoffeln waren zwar nicht zu fettig und wiesen einige rösche Stellen auf, leider waren die enthaltenen Zwiebelfetzen aber verbrannt und die reichlich eingesetzte Petersilie verbesserte das Ganze ebenfalls nicht. Gut, dass es statt der richtigen Wiener Garnitur lediglich eine Zitronenecke gab ist nicht weiter tragisch, passt aber auch ins Bild.
Beim Abräumen fragte die Servicekraft artig wegen Dessert, Digestiv oder Café nach, wir wollten aber nur noch flüchten. Unterm Strich, zur Vorbereitung auf das was in der Holzklasse im Flugzeug serviert wird, sicher das richtige obwohl ich damit einigen Fluglinien Unrecht tue… Für insgesamt 82,20 Euronen eine restlos überbezahlte Erfahrung.