Geschrieben am 29.01.2021 2021-01-29| Aktualisiert am
11.02.2021
Besucht am 21.10.2020Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 21 EUR
„Ich hab' Heimweh - Fernweh? - Sehnsucht
Ich weiß nicht, was es ist - ich will nur weg
Ganz weit weg - ich will raus!“ (aus dem Lied „Sehnsucht“ von Purple Schulz, 1984)
Nahezu jedes Wort aus dem Refrain dieser emotionalen 80er Jahre Hymne vom legendären Poppoeten Purple Schulz aus Köln ließe sich auf die heutige Zeit übertragen. An Quarantäne und eingeschränkte Reise- und Bewegungsfreiheit dachte der deutsche Sänger und Multiinstrumentalist Schulz sicher nicht, als er diese Zeilen verfasste. Dass sie uns heute, 37 Jahre später, aus der Seele sprechen, lässt sie aktueller denn je erscheinen.
Genug philosophiert! Es ist Pandemie. Es ist Lockdown. Und gerade der gemeine Gut- und Gernesser hat Sehnsucht nach seinen liebgewonnenen Verzehrtempeln, die nun schon seit rund 3 Monaten geschlossen sind. Den weltoffenen Viel- und Gernreisenden überkommt wahrscheinlich eher das Gefühl von Fernweh. Aber raus wollen sie sicherlich alle. Raus aus diesem Alptraum. Raus aus dieser Zeit des Abstands und der vielen Einschränkungen.
Wie und wann das geschehen wird, bleibt abzuwarten. Da schwelgt so mancher in kulinarischen Erinnerungen aus der Zeit zwischen den beiden Gastro-Shutdowns oder berichtet bildgewaltig direkt aus dem Auge des Orkans. Andere bringen ihre abgepackten (und dann wunderschön angerichteten) Take-Away-Erfahrungen zu Papier und unterstützen die örtliche Gastronomie in vielerlei Hinsicht. Allen ist jedoch eines gemein: sie sehnen sich nach der „alten Normalität“ in den Restaurants ihres Vertrauens.
Vielleicht war es ja auch bei mir eine Art kulinarisches Fernweh, das mich zusammen mit meiner Frau nach quarantänebedingter Absage des geplanten Herbsturlaubs in das gleichnamige Streetfood-Bistro in der Karlsruher City trieb. Das mitten in der Corona-Krise, Anfang August letzten Jahres eröffnete Lokal sah einladend ein und versprach neben diversen Hotdogs, Burgern, Wraps und Co. auch ein paar internationale „Gassengerichte“ der ungewöhnlicheren Art.
Hotdog-Brötchen, Pita-Brot und Burger-Buns bezieht man übrigens aus der näheren Umgebung. Die Qualitätsbäckerei Fricke-Bäck aus Waldbronn zeichnet sich nämlich für die Backwaren im Fernweh verantwortlich. Auch bei Fleisch nutzt man die Ressourcen der Region. Kein Geringerer als Spitzenmetzger Heiko Brath aus Karlsruhe – einer der Besten seiner Zunft – liefert feinstes Rindfleisch für Pastrami, Burger-Pattys und Pulled Beef.
Durch die hohe Glasfront konnten wir bereits einen Blick in das zur späten Mittagszeit menschenleere Innere des Bistros werfen. Von außen
Wir betraten den winzigen Gastraum durch eine Glastür und befanden uns sogleich vor einem schwarzgefliesten Bestell- und Ausschanktresen, der nüchternen Bistrocharme versprühte. Von einem Gitter, das an der Decke befestigt war, rankte reichlich Blattwerk. Keine Ahnung, ob das alles echt war.
Hinter dem Tresen kontrastierte eine mit weißen Fliesen bestückte Wand die in schwarz gehaltene Thekenfront in bestem Yin-und-Yang-Sinne. Ein paar Regale mit Gläsern, Pfeffermühlen, Essig-Öl-Karaffen und diversen anderen Gefäßen hingen an jener Rückwand. Links ums Eck ging es nach hinten in die Küche. Unser erster Eindruck in Sachen Interieur lautete: trendig-gepflegt, aber nicht besomders gemütlich. Blick auf den Bestelltresen
Hinter schützendem Plexiglas wurde der Ausschank erledigt. Die Getränke dazu, befanden sich im Kühlschrank links daneben. Aus jenem wählten wir eine kleine Flasche Bellaris-Mineralwasser (2,50 Euro) und einen hausgemachten Eistee namens „Fruit Punch“ (4 Euro) und setzten uns an einen der beiden Tische, deren eindrucksvolle Platten aus rund 15 cm dicken Baumstammhälften gefertigt waren. Ausgefallenes Mobiliar
Keine Ahnung, ob dafür ein Mammutbaum aus einem badischen Nationalpark „Bad Herrenalb“ geopfert musste, aber in Sachen Mobiliar waren die auf dünnen Füßen stehenden Wuchtplatten ein echter Hingucker.
Wir saßen auf einer bequem gepolsterten Bank, die sich entlang der Fensterfront erstreckte und blickten in Richtung Theke. Ein paar „Koffer mit Füßen“ dienten ganz im Sinne des Restaurantnamens als weitere, pfiffig ausgedachte Sitzgelegenheiten. Blich nach draußen
Von der hohen Decke baumelten Leuchten im Industriedesign, die einen freien Blick auf ihre beachtlichen Leuchtmittel erlaubten. Nun, wer’s mag. Zur grauen, unverputzten Betonwand und dem blanken Estrichboden passten die aus meiner Sicht etwas zu weit unten hängenden LED-Röhren jedenfalls ganz gut.
Das Speisenangebot hing auf zwei hübsch gerahmten Schiefertafeln geschrieben an der Wand. Auf der einen war das mit „Everybody’s Darling“ bezeichnete Standardrepertoire nachzulesen. Dieses bestand aus jeweils drei verschiedenen Burgern („Pulled-Beef“, „Pulled-Beef x Chili Cheese“, „No Meat“, alle 9 Euro), Hotdogs („Danish Classic“, „Onion Lover“, „Cheesy“, alle 6 Euro) und Wraps („Chili-Chick“, Tex-Mex“, „Veggie“, auch alle 6 Euro) und wurde noch von einem Pastrami-Sandwich (8 Euro) mit Käse und Essiggurken ergänzt.
Auf der Tafel daneben ging es mit den „Specials“ etwas ausgefallener in die Straßenfuttermaterie. Beim südafrikanischen Klassiker „Bunny Chow“ (9 Euro) wurde ganz traditionell ein Hühnchencurry in ein ausgehöhltes Weißbrot gefüllt. Falafel im Pitabrot mit selbstgemachter Tahin-Hummus-Sauce (8 Euro) wurde als „Israeli Streetfood“ annonciert. Zu guter Letzt waren es dann die der traditionellen sizilianischen Küche angehörenden Arancini (7 Euro), die mein größtes Interesse weckten. Diese frittierten, hier mit Bolognese-Sauce gefüllten Reisbällchen in Clementinen-Größe versprachen krosses Knödelglück aus dem südlichen Teil des Stiefelstaates.
Zu den bestellten Arancini gesellte sich noch das Orient-Sandwich („PitaFaHu“) mit Falafel-Hummus-Füllung für meine Frau dazu. Der Mann, der freundlich unsere Bestellungen entgegennahm verschwand dann erst einmal in der Küche. Keine Ahnung, ob der Laden wirklich als „One-Man-Show“ betrieben wurde, oder ob noch Küchenpersonal zugegen war. Unsere „Fernbedienung“ war jedenfalls fürs Erste verschwunden. Kenne ich so nur von der heimischen Couch, wenn meine Frau sich weder „Buten“ noch „Binnen“ wegzappen lassen möchte…
Lange mussten wir nicht auf unsere Fernwehspeisung warten. Ein paar Schlucke vom nicht besonders süßen Früchte-Eistee später wurden schon unsere Mahlzeiten serviert. Die beiden ansehnlichen Arancini wirkten rein optisch wie eine gelungene Kreuzung aus Kartoffelknödel und Kroketten: von letzteren die Paniermehlhülle, von ersteren die Form. Beide waren sie mit etwas Glattpetersilien-Gehäcksel „frisiert“. Krokettas sizilianas
Ein sauberer Schnitt durch die sizilianischen Reisknödel offenbarte ihren Bolo-Kern. Die Arancini im Anschnitt
Mit Erbsen, kleingehackten Zwiebeln und Karotten hatte die zum Vorschein kommende Hackfleischsaucenfüllung durchaus auch ihre vegetabilen Momente. Nur leider blieb sie in der Würze doch recht brav, um nicht zu sagen blass.
Da hätte ich mir etwas mehr „Wumms“ gewünscht, zumal ja auch der Reismantel recht neutral schmeckte. Nicht falsch verstehen. Die Mafia-Kroketten waren handwerklich gut gemacht und sahen auf der edlen Keramik auch klasse aus. Nur leider konnten sie diesen Eindruck am Gaumen nicht ganz bestätigen. Ein wenig fad im Abgang. In etwa so wie der des ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten vor ein paar Tagen.
Meine Frau zeigte sich da schon etwas zufriedener, wenngleich der Verzehr ihres Falafel-Sandwichs infolge einer Überdosis Joghurt-Sauce zum süffig-tropfenden Pita-Erlebnis tendierte. Mount Pita (Westflanke)
Kleingeschnippelte Gurken, Tomaten und Peperoni sorgten für etwas zusätzliche Frische. Die darauf gestrichene Hummuscrème duftete zwar angenehm nach Kreuzkümmel, hätte aber auch ein wenig mehr „Schmackes“ vertragen können. Mount Pita (Ostflanke)
Natürlich war dieser Fladenbrot-Snack vom Aussehen her irgendwo zwischen veganem Falafel-Döner und Shawarma-Sandwich angesiedelt. Aber damit hatte meine Herzensdame ja auch gerechnet. Außerdem lobte sie die mit Sesam bestreute Brothülle, deren Krume angenehm fluffig daherkam. Da machte sich die Qualität des regionalen Bäckers positiv bemerkbar. Das Falafel-Sandwich in der Totalen
Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass die Qualität der genossenem Kleingerichte absolut in Ordnung ging. Etwas mehr Geschmackstiefe – gerne auch mit mehr „Ecken und Kanten“ – täten dem hier dargebotenen Straßenfutter gut. Denn in den Ländern, aus denen die Gerichte stammen, wird die Aromenküche großgeschrieben. Eine Entdeckung war das „Fernweh“ war trotzdem, denn es bringt ein wenig Abwechslung für Leute, die auf die Schnelle gerne mal was Neues ausprobieren. Den Betreibern wünsche ich, dass ihr derzeitiges Take-Away-Angebot angenommen wird und sie diese harte Zeit überstehen.
„Ich hab' Heimweh - Fernweh? - Sehnsucht
Ich weiß nicht, was es ist - ich will nur weg
Ganz weit weg - ich will raus!“ (aus dem Lied „Sehnsucht“ von Purple Schulz, 1984)
Nahezu jedes Wort aus dem Refrain dieser emotionalen 80er Jahre Hymne vom legendären Poppoeten Purple Schulz aus Köln ließe sich auf die heutige Zeit übertragen. An Quarantäne und eingeschränkte Reise- und Bewegungsfreiheit dachte der deutsche Sänger und Multiinstrumentalist Schulz sicher nicht, als er diese Zeilen verfasste. Dass sie uns heute,... mehr lesen
FERNWEH - International Streetfood
FERNWEH - International Streetfood€-€€€Restaurant072147047864Kaiserstraße 132 - Passagehof, 76133 Karlsruhe
3.5 stars -
"Hip, hip, hurra! Trendiges Streetfood-Bistro, dessen kulinarische Weltoffenheit auf regionalen Qualitäten basiert" Ehemalige User„Ich hab' Heimweh - Fernweh? - Sehnsucht
Ich weiß nicht, was es ist - ich will nur weg
Ganz weit weg - ich will raus!“ (aus dem Lied „Sehnsucht“ von Purple Schulz, 1984)
Nahezu jedes Wort aus dem Refrain dieser emotionalen 80er Jahre Hymne vom legendären Poppoeten Purple Schulz aus Köln ließe sich auf die heutige Zeit übertragen. An Quarantäne und eingeschränkte Reise- und Bewegungsfreiheit dachte der deutsche Sänger und Multiinstrumentalist Schulz sicher nicht, als er diese Zeilen verfasste. Dass sie uns heute,
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Ich weiß nicht, was es ist - ich will nur weg
Ganz weit weg - ich will raus!“ (aus dem Lied „Sehnsucht“ von Purple Schulz, 1984)
Nahezu jedes Wort aus dem Refrain dieser emotionalen 80er Jahre Hymne vom legendären Poppoeten Purple Schulz aus Köln ließe sich auf die heutige Zeit übertragen. An Quarantäne und eingeschränkte Reise- und Bewegungsfreiheit dachte der deutsche Sänger und Multiinstrumentalist Schulz sicher nicht, als er diese Zeilen verfasste. Dass sie uns heute, 37 Jahre später, aus der Seele sprechen, lässt sie aktueller denn je erscheinen.
Genug philosophiert! Es ist Pandemie. Es ist Lockdown. Und gerade der gemeine Gut- und Gernesser hat Sehnsucht nach seinen liebgewonnenen Verzehrtempeln, die nun schon seit rund 3 Monaten geschlossen sind. Den weltoffenen Viel- und Gernreisenden überkommt wahrscheinlich eher das Gefühl von Fernweh. Aber raus wollen sie sicherlich alle. Raus aus diesem Alptraum. Raus aus dieser Zeit des Abstands und der vielen Einschränkungen.
Wie und wann das geschehen wird, bleibt abzuwarten. Da schwelgt so mancher in kulinarischen Erinnerungen aus der Zeit zwischen den beiden Gastro-Shutdowns oder berichtet bildgewaltig direkt aus dem Auge des Orkans. Andere bringen ihre abgepackten (und dann wunderschön angerichteten) Take-Away-Erfahrungen zu Papier und unterstützen die örtliche Gastronomie in vielerlei Hinsicht. Allen ist jedoch eines gemein: sie sehnen sich nach der „alten Normalität“ in den Restaurants ihres Vertrauens.
Vielleicht war es ja auch bei mir eine Art kulinarisches Fernweh, das mich zusammen mit meiner Frau nach quarantänebedingter Absage des geplanten Herbsturlaubs in das gleichnamige Streetfood-Bistro in der Karlsruher City trieb. Das mitten in der Corona-Krise, Anfang August letzten Jahres eröffnete Lokal sah einladend ein und versprach neben diversen Hotdogs, Burgern, Wraps und Co. auch ein paar internationale „Gassengerichte“ der ungewöhnlicheren Art.
Hotdog-Brötchen, Pita-Brot und Burger-Buns bezieht man übrigens aus der näheren Umgebung. Die Qualitätsbäckerei Fricke-Bäck aus Waldbronn zeichnet sich nämlich für die Backwaren im Fernweh verantwortlich. Auch bei Fleisch nutzt man die Ressourcen der Region. Kein Geringerer als Spitzenmetzger Heiko Brath aus Karlsruhe – einer der Besten seiner Zunft – liefert feinstes Rindfleisch für Pastrami, Burger-Pattys und Pulled Beef.
Durch die hohe Glasfront konnten wir bereits einen Blick in das zur späten Mittagszeit menschenleere Innere des Bistros werfen.
Wir betraten den winzigen Gastraum durch eine Glastür und befanden uns sogleich vor einem schwarzgefliesten Bestell- und Ausschanktresen, der nüchternen Bistrocharme versprühte. Von einem Gitter, das an der Decke befestigt war, rankte reichlich Blattwerk. Keine Ahnung, ob das alles echt war.
Hinter dem Tresen kontrastierte eine mit weißen Fliesen bestückte Wand die in schwarz gehaltene Thekenfront in bestem Yin-und-Yang-Sinne. Ein paar Regale mit Gläsern, Pfeffermühlen, Essig-Öl-Karaffen und diversen anderen Gefäßen hingen an jener Rückwand. Links ums Eck ging es nach hinten in die Küche. Unser erster Eindruck in Sachen Interieur lautete: trendig-gepflegt, aber nicht besomders gemütlich.
Hinter schützendem Plexiglas wurde der Ausschank erledigt. Die Getränke dazu, befanden sich im Kühlschrank links daneben. Aus jenem wählten wir eine kleine Flasche Bellaris-Mineralwasser (2,50 Euro) und einen hausgemachten Eistee namens „Fruit Punch“ (4 Euro) und setzten uns an einen der beiden Tische, deren eindrucksvolle Platten aus rund 15 cm dicken Baumstammhälften gefertigt waren.
Keine Ahnung, ob dafür ein Mammutbaum aus einem badischen Nationalpark „Bad Herrenalb“ geopfert musste, aber in Sachen Mobiliar waren die auf dünnen Füßen stehenden Wuchtplatten ein echter Hingucker.
Wir saßen auf einer bequem gepolsterten Bank, die sich entlang der Fensterfront erstreckte und blickten in Richtung Theke. Ein paar „Koffer mit Füßen“ dienten ganz im Sinne des Restaurantnamens als weitere, pfiffig ausgedachte Sitzgelegenheiten.
Von der hohen Decke baumelten Leuchten im Industriedesign, die einen freien Blick auf ihre beachtlichen Leuchtmittel erlaubten. Nun, wer’s mag. Zur grauen, unverputzten Betonwand und dem blanken Estrichboden passten die aus meiner Sicht etwas zu weit unten hängenden LED-Röhren jedenfalls ganz gut.
Das Speisenangebot hing auf zwei hübsch gerahmten Schiefertafeln geschrieben an der Wand. Auf der einen war das mit „Everybody’s Darling“ bezeichnete Standardrepertoire nachzulesen. Dieses bestand aus jeweils drei verschiedenen Burgern („Pulled-Beef“, „Pulled-Beef x Chili Cheese“, „No Meat“, alle 9 Euro), Hotdogs („Danish Classic“, „Onion Lover“, „Cheesy“, alle 6 Euro) und Wraps („Chili-Chick“, Tex-Mex“, „Veggie“, auch alle 6 Euro) und wurde noch von einem Pastrami-Sandwich (8 Euro) mit Käse und Essiggurken ergänzt.
Auf der Tafel daneben ging es mit den „Specials“ etwas ausgefallener in die Straßenfuttermaterie. Beim südafrikanischen Klassiker „Bunny Chow“ (9 Euro) wurde ganz traditionell ein Hühnchencurry in ein ausgehöhltes Weißbrot gefüllt. Falafel im Pitabrot mit selbstgemachter Tahin-Hummus-Sauce (8 Euro) wurde als „Israeli Streetfood“ annonciert. Zu guter Letzt waren es dann die der traditionellen sizilianischen Küche angehörenden Arancini (7 Euro), die mein größtes Interesse weckten. Diese frittierten, hier mit Bolognese-Sauce gefüllten Reisbällchen in Clementinen-Größe versprachen krosses Knödelglück aus dem südlichen Teil des Stiefelstaates.
Zu den bestellten Arancini gesellte sich noch das Orient-Sandwich („PitaFaHu“) mit Falafel-Hummus-Füllung für meine Frau dazu. Der Mann, der freundlich unsere Bestellungen entgegennahm verschwand dann erst einmal in der Küche. Keine Ahnung, ob der Laden wirklich als „One-Man-Show“ betrieben wurde, oder ob noch Küchenpersonal zugegen war. Unsere „Fernbedienung“ war jedenfalls fürs Erste verschwunden. Kenne ich so nur von der heimischen Couch, wenn meine Frau sich weder „Buten“ noch „Binnen“ wegzappen lassen möchte…
Lange mussten wir nicht auf unsere Fernwehspeisung warten. Ein paar Schlucke vom nicht besonders süßen Früchte-Eistee später wurden schon unsere Mahlzeiten serviert. Die beiden ansehnlichen Arancini wirkten rein optisch wie eine gelungene Kreuzung aus Kartoffelknödel und Kroketten: von letzteren die Paniermehlhülle, von ersteren die Form. Beide waren sie mit etwas Glattpetersilien-Gehäcksel „frisiert“.
Ein sauberer Schnitt durch die sizilianischen Reisknödel offenbarte ihren Bolo-Kern.
Mit Erbsen, kleingehackten Zwiebeln und Karotten hatte die zum Vorschein kommende Hackfleischsaucenfüllung durchaus auch ihre vegetabilen Momente. Nur leider blieb sie in der Würze doch recht brav, um nicht zu sagen blass.
Da hätte ich mir etwas mehr „Wumms“ gewünscht, zumal ja auch der Reismantel recht neutral schmeckte. Nicht falsch verstehen. Die Mafia-Kroketten waren handwerklich gut gemacht und sahen auf der edlen Keramik auch klasse aus. Nur leider konnten sie diesen Eindruck am Gaumen nicht ganz bestätigen. Ein wenig fad im Abgang. In etwa so wie der des ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten vor ein paar Tagen.
Meine Frau zeigte sich da schon etwas zufriedener, wenngleich der Verzehr ihres Falafel-Sandwichs infolge einer Überdosis Joghurt-Sauce zum süffig-tropfenden Pita-Erlebnis tendierte.
Kleingeschnippelte Gurken, Tomaten und Peperoni sorgten für etwas zusätzliche Frische. Die darauf gestrichene Hummuscrème duftete zwar angenehm nach Kreuzkümmel, hätte aber auch ein wenig mehr „Schmackes“ vertragen können.
Natürlich war dieser Fladenbrot-Snack vom Aussehen her irgendwo zwischen veganem Falafel-Döner und Shawarma-Sandwich angesiedelt. Aber damit hatte meine Herzensdame ja auch gerechnet. Außerdem lobte sie die mit Sesam bestreute Brothülle, deren Krume angenehm fluffig daherkam. Da machte sich die Qualität des regionalen Bäckers positiv bemerkbar.
Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass die Qualität der genossenem Kleingerichte absolut in Ordnung ging. Etwas mehr Geschmackstiefe – gerne auch mit mehr „Ecken und Kanten“ – täten dem hier dargebotenen Straßenfutter gut. Denn in den Ländern, aus denen die Gerichte stammen, wird die Aromenküche großgeschrieben. Eine Entdeckung war das „Fernweh“ war trotzdem, denn es bringt ein wenig Abwechslung für Leute, die auf die Schnelle gerne mal was Neues ausprobieren. Den Betreibern wünsche ich, dass ihr derzeitiges Take-Away-Angebot angenommen wird und sie diese harte Zeit überstehen.