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Der zweite lock-down kündigte sich mit ersten Beherbungsverboten an und so waren wir froh, dass wir die letzte Station unserer kleinen, auch kulinarischen Deutschland-Tour erreicht hatten. Am ersten Abend hatten uns in der trink!ich Weinbar als feste Nahrung noch die (von Nachbarläden zugekauften!) Snacks gereicht, aber zum Abschluss sollte es dann doch etwas Seriöses sein. Beim spätabendlichen Bummel fiel auch gleich die Numero Uno der italienischen Lokalmatadore ins Auge. Aber ein Blick vom kleinen Kirchplatz durch die großen Fensterfronten erledigte das Thema auch schon wieder. Der Laden zum Scheiben beschlagen picke-packe voll, die Alltagsmaske vom Chef lässig unter dem Kinn getragen - ja, die Gastros sind mit guten Konzepten Teil der Lösung. Aber eben nicht alle...
Schon vorher hatten wir allerdings über einen Besuch im hoteleigenen Restaurant debattiert, die Vorteile des kurzen Heimwegs sind ja mannigfaltig. Und da Wirtschaftswunder bei seinem gemeinsamen Besuch mit Kiwikatze (die Älteren werden sich der sympathischen Mit-Kritikerin gern erinnern) durchaus nicht unzufrieden war, reservierten wir kurzentschlossen in der Georgia-Augusta-Stuben, die ihren femininen Namen einst einer inoffiziellen Verleihung durch das genussfreudige Professorenkolleg der heimischen Georg-August-Universität verdanken.
Der Name ist Programm, so stellt man sich die Stuben in einem inhabergeführten Romantikhotel von 1856 vor. Es regiert Eiche altdeutsch, Silberbesteck und warmes Licht in dessen foto-unfreundlichem goldenem Scheine die Patronin ihre Runde an den Tischen macht. Klingt nach alter Schule und Betulichkeit und das kann stehen geblieben und deplatziert wirken oder ganz und gar Seele und Leib erwärmend, je nachdem wie Service und Küche so „performen“.
Schaun mer mal...
Bei der Bedienung hatten wir schon mal einen Volltreffer gelandet. Schon am Abend vorher beim Absacker an der Bar, beim Nachmittags-Campari in der Lobby oder eben den Abend über: Die nach abgeschlossener Ausbildung vor zwei Jahren im Hause gebliebene junge Frau war mit soviel Freude und tadellosem Handwerk bei der Sache, dass wir uns zu jeder Zeit rundum gut und aufmerksam versorgt fühlten. Die Zeiten stimmten, die Ansprache, die Stimmung, schlicht perfekt. Ein super Abschluss und etwas Glück, denn der zweite, auch nicht viel ältere Kollege im Service gefiel sich dann doch in einem sehr jovialen Ton gegenüber der durchweg gesetzten Kundschaft, schaffte es aber nicht, auf die mehr oder weniger berechtigte Kritik an den Nebentischen souverän zu reagieren.
Der Abzug in der Sauberkeit ist dem wenig erbaulichen Anblick der Fensterbänke geschuldet, so viele tote Viecher und Spinnweben haben doch unangenehm überrascht.
Als Aperitif nippten wir an Pineau de Charentes; über Champagner (Roederer) kamen wir schließlich zu einem klassischen Sauvignon Blanc von der Loire. Vive la France!
Die Küche grüßte auf einem Probierlöffel mit Spaghetti von ofengebackenem Kürbis, Sardine und Kapernmajonäse unerwartet kreativ. Das entwickelte sich schön, allein die Säure kam nicht durch und der Kürbis war etwas faserig.
Neben einem guten, leider schon weichen Baguette gab es stark gesalzene Butter, ein mildes Olivenöl und eine aromatische Kürbiskern(öl)-Crème. Auf ausdrückliche Bitte durfte das Brot eine kleine Auffrischungstour im Ofen machen.
Im Gebhardts wird übrigens ein Couvert abgerechnet, 2,8€ pro Person standen auf der Rechnung. Vielleicht soll es gerade den old-school-Anspruch belegen, aber das halte ich für nicht passend. Ihre Meinung, verehrte Gemeinschaft?
Im übrigen waren die Preise wie zu erwarten gehoben, teils mehr, teils weniger. Insgesamt ist die goldene Mitte wohl richtig.
So richtig ging es auf den Tellern aber wieder französisch in Form von Fines de Claires los, die - natürlich - auf Eis und mit einer Fingerschale (!) serviert werden. Und was waren das für tolle Exemplare!
Fest, fleischig und extrem geschmackvoll. Bei solchem Genuss brauchte ich wahrlich nicht den Cheddar-Pumpernickel, zumal kein hübsch geschichtetes Türmchen, sondern nur ein reichlich portioniertes, ordinäres Käsebrot auf dem Extra-Teller lag. Dann doch lieber am perfekt temperierten Schampus in den beschlagenen Gläsern freuen.
Beim Zwischengang genoss meine Holde die fleischigen Scheiben einer kräftig gebeizten Fjordforelle, die auch durch ihren Kaviar mit der dünn aufgeschnittenen Rote Bete (das heißt jetzt „Carpaccio“!) immerhin mithalten konnte. Gehobelter Schafskäse und allerlei Blättlein vervollständigten diese in meinen Augen etwas willkürliche Kreation. Aber der Liebsten hat es geschmeckt.
Ich war den Meeresbewohnern kurzzeitig abtrünnig geworden und ließ mir ein Tatar vom „Weide“Ochsen schmecken, das zwar (sehr fein) geschnitten war, aber durch das Durchmengen mit Eigelb und Würzung eine recht breiige Textur erhalten hatte. Zum leicht pikanten Fleisch gab es ein halbes Wachtelei, Kräutermayo, allerlei vom Parmesan - fein die krossen Flips - und verzichtbare Alibi-Trüffel.
Dazu im Glas ein offener Spätburgunder, zu mehr reicht es ja beim Weser-Weißwein-Wetischisten (Nimm dies, Pelzer!) nicht.
Der Höhepunkt des Mahls war die mittelgroße Seezunge, fleischig und weich im Biss. Perfekt gebräunt, fein und eindeutig im Geschmack. Mit dem Safran-Pernod-Schaum ein luxuriöser Genuss aus der Nordsee. Nach der Präsentation im Ganzen
musste die Service-Fee beim Filetieren zwar unter unseren aufmerksamen Blicken etwas kämpfen, aber das Ergebnis konnte sich doch sehen lassen.
Salzkartoffeln, perfekt gegarter Spinat mit Schalotten und Knoblauch und viel stilvoll gereichte Buttersauce waren im Paketpreis enthalten, zusätzlich bestellten wir einen Berner Rösti, der wunderbar kartoffelig und schön gebräunt, aber zunächst leider ohne jede Kruste an den Tisch kam. Nach einer Ehrenrunde war auch dieses Manko beseitigt.
Meine Herzdame fasste diesen Gang mit gewohntem Understatement zusammen: „Göttlich!“
Was sie selbstverständlich nicht abhielt, ein Dessert zu bestellen. Mit meiner begeisterten Unterstützung, konnte ich so - mit wenig Zutrauen in ein Käseangebot jenseits des Hotel-Frühstücks - doch noch ein Gläschen Champagner ordern.
Gegenüber standen Reiffenhäuser (?) Zwetschgen auf dem Programm.
Für die eingelegten und als Parfait gearbeiteten Herbstfrüchte mit viel Karamell-Crumble (also Streuseln!) versehen, gab es nur lobende Worte.
Dem kann ich mich insgesamt natürlich anschließen. Die Küche brachte eine rundum gute Leistung. Eine noch bessere Bewertung scheiterte an einigen Nachlässigkeiten, die sich halt so einschleichen, wenn man Platzhirsch ist und die Gäste zufrieden sind. Die Versuche, manchen Klassiker etwas zu modernisieren, schienen mir zudem - teilweise - noch nicht ausgereift.
Trotzdem ein rundum gelungener Abend!